Pannikulitis Alpha-1-Antitrypsin-Mangel-assoziierte M35.6

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

OMIM 107400; Pannikulitis bei alpha-1-Antitrypsin-Mangel

Erstbeschreiber

Warter, 1972

Definition

Sehr seltenes (bisher sind etwa 60 Fälle beschrieben), klinisch schwer verlaufendes (letaler Ausgang möglich), sehr schmerzhaftes, oftmals rezidivierendes, noduläres und nekrotisierendes Pannikulitissyndrom, das auf einen angeborenen Alpha-1-Antitrypsin-Mangel zurückzuführen ist.

Vorkommen/Epidemiologie

Selten. In Deutschland sind ca. 10.000-25.000 Erkrankungen bekannt.

Ätiopathogenese

Meist hereditär (autosomal-rezessiver Erbgang; Chromosom 14q32.1 assoziiert; Proteinpolymorphismus). Alpha-1-Antitrypsin ist eine Protease-Inhibitor, insbes. für die Neutrophilen-Elastase und übt darüberhinaus wichtige antiinflammatorische Funktionen (Akute Phase Protein) aus.

Manifestation

Alle Altersgruppen vom Kindesalter bis hin zur 8. Lebensdekade sind betroffen. Vor allem bei Kindern und Jugendlichen auftretend. Keine Geschlechterbevorzugung.

Lokalisation

Überwiegend an Extremitätenstreckseiten, Gesäß, Körperstamm lokalisiert.

Klinisches Bild

Einzeln oder disseminiert auftretende, schmerzhafte, indurierte, zur Ulzeration neigende, subkutane Fettgewebsknoten (lobuläre neutrophile Pannikulitis). Häufig spontane Entleerung der Knoten mit Sekretion von öliger blutig-tingierter Flüssigkeit.

Das klinisch-dermatologische Leitsymptom sind: hämorrhagische Knoten und dolente tiefe Ulzera der Unterschenkel.  

Nicht selten Arthralgien und Fieber. Häufige Begleitsymptome:

  • Icterus prolongatus des Neugeborenen
  • Hepatitis unklarer Genese im Säuglings- oder Kindesalter
  • Lungenemphysem des Erwachsenen (durch ungehinderte Elastase-Aktivitäten  bedingter Abbau des Elastin des Lungengerüstes) 
  • Hepatitis oder Leberzirrhose unklarer Genese beim Erwachsenen (wahrscheinlich Akkumulation von strukturverändertem, fehlerhaftem Alpha-1-Antitrypsin in den Hepatozyten.

Labor

Serumtiter von Alpha-1-Antitrypsin (Referenzbereich: 0.9-2.0 g/l), Alpha-1-Antitrypsin Genotypisierung, ggf. pränatale Diagnostik.

Histologie

Akute neutrophile lobuläre, später auch septale Pannikulitis ohne Vaskulitis und mit Liquidationsnekrosen.

Therapie

Alkohol- und Nikotinkarenz!

Initial oder bei weniger schweren Verläufen kann Dapson (z.B. Sulfone Tabletten) 50-150 mg/Tag p.o. versucht werden.

Substitution von α-1-Antitrypsin (z.B. Prolastin HS) mit mindestens 60 mg/Woche zur Erhaltung des minimalen Referenzwertes im Blut.

Fallbericht(e)

  • 21-jährige Patienten mit seit einem Monat bestehenden schmerzhaften, geröteten Knoten an den proximalen Extremitäten und am Rücken. Bekannter AAT-Mangel seit der Neonatalperiode bei Z.n. Neugeborenen-Hepatitis.
  • Befund: Ulzerierte Knoten im Bereich der rechten Hüfte und linken Schulter mit Entleerung gelblich-öliger Flüssigkeit. Im weiteren Verlauf Auftreten entsprechender Läsionen an anderer Lokalisation mit inhomogen pigmentierter Abheilung.
  • Labor: Serum AT-Konzentration bei Vorstellung: 0.3 g/l (normal 0.9-2.0 g/l); Phänotyp Pi ZZ. Sämtliche weiteren Werte (incl. Diff. BB, CRP, ANA, c-ANCA, p-ANCA, anti-PR3 und anti-MPO) im Normbereich.
  • Bakteriologie: Kein Nachweis von aeroben oder anaeroben Keimen.
  • Röntgen-Thorax: Unauffällig.
  • Histologie: Septale Pannikulitis mit starker Infiltration polymorphkerniger Leukozyten.
  • Therapie: Initial Prednisolon 50 mg/Tag p.o. über mehrere Tage, darunter keine Befundbesserung, dann allmähliche Reduktion. Ergänzung durch Dapson 100 mg/Tag p.o. mit Dosisadaptation auf 150 mg/Tag bei Therapieversagen. Nach 3 Monaten keine Befundverbesserung. Umstellung auf alpha-1-Protease Inhibitor mit wöchentlichen intravenösen Gaben von 60 mg/kg KG. Hierunter Abheilung der Läsionen innerhalb von 2 Tagen nach Erstgabe. Nach 8 Wochen erste Therapiepause mit Verabreichung von alpha-1-Protease Inhibitor nur bei Wiederauftreten der Veränderungen (zunächst jeweils nach 2-4 Wochen, später nach 6 Wochen).

Literatur
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  1. Blanco I et al. (2015)  Neutrophilic Panniculitis Associated with Alpha-1 Antitrypsin Deficiency: an Update. Br J Dermatol  doi: 10.1111/bjd.14309
  2. Chowdhury MM et al. (2002) Severe panniculitis caused by homozygous ZZ alpha1-antitrypsin deficiency treated successfully with human purified enzyme (Prolastin). Br J Dermatol 147: 1258-1261
  3. Laureano A et al. (2014) Alpha-1-antitrypsin deficiency-associated panniculitis: a case report. Dermatol Online J 20: 2124
  4. Requena L et al. (2001) Panniculitis. Part II. Mostly lobular panniculitis. J Am Acad Dermatol 45: 325-361
  5. Ural I et al. (2002) Nodular vasculitis associated with chronic hepatitis C. J Eur Acad Dermatol Venereol 16: 298-289
  6. Vigl K (2015) Alpha-1-Antitrypsin-Mangel, Pyoderma gangraenosum-artige nekrotisierende Pannikulitis: letaler Verlauf. JDDG 13: 1180-1182
  7. Warter J et al. (1972) Syndrome de Weber-Christian associe a un deficit en alpha-1-antitrypsine; enquete familiale. Ann Med Interne (Paris) 123: 877-882

 

 

Verweisende Artikel (1)

Panniculitis nodularis nonsuppurativa;

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