HausstaubmilbenallergieT78.4

Autoren:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Definition

Typ I-Allergie auf die Bestandteile im Hausstaub. Wichtigste Allergene sind die  Hausstaubmilbe (v.a. Dermatophagoides pteronyssinus und dessen Hauptallergene Der p1, Der p2, Der p 23) und v.a. ihre Ausscheidungsprodukte, daneben Federn, Tierhaare und Schimmelpilze. S.a. Papain

Bemerkung: Das unlängst entdeckte Allergen Der p23 gehört wie Der p1 und Der p2 zu den Hauptallergenen von Dermatophagoides pteronyssinus. S.a. Milbenallergene

Diagnose

Therapie

  • Eine kausale Therapie gibt es nicht.
  • Die wesentliche Therapie liegt in der Verminderung der Hausstaubmilbenbelastung v.a. in Bereichen, in denen sich der Patient häufig aufhält. Sanierung und Hygiene ist insbesondere dort wichtig, wo die Milbenkonzentrationen groß sind (z.B. Matratzen, Kopfkissen).
  • Bettzubehör: Schaumstoffmatratzen führen die Feuchtigkeit schlecht ab. Dadurch wird Schimmelwachstum begünstigt. Rosshaar- und Kapokmatratzen, Schafwolle- und Kamelhaardecken, Daunen- und Federdecken sollten eliminiert werden. Prophylaktische Anwendung Milben- und schuppenundurchlässiger aber luftdurchlässiger Überzüge (Allergocover von Allergopharma; Curaderm Protection von Lohmann; s.u. Encasing).

    Merke! Matratzenbezüge sollten für Milben und Schuppen undurchlässig, jedoch für Luft durchlässig sein!

  • Milbenvernichtungsmittel: Benzylbenzoat (z.B. Acarosan Schaum, -Feuchtpulver, -Sprühlösung) oder Desinfektionsmittel auf der Basis von Carbonsäureestern. Einsatz als Schaumspray für Polstermöbel und Matratzen sowie als Feuchtpulver für große Flächen wie Teppichböden. Sie sind in Apotheken erhältlich. Die Desinfektionswirkung ist für fast 1 Jahr lang ausreichend. Bei Matratzen ist mehrmalige Acarosan-Anwendung nötig, weil Matratzen bis in die tiefsten Schichten kontaminiert sind. Es ist ratsam, alte Matratzen abzuschaffen und neue (s. unten) von vornherein zu desinfizieren. Acarosan ist für Haut und Schleimhäute reizlos.
  • Schlafzimmer: Regelmäßiges Säubern der Schlafstätte (der Mensch hält sich etwa 1/3 seines Lebens im Schlafzimmer auf). Feuchtes Aufwischen des Fußbodens, Schlafzimmer tagsüber nicht als Wohnzimmer benutzen, kein Kämmen und keine Körperpflege im Schlafzimmer (Schuppen). Decken und Kissen sollten zweimal jährlich mit Wasser und Waschmittel gründlich gewaschen werden. Trockenreinigung genügt nicht zum Entfernen der Hautschuppen. Das Lüften der Matratzen, aller Bettdecken, Moltontücher, Kopfkissen, Laken hat tgl. zu erfolgen, bei trockenem Wetter im Freien. Matratzen, Kopfkissen sollten darüber hinaus möglichst täglich, mind. aber einmal monatlich staubgesaugt werden. Keine Blumen in den Schlafräumen. Türen möglichst verschlossen halten.
  • Wohnraum: Staubentfernung nicht mit einem Lappen (der Staub aufwirbelt), sondern mit einem Staubsauger. Keine Teppichböden. Sind Teppichböden vorhanden, so sollten sie häufig staubgesaugt werden. Benutzung von Staubsaugern mit Feinststaubfiltern und Allergiefiltern.
  • Bewährt hat sich auch das Aufstellen eines Luftfiltergerätes, das durch Ionisierung mittels hoher Spannungen Staub aus der Luft entfernt. Solche Apparate sind für Pollenallergiker geeignet und werden u.a. von den Firmen Braun, Miele, Honywell, Venta angeboten.
  • Bücherregale wird man feucht entstauben, am besten verglasen. Teppichklopfen, Bettenmachen, Umgang mit staubigen Tüchern, Bürsten oder Fegen sowie Staubsaugen dürfen nicht von Allergikern selbst durchgeführt werden, auch nicht in seiner Anwesenheit! Merkbare Erfolge bei der Wohnungssanierung sind erst nach Wochen zu erwarten.
  • Für die Wände ist abwaschbarer Anstrich vorteilhaft. Jalousien oder Rollos statt Stoffgardinen.
  • Glattflächige Möbel wählen. Keine verschnörkelten staubtragenden Möbel, insbes. keine Plüschmöbel, Sessel, Decken, Matratzen, auch Kopf- und Couchkissen. Polstermöbel sind mit Kunststoffhüllen und glatten Bezügen, z.B. Leder, auszustatten. Empfehlenswert sind Metallmöbel aus Chromstahl, Sitzteil aus Plastik und Polyethylenschaum mit glatten, undurchlässigen Überzügen.
  • Lebensführung: Haustiere ziehen Feuchtigkeit und Schmutz an, außerdem stoßen sie Haare, Federn und Hautschuppen ab. Dies begünstigt sowohl Milbenwachstum als auch Schimmelbildung. Bei längerem, innigen Kontakt besteht zusätzlich immer die Gefahr einer Sensibilisierung, der Entwicklung einer Allergie auch gegen die Tierhaare selbst. Als bes. milbenreich sind Vogelnester, Hunde- und Katzenkörbe, Hamster- und Meerschweinchenkäfige anzunehmen. Das Säubern solcher Lagerstätten dürfen die Patienten nicht selbst vornehmen (optimal ist natürlich eine Haustier-freie Wohnung).
  • Klima: Feuchtigkeit begünstigt das Gedeihen nicht nur von Hausstaubmilben, sondern auch von Schimmelpilzen. Das Trockenhalten der Wohnung ist wichtig. Die Anschaffung eines Hygrometers sowie Thermometers ist sinnvoll. Die Raumluft ist unter 60% Feuchtigkeit und um 16-20 °C zu halten. Als Heizung ist Fußbodenheizung am geeignetsten, sodann Zentralheizung mit Heizkörpern unter den Fenstern. Einzelöfen und Kamine sind weniger vorteilhaft, weil sie Kälte- und somit Feuchtigkeitsbereiche im Zimmer schaffen. Um eine gleich bleibende Schlafzimmertemperatur aufrechtzuhalten, ist es nützlich, tagsüber und nachts ununterbrochen durchzuheizen. Klimaanlagen sind häufig Brutstätten für Schimmelpilze. Filter der Klimaanlagen müssen häufig gereinigt werden.
  • Beim Hausbau ist in erster Linie auf Trockenheit zu achten. Am Günstigsten sind poröse, luftdurchlässige Ziegelsteine. Beton wird nie ganz trocken. Holz nimmt Feuchtigkeit auf und sollte deshalb lackiert sein. Unterkellerung ist stets nützlich. Wirkungsvolle Drainage an der Grundmauer und gute Isolierung sind empfehlenswert. In feuchten Altbauten sind diese Maßnahmen nachträglich durchzuführen. Das Schlafzimmer in einem trockenen, gut besonnten Raum in höhergelegenen Stockwerken, abseits von Küche und Bad, platzieren, keinesfalls im Erdgeschoss ohne Unterkellerung.
  • Für den Urlaub haben sich allergenarme Umgebungen wie Nordsee, Wüstenklima, aber auch Hochgebirge (Alpen) bewährt.

