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T-Zell-ProlymphozytenleukämieC91.60, C91.61
Synonym(e)
Definition
Die T-Zell Prolymphozytenleukämie ist gekennzeichnet durch die Proliferation klein- bis mittelgroßer Prolymphozyten post-thymischen Phänotyps (Swerdlow SH et al. 2016; Herling M et al. 2004). Sie wird als aggressive T-Zell-Leukämie eingeordnet. Wegen der Histogenese, der einzigartigen molekularen Biologie, der speziellen diagnostischen Kriterien, ihres zumeist hoch-dynamischen klinischen Verlaufs, der spezifischen Aspekte der Therapie sowie der generell schlechten Prognose sollte sie nicht als das „T-Zell-Pendant“ der CLL angesehen werden.
Vorkommen/Epidemiologie
Inzidenz: 0;1-0;2 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner / Jahr. Die T-PLL betrifft in den westlichen Industrieländern ca. 2% der reifzelligen lymphozytären Leukämien des Erwachsenen. Sie ist jedoch in Europa und Nordamerika die häufigste primär leukämische Form peripherer T-Zell-Neoplasien. M:w= 1.0:1,33.
Ätiopathogenese
Als Ursprungszelle der T-Zell Prolymphozytenleukämie wird eine intermediär ausgereifte Zwischenstufe einer sich entwickelnden T-Zelle im kortikalen Thymus angesehen. Dieser „Prolymphozyt“ entsteht wahrscheinlich durch eine fehlerhafte genomische Umlagerung nach physiologischen Bruchereignissen der T-Zell-Rezeptor- (TZR) Gene. Die umgelagerten Gene geraten in Nachbarschaft zu Genen der T-cell leukemia 1 (TCL1) Onkogenfamilie. Die lymphatische Tumorzelle hat eine T-Helfer-Zell Charakteristik. Diese wird als Ursache für das Fehlen auto-aggressiver oder immunsuppressiver Eigenschaften verantwortlich gemacht. Sie erklärt auch die eher unspezifischen klinischen Symptome der T-PLL.
Als initiierender Schritt wird eine konstitutive Aktivierung der TCL1 Onkogene angesehen. Durch die chromosomalen Abberrationen inv(14)(q11q32) bzw. t(14;14)(q11;q32) sowie t(X;14)(q28;q11) gerät der Genlokus von TCLA1 (14q32) oder von dessen Homolog MTCP1, das auch Chromsom Xq28 lookalisiert ist, unter den permanent aktivierenden Einfluss von TRA (TZRα) Enhancern, die auf Chromosom 14q11 lokalisiert sind. (Virgilio L et al. 1994). Dadurch wird das physiologische Silencing von TCLA1 bzw. MTCP verhindert. Bemerkung: TCLA1- und MTCP1-transgene Mäuse gelten als Modelle der humanen T-PLL!
Weitere relevante gemetische Läsionen sind Deletionen und Mutationen des ATM-Gens (Schrader A et al. 2018), dem apikalen Schlüsselenzym der zellulären Antwort auf DNA-Doppelstrangbrüche.
Aberrationen auf Chromosom 8 mit Amplifikationen von Genen wie z. B. MYC, Gain-of-function Mutationen (JAK3 oder STAT5B), sowie versch. epigenetische Veränderungen tragen ebenfalls zur Leukämogenese bei (Wahnschaffe et al. 2019).
Eine virale Pathogenese erscheint aufgrund serologischer oder genomischer Daten unwahrscheinlich. Eine auffällige familiäre Häufung liegt nicht vor. Jedoch wird die T-PLL gehäuft bei Patienten mit Ataxia Teleangiectasia (Louis-Bar Syndrom) angetroffen. Hier liegen inaktivierende Mutationen des ATM-Tumorsuppressorgens vor.
