HHV-4

Autor:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

EBV; Epstein-Barr-Virus; Epstein-Barr-Virus-Infektion; Epstein-Barr-Virus-Infektionen; HHV 4; Humanes Herpesvirus Typ 4

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Erstbeschreiber

Epstein, 1964

Definition

Humanpathogenes, behülltes, doppelsträngiges DNA-Virus aus der Familie der Herpesviridae (HHV-4) und Erreger der infektiösen Mononukleose. HHV-4 spielt eine wesentlichen Rolle bei der Entstehung maligner Tumoren, so bei versch. lymphoproliferativen Erkrankungen wie dem Burkitt-Lymphom, einem in Äquatorialafrika endemischen Tumor, den transplantationsassoziierten B-Zell-Lymphomen sowie beim Nasopharynxkarzinom das in Südchina mit einer Inzidenz von 98/1200.000 Einwohnern auftritt.   

Allgemeine Definition

Hauptübertragungswege des Virus sind Tröpfcheninfektionen oder Kontaktinfektionen (besonders Speichel) bzw. Schmierinfektion, seltener sind Übertragungen im Rahmen von Transplantationen oder Bluttransfusionen.

Vorkommen/Epidemiologie

Übertragungsmodus: Wie alle Herpesviren ist HHV 4 ubiquitär verbreitet und infiziert den Menschen persistent. Es wird über den Speichel ausgeschieden und auch übertragen. Der hauptsächliche Übertragungsmodus ist die Tröpfcheninfektion, daher wurde der mit der Primärinfektion auftretenden Mononukleose auch der Name „kissing disease“ gegeben.

In den Industrienationen erreicht die Durchseuchung bis zum 15. Lebensjahr etwa 40 %, um dann mit der Pubertät steil auf 80–90 % im Erwachsenenalter anzusteigen. In den Entwicklungsländern beträgt die Durchseuchung aufgrund der niedrigeren Hygienestandards schon bei den unter 3-Jährigen praktisch 100 %. Iatrogene Übertragungen bei Transplantationen sind berichtet. Insbesondere HHV-4-seronegative Empfänger sind gefährdet (Schnitzler P et al. 2020).

Ätiologie

Zielzelle - B-Lymphozyten: Nach Eintritt in den Mundraum infiziert das Virus zunächst undifferenzierte Zellen des Rachens und Zungenrandes. Hier kommt es auch zur Weitergabe an gewebeinfiltrierende B-Lymphozyten, die unmittelbar nach Infektion immortalisiert werden. Offensichtlich stellen diese unbegrenzt wachsenden B-Lymphozyten ein ausgezeichnetes Ziel für virusspezifische zytotoxische T-Lymphozyten (CTL) des Wirtes dar, sodass bei immunkompetenten Personen der allergrößte Teil der EBV-infizierten Lymphozyten eliminiert wird.

Latenz des Virus: Offenbar gelingt es in einigen wenigen Zellen dem Virus jedoch, einen latenten Zustand zu etablieren. Solche Zellen werden offensichtlich nicht durch CTL eliminiert. Sie stellen das Reservoir für Reaktivierungen und erneute Infektionen von Epithelzellen dar.

Aufhebung der Latenz: Werden solche latent infizierten B-Lymphozyten in den lymphatischen Geweben stimulierenden Signalen durch T-Lymphozyten ausgesetzt, kann die Latenz des Virus zunächst teilweise aufgehoben werden, indem das episomal vorliegende DNA-Genom vermehrt wird. Abhängig von den weiteren Signalen (Zytokinen, Interaktion mit T-Zell-Liganden) kann dies zu einem lytischen produktiven Replikationszyklus und/oder wieder in die Latenz in ruhenden Gedächtniszellen führen.

EBV-induzierte Immunsuppression: Bei der EBV-Infektion kommt es zu einer Immunsuppression, sodass z.B. Antikörpertiter gegen Infektionserreger abfallen. Es werden auch heterophile Antikörper produziert, z.B. gegen Hammelerythrozyten, die im Paul-Bunnell-Test eingesetzt werden (Schnitzler P et al. 2020).

