Lupus miliaris disseminatus faciei L71.8

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Acne agminata; Acnitis; Disseminated follicular lupus (Tilbury Fox); Lupoide Rosazea; Lupus acneformis acutus; papulöses Tuberkulid; Tuberculide papuleuse miliaire; Tuberculosis cutis miliaris disseminata faciei; Tuberculosis cutis rosaceifromis; Tuberculosis lupoides miliaris disseminata faciei

Erstbeschreiber

Fox, 1878; Lewandowsky, 1917; 

Definition

Der Lupus miliaris disseminatus faciei (LMDF) ist eine idiopathische granulomatöse Erkrankung, die hauptsächlich die Gesichtshaut betrifft. Nosologisch gesehen gehört sie zum Spektrum der granulomatösen Dermatosen im Gesicht und weist Überschneidungen mit Rosazea und Sarkoidose auf. In den meisten Fällen bildet sich diese Erkrankung innerhalb einiger Jahre spontan zurück, kann aber entstellende Narben hinterlassen.

Ätiopathogenese

Die Ätiologie des Lupus miliaris disseminatus faciei (LMDF) ist ungeklärt. Wahrscheinlich polyätiologische Hautreaktion. Ursprünglich wurde vermutet, dass die Läsionen mit Tuberkulose in Verbindung stehen, da die klinisch-pathologischen Befunde denen anderer Tuberkulide ähneln (Der Begriff Tuberkulid wurde in der Vergangenheit für reaktive, mit Tuberkulose assoziierte Zustände verwendet, bei denen der eigentliche Infektionserreger an anderer Stelle und nicht in den Hautläsionen zu finden ist). Heute tritt der LMDF jedoch nicht in Assoziation mit einer Lungentuberkulose auf. Auch spricht die Erkrankung (im Gegensatz zu den echten Tuberkuliden) nicht auf antituberkulöse Medikamente an. Tuberkulin-Hauttests sind bei diesen Patienten meist negativ (Nino M et al. 2003).

Weiterhin haben größere Untersuchungen, einschließlich histochemischer Färbungen für Mykobakterien und Gewebekulturen sowie PCR-basierte Studien, keinen Nachweis von M.-Tuberkulose-Organismen in den LMDF-Granulomen erbracht (Hodak E et al. 1997; Chougule A et al. 2018). Ein möglicher Zusammenhang mit einem unbekannten nicht-tuberkulösen Mykobakterium ist nicht völlig ausgeschlossen.

Ob, wie bei anderen granulomatösen Eruptionen im Gesicht häufig postuliert, eine veränderte Antigenität des Haarfollikels oder der Talgdrüsenstrukturen mit anschließender T-Zell-vermittelter Zerstörung oder einer anderen Störung der "pilosebazären Unit" ursächlich ist, ist nicht gesichert. Ein Zusammenhang mit hormonellen Effekten, wie er bei bestimmten akneiformen Varianten zu beobachten ist, wurde nicht nachgewiesen.

 

Pathophysiologie

Einige Autoren betrachten LMDF als eine Variante der granulomatösen Rosazea, während andere dafür plädieren, LMDF als eigenständige Entität zu betrachten (Berbis P et al. 1987). Es kann angenommen werden, dass die verschiedenen klinischen Manifestationen der Rosazea auf dieselben zugrundeliegenden Entzündungswege zurückzuführen sind, einschließlich Anomalien des angeborenen Immunsystems und neurovaskulärer Aberrationen. Die vaskulären Anomalien der Rosazea werden jedoch bei Patienten mit LMDF nicht beobachtet. Demodex-folliculorum-Milben werden häufig in Hautbiopsien von Patienten mit Rosazea gefunden, nicht jedoch durchgängig in Hautbiopsien von Patienten mit LMDF. Inwieweit Propionibacterium acnes-Bakterien eine pathogenetische Rolle spielt ist noch ungeklärt.

Manifestation

Der LMDF ist selten, obwohl über die genauen Inzidenzraten nicht viel berichtet wird. LMDF kann in einem breiten Altersspektrum auftreten, tritt jedoch am häufigsten bei jungen Erwachsenen auf (mit 33 Jahre wurde das Durchschnittsalter in einer Serie ermittelt ) und ist bei älteren Erwachsenen selten.

Eine eindeutige geschlechtsspezifische Prädilektion wurde nicht festgestellt, obwohl in einer retrospektiven Untersuchung das Durchschnittsalter der weiblichen Patienten (43 Jahre) höher war als das der männlichen (23 Jahre), und alle Patienten jenseits der Mitte der 30 Jahre waren weiblich.

Lokalisation

Vor allem Gesicht. 