Manifestation
Das mediane Erkrankungsalter liegt bei 65 Jahren (Herling M et al. 2008). Individuen mit Ataxia Teleangiectasia (Louis-Bar Syndrom) erkranken gehäuft an T-PLL (früherer Altersmedian zwischen 25-30 Jahren (Suarez F et al. 2015).
Klinisches Bild
Zytomorphologie: Typisch ist die Prädominanz einer prolymphozytären Zellpopulation in 3 Varianten, die sich aber ansonsten klinisch und immunphänotypisch nicht wesentlich unterscheiden:
75% typisch mittelgroß, prolymphozytär mit leicht aufgelockertem Kern von glatt begrenzter Kontur mit einem deutlichen Nukleolus; das basophile Zytoplasma trägt gelegentlich Ausstülpungen.
20% kleinzellig mit stark kondensiertem Chromatin und kaum sichtbarem Nukleolus.
5% zerebriform mit irregulärer, gefurchter Kernzirkumferenz wie bei Sézary Zellen.
Hautbefund: Eine dermatologische Beteiligung ist häufig. Bevorzugt treten faciale Ödeme sowie nicht juckende, gerötete papulöse Exantheme auf, die zu flächigen Plaques konfluieren können (s. Abb.). Beschrieben wurden auch Erythema-gyratum repens- artige Hautveränderungen (Cohen L et al. 2019).
Diagnostik
Das sequentielle Vorgehen richtet sich nach der primären Befundkonstellation, in der Regel beim Leitbefund der Lymphozytose. Bei Verdacht auf eine T-PLL werden folgende Untersuchungen empfohlen:
Anmanese: Symptomatik inkl. Leistungsschwäche, Infektneigung, B-Symptome, etc. frühere Blutbilder, Familienanamnese inkl. potentielle Stammzellspender
Klinische Untersuchung: Lymphknotenstatus, Organomegalie, Blutungs- und Anämiezeichen, Hinweise auf Hautinfiltration oder Ergüsse
Labor: mikroskopisch differenzierte Leukozyten; Thrombozyten, Hämoglobin, prominente CD2+, CD3+, CD5+, CD7+, TZRα/β+ Population, Serum-Laktatdehydrogenase (LDH); Abschätzung der WachstumskinetikGFR, hepatobiliäres System, Elektrolyte, Virologie bei geplanter Therapie
Immunphänotypisierung: keine Expression von TdT und CD1a, fehlendes TIA, CD57, CD16. aberrante CD4/CD8 Ratio in 75% der Fälle, intrazelluläre Expression von TCL1A (höchste Spezifität), sehr häufig CD26+ und CD27+, starke CD52 Expression
Zytogenetik: inv(14)(q11q32) oder t(14;14)(q11;q32) in 85% der Fälle (hohe Spezifität), t(X;14)(q28;q11) bei 5-10% der Fälle (hohe Spezifität), komplex aberranter Karyotyp in >70% der Fälle, Zugewinn von 8q24 bei 60% und Verlust von 11q22.3 in 40%
Molekulargenetik: monoklonales TRB und/oder TRG Genrearrangement (obligat)
Bildgebung (Sonographie) Milz, Leber, Lymphknotenstationen; evtl. transthorakales Echokardiogramm vor geplanter Therapie
Sonstiges: bei suspekter neurologischer Symptomatik evtl. MRT und Liquorpunktion (letztere unter Abwägung des Kontaminationsrisikos)
Histologie
Knochenmark zeigt eine diffuse interstitielle Infiltration mit der oben genannten Zellmorphologie. Lymphknoteninfiltrationen sind diffus oft mit prominenten hoch-endothelialen Venolen. Sie betreffen typischerweise die parakortikale Zone und können die Follikel aussparen. Die Milz zeigt dichte Infiltrate der roten Pulpa, welche in die Kapsel eindringen, sowie eine atrophe weiße Pulpa.
