Quecksilber in Dermatologie und Zahnmedizin

Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2024

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Definition

Quecksilber ist ein hoch toxisches, silberweisses, glänzendes Metall, welches als einziges Metall bei gewöhnlicher Temperatur flüssig bleibt. Ob als elementares Quecksilber, Quecksilberdampf, Quecksilber I und II Salze oder organische Quecksilberverbindung, in jeder Form bleibt es gesundheitsschädlich. Quecksilber kann durch das Einatmen von Quecksilberdampf und Zerstäubung von Quecksilber-Salzen aufgenommen werden. Es wird über Haut und Schleimhäute resorbiert. Elementares Quecksilber ist die verdampfbarste Form des Metalls. Schon bei Zimmertemperatur, Kompressionen oder leichter Bewegung gibt Quecksilber Dämpfe ab.

In der Zahnmedizin wird elementares Quecksilber zur Herstellung von Amalgamfüllungen verwendet. Das toxische Potential von Quecksilber in der Zahnmedizin ist auf Quecksilberdampf beschränkt.

Pharmakodynamik (Wirkung)

Quecksilber wird gut resorbiert bei Inhalation. Oral findet nur eine geringe Aufnahme statt. Quecksilber kann sich im Gehirn und in der Niere anreichern. 

Indikation

Frühere Indikationen: 

  • Syphilis (Quecksilber-Schmierkuren/orale und parentertale Applikationen)
  • Sommersprossen: Bereits in der Wiener Dermatologie (v. Hebra) wurde eine Sommersprossen-Salbe auf Quecksilberbasis (Hg praecipitat alb./Bismut subnitricum aa 2,0 -Ung. leniens, Ung. cerei aa ad 20,0) verwendet. Diese wurden abends nach dem Waschen mit Seife einmassiert. Stärker wirksam waren Sublimatsalben (Hydr. Bichloratum 0,5-3% in einer Lanolin/Paraffin-Mischung). Als weitgehend unbedenkliche Bleichmittel wurden um die Wende zum 20. Jahrhundert eine 15%ige Boraxlösung (Sodiumborat) empfohlen.
  • Melasma: Auch hierbei wurde von diversen Quzecksilbersalben Gebrauch gemacht.
  • Andere Erkrankungen: Quecksilbersalben wurde ebenfalls bei Psoriasis und Lichen planus eingesetzt.          

Dosierung und Art der Anwendung

Bei Vergiftungen (nicht resorbierbares Sublimat): 

  • Milch und Eiereiweiss (Ausfällung des Quecksilbers)
  • Magenspülungen mit Aktivkohle

Bei Vergiftungen (resorbiertes Quecksilber)

  • Dimercaprol, Dimercaptopropanolsulfonat (DMPS) 
  • D-Penicillinamin 

Unerwünschte Wirkungen

Folgende erhebliche chronische Nebenwirkungen begleiteten die Quecksilber-Therapie über Jahrhunderte, Bekannt waren: 

  • Stomatitis mercuralis
  • Enteritis mit Durchfall und Erbrechen
  • Colitis mercuralis
  • Nephrose 
  • Polyneuritis mercuralis mit ausstrahlenden scharfen Extremitätenschmerzen
  • Follikulär betonte Quecksilberexantheme
  • Adynamie (E. Feer 1923), ein chronisches Krankheitsbild bei Kindern, das auch als vegetative Neurose (Feersche Krankheit) bezeichnet wurde, und später als chronische Quecksilbervergiftung identifiziert wurde
  • Amalgam-Intoleranz

Metallisches und anorganisches Quecksilber:

  • Akute Intoxikation: Initial gastrointestinale Beschwerden, dann Nierenschäden/zunächst Polyurie, dann Oligo- oder Anurie), gefolgt von Colitis mucomembranacea mit starken Koliken. 
  •  Chronische Intoxikation: Stomatitis mit Metallgeschmack, Quecksilbersaum am Zahnfleisch, zentralnervöse Erscheinungen-Erethimus, Intentionstremor, Konzentrationsstörugnen, Sprachstörungen.  

Organisches Quecksilber (gut lipidllöslich/ schwerste neurologische Schäden)

  • Akute Intoxikation: Erregung, Parästhesien, Tremor, Krämpfe 
  • Chronische Intoxikation: Seh- und Hörstörungen, Lähmungen, psychotische Zustände

Präparate

Anorganisches Quecksilber (Resorption nur bei oraler Aufnahme/wasserlöslich; renale Anreicherung und Elimination; v.a. renale und gastrointestinale Symptomatik)

  • Quecksilber (I) chlorid= Kalomel
  • Quecksilber (II) chlorid= Sublimat (Ätzgift) 

Organisches Quecksilber (gute Resorption bei oraler Aufnahme, Anreicherung im gEhrin, Hauptausscheidung über den Darm. V.a. zentrale Sympotmatik): 

  • Mersalyl (früheres Diuretikum)
  • Methylquecksilber-Kation
  • Dimethylquecksilber (Fungizide)

Hinweis(e)

Lokale und systemische Quecksilberanwendungen (Hydargyrum, Merkur) haben eine lange dermatologische Geschichte, die bis ins frühe Mittelalter zurückreichen. Arabische Ärzte waren die ersten, die Quecksilber gegen eine Fülle von Krankheiten einsetzten. Sie brachten diese Therapie nach Europa (Italien).  Ab 1500 war Quecksilber ein Standardtherpeutikum gegen Syphilis. Meist wurde es in Salbenform verabreicht, später auch oral und parenteral. Das älteste Verfahren bei der Syphilis war die sogenannte "Schmierkur", bei der metallisches Quecksilber in Form einer grauen Salbe in den Organismus eingebracht wurde. Das Deutsche Arzneibuch schrieb ursprünglich für Ung. cinereum eine 33%ige Verreibung von metallischem Hg in Hammeltalg vor. Später wurde folgende Zusammensetzung empfohlen:

  • Hydragyrum 100,0
  • Adeps sil. 130,0
  • Seb. oliv. 700,0

Lassar mischte diese "graue Salbe" mit etwas Zinnober, wodurch sie einen rötlichen Farbton erhielt. Die nicht unerheblichen Nebenwirkungen begleiteten die Quecksilber-Therapie über Jahrhunderte.

Sommersprossen: Bereits in der Wiener Dermatologie (v. Hebra) wurde eine Sommersprossen-Salbe auf Quecksilberbasis (Hg praecipitat alb./Bismut subnitricum aa 2,0 -Ung. leniens, Ung. cerei aa ad 20,0) verwendet. Diese wurden abends nach dem Waschen mit Seife einmassiert. Stärker wirksam waren Sublimatsalben (Hydr. Bichloratum 0,5-3% in einer Lanolin/Paraffin-Mischung). Als weitgehend unbedenkliche Bleichmittel wurden um die Wende zum 20. Jahrhundert eine 15%ige Boraxlösung (Sodiumborat) empfohlen.

Melasma: Auch hierbei wurde von diversen Quzecksilbersalben Gebrauch gemacht.

Andere Erkrankungen: Quecksilbersalben wurde ebenfalls bei Psoriasis und Lichen planus eingesetzt.   

Heute sind Quecksilberanwendungen wegen ihrer schwersten Nebenwirkungen grundsätzlich als obsolet zu betrachten.        

Literatur
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  1. Bourgeois M et al. (1986) Mercury intoxication after topical application of a metallic mercury ointment. Dermatologica 172:48-51.
  2. Karow T (2024) Pharmakologie und Toxikologie. Karow-Pharma, 23. Auflage 1320-1321

Verweisende Artikel (2)

Melanogenese; Quecksilberallergie;
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