Manifestation

Das Virus ist Erreger der infektiösen Mononukleose (Pfeiffersches Drüsenfieber) sowie weiterer EBV-assoziierten Erkrankungen:

Infektiöse Mononukleose: Bei Jugendlichen oder bei erwachsenen Infizierten kommt es in 30-60% aller Fälle zum Ausbruch einer Infektiösen Mononukleose.

Virus-Arzneimittel-Interaktionen: bei etwa 1/3 (Chovel-Sella et al. 2013, Untersuchungen an 173 Kindern) aller Kinder die auf Grund einer akuten Tonsillitis mit Aminopenicillinen behandelt  werden, tatsächlich jedoch an einer infektiösen Mononukleose erkrankt sind, tritt ein rumpfbetontes kleinfleckiges Exanthem auf. Die Ursache ist unklar (EBV-induzierte polyklonale B-Zell-Aktivierung?). Nach Abklingen der Infektion werden Aminopenicilline größtenteils wieder vertragen.  
Im höheren Lebensalter sind 95% der Menschen mit EBV infiziert. Auch nach der Abheilung der infektiösen Mononukleose bleibt das Epstein-Barr-Virus im Körper. Es kann wie alle Herpesviren reaktivieren (s.a. Organtransplantationen, Hautveränderungen).

EBV-assoziierte Malignome:

  • Als seltene Komplikation: EBV-assoziiertes Burkitt-Lymphom.
  • EBV-assoziierte B-Zell-Lymphome bei AIDS-Patienten.
  • Posttransplantations-Lymphoproliferative Erkrankung (PTLD).
  • Patienten mit einer anamnestischen Infektiösen Mononukleose haben ein dreifach erhöhtes Risiko an einem M. Hodgkin zu erkranken. 
  • Im asiatischen Raum gilt eine EBV-Infektion als Risikofaktor für Tumoren der Nase oder des Kehlkopfes (EBV-assoziiertes Nasopharynxkarzinom-NPC). Inzidenz in der  Bevölkerung von Südchina: 98/100.000 Einwohner. 
  • Auch bei Mammakarzinom und dem Leiomyosarkom (Aida N et al. 2019) scheint das EBV eine Rolle zu spielen.

Weiterhin wirken EB-Viren u.a. als Kofaktoren bei:

Diagnose

Klinik, Serologie! 

VCA (Virus-Kapsid-Antigen): Bildung von Antikörpern in der Frühphase der Erkrankung. IgM-Antikörper: 4–12 Wochen nachweisbar; IgG-Antikörper: lebenslang nachweisbar

EA („early antigen“, Frühantigen): Bereits wenige Tage nach Infektion lassen sich Antikörper nachweisen, allerdings produzieren 10–20 % aller Patienten keine Antikörper gegen EA. Die Antikörper gegen EA sind ca. 12 Monate nach Infektion nicht mehr nachweisbar.

EBNA (Epstein-Barr nuclear antigen): späte Ausbildung von IgG-Antikörpern ca. 6–8 Wochen nach der Infektion, dann lebenslange Persistenz

 

Literatur

  1. Aida N et al. (2019) A Case of Epstein-Barr Virus-Associated Leiomyosarcoma Concurrently With Posttransplant Lymphoproliferative Disorders After Renal Transplantation. Clin Med Insights Case Rep 12:1179547619867330. 
  2. Chovel-Sella A et al. (2013) Incidence of rash after amoxicillin treatment in children with infectious mononucleosis.Pediatrics 131:e1424-1427
  3. Epstein MA (1964) Virus particles in cultured lymphoblasts from Burkitt's lymphoma. Lancet 1: 702-703
  4. Hof H et al. (2019): Spezielle Virologie. In: Hof H, Schlüter D, Dörries R, eds Duale Reihe Medizinische Mikrobiologie. 7th, completely revised and expanded edition. Stuttgart: Thieme S 259
  5. Schnitzler P et al. (2020) Virologie. In: Hof H et al. (Hrsg) Medizinische Mikrobiologie Thieme Verlag S 256-260 
  6. Trappe, R et al. (2006) Pathogenic, Clinical, Diagnostic and Therapeutic Aspects of Posttransplantation Lymphoproliferative Disorders. Dtsch Arztebl 103: A-3259 / B-2836 / C-2718

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