Haut: Dichtes, perivaskulär orientiertes noduläres Infiltrat mittelgroßer, kernpolymorpher Zellen. Bemerkenswert ist ein fehlender Epidermotropismus. Der immunhistochemische Nachweis von TCL1A grenzt die T-PLL von anderen T-Zell Infiltraten ab.
Immunphänotypisierung: Die post-thymischen, TdT- und CD1a-negativen T-Zellen exprimieren in der Regel pan-T Oberflächenantigene WIE CD2, CD3, CD5, CD7. In einem Teil der Fälle lassen sich CD3 und/oder TZRα/β nur zytoplasmatisch nachweisen. Zirka 60% der T-PLL weisen eine CD4+/CD8- Konstellation auf, gefolgt von einer für die T-PLL weitgehend spezifischen CD4+/CD8+ Koexpression in 25% und von CD4-/CD8+ in 15% der Fälle. Die Expression von CD7 und CD52 ist stärker als in anderen T-Zell Malignomen. Variabler Nachweis der Aktivierungsmarker CD25, CD38 und CD43; CD26 und CD27 sind regelmäßig detektierbar. Marker für zytotoxische T-Zellen wie TIA sind sehr selten.
Bei intrazellulärem Nachweis des TCL1A Proteins sichert die Diagnose T-PLL weitgehend. Normale periphere T-Zellen sind TCL1A-negativ und andere T-Zell-Neoplasien, die in Ausnahmefällen TCL1A exprimieren, wie anekdotische T-Zell akute lymphoblastische Leukämien (T-ALL), sind leicht abgrenzbar.
Molekulargenetik: Als Standard gilt der Nachweis der Monoklonalität über klonale TRB und/oder TRG Genrearrangements. Sequenzieranalysen, wie z. B. zur Detektion von Mutationen in ATM- oder JAK/STAT Genen, gehören nicht zu den empfohlenen Routineuntersuchungen.
Zytogenetik: Die Karyotypen der T-PLL sind in ca.70% komplex mit mehr als 3-5 meist strukturellen Aberrationen (Kiel MJ et al. (2014). Die häufigste Gruppe rekurrenter Läsionen betrifft das Chromosom 14 in 90% der T-PLL und involviert den TZRα/δ (TRA/D) Lokus auf 14q11. Dies beinhaltet die inv(14)(q11q32) in 60%, gefolgt von der t(14;14)(q11;q32) (25%), welche beide den TCL1 (TCL1A und -B) Genlokus in die Nachbarschaft von TZRα/δ (TRA/D) translozieren. In ca. 5-10% der T-PLL liegt eine t(X;14)(q28;q11) vor, wodurch das TCL1A Homolog MTCP1 aktiviert wird.
Wichtig für die Diagnosekriterien ist, dass der zytogenetische Nachweis der TCL1-Genrearrangements weniger sensitiv ist als der durchflusszytometrische oder immunhistochemische Nachweis der entsprechenden Proteine. Bei ca. 60% der T-PLL findet sich zudem eine Abnormalität des Chromosoms 8, in der Regel Zugewinne von 8q. Des Weiteren sind häufige Befunde: -11q in ca. 40%, -6q in ca. 35% oder -13q in ca. 30% oder Deletionen auf Chr.22 in 25%.
Diagnose
Die Diagnose der T-PLL erfordert eine systematische Bewertung der Spezialbefunde der einzelnen Fachdisziplinen. Die Seltenheit der Erkrankung stellt dabei eine Herausforderung dar. Die Diagnose wird primär aus dem peripheren Blut gestellt. Biopsien aus Lymphknoten, Haut oder Knochenmark sind miteinzubeziehen.
