Synonym(e)
Definition
Toxisches Dermatitis nach Kontakt mit Quallen unter Ausbildung streifiger oder gruppierter, stark juckender oder brennender Erytheme oder Papulovesikel an den Kontaktstellen, u.U. mit Auftreten tiefer Nekrosen. Die Schwere der Erkrankung ist abhängig von der Quallenart, der Dauer und Intensität des Kontaktes, der Körperstelle und der individuellen Empfindlichkeit. Es kann zu allergischen Reaktionen (Kreuzallergene!) bis hin zum anaphylaktischen Schock kommen.
Einteilung
Nesseltiere und die wichtigsten für den Menschen relevanten Vertreter
Blumentiere (Anthozoen)
Mit über 7000 Arten ist dies die größte Klasse innerhalb der Nesseltiere. Bekanntester Vertreter sind die Seeanemonen, die als „blumenartige“ Polypen auf festem Untergrund wachsen. Sie kommen in allen Meeren vom Flachwasser bis zu 10.000 m Tiefe vor. Die Neurotoxine dieser Quallenart sind für den Menschen unbedenklich.
Eine leichte Vernesselung führt zur Quaddelbildung an den Kontaktstellen. Eine schwere Vernesselung führt zur Blasenbildung und u.U. zur Narbenbildlung. Systemische Reaktionen sind eher selten.
Schirmquallen (Scyphozen)
Schirmquallen treten weltweit auch in Nord - und Ostsee in größeren Mengen auf. Hier ist sind die häufigsten Vertreter Ohren- und Feuerquallen.
Ohrenquallen
Besucher an Nord- und Ostsee bekommen diese harmlosen Quallen mit dem großen Schirm häufig zu sehen. Das Gift der Ohrenquallen führt beim Menschen nicht zu einer spürbaren Hautreaktion.
Gelbe Haarqualle (Feuerqualle)
Diese Quallenart tritt im Nordatlantik sowie in der Nordsee und in der westlichen Ostsee auf. Charakteristisch ist ihr gelb-orangener Schirm, sowie lange Tentakeln. Die Vernesselung führt zu schmerzhaften Rötungen und Juckreiz; seltener sind blasige Reaktionen oder Herz-Kreislauf-Probleme.
Therapie: Zur Beseitigung der Tentakeln in der Haut sollten die Kontaktstellen mit trockenem Sand bestreut werden, der dann angetrocknet, mit einer Scheckkarte oder einem Messerrücken abgeschabt wird (dabei werden die Tentakeln abgerieben). Abspülen mit Süß-oder Salzwasser sollte unterlassen werden, da dies unweigerlich zur Entladung der noch in der Haut steckenden intakten Nesselzellen führt! Alternativ zu Sand kann auch Rasierschaum verwendet (am Strand voraussehbar nicht vorhanden) werden, der dann mit einem Nassrasierer vorsichtig abgeschabt wird.
Würfelquallen(Cubozoen)
Namensgebend ist ihre quader- oder würfelförmige Gestalt. Ihre Tentakel können bis zu 3 m lang sein. Sie bevölkern weltweit alle tropischen und subtroischen Meere und sind schnelle Schwimmer. Vereinzelt wurden sie auch vor der portugiesischen Küste wie auch im Mittelmeer angetroffen.
