Synonym(e)
Definition
E. granulosus, der kleine Hundebandwurm, ist ein 0,4–0,7 cm langer Bandwurm (Cestoda) mit häkchenbesetztem Skolex, er besteht typischerweise aus 3 (2–6) Gliedern (Proglottiden). Diese enthalten einen mit seitlichen Aussackungen versehenen Uterus, der in reifem Zustand bis zu 1.500 Eier beherbergt. Die eigefüllten reifen Endglieder lösen sich vom Wurm ab und werden mit dem Kot ausgeschieden. Nach oraler Aufnahme der Eier durch den Zwischenwirt bilden sich Larven, die in der Regel hämatogen in die Leber, aber auch in die Lunge und sehr selten in andere Organe gelangen und dort verbleiben. Es bildet sich eine durch eine Bindegewebskapsel abgegrenzte Zyste (Hydatide), die einen Durchmesser von einigen Dezimetern erreichen kann. Die Zystenwand besteht aus mehreren Schichten – einer äußeren Bindegewebsschicht, die vom Wirt gebildet wird, einer laminierten Membran (Cuticula) und einer Keimschicht. Aus der Keimschicht entwickeln sich Knospen (Brutkapseln), in denen sich die Protoscolices (Kopfanlagen) entwickeln.
Erreger
E. granulosus ist weltweit verbreitet. In Europa v.a. in den Mittelmeerländern und auf dem Balkan vor, wo die Schafhaltung von großer Bedeutung ist. In Deutschland treten kaum mehr Infektionen auf. Die überwiegende Zahl der Erkrankungen tritt vermutlich bei Migranten auf, die sich in ihren Herkunftsländern infiziert haben. Auch Infektionen durch importierte Hunde sind möglich. Erkrankungen von Touristen, die sich auf Reisen in endemischen Gebieten infiziert haben, sind eine Seltenheit.
Hauptendwirt von E. granulosus ist der Hund, selten die Katze. Nach Fressen von rohen larvenhaltigen Innereien entwickeln sich beim Hund die adulten Bandwürmer. Wiederkäuer (v.a. Schafe, Rinder) dienen als Zwischenwirt. Sie nehmen die Eier beim Grasen auf kontaminierten Weiden auf. In Polen wurde als Zwischenwirt für E. granulosus das Schwein identifiziert. Der Mensch kann als Fehlwirt mit dem Larvenstadium befallen werden.
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Ätiopathogenese
Als Übertragungswege des Parasiten über die mit dem Kot des Hauptwirtes ausgeschiedenen Eier kommen für den Menschen direkte Kontakte (Fell des Hauptwirtes), Schmierinfektionen, der Umgang mit kontaminierter Erde oder die Aufnahme kontaminierter Nahrungsmittel in Betracht. Infektionsgefahr besteht vor allem in Hochendemiegebieten dort, wo unter schlechten hygienischen Bedingungen enge Kontakte mit dem Hauptwirt (Hund) bestehen. Im Darm schlüpfen die Larven und erreichen über die Pfortader die Leber und von dort auch andere Organe wie z.B. die Lunge.
Die Inkubationszeit ist variabel und kann einen Zeitraum von mehreren Monaten bis zu vielen (10-20 Jahre) Jahren umfassen.
Eine Ansteckungsfähigkeit von Mensch zu Mensch besteht nicht. Operationsmaterial ist nicht infektiös.
Manifestation
Von der zystischen Echinokokkose sind alle Altersgruppen betroffen, auch Kleinkinder, Kinder und Jugendliche.
Klinisches Bild
Variabler klinischer Verlauf. Er ist abhängig von der Lokalisation der Zysten, ihrer Größe der inflammatorischen Wirtsreaktion ab. Das Krankheitsbild ist durch langsam größer werdende Zysten (insbesondere in Leber und Lunge) gekennzeichnet, die über mehrere Jahre symptomlos bleiben können und erst durch Raumforderung, sekundäre bakterielle Infektion der Zysten, zystobiliäre bzw. -bronchiale Fisteln oder anaphylaktische Reaktionen nach Ruptur der Zysten symptomatisch werden. Bei den meisten Patienten ist nur ein Organ betroffen.