Folgende Merkmale sind nach WHO-Kriterien zu erfüllen (Staber PB et al. 2019):
Hauptkriterien
- Monoklonale Lymphozytose des Blutes (>5x103 /μl) mit einem reifen T-Zell Immunphänotyp
und
- Nachweis einer chromosomalen Aberration, welche die Loci 14q32.1 (TCL1A) oder Xq28 (MTCP1) involviert
oder
- Nachweis einer T-Zell spezifischen Expression von TCL1A oder MTCP1p13 Protein in der Durchflusszytometrie oder in der Immunhistochemie
Nebenkriterien (≥ 2)
- Rasch (exponentiell) steigende Lymphozytenzahlen des Blutes mit Verdopplungszeiten unter 6 Monaten
- Zusätzlicher Nachweis von chromosomalen Aberrationen mit Zugewinnen auf 8q oder einer del11q22 oder einem komplex aberrantem Karyotyp
- Vorliegen einer (Hepato)Splenomegalie oder von Ergüssen
- Prolymphozytäre Morphologie im Blutausstrich
Differentialdiagnose
- Reaktive T-Zell Lymphozytosen (in der Regel temporär, mit niedrigeren Lymphozytenzahlen, meist nicht monoklonal) wie z. B. bei viralen Infekten oder im Rahmen von Autoimmunerkrankungen.
- Leukämisch verlaufende Lymphome der B-Zell Reihe, v.a. mit Splenomegalie wie CLL mit Prolymphozytenvermehrung oder B-PLL, die aber durch ihre Expression von CD19 und das Fehlen der T-Zellmarker CD2, CD3, CD7 in der Immunphänotypisierung leicht abgegrenzt werden können.
Weitere Differenzialdiagnosen:
- Die T-Vorläufer-Neoplasien T-ALL / T-Zell lymphoblastisches Lymphom (T-LBL) unterscheiden sich von der T-PLL vor allem durch ihren unreifen (Immun)phänotyp zusammen mit dem Fehlen der T-PLL-typischen Chromosom 14 Aberrationen, sowie der dadurch fehlenden TCL1A Expression.
Unter den reifen T-Zell-Malignomen mit leukämischer Präsentation sind vor allem die folgenden primär leukämischen Formen von der T-PLL abzugrenzen:
- T-Zell-Leukämie der großen granulierten Lymphozyten (T-LGL),
- Sézary Syndrom (SS, de novo oder aus einer Mycosis fungoides (MF),
- ATLL,
- Periphere T-Zell-Lymphome (PTCL) mit leukämischer Beteiligung einschließlich dem hepatosplenischen T-Zell Lymphom (HSTL).
Therapie
Allgemeine Therapiestruktur: Es existiert für die T-PLL kein evaluierter kurativer Therapiestandard. Nach derzeitigem Erkenntnisstand ist die T-PLL durch konventionelle Chemotherapie sowie durch Antikörper-basierte Therapie nicht heilbar. Die einzige potentiell kurative Option besteht in der allo-SZT.
Asymptomatische Erkrankung: Bei den bei Erstdiagnose ca. 30% symptomfreien Patienten mit stabiler oder langsam progredienter Erkrankung („inactive T-PLL“) ist eher ein abwartendes Vorgehen angezeigt. Engmaschige, z. B. monatliche, Beobachtungsintervalle, vor allem mit körperlicher Untersuchung und Blutbildkontrollen notwendig mit besonderem Augenmerk hinsichtlich der Dynamik der Lymphozytose. LDTs von ≤ 8,5 Monaten wurden als Ausdruck evidenter Krankheitsprogression und als mit einer schlechteren Prognose assoziiert beschrieben (Herling M et al. 2008).
