Synonym(e)
Definition
Unter einer Thrombose generell versteht man den Vorgang einer intravitalen, intravasalen Blutgerinnung (Nennstiel 2019). Ein Abscheidungsthrombus stellt die klassische Form einer Thrombose in den Arterien (Kasper 2015) bzw. den Herzkammern und Vorhöfen dar (Claus 2019).
Er tritt selten isoliert auf (Schindler 2021).
Einteilung
Bei den Thromben differenziert man zwischen einem:
- Gerinnungsthrombus, dem sog. roten Thrombus mit glatter Oberfläche (Herold 2022), auch als „Schwanzthrombus“ bezeichnet
- Abscheidungsthrombus, dem sog. weißen Thrombus
- gemischten Thrombus
Dieser besteht aus einem Kopfteil, dem Abscheidungsthrombus und einem Schwanzteil, dem Gerinnungsthrombus (Schindler 2021).
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Vorkommen/Epidemiologie
Arterielle Thromben sind eine der Hauptursachen für Morbidität und Mortalität bei einer Vielzahl arterieller Erkrankungen. Sie sind für ca. 33 % aller Todesfälle verantwortlich (Kasper 2015).
Die Inzidenz kritischer arterieller Verschlüsse wird in Europa und Nordamerika auf ca. 500 – 1.000 pro 1. Mio. Einwohner im Jahr geschätzt (Ludwig 2020).
Periphere arterielle Verschlüsse betreffen in bis zu 85 % die untere Extremität (Töpfer 2023).
Ätiopathogenese
Die Ursachen der Bildung eines Thrombus sind im Virchow- Trias zusammengefasst:
- I. Störung bzw. Veränderung der Gefäßwand
Diese können hervorgerufen werden durch z. B.
- Traumata
- Arteriosklerose
- große mechanische Belastungen
- Ischämie
Alle genannten Faktoren können zu Schädigungen des Endothels führen, durch die es zu einem Fehlen von antithrombogenen Substanzen kommt und damit zu einer Thrombinbildung (Nennstiel 2019)
- II. Störung der Hämodynamik
Zu den Störungen der Hämodynamik zählen eine:
- Verlangsamung des Blutflusses durch z. B.
- Kompression der Gefäße
- Vergrößerung der Gefäße (z. B. bei Varizen)
- Erhöhung des Hämatokrits
- Erhöhung der Viskosität des Blutes
- Verlegung des Lumens
- Wirbelbildung, insbesondere an Passagehindernissen, Gefäßaufzweigungen und Aneurysmen
- Beschleunigung des Blutstroms durch z. B. eine Hypertonie, bei der Thrombozyten an die Gefäßwand gedrückt werden (Nennstiel 2019)
- III. Störung der Blutzusammensetzung
Zu einer Störung der Blutzusammensetzung kann es kommen durch:
- Vermehrung der Thrombozytenzahl durch z. B.
- Neoplasien des hämatopoetischen Systems. Dies kann zu einer vermehrten Aktivierung der Thrombozyten führen.
- Erhöhung der Zellzahl durch z. B.
- Verminderung des Serums. Die erhöhte Blutviskosität kann zu einer Verlangsamung der Strömung führen.
- Neoplasien
- Paraneoplastisches Syndrom bei z. B.
- metastasierendem Karzinom. Hierbei bildet das Karzinom selbst vermehrt prokoagulatorische Substanzen.
- Hereditäre Störungen wie z. B.
- Faktor- V- Leiden- Mutation
- Postoperativ oder nach Verletzungen
- Hierbei befinden sich durch Gewebeschädigungen mehr Gerinnungsfaktoren als normalerweise im Blut (Nennstiel 2019).
- Medikamentös durch z. B. Antikonzeptiva
- während der Schwangerschaft (Nennstiel 2019)
Ein Abscheidungsthrombus entsteht bei erhaltenem Blutstrom und wird verursacht durch z. B. eine atherosklerotisch veränderte Arterienwand, in entzündeten Gefäßen (z. B. bei Arteriitis, Thrombophlebitis), Aneurysmen, bei Mitralklappenfehlern im linken Vorhof, bei Myokardinfarkten etc. (Weimann 2002).
Die Gefahr der Bildung eines Abscheidungsthrombus in Form eines Myokardinfarktes bzw. eines Apoplexes ist während bakterieller oder viraler Infektionen deutlich erhöht. Abscheidungsthromben tragen außerdem zur hohen Mortalität im Rahmen einer Sepsis bei (Kasper 2015).
Pathophysiologie
Initial kommt es zu einem Defekt des Endothels (Herold 2022). Dadurch werden subendotheliale Komponenten freigelegt, die für die folgende Thrombozytenaktivität verantwortlich sind (Kasper 2022), auch als „visköse Metamorphose“ bezeichnet (Nennstiel 2019).
