Synonym(e)
Erstbeschreiber
Schwangerschaftscholestase:
- generalisierter Pruritus bei unauffälliger Haut während der Schwangerschaft, vor allem an Handtellern und Fußsohlen, verschwindet nach der Entbindung
- Labor: GPT und Bilirubin oft erhöht; beweisend ist die Erhöhung der Gallensäuren-Konzentration im Serum > 10 µmol/l (nüchtern abnehmen!)
- Bei Gallensäuren > 40 µmol/l besteht eine erhöhte Rate an Früh- und Totgeburten sowie eine erhöhte perinatale Mortalität, die fetale Prognose korreliert mit der Schwere des Krankheitsbildes
- Therapie: Ursodesoxycholsäure 12,5-20 mg/kg KG/d, Tagesdosis ca. 1g (4 Tabl.), führt zur Reduktion des Pruritus und der kindlichen Risiken; engmaschige Überwachung, ggf. vorzeitige Einleitung
- Es besteht ein Wiederholungsrisiko in der nachfolgenden Schwangerschaft sowie bei der Einnahme von oralen Kontrazeptiva
Definition
Pruritus verursacht durch verschiedene hepatobiliäre Ekrankungen. Pruritus ist ein frühes Symptom der Cholestase und damit ein häufige Komplikation bei erworbenen oder angeborenen Lebererkankngen.
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Ätiopathogenese
In einer größeren Studie litten 60% der Pruritus-Patienten entweder an einer viralen Hepatitis (40%), v.a. an einer Hepatitis C, oder an einer Gallenwegserkrankung (primär oder sekundär sklerosierenden Cholangitis). Neuere Unterschungen belegen eine erhöhte Konzentration von Lysophosphatidsäure (Lysophosphatidic acid - LPA) im Serum von Patienten mit cholestatischen Pruritus. LPA wirkt über LPA-Rezeptoren.
Ursächlich ist eine erhöhte Aktivität des Membran Ektoenzyms Autotaxin (ATX). Autotaxin katalysiert die Bildung von LPA aus Lysphosphatidylcholin. Die Autotaxin-Aktivität korreliert mit der Schwere des Juckreizes. Autotaxin-Inhibitoren werden für diese Juckreizform von besonderem Interesse sein.
Neben Autotaxin und seinem Spaltprodukt Lysophosphatidsäure spielen endogene Opioide eine Rolle, da wahrscheinlich eine verminderte hepatobiliäre Ausscheidung zu einer Ansammlungen dieser Stoffe führt. Dies könnte für die Wirkung von u-Opioid-Rezeptoren-Antagonisten (z.B. Naltrexon) eine Rolle spielen (Ständer S 2018).
Manifestation
Nicht selten (etwa bei 25%) trat ein jahrelang präexistenter Pruritus bereits vor Diagnoststellung der hepatischen Erkrankung auf.
Klinisches Bild
Nicht selten beginnt der cholestatische Pruritus als lokalisierter Juckreiz an Fußsohlen oder den Handflächen oder an anderen Stellen (Armen und Beinen) auf. Im Laufe der Zeit häufig Entwicklung eines generalisierten Pruritus. Genitoanaler Pruritus ist eher selten.
Der Juckreiz wird nur bei einem geringeren Anteil der Patienten als "reiner" Juckreiz empfunden; häufiger sind Mischempfindungen wie Brennen oder Stechen. Als Trigger werden eng anliegende Kleidung, Schwitzen oder Stress. Selten ist eine aquagene Triggerung (Duschen, Baden). Meist tritt der Juckreiz ganztätig auf; etwa 25% der Patienten bemerkt eine Verstärkung oder auch das ausschließliche Auftreten abends oder nachts.
Eine Sonderform eines cholestatischen Pruritus ist der Pruritus bei Schwangerschaftscholestase.
Interne Therapie
Therapie richtet sich primär nach der Behandlung der Grunderkrankungen (DD: intrahepatische (K71.0) und extrahepatische Cholestase (K83.1)).
Cholestyramin (Anionenaustauscher): Ergebnisse werden sehr unterschiedlich interpretiert.
Alternativ: Ursodesoxycholsäure (UDCA: 10-15mg pro kg KG/Tag); auch bei dieser Medikation sind nur geringe Erfolge zu erwarten.
Alternativ: es wird akzeptiert, dass Gabapentin als initiale antipruritische Therapie eingesetzt werden sollte (Cave: Wirksamkeit ist erst nach 8 Wochen zu erwarten).
Alternativ: Opioid-Rezeptor-Antagonisten (Naltrexon, Naloxon)
Alternativ: umstritten ist der Einsatz von systemischen Antihistaminika (der Einfluss von Histamin ist bei dem CP umstritten).
Alternativ bei Therapieresistenz: Phototherapie, Plasmapherese, Albumin-Dialyse, nasobiliäre Drainage.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Hegade VS et al. (2016) The safety and efficacy of nasobiliary drainage in the treatment of refractory cholestatic pruritus: a multicentre European study. Aliment Pharmacol Ther 43: 294-302.
- Hegade VS et al. (2019) Autotaxin, bile acid profile and effect of ileal bile acid transporter inhibition in primary biliary cholangitis patients with pruritus. Liver Int 39:967-975.
- Huesmann M et al. (2013) Cholestatischer Pruritus: eine retrospektive Analyse klinischer Charakteristika und des Therapieansprechens. JDDG 11: 158-169
- Kremer AE et al. (2015) Pathogenesis and Management of Pruritus in PBC and PSC. Dig Dis 33 Suppl 2:164-175.
- Ständer S (2018) Pruritus, Prurigo. In: Braun-Falco`s Dermatologie, Venerologie Allergologie G. Plewig et al. (Hrsg) Springer Verlag S 587
- Stull C et al. (2016) Advances in therapeutic strategies for the treatment of pruritus. Expert Opin Pharmacother 17: 671-687.
Verweisende Artikel (1)
Cholestatischer Pruritus;Weiterführende Artikel (8)
Autotaxin; Gabapentin; Hepatitis akute; Hepatitis C; Lysophosphatidsäure; Opioide; Opioidrezeptoren; Ursodesoxycholsäure;Disclaimer
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