Synonym(e)
Definition
Ester der Phthalsäure mit niedermolekularen und höhermolekularen Alkoholen. Phthalsäureester sind wasserunlösliche, schwer flüchtige Substanzen die eine breite industrielle und medizinische Verwendung gefunden haben.
Einteilung
Phthalsäureester finden eine breite Verwendung als Weichmacher von Kunststoffen. Erst durch Zugabe von Weichmachern erhält der relativ harte Kunststoff Polyvinylchlorid (PVC) elastische, verformbare Eigenschaften. Etwa 90% der industriellen Phthalat-Produktion geht in die Herstellung der Weich-PVCs-Herstellung.
Die häufigsten in Kunststoffen verwendeten Phthalsäureester sind:
- DIDP (Di-isodecyl-phthalat)
- DINP (Di-isononyl-phthalat)
- DEHP (Di(2-ethylhexyl)phthalat)
- DBP (Dibutylphthalat)
- BBP (Benzylbutylphthalat)
- DEP (Diethylphthalat).
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Vorkommen
Produkten mit Weich-PVC begegnet man nahezu ubiquitär. So in Bodenbelägen, als Kunstleder, in Verpackungen, in Schuhen sowie in Sport- und Freizeitartikeln und vielen Gebrauchsartikeln. Viele medizintechnische Produkte – z.B. Blutbeutel und Infusionsschläuche – enthalten Weich-PVCs. Weiterhin finden sie sich in Elektrokabeln in Dachdichtungsbahnen u.a. Phthalsäureester finden weiterhin Verwendung in der Parfümerie als Lösungs-und Fixiermittel. Ester mit höhermolekularen Alkoholen (z.B. Dioctylphthalat = DOC) dienen als Salbengrundlagen und Suppositorenträgermasse.
Vorkommen
Grundsätzlich gilt dass niedermolekulare Phthalsäureester als gesundheitlich bedenklich anzusehen sind, da sie im Verdacht stehen auf den menschlichen Organismus wie Hormone zu wirken.
Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) stufen die Phthalate DEHP, DBP und BBP als fortpflanzungsgefährdend ein. Dies gilt für beide Geschlechter. Ein direktes Risiko für den Menschen oder die Umwelt ergibt sich bei den Risikobewertungen bei Babyartikeln und Kinderspielzeug.
Klinisches Bild
Phthalate gehören zu den so genannten schwerflüchtigen organischen Verbindungen (SVOC = Semi-Volatile Organic Compounds). Im Gegensatz zu leicht flüchtigen organischen Verbindungen (VOC), die über einen kürzeren Zeitraum aus Produkten ausgasen, dünsten Phthalate nur sehr langsam, jedoch aber dauerhaft während der Produktnutzung aus. Sie neigen dann dazu, sich an Partikel, so z.B. an Hausstaubpartikel anzulagern. In der Umwelt werden Phthalate kaum abgebaut. Mit dem Hausstaub werden sie aerogen transportiert. Es gibt eine direkte Korrelation zu dem Auftreten von allergischem Asthma und der Phthalatbelastung in der Atemluft.
Der Mensch nimmt Phthalate über Nahrung, Atemluft oder über direkten Hautkontakt auf.
Durch Spielzeug und Babyartikel sind Säuglinge und Kleinkinder besonders gefährdet, da eine perorale Aufnahme über das Ablutschen der Gegenstände möglich ist. Mittlerweile hat die EU-Kommission Phthalate in Babyartikeln und Spielzeug ab 0,1 Masse-% verboten.
Bei Anwendungen in medizinischen Artikeln wie etwa Infusionsbeutel und Infusionsschläuche können Phthalate direkt in die Blutbahn gelangen. Eine Verwendungsbeschränkungen für DEHP in Medizinprodukten wird diskutiert.
Bemerkenswert sind Beobachtungen von erhöhten Phthalatkonzentrationen bei Kindern mit atopischem Ekzem. Hierbei scheint die ekzematisierte Haut zu einer höheren Resorption der Umweltphthalate befähigt zu sein.
Hinweis(e)
Im Rahmen einer prospektiven Studie an 629 Mutter-Kind-Paaren (LINA-Sudie 2018) ergab sich eine Assoziation zwischen der Konzentration von Butyl-benzyl-Phthalat (BBP) und einem erhöhtemAsthmarisiko bei den Kindern. Diese Assoziation bezog sich auf das dritte Trimenon der Schwangerschaft. Ätiopathologisch könnte eine durch BBP epigenetisch herbeigeführte Modulation von Genen eine Rolle spielen, der Th2-Zell-Differenzierung betieligt sind (Jahreis S et al. 2018)
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
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