Carukia barnesi
Carukia barnesi, eine sehr kleine Würfelqualle, deren Schirm kaum mehr als 1,0 cm groß ist, löst bei Hautkontakt das Irukandji-Syndrom aus, mit heftigen Tage bis Wochen anhaltenden abdominal ausstrahlenden Rückenschmerzen. 1-2 Stunden nach dem Quallenkontakt kann es zu plötzlicher Hypertonie und einer zunehmenden Herzinsuffizienz mit einem sich über Stunden entwickelnden Lungenödem. Herzversagen und Hirnblutungen können die Todesurache sein. Ein Antisererum für Vergiftungen durch Würfelquallen gint es allenfalls in Australien
Seewespen (Chironex fleckeri)
Der bekannteste Vertreter der Würfelquallen ist die Seewespe , die gehäuft an der Nord- und Ostküste Australiens auftritt. Die Seewespe gilt als das giftigste Meerestier überhaupt. Jedes Jahr sterben mehr Menschen an den Folgen einer Seewespen-Vernesselung als durch Haiangriffe! Das neurotoxisch wirkende Gift führt zu einer Lähmung der Skelett-und Herzmuskulatur und je nach Ausmaß der Vergiftung zum Herzstillstand. Unmittelbar nach dem Kontakt mit den Nesselfäden tritt ein vernichtender Schmerz an den Kontaktstellen auf, der wellenförmig im Viertelstundentakt zu- und abnimmt. Kardiale Funktionsstörungen mit Arrhythmien sowie eine respiratorische Insuffizienz können rasch zu Herzversagen und Atemstillstand führen (plötzlicher Ertrinkungstod). An den Kontaktstellen entwickeln sich äußerst schmerzhafte striemenartige urtikarielle, auch klein-oder großblasige Läsionen. Häufig kommt es zu Nekrosen und Wundheilungsstörungen und analoger Narbenbildung. Langwährende Schmerzen, evtl. auch dauerhafte Lähmungserscheinungen können die Folge sein.
Die Seewespensaison dauert von November bis Mai. In dieser Zeit sollte auf das Baden in Seewespen-reichen Meeren verzichtet werden. Am Strand angeschwemmte Seewespen sollten nicht berührt werden. Die Nesselzellen bleiben über Wochen, auch bei ausgetrockneter Qualle noch intakt.
Therapie: Therapie der Wahl ist die sofortige Lokalbehandlung mit 5% Weinessig (stoppt die Gefahr der Explosion der noch in der Haut steckenden Nesselorgane. Notfalls kann auch Sand auf die Kontaktstellen aufgestreut werden. Die Anwendung von Salz-oder Süßwasser sollte unterbleiben. In den Kliniken der Region steht ein Antivenom (Box Jellyfish Antivenom) zu Verfügung, das von erfahrenen Therapeuten verabreicht werden sollte.
Hydratiere (Hydrozoen)
Wichtigster Vertreter ist die Portugiesischen Galeere (Physalia physalis), die vor Australien und an den Küsten des Pazifiks und Atlantiks lebt. Ihr Nesselgift kann bei geschwächten Personen oder Kindern im Extremfall tödlich sein. Auch wenn die Form dieser Quallenart an eine klassische Qualle erinnert, so besteht sie jedoch aus einer ganzen Kolonie verschiedener Polypenkolonien. Physalia physalis kommt vorzugsweise in den tropischen und subtropischen Regionen (auch vor den Küsten der Kanaren, Portugals, Nordspaniens sowie im Mittelmeer vor Mallorca und Ibiza) vor. Ihre Tentakel sind bis zu 30 m lang.
Leichte Vernesselung führt zu sehr schmerzhaften, striemenartigen urtikariellen Reaktionen. Der Schmerz hält etwa 1 Stunde an, die urtikarielle Läsion 1 Tag.
Schwere Vernesselung verursachen Blasen im Kontaktareal, auch hämorrhagische Blasen. Weiterhin Systemreaktionen wie Erbrechen, Fieber, Somnolenz und Schock. Todesfälle sind selten und betreffen meist nur immungeschwächte ältere Menschen oder Kinder.
Therapie: Abwaschen mit 5% Weinessig. Nicht mit Süßwasser oder Meereswasser abwaschen. Notfalls mit Sand abreiben.
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Therapie
- In vielen Fällen sind die Verletzungen harmlos und heilen innerhalb kurzer Zeit ab. Residuale Hyperpigmentierungen sind möglich. Bei Schocksymptomatik: Behandlung des anaphylaktischen Schocks, s.u. Schock, anaphylaktischer.
