Rhinoviren

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024

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Synonym(e)

Rhinovirus

Definition

Rhinoviren sind unbehüllte (besitzen keine Lipidschicht als Hülle) Viren mit einem positivsträngigem RNA-Genom, mit einem Durchmesser zwischen 24 nm und 30 nm. Sie gehören zur Gattung Enterovirus der Familie Picornaviridae (= kleine RNA-Viren) und bilden die drei Spezies: Rhinovirus A–C (früher: humanes Rhinovirus A–C ) RHVA-C. Es wurden inzwischen über 150 Serotypen beschrieben (HRVA - n=83, HRVB - n=33, HRVC - n=55). HRV-87 ist nach NCBI ein Subtyp von Enterovirus D, daneben werden noch etliche weitere unklassifizierte Rhinoviren gelistet.

Allgemeine Definition

Aufbau: Rhinoviren besitzen wie alle Picornaviren vier Kapsidproteine (VP1 bis VP4) die neben der Verpackung des Genoms teilweise auch als Rezeptor für die Anheftung an eine Zelle dienen. Das Kapsid der Rhinoviren hat eine Schichtdicke von etwa 5 nm. Das einzelsträngige RNA-Genom kodiert für vier Strukturproteine bestehend aus viralen Proteinen (VP1-4) und sieben nicht-strukturellen Proteinen (bestehend aus zwei Proteasen (2A und 3C), einer Polymerase, einer eine Polymerase, eine putative Ringhelicase/ATPase , VPg und zwei weitere Proteine, die entweder gespalten oder als Vorläufer an der viralen Replikation beteiligt sind. Das ikosaedrische Virion besteht aus 60 Monomeren, und ein Monomer besteht aus den vier Strukturproteinen VP1 VP2, VP3 und VP4 (im Inneren des Virons). VP1-3 werden als Oberflächenproteine verstärkt von Antikörpern erkannt(s. Impfstrategien).

Bindungsstrategie: Nach einer Bindung des zellulären Rezeptors wird der N-Terminus des VP1 aus dem Virion nach außen gekehrt und das VP4 freigesetzt, welche gemeinsam eine Pore zur Penetration der Zellmembran bilden, durch die die virale RNA ins Zytosol geschleust wird. Etwa 90 % der Stämme der Spezies A und B verwenden ICAM-1 als zellulären Rezeptor, die restlichen 10 % verwenden den LDL-Rezeptor. Die Stämme der Spezies C verwenden den Rezeptor CDHR3.

Rhinoviren sind im Vergleich zu den meisten übrigen Enteroviren relativ säureempfindlich. Sie sind nicht Magensaft-resistent. Dagegen sind sie thermostabil und sind damit befähigt sich in der kühlen Nasenschleimhaut zu reproduzieren (Moriyama M et al. 2020).

Ätiologie

Rhinoviren haben zytolytische Eigenschaften für Epithelzellen des Nasen-Rachen-Raumes. Nach Eintritt des Virus kommt es innerhalb von 48 Stunden zu einer fokalen Zerstörung des Epithels. Großflächige Nekrosen bleiben aus. Die Infektion bleibt in der Regel lokalisiert. Bei einem Bruchteil der Infizierten kann es zu einer Ausbreitung der Infektion auf die tieferen Atemwege kommen mit der Ausbildung einer Bronchitis oder einer Bronchopneumonie.

Klinisches Bild

Rhinoviren sind die häufigsten Erreger des gewöhnlichen Schnupfens (common cold) und Hauptverursacher von Atemwegsinfektionen im Kindes- und Erwachsenenalter (Monto AS 2002; Regamey N et al. 2008). Im Durchschnitt leiden Erwachsene zwischen 2 und 5 Rhinovirus-Infektionen pro Jahr, während Kinder bis zu 10 Infektionen pro Jahr haben können (Stepanova E et al. 2019).

Die Inkubationszeit liegt bei 1-4 Tagen. In dieser Zeitspanne sind bereits Viren in der Nase nachweisbar.

Zusätzlich verursachen Rhinoviren, wenn auch deutlich seltener Mittelohr- und Nasennebenhöhlenentzündungen, obstruktive Bronchitiden und Pneumonien in unterschiedlichen Altersgruppen. Diese können bei immunkomprimierten und älteren Patienten zu schwerwiegenden Komplikationen führen (Kaiser L et al. 2006).