Therapie allgemein

Grundsätzlich stellt die vollständige Karenz des verursachenden Allergens die effizienteste Behandlungsform dar.

Interne Therapie

Spezifische Immuntherapien (SCID)zeigen inzwischen klinisch akzeptable Ansprechraten und sind bei asthmatischen und rhinitischen Beschwerden empfehlenswert. Entsprechende Studien führten zur Zulassung von  Allergenextrakten (Depigoid [enthält Bäume/-Getreide/-Gräser/-Kräuter/-Milben-Allergen]; Depigoid-Milben-Mix [enthält zu gleichen Teilen D. pteronyssimus und D. farinae]; Depigoid D. pteronyssinus [enthält chemisch modifizierte Allergenextrakte aus Dermatophagoides pteronyssinus]) zur Langzeittherapie.

Alternativ - SLIT-Tablette: In einer größeren mulitzentrischen, ramdomisierten plazebokontrollierten doppelblinden Studie konnte der Effekt der SLIT nachgewiesen werden (500IR- bzw. 300IR/Tag p.o. - Bemerkung IR=Index of Reactivity). In der einjährigen Beobachtungszeit blieb der positive Effekt der Hyposensibilisierung erhalten. Für die Indikation Rhinitis allergic ist das Präparat  Acarizax® zugelassen, seit dem 09.07.2021 auch das Präparat Orylmyte®. Das allergische Asthma bronchiale ist keine Gegenanzeige.

Hinweis(e)

Hausstaubmilbenallergiker scheinen von der SLIT zu profitieren. Retrospektiv konnte eine klinische Besserung für 2-3 Jahre nach Beendigung der SLIT in einer Studie mit 53 Probanden festgehalten werden. Einen Einfluss der SLIT auf die bronchiale Hyperreagibilität bzw. Einsekundenausatemkapazität war nicht festzustellen.

Cave! Zu beachten sind Kreuzreaktionen bei klinisch manifester Hausstaubmilbenallergie und Nahrungsmittelallergie (s.a. Milben-Krustazeen-Mollusken-Syndrom)! Diese beruhen auf einer hohen Homologie des Tropomyosin von Milben, Krustentieren und Mollusken (s.a. Hausstaubmilbenallergie).

Eine klinisch relevante Sensibilisierung auf Hausstabmilben hat im Vergleich zu einer Pollenallergie ein deutlich erhöhten Risiko für die Entwicklung eines Asthma bronchiale.  

Literatur

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    mite allergen extracts in adults with allergic rhinitis. J Allergy Clin Immunol 133:1608-1614
  4. Bronswijk van JEMF (1978) Hausstaubmilben, Vorkommen und Bedeutung. Allergologie 1: 55-60
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  8. Sennekamp J et al. (2002) Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAI) und Ärzteverband Deutscher Allergologen e.v. (ÄDA) AWMF-Leitlinien-Register Nr. 061/013
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