VulvakarzinomC51.-

Autoren:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Karzinom der Vulva; Karzinom Vulvakarzinom; Karzinom,Vulvakarzinom; Vulvakrebs

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Definition

Plattenepithelkarzinom im Bereich der großen und kleinen Labien. Plattenepithelkarzinome umfassen 95% der vulvären Geschwülste. Sie entstehen häufig auf vorbestehendem Lichen sclerosus et atrophicus, Condylomata acuminata oder auf dem Boden einer chronischen Vulvitis. S.a. VIN (= vulväre intraepitheliale Neoplasie). Bei den übrigen Malignomen der Vulva handelt es sich um Basalzellkarzinome, Adenokarzinome, Melanome, Karzinome der Bartholinschen Drüsen.

Einteilung

Das "in situ" Stadium des Vulvakarzinoms wird in erweiterten Klassifikationen als VIN (vulväre intraepitheliale Neoplasie) analog zu anderen intraepithelialen Neoplasien bezeichnet. S.a.u. AIN (anale intraepitheliale Neoplasie) und CIN (zervikale intraepitheliale Neoplasie).
Klinische Stadieneinteilung des Vulvakarzinoms (FIGO-Klassifikation)

Stadium

Befund

I

Tumordurchmesser < 2 cm; auf Vulva oder Damm begrenzt

Ia

Stromainvasion < 1,0 mm

Ib

Stromainvasion > 1,0 mm

II

Tumordurchmesser > 2,0 cm; auf Vulva und Damm begrenzt, keine LK-Metastasen

III

Tumor jeglicher Größe mit Ausdehnung auf die distale Urethra, Vagina oder den Anus und/oder LK-Metastasen

IV

Tumorinvasion in Nachbarorgane, bilaterale inguino-femorale LK-Metastasen, Fernmetastasen

Vorkommen/Epidemiologie

  • Der Anteil an den Tumoren des weiblichen Genitaltraktes beträgt 3-5%.
  • Inzidenz: 1,5/100.000 Frauen/Jahr; mit zunehmendem Alter von 0,4/100.000 Frauen/Jahr bei 30-jährigen Frauen auf 20/100.000 Frauen/Jahr bei über 70-jährigen Frauen ansteigend.
  • Häufigkeitsgipfel von VIN besteht bei Frauen in der 3.-4. Dekade.

Ätiopathogenese

Grundsätzlich lassen sich unterscheiden:

  • HPV-assoziierte Vulvakarzinome
  • Nicht-HPV-assoziierte Vulvakarzinome

Bei den HPV-assoziierten Vulvakarzinomen sind in den meisten Fällen Infektionen mit den Hochrisiko-Typen HPV 16, 18, 31 oder 33 verantwortlich. Als weitere Risikofaktoren gelten:

Lokalisation

Betroffen sind meistens die großen Schamlippen, seltener die kleinen Schamlippen und der Bereich der Klitoris.

Klinisches Bild

Primär zeigen sich langsam wachsende, meist scharf begrenzte, unregelmäßig konfugurierte, verruköse Plaques. Größere Geschwülste (> 0,5 cm) kennzeichnen sich durch derb indurierte, unregelmäßig konfigurierte, meist geschwürig zerfallende Plaques oder Knoten, die bei mechanischer Irritation leicht bluten. Vulvakarzinome neigen zur frühzeitigen Metastasierung in die regionalen Lymphknoten.

Diagnose

  • Prätherapeutische Diagnostik:
    • Inspektion der Vulva auf Veränderungen der Farbe und des Oberflächenreliefs
    • Vulvoskopie nach Einwirkung von 3%iger Essigsäure zur Festlegung repräsentativer Biopsieareale
    • Toluidinblau-Probe (Collins-Test): 1%ige Toluidinblaulösung, dann 2%ige Essigsäure
    • Zytologischer Abstrich und Anfärbung nach Papanicolaou
    • Stanzbiopsie oder Exzisionsbiopsie (bei zirkumskripten, auf VIN verdächtigen Herden)
    • Lymphknotensonographie bzw. Szintigraphie
    • Lymphknotenbiopsie (s. Tabelle 2)
Tabelle 2: Metastasierungstendenz des Vulvakarzinoms
Eindringtiefe des Vulvakarzinoms Karzinome mit Lymphknotenmetastasen
< 1,0 mm keine Metastasierung
1,1-3,0 mm 8%
3,1-5,0 mm 27%
> 5,0 mm 34%
  • Prätherapeutisches Staging bei Vulvakarzinom:
Das Staging erfolgt entsprechend den Empfehlungen der FIGO (s. Tabelle 1). Maßgeblich sind die Operationsbefunde und das Ergebnis der histopathologischen Untersuchung der Operationspräparate sowie der Lymphknoten (s. Tabelle 2).
  • Stadium I-IV:
    • Gynäkologische Untersuchung:
      • Inspektion: Gesamte Vulva, Urethra, Introitus, Vagina, Portio, Damm, Anus
      • Palpation: Gesamte Vulva, Vagina, inneres Genitale, Anus, Rektum, Beckenwand, Leisten einschließlich der Schenkelgruben Dokumentation aller Veränderungen
      • Bildgebende Verfahren (u.a. Vaginalsonographie, Lymphknotensonographie).
  • Stadium I und II:
      • Im Einzelfall nützlich
      • Röntgen-Thorax
      • Lebersonographie.
  • Stadium III:
    • obligat:
      • Röntgen-Thorax
      • Lebersonographie
      • Zystoskopie
      • Rektoskopie
    • im Einzelfall nützlich:
      • Vaginalsonographie
      • Rektale Sonographie
      • Weitere bildgebende oder endoskopische Verfahren nur bei gezielter Indikation.
    • Stadium IV:
      • Individuell an klinische Situation adaptiert (therapeutische Konsequenz).

Therapie

Es gibt unterschiedliche Behandlungsformen des Vulvakarzinoms, abhängig von der Lage, der Größe und des Stadiums. Die bevorzugte Therapie ist die möglichst vollständige operative Entfernung des Tumors durch den Gynäkologen. Organerhaltendes Vorgehen ist anzustreben und sollte in hierauf spezialisierten gynäkologischen Zentren durchgeführt werden.

Prophylaxe

In einer Multicenterstudie konnte durch eine quadrivalente HPV-Vaccine (Gardasil) bei jungen Frauen im Alter von 16-23 Jahren ein deutlicher Rückgang HPV 6-, 11-, 16- und 18-induzierter Infektionen erzielt werden. Präkanzeröse Dysplasien bzw. genitale Warzen wurden nicht beobachtet.

Literatur

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