Kuhpocken B08.01

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Cow pox

Definition

Pockenerkrankung von Rindern, Katzen oder anderen Tieren. Als Zoonose in abgeschwächter Form selten beim Menschen auftretend. (s. a. Melkerknoten)

Erreger

Poxvirus bovis (Orthopoxvirus). Erregerreservoir: Nagetiere (z.B. Ratten). Befallen werden Mensch, Katze, Rind, Elefanten, Nashörner. S.u. Pockenviren.

In Mitteleuropa werden immer wieder sporadische, von Tieren auf den Menschen übertragene Infektionen berichtet. Die Infektionsquellen sind Kühe, Katzen, Ratten u.a. Wenige Tage nach dem Kontakt stellen sich die typischen Symptome ein, wie allg. schweres Krankheitsgefühl mit Abgeschlagenheit und Müdigkeit, ein juckendes evtl. schmerzendes, hochfieberhaftes Exanthem, generalisierte Lymphadenitis, sowie an den Primäreintrittstellen bis zu 2 cm große schmierig belegte Ulzera.

Die Erkrankung wird wegen ihres seltenen Vorkommens meist nicht erkannt oder fehldiagnostiziert. Befallene Nagetiere (Ratten, Mäuse) zeigen nach einer Infektion in der Regel keine Symptome.

Katzen (die häufigsten Überträger auf den Menschen) können auf der Haut großflächige Ulzera entwickeln; über diese Gewebedefekte werden große Virusmengen ausgeschieden. Sie sind somit hochkontagiös. Für Katzen kann die Erkrankung tödlich verlaufen.

Ätiopathogenese

Übertragung des Kuhpockenvirus von freilebenden Hauskatzen, Nagetieren oder Rindern auf den Menschen. Inokulation meist über Hautläsionen.

Merke! Derzeit sind zunehmend Katzen als Überträger einzustufen.

Lokalisation

Hände oder Finger (ca. 50% der Fälle) sowie Gesicht oder Hals (ca. 30% der Fälle).

Klinisches Bild

Integument: Überwiegend nur eine Primärläsion (72% der Fälle). Beginn meist als geröteter Fleck. Innerhalb von 7-14 Tagen Bildung von hämorrhagischen, von Pusteln umgebenen Papeln und Knoten. Deutliche regionäre, schmerzhafte Lymphadenitis.Tendenz zur flächigen Ulzeration der Hautläsionen. Meist kräftiges kollaterales Ödem. Nach 6-8 Wochen narbige Abheilung.

Exanthematische Form: Bei Immunsupprimierten und Patienten mit ausgedehnten Hauterkrankungen (atopisches Ekzem, M. Darier, Erythrodermien) werden jedoch auch schwere, generalisierte Verläufe beschrieben (s. Fallbericht).

Extrakutane Manifestationen: Lymphangitis, febrile Allgemeinerscheinungen. S.u. Vakzineknoten.

 

Diagnose

Klinik; Elektronenmikroskopie (Negativkontrastierung); Virusantigen-Nachweis aus Sekretabstrich (Material an Konsiliarlabor für Pockenviren: Robert Koch-Insitut/Berlin www.rki.de); Antikörpernachweis im Serum; PCR.

Komplikation(en)

Augenbeteiligung (Keratitis, Konjuktivitis); Generalisation bei Immunsupprimierten.

Therapie

Zugelassene systemische Therapie gegen Orthopox-Virusinfektionen existiert nicht. Cidovir zeigt experimentell eine antivirale Wirkung gegen Vaccinia und wurde daher zur Behandlung von Impfkomplikationen in Betracht gezogen. Cave! z.T. letale Nebenwirkungen! Ansonsten symptomatische Therapie. Bei bakterieller Sekundärinfektion: systemische Antibiotikatherapie.

Hinweis(e)

Das Virus ist nicht identisch mit dem Vacciniavirus, wie fälschlicherweise vielfach angenommen wurde.

Fallbericht(e)

Fall 1:

Eine 54-jährige Frau bemerkte eine Papel am Kinn, die sich innerhalb weniger Tage zu einem Knoten mit zentraler Nekrose entwickelte. Begleitend klagte sie über Allgemeinsymptome wie Fieber und Übelkeit.

Diag: Nachweis von Kuhpocken mittels PCR

Ätio: Offenbar erfolgte der Infektionsweg über die eigene Hauskatze.

Therapie: Unter symptomatischer Therapie besserten sich Lokalbefund und Allgemeinzustand. Der Knoten zeigte innerhalb von Wochen eine Heilungstendenz mit Krustenbildung und anschließender kosmetischer Revision der Narbe.

Fall2:

Ein 50-jähriger Patient mit einem schwer verlaufenden, generalisierten atopischem Ekzem, erkrankte plötzlich unter schweren Krankheitszeichen mit Fieber, Übelkeit, schweren Kopfschmerzen und einem polymorphen Exanthem mit roten Papeln, Bläschen und Pusteln an Stirn, Nacken, Schultern und im Genitalbereich. Die Anamnese ergab mehrfache Episoden eines ebenfalls schwer verlaufenden Eccema herpeticatums. Somit lautete die "prima vista Diagose" ebenfalls Ekzema herpeticatum.

Labor: Direktnachweise für Herpes simplex- und Varizella Zoster-Viren: negativ. CRP: 120mg/l (deutlich erhöht), BSG: 30/70 mm nW; serologisch: kein Hinweis für eine frische Herpes-Infektion. Nachweis von IgG- und IgM-Antikörper auf Kuhpocken-Virus.

Histologie: Intraepitheliale Blasenbildung mit Akantholyse und eosinophile Körperchen in mehrkernigen Keratinozyten.

Elektronenmikroskopie und real-time PCR: Nachweis von Orthopocken im läsionalen Abstrich.

Verlauf : Unter der Gabe von i.v. Aciclovir kam es zu keiner Besserung von Beschwerden und Hautveränderungen. Nach der Revision der ursprünglichen Diagnose erfolgte lediglich eine symptomatische Therapie mit internen Antiphlogistika und lokal mit abtrocknenden und desinfizierenden Lotiones. Nach 10 Tagen deutliche Besserung der Allgemeinsymptomatik. Das Exanthem war nach 4 Wochen abgeklungen.

Hinweis: Als Infektionsquelle wurde die inzwischen wieder gesundete Katze des Patienten identifiziert; Nachweis von virusspezifischen IgG- und IgM-Antikörper.

Literatur
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  1. Haase O et al. (2011) Generalisierte Kuhpocken-Infektion bei Morbus Darier. Abstract-CD 46. DDG-Tagung: P15/04
  2. Nitsch A, Pauli G (2007) Infektionen mit Kuhpockenviren in Deutschland - eine Übersicht: Katzen sind gegenwärtig als Überträger von Bedeutung. RKI Bulletin. 9.3.2007, Nr.10
  3. Schupp P et al. (2001) Cowpox virus in a 12-year-old boy: rapid identification by an orthopoxvirus-specific polymerase chain reaction. Br J Dermatol 145: 146-150
  4. Steinborn A et al. (2003) Human cowpox/catpox infection. A potentially unrecognized disease. Dtsch Med Wochenschr 128: 607-610
  5. Wolfs TF et al. (2002) Rat-to-human transmission of Cowpox infection. Emerg Infect Dis 8: 1495-1496

Verweisende Artikel (4)

Berufsdermatosen; Cow pox; IL18BP-Gen; Pockenviren;

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