VIPom D37.70

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2024

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Synonym(e)

Pankreatische Cholera; Verner-Morrison-Syndrom; WDHH- Syndrom

Erstbeschreiber

Verner und Morrison, 1958

Definition

Sehr seltener, zu der Familie der neuroendokrinen Tumoren zugehöriger, vasoaktives intestinales Polypetid (VIP)-produzierender gutartiger (Adenom) oder maligner (Adenokarzinom: 50-75% der VIPome), pankreatischer, (90%), Nicht-β-Inselzelltumor, der zu einem Hypersekretionssyndrom mit wässriger Diarrhö, Hypokaliämie und Achlorhydrie (WDHA-Syndrom) führt.

Einteilung

Sporadische VIPome (>90% aller VIPome)

Syndromale VIPome (als Teilsymptom des Syndroms der multiplen endokrinen Neoplasien - MEN)

Vorkommen/Epidemiologie

Inzidenz: 0,05-0,2 /100.000 Personen. VIPome bilden etwa 2% aller neuroendokrinen Tumoren des gastroentero-pankreatischen Systems (Lehnert H 2015).

Manifestation

Kinder und Erwachsene; Altersgipfel: 50. Lebensjahr.   

Lokalisation

90% aller VIPome sind im Pankreas (75% im Pankreaskorpus und -schwanz, 25% im Pankreaskopf) lokalisiert, 10% in Nebennierenmark, Lunge, Ösophagus, Retroperitonealraum und Jejunum.  

Klinisches Bild

Prolongierte, massive und wässrige (sekretorische) Diarrhö (Nüchternstuhlvolumen von > 750–1000 ml/Tag und nicht-Nüchternvolumen bis > 3000 ml/Tag); Symptomen der Hypokaliämie, Azidose und Dehydratation. Bei etwa 50% der Patienten ist die Diarrhö konstant; bei den anderen wechselt die Schwere der Diarrhö im Verlauf. Bei etwa 1/3 der Patienten geht eine Diarrhö der Diagnose < 1 Jahr voraus.

25% der Patienten leiden unter Diarrhöen bereits mehrere Jahre vor der Diagnosestellung. Weitere klinische Symptome: Lethargie, Muskelschwäche, Übelkeit, Erbrechen und krampfartige Bauchschmerzen. mit einem Nicht selten sind die Diarrhöattacken Flush verbunden.

Labor

Erhöhtes VIP im Serum. Bemerkung: Deutlich erhöhte Spiegel sichern die Diagnose, aber leichte Erhöhungen können auch beim Kurzdarmsyndrom und bei inflammatorischen Krankheiten auftreten.

Bestimmung der Elektrolyte und des Blutbildes.

Eine Hyperglykämie und Glukoseintoleranz treten bei ≤ 50% der Patienten auf.

Eine Hyperkalzämie tritt bei 50% der Patienten auf.

Diagnose

Klinik mit sekretorischer Diarrhö (Bemerkung: Stuhlosmolalität liegt nahe der Plasmaosmolalität und das Zweifache der Summe der Stuhlkonzentration von Na und K entspricht der gesamten gemessenen Stuhlosmolalität). Erhöhter VIP-Serumspiegels.

Bildgebende Verfahren: CT und Endosonographie, ggf. PET

Interne Therapie

Initial müssen Flüssigkeit und Elektrolyte ersetzt werden. Bicarbonat muss zum Ersatz des stuhlgangbedingten Verlustes zur Vermeidung einer Azidose gegeben werden.

Octreotid (Somatostatin-Analogon) kontrolliert üblicherweise die Diarrhö, es können aber hohe Dosierungen erforderlich werden. Darauf ansprechende Patienten können von einer monatlichen Gabe von 20–30 mg i.m. eines langwirksamen Octreotidpräparates profitieren. Patienten unter Octreotidmedikation müssen oft ergänzend Pankreasenzyme einnehmen, da Octreotid die Sekretion pankreatischer Enzyme hemmt.

Chemotherapie bei metastasiertem VIPom: meist Temozolomid-basierte Regime. Der Erfolg der Chemotherapie ist fraglich.  

Alternativ: Everolimus oder Sunitinib.

 

Operative Therapie

Therapeutische Richtlinien nach der AWMF-Leitlinie 2018:

Alle NF-pNET >2cm ohne diffuse Fernmetastasierung sollten reseziert werden, wenn nicht eine signifikante Komorbidität gegen eine Operation spricht.

Bei Malignitätsverdacht des VIPoms (bei 50–75% der VIPome ist der Verdacht auf Malignität gegeben) große Tumore und/oder V.a. nodulären Befall) ohne Hinweis auf Fernmetastasen soll die vollständige Resektion mit formaler Pankreasresektion und Lymphadenektomie durchgeführt werden.

Bei vorliegendem malignen VIPom mit resektablen Fernmetastasen soll die komplette Entfernung des Primärtumors und der Metastasen angestrebt werden. Bei Vorliegen von Lebermetastasen hepatische (Chemo-)Embolisation mit den beherrschten, zur Verfügung stehenden Verfahren. 

Bei malignen VIPom mit chirurgisch nicht kurablen Fernmetastasen sollte die Entfernung des Primärtumors und ein Debulking der Fernmetastasen zur Verbesserung der Hyperglykämiesymptomatik erwogen werden.

Hinweis(e)

Bei Patienten mit erhöhten VIP-Spiegeln sollten Untersuchungen zur Tumorlokalisation wie eine Endosonographie, eine PET und eine Octreotidszintigraphie oder eine Angiographie zur Metastasenlokalisierung veranlasst werden

Literatur
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  1. Lehnert H (2015) Rationelle Diagnostik und Therapie in Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel. Georg Thieme Verlag, Stuttgart-New York S. 236
  2. Perren A et al. (2010): Klassifikation und Pathologie gastroenteropankreatischer neuroendokriner Tumoren. Viszeralmed 26: 234-240
  3. Rinke A et al. (2018) S2k-Leitlinie Neuroendokrine Tumore. Z Gastroenterol 56: 583–681
  4. Ruszniewski P et al. (2006) Well-differentiated gastric tumors/carcinomas.  Neuroendocrinology 84:158–164
  5. Scherübl H et al. (2003) Neuroendokrine gastrointestinale Tumore. Diagnostik und Therapie. Dtsch Med Wochenschr 128: 81–83
  6. Scherübl H et al. (2011) Management of early gastrointestinal neuroendocrine neoplasms. World J Gastrointest Endosc 3: 133–139
  7. Verner JV, Morrison AB(1958) Islet cell tumor and a syndrome of refractory watery diarrhea and hypokalemia. Am J Med 25: 374.

 

Verweisende Artikel (1)

Vasoaktives intestinales Peptid;

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