Behandlungsindikationen der T-PLL: Die Initiierung einer anti-leukämischen Therapie ist indiziert bei folgenden krankheitsassoziierten Problemen:
- konstitutionelle Symptome, z. B. Fatigue (ECOG ≥2) bzw. klassische B-Symptome
- symptomatische Anämie (<10g/dL) und / oder Thrombozytopenie (<100.000/μl) und / oder gehäufte / prolongierte Infekte
- symptomatische oder stark zunehmende (>50% in 2 Monaten oder Verdopplung des Durchmessers in <6 Monaten) Lymphadenopathie oder klinisch bedeutsame Hepatosplenomegalie
- nachgewiesene extranodale Manifestationen z. B. Haut, Ergüsse, ZNS, Muskel, Darm
- rasch zunehmende Lymphozytose (z. B. wenn >30.000/µl als >50% in 2 Monaten oder Verdopplung innerhalb von 6 Monaten); Lymphozyten >50.000//µl als alleiniges Indikationskriterium zu rechtfertigen bei kurativ intendiertem Ansatz
Erstlinientherapie: In der Regel ist die Mehrzahl der Patienten bei Erstdiagnose in ausreichendem Allgemeinzustand, z. B. ECOG-PS ≤3, um eine Systemtherapie zu tolerieren. Selbst bei grenzwertigem Status, z. B. ECOG-PS >3 ist, wenn dieser vor allem durch die T-PLL direkt verursacht ist, eine Systemtherapie zu empfehlen. Das kalendarische Alter ist kein primäres Entscheidungskriterium für die Durchführung einer Systemtherapie; es werden durchaus erfolgreich T-PLL Patienten >80 Jahre mit Alemtuzumab behandelt (Vor einer geplanten Therapie mit dem stark immunsuppressiven anti-CD52 Antikörper Alemtuzumab sollten serologische Tests für HSV (IgM, IgG), CMV (IgM, IgG), EBV (IgM, IgG), HBV (HBSAg, anti-HBc) und HCV (anti-HCV) erfolgen. Ein Interferon-γ release assay (QuantiFERONTM) erfolgt bei klinischem oder radiologischem Verdacht auf eine latente Infektion mit Mycobacterium tuberculosis; Patienten im zeugungsfähigen Alter sollten eine Beratung zu Fertilität und Methoden ihrer Präservation erhalten. Alemtuzumab und Purin-Analoga resultieren aber sehr wahrscheinlich nicht in Infertilität).
Initiale Remissionsinduktion: Die Initialtherapie der T-PLL besteht in einer systemischen Antikörper- oder Chemotherapie mit dem Ziel einer kompletten Remission (CR). Die Therapie der Wahl ist dabei Alemtuzumab, vorzugsweise als Einzelsubstanz und immer intravenös 3x / Woche über 12-16 Wochen ( Dearden C 2011;Dearden C 2012).
Ein alternatives Schema ist eine initiale Polychemotherapie mit 4 Zyklen Fludarabin/Mitoxantron/Cyclophosphamid (FMC) gefolgt von einer 6-12-wöchigen Alemtuzumab-Konsolidierung (Hopfinger G et al. 2013). Die Gesamtansprechraten (ORR) nach beiden oben genannten Regimes betragen ca. 90-95%. Eine CR wird durch intravenöses Alemtuzumab in der Monotherapie bei ca. 80% therapie-naiver Fälle erreicht, während die CR Rate nach FMC-Alemtuzumab ca. 50% betrug; allerdings waren letztere durch eine Knochenmarkbiopsie bestätigte Komplettremissionen.
Konventionelle Therapien, wie z. B. Chlorambucil, CHOP (Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin, Prednison) oder Monotherapien mit Purinanaloga wie Fludarabin oder Pentostatin zeigen eine unbefriedigende Effektivität in der Primärtherapie der T-PLL. Ihre Ansprechraten liegen bei 30-45% und sind in der Regel von kurzer Dauer; z.B. <3 Monate für CHOP oder ca. 6 Monate für Pentostatin (Mercieca J et al. 1994). Daher sollten sie nicht primär eingesetzt werden.
Alemtuzumab ist bis heute die effektivste Einzelsubstanz in der T-PLL. Die Implementierung dieses Antikörpers in die Therapie der T-PLL war der bisher bedeutendste Schritt zur Verbesserung des Gesamtüberlebens (OS). Betrug dieses in der Alkylanzien/Pentostatin Ära noch ca. 7,5 Monate ((Mercieca J et al. 1994), so konnten im historischen Vergleich 18 Monate OS nach Alemtuzumab erreicht werden (Dearden C 2012).
