Synonym(e)
Definition
Unter einer Thrombose versteht man den Vorgang einer intravitalen, intravasalen Blutgerinnung (Nennstiel 2019). Der Gerinnungsthrombus stellt die klassische Form einer Thrombose in den Venen dar (Nüllen 2014).
Einteilung
Bei den Thromben differenziert man zwischen einem:
- Gerinnungsthrombus, dem sog. roten Thrombus mit glatter Oberfläche (Herold 2022), auch als „Schwanzthrombus“ bezeichnet
- Abscheidungsthrombus, dem sog. weißen Thrombus
- gemischten Thrombus
Dieser besteht aus einem Kopfteil, dem Abscheidungsthrombus und einem Schwanzteil, dem Gerinnungsthrombus (Schindler 2021).
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Allgemeine Information
Die wesentlichen Merkmale eines Gerinnungsthrombus sind:
- roter Thrombus mit glatter Oberfläche
- Ausfüllung des gesamten Gefäßlumens
- keine feste Haftung (Herold 2022)
Durch eine Verfestigung des Thrombus kann sich dieser im Laufe der Zeit verkleinern und Teile können abgelöst werden (Nennstiel 2019). Dazu reicht bereits eine minimale Bewegung - wie z. B. die Bauchpresse bei der Defäkation – aus, um Teile des Thrombus zu verschleppen (Riede 2009).
Vorkommen
Thromben generell sind eine der Hauptursachen für Morbidität und Mortalität bei einer Vielzahl arterieller und venöser Erkrankungen (Kasper 2015).
Die Inzidenz des Gerinnungsthrombus steigt mit zunehmendem Alter. Für die BRD liegen jedoch keine genauen Zahlen vor. Die Inzidenz der tiefen Beinvenenthrombose beträgt 70 – 113 auf 100.000 Personen / Jahr (Ludwig 2020).
Ätiologie
Die Ursachen der Bildung eines Thrombus sind im Virchow- Trias zusammengefasst:
- I. Störung bzw. Veränderung der Gefäßwand
Diese können hervorgerufen werden durch z. B.
- Traumata
- Arteriosklerose
- große mechanische Belastungen
- Ischämie
Alle genannten Faktoren können zu Schädigungen des Endothels führen, durch die es zu einem Fehlen von antithrombogenen Substanzen kommt und damit zu einer Thrombinbildung (Nennstiel 2019)
- II. Störung der Hämodynamik
Zu den Störungen der Hämodynamik zählen eine:
- Verlangsamung des Blutflusses durch z. B.
- Kompression der Gefäße
- Vergrößerung der Gefäße (z. B. bei Varizen)
- Erhöhung des Hämatokrits
- Erhöhung der Viskosität des Blutes
- Verlegung des Lumens
- Wirbelbildung, insbesondere an Passagehindernissen, Gefäßaufzweigungen und Aneurysmen
- Beschleunigung des Blutstroms durch z. B. eine Hypertonie, bei der Thrombozyten an die Gefäßwand gedrückt werden (Nennstiel 2019)
- III. Störung der Blutzusammensetzung
Zu einer Störung der Blutzusammensetzung kann es kommen durch:
- Vermehrung der Thrombozytenzahl durch z. B.
- Neoplasien des hämatopoetischen Systems. Dies kann zu einer vermehrten Aktivierung der Thrombozyten führen.
- Erhöhung der Zellzahl durch z. B.
- Verminderung des Serums. Die erhöhte Blutviskosität kann zu einer Verlangsamung der Strömung führen.
- Neoplasien
- Paraneoplastisches Syndrom bei z. B.
- metastasierendem Karzinom. Hierbei bildet das Karzinom selbst vermehrt prokoagulatorische Substanzen.
- Hereditäre Störungen wie z. B.
- Faktor- V- Leiden- Mutation
- Postoperativ oder nach Verletzungen
- Hierbei befinden sich durch Gewebeschädigungen mehr Gerinnungsfaktoren als normalerweise im Blut (Nennstiel 2019).