Am häufigsten sind die unteren Augenlider betroffen, aber auch Stirn, Wangen, Nase, Oberlippen, Ohren, Kinn oder Hals sind häufig betroffen. Eine Beteiligung außerhalb des Gesichts ist selten, wurde aber in einigen Fällen berichtet, auch am Rumpf, an den Extremitäten und an der Genitalhaut (van de Scheur MR et al. 2003).

Klinisches Bild

Chronisch persistierende, disseminierte, häufig symmetrisch angeordnete, 0,2-0,4 cm große, blau- bis bräunlich-rote, halbkugelige, feste (meist follikuläre) Papeln oder auch Papulopusteln. Die einzelnen Effloreszenzen konfluieren nicht, sondern lassen die zwischenliegende Haut unverändert. Diaskopisch: Lupoides Infiltrat. Manchmal wird Juckreiz oder Brennen der Gesichtshaut angegeben.

Histologie

Fleckförmige, dichte, überwiegend follikuläre, seltener perivaskuläre Infiltrate aus Lymphozyten, neutrophilen Granulozyten, Epitheloidzellen mit Riesenzellen, Lymphozyten und Plasmazellen. Weitgestellte Blut- und Lymphgefäße, Ödem der Dermis. Es besteht eine Tendenz zur entzündlichen Infiltration des Follikelepithels. Die Follikel selbst können erweitert sein und (manchmal zahlreiche) Follikelmilben enthalten.

Vier Stufen der perifollikulären Entzündungsreaktion wurden beschrieben:

  • Epitheloidzellgranulome mit zentraler Nekrose
  • Epitheloidzellgranulome mit zentraler Nekrose (sarkoidal/Fremdkörperreaktion)
  • Epitheloidzellgranulome mit Absezessen
  • Nicht-granulomatöse, nicht-spezifische perifollikuläre entzündliche Infiltrate. Begleitende neutrophile Granulome mit oder ohne neutrophile Mikroabszesse wurden in unterschiedlicher Weise beobachtet.
  • Bei späten Läsionen ist eine Fibrose zu beobachten, die mit der klinischen Narbenbildung korreliert.

Es besteht eine signifikante histologische Überlappung mit granulomatöser Rosazea und anderen granulomatösen Erkrankungen im Gesicht.

Differentialdiagnose

Die Lupoide Rosazea oder die Lupoide periorale Dermatitis können nicht als "echte" Differenzialdiagnose gesehen werden, da wahrscheinlich Idendität beider Krankheitsbilder vorliegt.

Acne vulgaris (jüngere Altersgruppe, meist pustulös, Nachweis von Komedonen und frischen follikulären Pusteln)

kleinknotige Sarkoidose (histologisch fehlen Nekrosezonen)

Papulosquamöse Syphilide (Ausschluss durch serologische Untersuchungen; klinisch fehlt stets der follikuläre Bezug der Syphilide; meist tastbare Lymphknoten, Syphilide der Handflächen).

Therapie

Das Krankheitsbild zeichnet sich durch Therapieresistenz aus. Wichtig ist eine konsequente Patientenführung, Anwendung unbekannter Kosmetika ist strikt zu unterbinden. Die Erkrankung spricht in der Regel schlecht auf topische oder systemische Therapien an, die bei granulomatöser Rosazea die erste Wahl sind. Eine frühzeitige, wirksame Behandlung kann das Risiko einer erheblichen Narbenbildung verringern.

Tetrazykline: Die Wirksamkeit von oralen Tetrazyklinen ist nur mäßig gut (z.B. Doxycyclin 50-100 mg/Tag oder Minocyclin (z.B. Klinomycin). Systemische Therapie zunächst für 6-8 Wochen, danach Therapiepause über 4 Wochen, ggf. erneuter Therapiezyklus.

Isotretinoin: Das  Ansprechen auf Isotretinoin ist uneinheitlich (Dosierung initial: 0,2-0,3 mg/kg KG/Tag. Dauertherapie mit 10 mg/Tag. Die Kautelen der Behandlung mit Retinoiden sind zu beachten). In einer Serie sprachen die Patienten besser auf orales Prednisolon (verabreicht in einer Anfangsdosis von 10 mg täglich) oder orales Dapson (100 mg täglich) an. Die Kombination dieser beiden Wirkstoffe schien besonders wirksam zu sein, auch bei Patienten, bei denen eine Monotherapie mit einem der beiden Wirkstoffe versagt hatte. In derselben Serie wurde berichtet, dass die Kombination von oralem Dapson mit topischem Tacrolimus bei 7 von 7 Patienten zu einem ausgezeichneten Ansprechen führte (Al-Mutairi N 2011).