Allogene und autologe Stammzelltransplantation
Trotz der hohen Gesamtansprechraten (90-95%) und CR-Raten (50-80%) nach Alemtuzumab-basierter Initialbehandlung rezidivieren ohne eine weitere Therapie danach nahezu alle Patienten; z. B. Rezidivrate 96% mit 5-Jahres OS 0% (Dearden CE et al. 2001).
Konzeptionell sollte daher die allo-SZT bereits in die Erstlinientherapie nach Erreichen einer Remission konsolidierend eingebunden werden.
In den retrospektiven Studien betragen die 3-Jahres-Raten für das progressionsfreie Überleben (PFS) / Gesamtüberleben (OS) ca. 20-35%. In der prospektiven, jüngeren EBMT Beobachtungsstudie wurde nach 4 Jahren eine Relapsinzidenz von 38%, sowie ein PFS und OS mit 30% bzw. 42% bei einer NRM von 32% berechnet (Wiktor-Jedrzejczak W et al. 2019). Zur autologen SZT liegen kaum strukturierte Daten vor.
Zweitlinientherapie der T-PLL
Primäre Therapieversager : Bei 5-10% der Patienten wird bereits primär eine ungenügende Therapieantwort auf Alemtuzumab beobachtet. Zunächst sollte die Alemtuzumab-Therapie durch tägliche Gaben, ggf. auch mit einem Glukokortikoid, intensiviert werden. Die Hinzunahme von Pentostatin ist eine Strategie, die auf den Daten der Monotherapie mit ORR von 45% (Mercieca J et al. 1994) und der Kombination dieses Purinanalogs mit Alemtuzumab mit resultierender ORR von 69% (Ravandi Fet al. 2009) beruht.
Ob andere etablierte Substanzen wie Bendamustin oder Cladribinin dieser Situation geeignetere Kombinationspartner mit Alemtuzumab sind, ist unklar.
Verlauf/Prognose
Bei einem kleineren Teil der Patienten verläuft die Erkrankung initial über längere Zeit indolent und symptomlos (oft Zufallsdiagnosen). Fast immer aber folgt innerhalb von 1-2 Jahren der Übergang in die exponentielle Wachstumsphase mit Therapiebedürftigkeit.
In den überwiegend retrospektiven Analysen wurden TCLA1-Expressionslevel und TZR/AKT-Signalkompetenz, Lymphozytenverdopplungszeit (LDT), sowie Parameter für Tumorlast (LDH, Anämie) oder ein komplex aberranter Karyotyp als prognostisch relevant beschrieben (Hopfinger G et al. 2013). Die insgesamt eher schlechte Prognose und die Seltenheit der T-PLL erschweren die prospektive Validierung solcher Prognosefaktoren.
Nachsorge
Es sollte das Hauptaugenmerk auf die hohe Rezidivwahrscheinlichkeit und die anhaltende Infektgefährdung nach Alemtuzumab und/oder allo-SZT gelegt werden.
Impfungen, z. B. gegen Influenza und Pneumokokken, werden empfohlen, wenngleich die Bildung spezifischer Antikörper vermindert sein kann. Reiseimpfungen sollten nur nach Rücksprache mit dem betreuenden Facharzt erfolgen, da z. B. Lebendimpfstoffe den Patienten gefährden können.
Hinweis(e)
Der Begriff „Prolymphozyt“ wurde zur besseren Abgrenzung von der lymphatischen Zelle der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) gewählt. Begrifflich soll damit ganz bewusst nicht auf ein „Vorläuferzellcharakter“ hingewiesen werden. Die T-Zell Prolymphozytenleukämie ist, auf Grund ihrer schlechten Prognose auch nicht als T-Zell-Pendant der CLL anzusehen.
Literatur
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