Rhinoviren als Erreger akuter Bronchitiden und Pneumonien: aufgrund ihrer Vorliebe, sich bei niedrigen Temperaturen zu replizieren (maximale Virulenz und Replikationsrate bei 33–35 °C), ging man davon aus, dass sich Infektionen mit Rhinoviren auf die oberen Atemwege beschränken. Dies ist so zu widerlegen. Diverse Studien zeigten, dass Rhinoviren auch die unteren Atemwege infizieren und zu obstruktiver Bronchitis, Bronchiolitis und Pneumonie führen können (Papadopoulos NG et al. 2000; Regamey N et al. 2008). In einer klinischen Studie an über 250 hospitalisierten Kindern wurden Rhinoviren mit einer Inzidenz von 24% als häufigste Erreger von viralen Pneumonien im Kindesalter isoliert (Juven T et al. 2000).

Rhinoviren und die Verschlechterung chronischer Atemwegserkrankungen: Während die Häufigkeit von Rhinovirusinfektionen in der gesunden Population bekannt ist, ist deren genaue Rolle bei pulmonalen Exazerbationen von chronischen Lungenerkrankungen wie Asthma, COPD und zystische Fibrose (CF) grösstenteils unbekannt. Man vermutet, dass Rhinoviren den Grossteil (80%) aller Exazerbationen bei Asthmatikern und fast die Hälfte aller Exazerbationen bei COPD-Patienten verursachen (Corne JM et al. 2002).

Asthma bronchiale: Bei Asthmapatienten existieren Daten, die Rhinovirusinfektionen mit der Entstehung der Erkrankung in Zusammenhang bringen. So wurde gezeigt, dass symptomatische Infektionen mit Rhinoviren im frühen Kindesalter zu den Hauptrisikofaktoren für die Entwicklung eines Asthma bronchiale zählen. Weiterhin kann die Infektion mit Rhinoviren zu einer Exazerbation akut asthmatischer Symptome und/oder zu einer Verstärkung des entzündlichen Geschehens im Respirationstrakt führen. Ursächlich wird hierfür die Hochregulierung des Zelladhäsionsmoleküls ICAM-1 durch das entzündliche Geschehen. ICAM-1 ist bei 90% der Rhinoviren der Rezeptor. Dies erklärt die erhöhte Anfälligkeit der Asthmatiker für diese Infektion (Hof H et al. 2019).

Zystische Fibrose (CF) Atemwegsinfektionen spielen eine wesentliche Rolle in der pulmonalen Morbidität von CF-Patienten. Während die Signifikanz von bakteriellen Infektionen bei CF weitgehend bekannt ist, ist die pathogenetische Rolle von Viren bei CF-Patienten noch unklar. Man weiss, dass mehr als 40 Prozent aller pulmonalen Exazerbationen und etwa die Hälfte aller Hospitalisierungen von CF-Patienten durch respiratorische Viren verursacht werden (20, 21). Die klinischen Auswirkungen viraler Infektionen bei CF-Patienten sind grösser (verstärkte und länger andauernde Symptomatik), Die Prognose ist schlechter als bei Gesunden (van Ewijk BE et al. (2005).Weiterhin kann der Beginn einer bakteriellen Infektion, vor allem durch Pseudomonas aeruginosa, durch virale Infektionen begünstigt werden.

Therapie

Leider fehlen zurzeit geeignete Mittel, um Rhinoviren adäquat zu bekämpfen. Die Behandlung ist nach wie vor symptomatisch. Eine sich ausbildende Immunität ist nur kurzzeitig und typenspezifisch und bietet bei >150 Serotypen keine Sicherheit vor erneuter Infektion. Aktive (wie z.B. für Influenza) und passive Impfungen (wie z.B. für RSV) könnten präventiv eingesetzt werden (Stepanova E et al. 2019).