- Medikamentös durch z. B. Antikonzeptiva
- während der Schwangerschaft (Nennstiel 2019)
Ursache des Gerinnungsthrombus ist eine Verlangsamung bzw. ein Stillstand des Blutes innerhalb eines Gefäßes durch z. B. Operation in Blutleere, Tumorkompression oder eine Wirbelbildung (Nennstiel 2019).
Pathophysiologie
Es kommt beim stagnierten Blut allmählich zu einem Sauerstoffmangel, durch den die betroffenen Blut- und Endothelzellen eine Hypoxidose erleiden. Als Folge der Hypoxidose kommt es in den Thrombozyten und Endothelzellen zu einem Ausschütten gerinnungsfördernder Substanzen. Dies wiederum führt zu einer Aktivierung des Fibrins und damit zur Gerinnung des stagnierten Blutes (Nennstiel 2019).
Lokalisation
Gerinnungsthromben finden sich i. d. R. in venösen Gefäßen eines Gewebes bzw. Organs (Claus 2019).
Klinisches Bild
Bei Gerinnungsthromben kommt es überwiegend zur spontanen, klinisch stummen Autolyse. Es verlaufen ca. 20 % der Thromben inapparent, bei 1/3 tritt eine Aszension der Thrombose auf, der eine Lungenembolie folgen kann (Ludwig 2020).
Bei symptomatisch werdenden Gerinnungsthromben bietet sich folgendes klinisches Bild:
- Schwellung mit Umfangsvermehrung (Seitendifferenz von > 3 cm [Cissarek 2009])
- Überwärmung
- Druckschmerz
- Zyanose (Claus 2019).
Diagnostik
Neben der körperlichen Untersuchung (s. u.) sollte der Wells- Score beurteilt werden (s. d. und s. u.)
Der Goldstandard der apparativen Diagnostik ist die Farbduplex- Kompressionssonographie. Die D- Dimere sollten ebenfalls bestimmt werden, sie sind aber wenig spezifisch (Cissarek 2009).
Körperliche Untersuchung:
Zeichen einer tiefen Beinvenenthrombose, der häufigsten klinischen Manifestation eines Gerinnungsthrombus sind:
Es treten Schmerzen in der Wade bei Dorsalflexion auf.
- Meyer- Zeichen
Hierbei findet sich an der Innenseite der Tibiakante ein Druckschmerz entlang dem Verlauf der V. tibialis anterior und posterior (Cissarek 2009).
- Payr- Zeichen (Claus 2019)
Bei kräftigem Druck auf den medialen Hohlfuß treten Schmerzen in der Fußsohle auf (Cissarek 2009).
Die Sensitivität dieser Zeichen liegt bei 60 – 90 %, bei Patienten mit schweren Systemerkrankungen jedoch lediglich zwischen 0 – 20 % (Linnemann 2023).
Im Wells- Score werden verschiedene klinische Charakteristika Punkten zugeordnet und damit die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von Gerinnungsthromben bestimmt (Linnemann 2023).
Näheres s. Wells- Score.
Bildgebung
Farbduplex- Kompressionssonographie
Sie stellt den Goldstandard der Untersuchungen dar (Cissarek 2009). Hiermit lässt sich in den meisten Fällen die vollständige Ausdehnung des Gerinnungsthrombus nachweisen (Linnemann 2023).
CT- Venographie
Bei dieser Untersuchungsart ist eine i. v. Applikation von jodhaltigem Kontrastmittel erforderlich.
Gerinnungsthromben der Beckenvenen, der V. cava inferior und der proximalen Oberschenkelvenen sollten zur exakten Bestimmung der Ausdehnung mit Hilfe einer CT- Venographie untersucht werden. Die Sensitivität liegt bei 95,9 %, die Spezifität bei 95,2 % (Linnemann 2023).