Alternativ: Andere Studien berichten auch über ein gutes Ansprechen auf systemische Kortikosteroide (Dev T et al. (2017).
Alternativ: Hydroxychloroquin: Dosierung initial 2mal/Tag 200 mg p.o. und fortführend 1mal/Tag 200 mg/Tag p.o..

 

Verlauf/Prognose

Meist chronischer Verlauf über 1-2 Jahre. Abheilung unter Hinterlassung zarter atrophischer Närbchen.

Tabellen

Lokal wirksame Antibiotika in der Behandlung des Lupus miliaris disseminatus faciei

Wirkstoff

Zubereitungsform

Beispielpräparate

Tetracyclin

3% Salbe

Imex Salbe, Achromycin Salbe

Erythromycin

2% Lösung

Aknemycin Lösung

1% Emulsion

Aknemycin Emulsion

2% Salbe

Aknemycin Salbe

Clindamycin

1% Gel

Zindaclin, Basocin Akne-Gel

1% Lösung

Basocin Akne-Lösung

Hinweis(e)

Der Name leitet sich von einem historischen vermuteten Zusammenhang mit der Tuberkulose ab. Zu den älteren Bezeichnungen für eine ähnliche granulomatöse Dermatose im Gesicht gehören:

  • mikropapulöse Tuberkulose
  • Lewandowsky-Ausschlag
  • lupoide Rosazea.
  • Acne agminata wurde für ähnliche Läsionen in der Achselhöhle verwendet.

Fallbericht(e)

Der 42-jähringe Patient litt seit etwa 1/2 Jahr an disseminierten Papeln im Gesicht; er war ansonsten hautgesund. Keine Akneanamnese.

Befund: Disseminierte, zentrofazial akzentuierte, 0,1-0,4 cm große, bräunlich-rote, feste, vereinzelt zerkratzte, follikuläre Papeln und wenige Papulopusteln. Diaskopisch: Lupoides Infiltrat. Der Pat. klagte über leichten Juckreiz. Letztlich war der Befund in erster Linie kosmetisch störend. Histologisch zeigten sich ein tuberkuloides Granulom mit zentraler Nekrose sowie fleckförmige lymphozytäre Infiltrate. In Serienschnitten Nachweis eines rupturierten Follikels.

Therapie: Minocyclin 100 mg/Tag p.o. über 6 Wochen ohne Erfolg. Lokal 2% getönte Metronidazol-Creme. Umstellung auf Isotretinoin, initial 20 mg/Tag p.o. und in Folge 10 mg jeden 2.Tag. Darunter allmähliche Beruhigung des Krankheitsbildes.

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Al-Mutairi N (2011) Nosology and therapeutic options for lupus miliaris disseminatus faciei. J Dermatol 38:864-873
  2. Berbis P et al. (1987) Lupus miliaris disseminatus faciei: efficacy of isotretinoin. J Am Acad Dermatol 16:1271-1272.
  3. Chougule A et al. (2018) Granulomatous Rosacea Versus Lupus Miliaris Disseminatus Faciei-2 Faces of Facial Granulomatous Disorder: A Clinicohistological and Molecular Study. Am J Dermatopathol 40:819-823.
  4. Fox T (1878) Lupus miliaris disseminée ou lupus folliculaire. Lancet 2: 75
  5. Hodak E et al. (1997) Lupus miliaris disseminatus faciei--the DNA of Mycobacterium tuberculosis is not detectable in active lesions by polymerase chain reaction. Br J Dermatol 137:614-619.
  6. Nino M et al. (2003) Lupus miliaris disseminatus faciei and its debated link to tuberculosis. J Eur Acad Dermatol Venereol 17:97.
  7. Sehgal VN et al. (2005) Lupus miliaris disseminatus faciei part II: an overview. Skinmed 4:234-238
  8. Sehgal VN et al. (2005) Lupus miliaris disseminatus faciei. Part I: Significance of histopathologic undertones in diagnosis. Skinmed 4:151-156
  9. Slater N et al. (2023) Lupus Miliaris Disseminatus Faciei. 2023 Feb 5. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; Jan–. PMID: 32644491.
  10. Stieler W et al. (1988) Lupus miliaris disseminatus faciei. Akt Dermatol 14: 4-6
  11. Takiwaki H et al. (2003) Differences between intrafollicular microorganism profiles in perioral and seborrhoeic dermatitis. Clin Exp Dermatol 28: 531-534
  12. van de Scheur MR et al. (2003) Lupus miliaris disseminatus faciei: a distinctive rosacea-like syndrome and not a granulomatous form of rosacea. Dermatology 206: 120-123

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