Erstbeschreiber
Am 07.03.1888 hielt Graham Steell (1851 – 1942) in Manchester einen Vortrag über „Die auskultatorischen Zeichen der Mitralobstruktion und – insuffizienz“ und stellte dabei ein auskultatorisches früh- diastolisches, durch eine pulmonale Hypertonie verursachtes Geräusch vor, das später nach ihm benannt wurde (Fraser 1991).
Austin Flint (1812 – 1886), ein New Yorker Internist, vermutete bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts den Entstehungsmechanismus eines bestimmten Geräusches durch eine Aortenklappeninsuffizienz . Dieses Geräusch wurde daraufhin nach ihm als Austin- Flint- Geräusch benannt (Gahl 2014).
Definition
Unter einem Graham- Steell- Geräusch versteht man das für eine Pulmonalklappeninsuffizienz bei pulmonaler Hypertonie typische Merkmal eines hochfrequenten früh- diastolischen Decrescendo- Geräusches im Anschluss an das Pulmonalsegment des 2. Herztons während der Diastole (Herold 2022 / Dennis 2019).
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Allgemeine Information
Auskultation:
Das Graham- Steell- Geräusch beginnt unmittelbar nach dem Pulmonalklappenschlusston (Erdmann 2006).
Es ist am linken Sternalrand mit Punctum maximum im 2. oder 3. ICR, dem Auskultationspunkt der Pulmonalklappe (Riecker 1993) als lauter S 2 (Mewis 2006) auskultierbar. Die Lautstärke kann bei der Inspiration zunehmen und ist i. d. R. mit einem lauten, bisweilen sogar palpablen P2 verbunden (Kasper 2015). Es ist außerdem deutlicher nach einer körperlichen Anstrengung auskultierbar (Riecker 1993)
Ätiologie
Ein Graham- Steell- Geräusch kann auftreten im Rahmen einer:
- pulmonalen Regurgitation (bei Dilatation des Klappenanulus durch einen erhöhten Lungenarteriendruck)
- schweren pulmonalen Hypertonie (Kasper 2015)
- relativen Pulmonalklappeninsuffizienz bei Vorhofseptumdefekt (Riecker 1993)
Pathophysiologie
Das Geräusch entsteht dadurch, dass während der Diastole der umgekehrte Druckgradient zwischen Truncus pulmonalis und dem rechten Ventrikel abnimmt (Riecker 1993).
Differentialdiagnose
- Geräusch einer Aortenklappeninsuffizienz, das durch eine Regurgitation entsteht (Kasper 2015). Dieses gleicht dem Graham- Steell- Geräusch sowohl in Frequenz als auch in der Lautstärke (Mewis (2006).
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Dennis M, Bowen W T, Cho L (2019) Klinikpraxis: Symptome Verstehen – Interpretation klinischer Zeichen. Elsevier Urban und Fischer Verlag Deutschland 144
- Erdmann E (2006) Klinische Kardiologie: Krankheiten des Herzens, des Kreislaufs und der herznahem Gefäße. Springer Medizin Verlag Heidelberg 735
- Fraser A G, Weston C F M (1991) The Graham Steell Murmur: Eponymous Serendipity? Coll Physicians Lond. 25 (1) 66 - 70
- Gahl K, Holldack K (2014) Auskultation und Perkussion – Inspektion und Palpation. Georg Thieme Verlag Stuttgart / New York 156
- Herold G et al. (2022) Innere Medizin. Herold Verlag 180
- Kasper D L, Fauci A S, Hauser S L, Longo D L, Jameson J L, Loscalzo J et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 51 e- 5, 51 e- 6, 1540, 1550
- Mewis C, Riessen R, Spyridopoulos I (2006) Kardiologie compact: Alles für Station und Facharztprüfung. Georg Thieme Verlag Stuttgart / New York 30, 32
- Riecker G, Autenrieth G, Bolte H D, Erdmann E, Hort W, Steinbeck G, Strauer B E (1993) Krankheiten des Herzens, des Kreislaufs und der herznahen Gefäße. Springer Verlag Berlin / Heidelberg 30, 248, 255, 310 – 314