Hinweis(e)

In den 1960er und 1970er Jahren wurde in mehreren Studien mit Formalin-inaktivierten RV-Impfstoffen, die an Menschen verabreicht wurden, festgestellt, dass eine starke, lang anhaltende, stammspezifische Schutzimmunität festgestellt wurde. Nach einer experimentellen Infektion mit verschiedenen Rhinovirus-Stämmen wurde eine Korrelation zwischen dem Serumantikörpertiter und der Schwere der Erkrankung gefunden, was auf einen homotypischen Schutz hinweist. Es gab jedoch nur eine geringe oder keine Kreuzreaktivität zwischen verschiedenen Rhinovirus-Stämmen, was bedeutete, dass der Impfstoff auf dem Gebiet nur eine geringe Wirksamkeit aufwies.

Aussicht: Ein alternativer Ansatz ist die Verwendung konservierter RV-Proteine oder Peptide als Impfstoff-Antigene, die als rekombinante Proteine zusammen mit einem Adjuvans oder unter Verwendung eines Vektor-Transportsystems verabreicht werden (s.u. Vektorimpfstoffen). Das Rhinovirus-Kapsid das aus den Proteinen VP1, VP2, VP3 und VP4 besteht, stellen die Hauptziele für Anti-RV-Immunantworten dar. Aufgrund ihrer Sequenzvariation gibt es eine hohe antigene Diversität zwischen den Stämmen. Jüngste Fortschritte im Verständnis von RV-induzierten Immunantworten und viralen Kapsidstrukturen haben jedoch zu einem verbesserten Verständnis der Teile der viralen Proteine geführt, die vielversprechende Impfstoffziele sind (Stepanova E et al. 2019).

Ein weiterer Ansatz für das Design von kreuzreaktiven RV-Impfstoffen ist die Verwendung von Immunogenen, die T-Zell-vermittelte Immunantworten induzieren. Die einfachste Strategie besteht darin, eine konservierte Region des RV mit einem Adjuvans zu kombinieren, das die T-Zell-Antwort verstärkt. Vielversprechende CD4-T-Zell-Epitope finden sich in den VP1- und VP2-Kapsidproteinen verschiedener Serotypen der RV-Gruppe A. Die identifizierten T-Zell-Epitope sind vielversprechend für das Design eines breit schützenden Impfstoffs gegen humane Rhinoviren.

Antibiotika: Studien zeigen, dass im klinischen Alltag gebräuchliche Substanzen, wie das Makrolidantibiotikum Azithromycin, immunmodulierende Eigenschaften besitzen, die einen Effekt gegen Rhinoviren haben könnten (Gielen V et al. 2010).

Literatur
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  1. Corne JM et al. (2002) Frequency, severity, and duration of rhinovirus infections in asthmatic and non-asthmatic individuals: a longitudinal cohort study. Lancet 359: 831–834.
  2. Gielen V et al. (2010) Azithromycin induces anti-viral responses in bronchial epithelial cells. Eur Respir J 36:646-54
  3. Hof H (2019) Spezielle Virologie. In: Hof H, Schlüter D, Dörries R, Hrsg. Duale Reihe Medizinische Mikrobiologie. 7., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme S 201
  4. Juven T et al. (2000) Etiology of community-acquired pneumonia in 254 hospitalized children. Pediatr Infect Dis J 19 : 293–298.
  5. Monto AS (2002). Epidemiology of viral respiratory infections. Am J Med 2002; 112 Suppl 6A: 4S–12S.
  6. Kaiser L et al. (2006) Chronic rhinoviral infection in lung transplant recipients. Am J Respir Crit Care Med 174: 1392–1399.
  7. Moriyama M et al. (2020) Seasonality of Respiratory Viral Infections. Annu Rev Virol 7:83-101.
  8. Papadopoulos NG et al. (2000) Rhinoviruses infect the lower airways. J Infect Dis 181: 1875–1884.
  9. Regamey N et al. (2008) Rhinovirus infections in infants: is respiratory syncytial virus ready for the challenge? Eur Respir J 32: 249–251.
  10. Regamey N et al. (2008) Viral etiology of acute respiratory infections with cough in infancy: a community-based birth cohort study. Pediatr Infect Dis J 27: 100–105.
  11. Stepanova E et al. (2019) Overview of human rhinovirus immunogenic epitopes for rational vaccine design. Expert Rev Vaccines 18: 877-880.
  12. van Ewijk BE et al. (2005) Viral respiratory infections in cystic fibrosis. J Cyst Fibros 4 Suppl 2: 31–36.

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