An der Stelle des Endotheldefekts lagern sich nunmehr Thrombozyten durch Adhäsion und Aggregation an. Der sich bildende Thrombus füllt nicht das gesamte Lumen des Gefäßes aus, haftet der Gefäßwand aber fest an (Herold 2022). Durch die Anhaftung der Thrombozyten wird Thrombin aktiviert (Kasper 2015), welches bei der Bildung eines Abscheidungsthrombus eine wichtige Rolle spielt, da es die Thrombozytenaggregation und die Fibrinbildung fördert (Nennstiel 2019).
Klinisches Bild
Bei einem Abscheidungsthrombus im Bereich der Extremitäten treten auf:
- akute Schmerzen
- Pulslosigkeit in der betroffenen Extremität
- Blässe der betroffenen Extremität (Schölmerich 2003)
Die Kardinalsymptome eines peripheren arteriellen Verschlusses werden auch durch die sog. „6 Ps“ zusammengefasst:
- Pain (Schmerz)
- Paleness (Blässe)
- Pulselessness (Pulslosigkeit)
- Paresthesia (Sensibilitätsstörungen)
- Paralysis (Bewegungsunfähigkeit)
- Prostration (Schocksymptomatik)
(Töpfer 2023)
Symptome eines Myokardinfarktes s. d.
Diagnostik
Bei V. a. einen Abscheidungsthrombus sollte umgehend eine bildgebende Diagnostik erfolgen in Form von Farbduplex- oder Kompressions- Sonographie, Angiographie oder aszendierender Phlebographie (Schölmerich 2003).
Bildgebung
Aszendierende Phlebographie
Diese Untersuchung ist die Methode der Wahl zum Nachweis einer Thrombose (Ludwig 2020).
Sonographisch lässt sich ein Abscheidungsthrombus echoarm geschichtet und bandförmig darstellen (Schmidt 2002).
Angio- CT
Hierbei zeigt sich insbesondere die durch den Abscheidungsthrombus hervorgerufene Stenosierung des betroffenen Gefäßes (Eichler 2016).
Labor
Histologie
Es findet sich ein weißer Thrombus, der arm an Erythrozyten ist und eine geriffelte Oberfläche aufweist (Herold 2022). Der Thrombus zeigt eine periodische Schichtung aus Thrombozyten und Netzen von Fibrin, die eingelagerte Erythrozyten und Leukozyten aufweisen und senkrecht zur Strömungsrichtung des Blutes ausgerichtet sind. Dadurch erhält der Thrombus ein Korallenstock- ähnliches Aussehen (Nüllen 2014).
An der Grenze zwischen Thrombus und Intima finden sich Histiozyten. Die Thrombozyten sind nicht mehr als einzelne Plättchen erkennbar, es findet sich vielmehr durch Aggregation eine homogene Masse (Nüllen 2014).
Komplikation(en)
- Organverschlüsse
- Organinfarkte (Claus 2019)
- Gefäßverschluss mit Verlust einer Extremität (Claus 2019)
Therapie allgemein
Das primäre Therapieziel ist es, den okkludierenden Thrombus zu entfernen. Dazu ist es wichtig, die Ischämietoleranz nicht zu überschreiten, denn danach kann auch die Wiedereröffnung des Gefäßes eine bleibende Gewebsschädigung nicht verhindern (Pötzsch 2002).
Abscheidungsthromben der Extremitäten z. B. müssen innerhalb von 6 h rekanalisiert werden, andernfalls droht eine irreversible Ischämie mit Verlust der betroffenen Extremität (Schölmerich 2003).
Eine Ausnahme bildet lediglich die Wiedereröffnung chronisch verschlossener Herzkranzgefäße (Pötzsch 2002).
Zur Wiedereröffnung des betroffenen Gefäßes stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung:
- Thrombektomie
- kathetergestützte Rekanalisation
- Stent- Implantation
- Fibrinolysetherapie (Pötzsch 2002)
Dabei handelt es sich um Stoffe, die die körpereigene Fibrinolyse stimulieren. Dazu zählen z. B. Urokinase, Streptokinase und Alteplase (Hallbach 2021). Näheres s. Fibrinolytika
Medikamentös lassen sich Abscheidungsthromben durch Thrombozyten- Aggregationshemmer der Gruppen GPII b / III a Rezeptorantagonisten behandeln (Buchta 2004). Diese blockieren auf der Thrombozytenoberfläche den für die Aggregation wichtigen GP- II b / III a- Rezeptor (Huch 2019).
Zu den Präparaten dieser Gruppen zählen z. B. Abciximab (Handelsname RheoPro), Eptifibatid (Handelsname Integrilin) und Tirofiban (Handelsname Aggrastat).
(Buchta 2004).
Prophylaxe
Arteriellen Thromben kann man prophylaktisch durch die Gabe von Thrombozyten- Aggregationshemmern wie z. B. ASS vorbeugen (Claus 2019), da ASS die Thrombozytenaggregation durch Hemmung der Thromboxan- A2- Bildung hemmt (Huch 2019). Dosierungsempfehlung: ASS 100 mg / d. Falls Kontraindikationen für ASS bestehen, kann alternativ auch Clopidogrel in der Dosierung von 75 mg / d verwendet werden (Pötzsch 2002).
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
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