- Weitere Maßnahmen:
- Fixation der Nesselkapseln über Essigsäurelösung (5%) oder Isopropanol (wenn nicht verfügbar Rasierschaum).
- Abspülen mit Meerwasser (nicht mit Süßwasser abduschen denn Süßwasser führt zu einem osmotischen Zerplatzen der Nematodenzysten, wodurch weiteres Gift freigesetzt wird).
- Bei Feuer- und Haarquallen Neutralisation mit Magnesiumsulfat Lsg.
- Anwendung von Antiseren bei Quallenarten wie Chironex fleckeri und Chiropsalmus quadrigatus.
- Entfernen der Tentakelreste mit der Pinzette (nicht mit der bloßen Hand!), ggf. in Lokalanästhesie (z.B. EMLA Creme).
- Kühlen (Kühlkompressen oder Eis).
- Ggf. lokale Glukokortikoide wie 0,1% Betamethason-Lotio (z.B. Betagalen) oder 0,25% Prednicarbat-Creme (z.B. Dermatop Creme).
- Antihistaminika wie Desloratadin (z.B. Aerius 1-2 Tbl./Tag) bei starkem Juckreiz und urtikariellen Veränderungen.
- Bei Nekrosenbildung s.u. Wundbehandlung.
Therapie allgemein
- Sofortiges Verlassen des Wassers wegen Gefahr einer anaphylaktischen Reaktion!
- Vermeiden, dass weitere Personen bei Hilfeleistung mit Quallen in Kontakt kommen!
- Inaktivierung und wenn möglich Abspülen des Nematozysten-tragenden Schleims am besten durch Essigwasser, ansonsten durch Alkohol in jeder Form oder Olivenöl. Wenn keine Hilfsmittel vorhanden sind, Entfernung mit trockenem Sand (nur vollständig abgetrockneter Schleim).
Merke! Mechanisch abgekratzt werden sollte nur vollständig getrockneter Schleim!
Prophylaxe
Aufklärung über Sofortmaßnahmen. Das Tragen von Seidenstrümpfen in risikoreichen Gewässern wird von einigen Autoren als Schutz für die (besonders exponierten) Beine empfohlen.
Merke! Zu vermeiden nach Exposition sind: Süß-oder Salzwasserwasser (kein Abduschen!), nasser Sand, mechanische Manipulationen.
Hinweis(e)
Grundsätzlich bergen alle Quallenkontakte im Meer in hohes Ertrinkungsrisiko. Durch die plötzlichen starken Schmerzen gerät der Betroffene in Panik, atmet bei kurzzeitiger Bewusstlosigkeit Wasser ein und ertrinkt.
Fallbericht(e)
- Ein 35-jähriger Urlauber bemerkte beim Baden im seichten Wasser einer Bucht im Südwesten der Kanarischen Insel Gran Canaria plötzlich einen stechenden Schmerz am Fußrücken, als ob ihn ein scharfer Gegenstand gestreift habe.
- Befund: Unmittelbar nach Verlassen des Wassers bildete sich ein streifiges, blasses leicht urtikarielles Erythem aus. Zunahme des Erythems und des stechenden Schmerzes in der nächsten halben Stunde. Nach 6 Stunden streifige urtikarielle Papeln und Blasen.
- Diagnose: Toxische Dermatitis durch Physalia physalis (portugiesische Galeere).
- Therapie: Nach 3 Tagen unter Lokaltherapie mit Glukokortikoid-Salben komplette Abheilung der Erscheinungen.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
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- Kasten R et al. (2004) Toxische Kontaktdermatitis durch Physalia physalis (Portugiesische Galeere). Akt Dermatol 30: 223-225
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- Sansone EM (2003) Caribbean itch. J Fam Pract 52: 627-629
Verweisende Artikel (9)
Dermatitis, Nesseltierlarven-Dermatitis; Dermatitis, Quallen; Irukandji-Syndrom; Kontakturtikaria; Portugiesische Galeere; Quallen; Quallen-Dermatitis; Seabather's eruption; Seewespe;Disclaimer
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