Krustentierallergie

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024

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Synonym(e)

Allergie auf Krustazeen; Allergie auf Schalentiere; Garnelenallergie; Hummerallergie; Krabbenallergie; Krustentier-Allergie; Langustenallergie; Meeresfrüchteallergie; Muschelallergie; Shrimpallergie

Definition

Als Meeresfrüchte bezeichnet man in der Regel alle essbaren Meerestiere, die keine Wirbeltiere (Fische oder Säuger) sind. Typische Meeresfrüchte sind Garnelen, Krabben, Langusten und Hummer, Muscheln, Wasserschnecken sowie Tintenfische. Ihr Verzehr unterliegt wie beim Fisch (s.u. Fischallergie) einem typischen Nord-Süd-Gefälle. Allergien sind in der mitteleuropäischen Bevölkerung eher selten. Die Allergierate steigt in solchen Bevölkerungsgruppen, bei denen der Konsum von Meeresfrüchten häufiger oder die Regel ist, beispielsweise bei Menschen die in Küstenregionen wohnen. In südeuropäischen Ländern gehören Meeresfrüchte zu den häufigsten Ursachen einer Nahrungsmittelallergie. Der berufsbedingte Kontakt mit Meeresfrüchten kann zur Ausbildung von allergischem Asthma oder allergischer Rhinitis, kontaktallergischen Ekzemen (s.u. Berufsdermatosen) oder auch zu Nahrungsmittelallergien führen. Neben diesen IgE-vermittelten Reaktionen sind auch nicht immunologische, toxische Reaktionen möglich.

Einteilung

Derzeit analysierte und akzeptierte Allergene von Krustentieren die in der menschlichen Nahrung eine Rolle spielen: 

Nordsee-Garnele/Nordsee-Krabbe (Crangon crangon - North Sea shrimp)

  •  Cra c 1 Tropomyosin
  •  Cra c 2 Arginine kinase
  •  Cra c 4 Sarcoplasmic calcium-binding protein
  •  Cra c 5 Myosin, light chain 1
  •  Cra c 6 Troponin C
  •  Cra c 8 Triosephosphate isomerase

Chinesische Wollhandkrabbe (Eriocheir sinensis)

  •  Eri s 2 ovary development-related protein

Amerikanischer Hummer (Homarus americanus - American lobster)

  • Hom a 1 Tropomyosin
  •  Hom a 3 Myosin light chain 2
  •  Hom a 6 Troponin C

Litopenaeus vannamei (White shrimp) weit verbreitete Zuchtgarnelenart

  •  Lit v 1 Tropomyosin
  •  Lit v 2 Arginine kinase
  •  Lit v 3 Myosin, light chain 2
  •  Lit v 4 Sarcoplasmic calcium-binding protein

Rosenbergarnele (Macrobrachium rosenbergii - giant freshwater prawn)

  •  Mac r 1 tropomyosin

Geisselgarnele (Melicertus latisulcatus - King Prawn)

  • Mel l 1 Tropomyosin

Metapenaeus ensis (Shrimp)

  • Met e 1 Tropomyosin N.A.

Tiefseegarnele (Eismeergarnele) Pandalus borealis (Northern shrimp)

  • Pan b 1 Tropomyosin

Langustenart (Panulirus stimpsoni - Spiny lobster)

  • Pan s 1 Tropomyosin

Azteken-Garnele ( Penaeus aztecus - Shrimp)

  • Pen a 1 Tropomyosin

Bananen-Garnele (Penaeus indicus - Shrimp)

  • Pen i 1 Tropomyosin

Schwarze Tigergarnele (Penaeus monodon – Giant tiger prawn)

  •  Pen m 1 tropomyosin
  •  Pen m 2 arginine kinase
  •  Pen m 3 Myosin light chain 2
  •  Pen m 4 Sarcoplasmic calcium binding protein
  •  Pen m 6 Troponin C 

Europäischer Sumpfkrebs ((Pont-)Astacus leptodactylus (Narrow‑clawed crayfish)

  • Pon l 4 Sarcoplasmic calcium-binding protein
  •  Pon l 7 Troponin I

Schwimmkrabbe (Portunus pelagicus - Blue swimmer crab)