MR- Venographie
Diese drei- dimensionale Untersuchung wird elektiv eingesetzt wie z. B. zur Vorbereitung operativer bzw. interventioneller Eingriffe (Linnemann 2023).
Phlebographie
Die Phlebographie ist inzwischen der Sonographie und anderen bildgebenden Verfahren nachgeordnet. Sie kommt lediglich noch bei bestimmten Fragestellungen zum Einsatz (Linnemann 2023).
Labor
- Bestimmung der D- Dimere
Die Spezifität ist allerdings gering (Cissarek 2009).
Histologie
Mikroskopisch stellt der Gerinnungsthrombus ein lockeres Fibrinnetzwerk dar mit reichlich einliegenden Erythrozyten und vereinzelten Leukozyten (Nennstiel 2019). Die Erythrozyten erscheinen als eosinophile rote homogene Masse und sind nicht mehr voneinander abgrenzbar. Das gesamte Lumen ist thrombotisch verlegt, es besteht aber keine Verbindung zur Gefäßwand (Claus 2019).
Komplikation(en)
Therapie allgemein
Ein Gerinnungsthrombus kann chirurgisch oder interventionell entfernt werden. Konservativ besteht die Möglichkeit der therapeutischen Antikoagulation mit z. B. niedermolekularem Heparin für > 5 Tage (Cissarek 2009).
S. a. Venenthrombose tiefe der unteren Extremität
Hinweis(e)
Nachsorge
Die 1. Kontrolluntersuchung sollte in den ersten 5 – 21 Tagen nach Beginn einer Antikoagulation zur Überprüfung der Medikation und des Lokalbefundes erfolgen. Weitere Kontrollen empfehlen sich nach 3 bzw. 6 Monaten. Eine Reevaluation mit Entscheidung der Beendigung der Antikoagulation bzw. deren Fortführung zur Sekundärprophylaxe sollte dann getroffen werden (Linnemann 2023).
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Cissarek T, Kröger K, Santosa F, Zeller T (2009) Gefäßmedizin: Therapie und Praxis. ABW Wissenschaftsverlag Berlin 290
- Claus J, Fechner C, Zimpfer A, Erbersdobler A (2019) Kurs Allgemeine Pathologie mit AMBOSS- Verknüpfung. Springer Verlag GmbH Deutschland 34 - 35
- Herold G et al. (2022) Innere Medizin. Herold Verlag 826
- Kasper D L, Fauci A S, Hauser S L, Longo D L, Jameson J L, Loscalzo J et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 740 – 741
- B. Linnemann, W. Blank, T. Doenst, C. Erbel, P. Isfort, U. Janssens, C. Kalka, R. Klamroth, J. Kotzerke, S. Ley, J. Meyer, K. Mühlberg, O. J. Müller, T. Noppeney, C. Opitz, H. Riess, E.-F. Solomayer, T. Volk, J. Beyer-Westendorf: Diagnostik und Therapie der tiefen Venenthrombose und Lungenembolie – AWMF- S2k- Leitlinie. Stand: 11.01.2023.
- Verfügbar unter: https:/register.awmf.org/de/leitlinien/detail/065-002. Zugriff am: 06.06.2023
- Ludwig M (2020) Repetitorium Facharztprüfung Innere Medizin. Elsevier Urban und Fischer Verlag 32
- Nennstiel S (2019) Allgemeine Pathologie: Basics. Elsevier GmbH Urban und Fischer Verlag 104 – 106
- Nüllen H, Noppeney T, Diehm C (2014) VTE – Venöse Thromboembolien. Springer Verlag Berlin / Heidelberg 53
- Riede U N, Werner M, Freudenberg N (2009) Basiswissen: Allgemeine und Spezielle Pathologie. Springer Medizin Verlag Heidelberg 97
- Schäberle W (2016) Ultraschall in der Gefäßdiagnostik. Springer Verlag Berlin / Heidelberg 178
- Schindler E (2021) Thrombus. in: Pschyrembel online: Klinisches Wörterbuch. De Gruyter Verlag