Am häufigsten finden sich Zysten der Leber (70%) und der Lunge (20%). Größere Leberzysten können als Resistenz im rechten Oberbauch getastet werden. Bauchschmerzen treten häufig als erste Symptome auf. Die Kompression von Gallengängen und der Übertritt von Zysteninhalt über zystobiliäre Fisteln in die Gallenwege führen zur Gallenwegsobstruktion, evtl. begleitet von einer Cholangitis. Austritt von Hydatidenflüssigkeit aus einer Zyste kann von leichten allergischen Reaktionen bis hin zum anaphylaktischen Schock führen.
Sekundäre Echinokokkosen können beispielsweise durch den Austritt von Hydatidenflüssigkeit in die Pleura- oder Peritonealhöhle entstehen. Die klinische Symptomatik der seltenen Zystenlokalisationen (u.a. zerebral, spinal, kardial, ossär) ist organbezogen und vielfältig.
Remissionen ohne Therapie werden häufig beobachtet und zeigen die Gutartigkeit dieser Erkrankung, solange keine der oben aufgeführten Risikokonstellationen vorliegen.
Labor
IHA, ELISA, IFT und Western Blot zum Nachweis von Antikörpern (s.u. Echinococcus Spp.). Die serologische Unterscheidung von E. granulosus und E. multilocularis ist mit spezifischen Banden im Western Blot und in einem spezifischen ELISA-Test möglich. Ein negatives Ergebnis der Serologie schließt eine Erkrankung nicht aus.
Histologie
Aus Operationsmaterial kann die Diagnose histologisch gestellt werden, aus Punktionsmaterial mikroskopisch (Protoscolices, Häkchen). Diagnostische Punktionen können nur unter Berücksichtigung von besonderen Vorsichtsmaßnahmen durchgeführt werden (s. a. unter Therapie).
Diagnose
Im Frühstadium der Erkrankung ist eine Diagnosestellung sehr schwierig. Diagnostik v.a. mittels bildgebender Verfahren (Sonographie, CT, MRT). Die ultraschallbasierte Stadieneinteilung ist ein außerordentlich hilfreiches Instrument für die Diagnose, die Therapieentscheidung und die Verlaufsbeurteilung. Serologie (s.u. Echinokokken-Serologie)
Differentialdiagnose
Dysontogenetische Zysten, benigne und maligne Tumoren, Abszesse, Tuberkulose, alveoläre Echinokokkose.
Therapie
Sinnvoll ist die Behandlung in ausgewiesenen Zentren. In Abhängigkeit vom Erkrankungsbild und Zystenstadium existieren mehrere therapeutische Optionen:
Interne Therapie:
- Watch-and-wait-Strategie bei inaktiven Zysten, die keine funktionellen Probleme verursachen.
- Alleinige medikamentöse Behandlung mit Albendazol (unter begleitenden Kontrolluntersuchungen).
Operative Therapie:
- Bei der häufigsten Manifestation, den Leberzysten durch Endozystektomie und Omentoplastik oder mit resezierenden Verfahren. Perioperativ wird mit Albendazol behandelt.
- Punktion-Aspiration-Injektion-Reaspiration (PAIR), wobei die Injektion der sterilisierenden Substanz (95%iger Alkohol) nur nach sicherem Ausschluss zystobiliärer Fisteln (s.o.) durchgeführt wird. Periinterventionell wird mit Albendazol behandelt.
Hinweis(e)
Dem RKI wird gemäß § 7 Abs. 3 IfSG der direkte oder indirekte Nachweis von Echinococcus sp. nichtnamentlich gemeldet. Die Meldungen müssen dem RKI spätestens 2 Wochen nach erlangter Kenntnis vorliegen.
Verweisende Artikel (1)
Alveoläre Echinokokkose;Weiterführende Artikel (1)
Echinococcus Spp.;Disclaimer
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