  •  Por p 1 Tropomyosin

Allgemeine Information

  • Allergien auf Krustentiere = Krebstiere (Krustazeen):
    • Krustazeenallergie
    • Garnelenallergie
    • Krabbenallergie
    • Hummerallergie
    • Langustenallergie.
  • Krustazeen (Garnelen, Krabben, Hummer, Langusten sowie Fluss- oder Taschenkrebse) stellen durch den zunehmenden Genuss eine inzwischen relevante Allergen-Quelle dar. Hierbei können klinisch hochakute Symptome auftreten; beipielsweise können durch 1-2 g Garnelen bei entsprechend Sensibilisierten lebensbedrohliche Reaktionen ausgelöst werden. Allergien auf Krebstiere treten bevorzugt im Erwachsenenalter auf und bleiben meist lebenslang bestehen. Im Vordergrund der klinischen Erscheinungen stehen Haut- und Schleimhautsymptome ( Urtikaria, Angioödem), gefolgt von Nahrungsmittelallergien und allergischem Asthma bronchiale. Relativ häufig kann ein orales Allergiesyndrom beobachtet werden. Die enge Verwandtschaft der Krustazeen spiegelt sich in unterschiedlichen, jedoch klinisch relevanten klinischen Kreuzreaktionen wieder. Patienten mit einer Garnelenallergie auf Langusten, Hummer, Krabben und Hausstaubmilbe kreuzreagieren. Kreuzallergien können auch zwischen Krebstieren und Mollusken (z.B. Austern) auftreten. Auch hierfür wird das 38 kD-Tropomyosin verantwortlich gemacht. Bzgl. des " Milben-Krustazeen-Mollusken-Syndrom" bzw. "Milben-Schalentier-Syndrom"; s.u. Hausstaubmilbe. Auch für die Kreuzreaktivität zwischen Hausstaubmilben, Küchenschaben und Garnelen ist das Tropomyosin verantwortlich. Kreuzreaktionen zu Fischarten sind nicht bekannt (s.u. Fischallergie).
  • Bei der Gruppe der Krebstiere sind inzwischen zahlreiche Major-Allergene identifiziert worden:
    • Garnele: Met e 1 und Pen a 1
    • Hummer: Hom a 1
    • Krebse: Cha f 1
  • Diese Allergene gehören zu den Tropomyosinen. Tropomyosine sind wichtige Muskelstrukturproteine sämtlicher Arthropoden. Aufgrund des hohen Grades an Homologie zwischen den unterschiedlichen Arten (Garnelen, Krabben, Langusten, Hummer, Milben, Heuschrecken, Schaben und Fruchtfliegen) können kreuzreaktive IgE-Antikörper evtl. mit klinischer Relevanz (s.a. nachgewiesen. Allerdings werden auch Spezies-spezifische Sensibilisierungen mit isolierten Reaktionen auf eine bestimmte Garnelen- oder Krustazeenart beobachtet.
  • Garnele/Krabbe/Shrimp: Garnelen sind als die häufigsten Auslöser einer allergischen Reaktion gegen Meeresfrüchte bekannt. Das klinische Spektrum reicht von generalisierter Urtikaria (überwiegend) über gastrointestinale, respiratorische Symptome bis zu unspezifischem Pruritus und oralem Allergiesyndrom. Daneben sind Kontakturtikariafälle bei Verarbeitung von rohen Garnelen bekannt. Auch das Auftreten eines berufsbedingten Asthma bronchiale wurde beobachtet.
  • Hummer: Als Hummer-Allergene wurden Pan s1 und Hom a1 gefunden, jeweils Tropomyosine, die eine große Übereinstimmung mit dem Garnelen-Tropomyosin zeigten.
  • Weichtiere (Mollusken): Nahrungsmittelallergien gegen Weichtiere treten selten auf. Allergologisch bedeutsam sind Allergien auf Tintenfische und Schnecken. Selten wurden anaphylaktische Reaktionen beobachtet. In Tintenfischen (Todarodes pacificus) wurde ein 38 kDa-Tropomyosin (s.o.) als Hauptallergen identifiziert (Tod p1). Eine Kreuzreaktivität zu dem Garnelen-Antigen Pen o1 konnte nachgewiesen werden. Es gibt Hinweise dafür, dass Weichtiere neben Tropomyosin eine Reihe weiterer Allergene enthalten, die jedoch ungenügend charakterisiert sind.
  • Muscheln: Hierbei können neben Typ I-Sensibilisierungen auch toxische Nahrungsmittelreaktionen, z.B. das "Azaspiracid poisoning", eine Vergiftung mit dem Nervengift Azaspiracid, mit der Symptomatik Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Bauchkrämpfe und Schüttelfrost eine allergische Reaktion imitieren. Verantwortlich hierfür ist eine Mikroalge (Phytoplankton). Dabei handelt es sich um kleine Einzeller, die v.a. im Sommer z.B. Miesmuscheln infizieren. Diese Mikroalgen produzieren eine Vielzahl hoch wirksamer Toxine (Algentoxine), die sich in den Muscheln anreichern.

Diagnose

Allergologische Diagnostik mit Prick, Intrakutantest (Garnele, Languste, Miesmuschel), RAST (Krebs, Flusskrebs, Hummer, Languste, Miesmuschel, Jakobsmuschel, Tintenfisch, Oktopus, Garnele, Venusmuschel, Auster) ist erforderlich.

Literatur
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  • Nakano et al (2008) Reactivity of shrimp allergy-related IgE antibodies to krill tropomyosin. Int Arch Allergy Immunol 175-181
  • Leung et al (1998) Molecular identification of the lobster muscle protein tropomyosin as a seafood allergen. Mol Mar Biol Biotechnol 7: 12-20
  • Worm M et al. (2016) Leitlinie zum Mangement IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien. Allergologie 39: 302-344
  • Yang AC et al. (2010) Measurement of IgE antibodioes to shrimp tropomyosin is superior to skin prick testing with commercial extract and measurement of IgE to shrimp for predicting clinically relevant allergic reactions after shrimp ingestion. J Allergy Clin Immunol 125: 872-878
  • Zhang et al (2006): Cross-reactivity among shrimp, crab and scallops in a patient with a seafood allergy. J Dermatol 33: 174-177
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