Synonym(e)
Erstbeschreiber
Das Syndrom ist benannt nach den US-amerikanischen Internisten William Benjamin Schwartz (* 1922) und Frederic Crosby Bartter (1914-1983).
Definition
Das Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (Schwartz-Bartter-Syndrom) ist eine Störung der Regelung des Wasser- und Elektrolythaushaltes, bei dem eine unangemessen (inadäquaten) hohe Sekretion des Antidiuretischen Hormons (ADH - Hormon, auch: Vasopressin) zu einer verminderten Ausscheidung von Wasser (Wasserretention) und einem Verlust von Natrium (Hyponatriämie) führt. Vasopressin (auch als antidiuretisches Hormon oder ADH bezeichnet) unterstützt die Regulierung der Wassermenge im Körper, indem es kontrolliert, wie viel Wasser über die Nieren ausgeschieden wird. Vasopressin verringert die Ausscheidung von Wasser durch die Nieren. In der Folge wird mehr Wasser, das die Konzentration von Natrium im Körper mindert, zurückgehalten. Ein zu niedriger Gehalt an Natrium im Blut wird als Hyponatriämie bezeichnet.
Vasopressin wird von der Hypophyse ausreichend produziert und freigesetzt, wenn das Blutvolumen (die Flüssigkeitsmenge in den Blutgefäßen) oder der Blutdruck sinken oder wenn die Elektrolytspiegel (z. B. Natrium) zu hoch ansteigen.
Eine Ausscheidung von Vasopressin wird als inadäquat bezeichnet, wenn
- das Blutvolumen normal oder zu hoch ist
- der Blutdruck normal oder zu hoch ist
- die Elektrolytkonzentration zu niedrig ist
- keine anderen entsprechenden Gründe für eine Ausscheidung von Vasopressin vorliegen
- Wenn in diesen Situationen Vasopressin ausgeschüttet wird, kommt es zu einer Retention von Flüssigkeit, der Natriumspiegel im Blut fällt.
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Ätiopathogenese
Es gibt verschiedene Ursachen des Schwartz-Bartter-Syndroms. In 80% der Fälle tritt das Syndrom als paraneoplastisches Syndrom bei kleinzelligem Lungenkarzinom auf. Weitere seltenere Ursachen können sein:
Meningitis, Enzephalitis, Schädel-Hirn-Trauma, schwere Zostererkrankung (Foppiani L 2018).
Auch eine Pneumonie, Tuberkulose und bestimmte Medikamente (z.B. Zytostatika wie Vincristin, Cyclophosphamid; Indometacin, Carbamazepin, trizyklische Antidepressiva, Morphin, Nikotin, Barbiturate) können zu diesem Krankheitsbild führen. Nicht selten kann es bei Patienten nach operativen Eingriffen zu einer vorübergehenden inadäquaten Sekretion von ADH kommen.
Es kommt es zu einer Entkopplung des Regelkreises und somit zu ungehemmten ADH-Sekretion. Der dadurch entstehende Überschuss an ADH bewirkt in der Niere das Zurückhalten (Retention) von freiem Wasser und damit eine Abnahme des Urinvolumens und eine Zunahme des Körpergewichts. Begleitend ist häufig ein vermehrtes Durstgefühl. Das überschüssige freie Wasser führt nach der Verteilung im Körper zuerst zu einer Ausdehnung des Flüssigkeitsraumes außerhalb der Zellen (extrazellulär), dann, infolge des Konzentrationsgefälles der Flüssigkeiten im Körperm, zu einer Vermehrung der Flüssigkeit im intrazellulären Raum. Bei fehlender Natriumzufuhr sinkt somit auch die Natriumausscheidung, wodurch die Wasserretention steigt und die Menge des ausgeschiedenen Urins abnimmt. Die Regulation der Natriumausscheidung durch die Niere ist bei niedrigem Natrium im Blutserum erhalten. Die Konzentration von ADH im Blut liegt zwar zu diesem Zeitpunkt innerhalb seines Normbereichs, ist aber im Verhältnis zu den niedrigen Konzentrationen anderer Stoffe im Blut aufgrund der Verdünnung des Blutes (niedrige Plasmaosmolarität), erhöht.
Die inadäquate ADH-Sekretion ist biochemisch also u.a. charakterisiert durch eine Verdünnung des Blutes (niedrige Plasmaosmolarität), durch fehlende Flüssigkeit im Urin (hohe Urinosmolarität) (Verhältnis Urin zu Plasma >1) und durch den niedrigen Natriumspiegel im Blut (Hyponatriämie).
Klinisches Bild
- Reduzierte Urinausscheidung bei stark konzentriertem Urin
- Gewichtszunahme
- Schwindel
- Übelkeit
- Bewusstseinsstörungen
- Krampfanfälle
Diese Symptome entstehen durch die übermäßig erhöhte Wasserretention (Wasserintoxikation) und die resultierende Hyponatriämie.
Diagnose
Die Diagnose ergibt sich aus der genauen Anamnese, der Symptomatik und den Ergebnissen der Laboruntersuchungen des Blutes und des Urins. Wichtig: Nach Trinkmenge, Urinmenge und Veränderungen des Körpergewichts fragen. Eine Zunahme von 5-10% des Körpergewichts in kürzester Zeit aus unerklärlichem Grund, ist ein wichtiger Hinweis auf das Schwartz-Bartter-Syndrom. Folgende Untersuchungen und Laborparameter sind diagnostisch:
- Verminderte Osmolalität des Serums (< 270 mosmol/kg)
- Dilutionshyponatriämie ([Na+] < 135 mmol/l im Serum)
- erhöhter Zentraler Venendruck
- keine Ödeme oder Aszites
- geringes Urinvolumen pro Zeit
- unangemessen hohe Urinosmolalität / spezifisches Gewicht des Urins
- unangemessen hohe Natriumkonzentration im Urin ( > 20 mmol/Liter)
Die Bestimmung der ADH-Konzentration im Blut ist nur wenig sinnvoll. In der Praxis zeigt sich nämlich, dass die Werte normal oder erhöht sein können, keinesfalls aber erhöht sein müssen. Dies liegt unter anderem an der Instabilität des ADH-Moleküls. Als Alternative wird daher üblicherweise Copeptin, ein Prohormon, das zusammen mit ADH im Hypothalamus synthetisiert wird, bestimmt.
Komplikation(en)
Durch die Zunahme des extrazellulären und intrazellulären Volumens steigt die Gefahr einer Flüssigkeitsansammlung im Gehirn (Hirnödems), die ohne Behandlung tödlich sein kann. Das Schwartz-Bartter-Syndrom kann auch asymptomatisch verlaufen.
Therapie
Die Therapie des auslösenden Grundleidens steht im Vordergrund. Nach erfolgreicher Therapie kommt es meist zu einer Spontanheilung (Spontanremission) des Schwartz-Bartter-Syndroms.
Die symptomatische Therapie des Schwartz-Bartter-Syndroms besteht aus einer Trinkmengenbeschränkung (Wasserrestriktion), die alleine meist schon zu einer Besserung der Symptomatik führt. Zusätzlich kann eine langsame Infusion isotoner (0,9 %) oder hypertoner (10 %) Kochsalzlösung (Natriumchlorid-Lösung) zum Ausgleich der Hyponatriämie gegeben werden. Außerdem sollte beachtet werden, dass bei einer Hyponatriämie meist begleitend eine Hypokaliämie, also ein Mangel an Kalium im Blut, vorliegt. Deshalb sollte zusätzlich Kalium gegeben werden, das Natrium aus den Zellen freisetzt und so zum Ausgleich der Hyponatriämie im extrazellulären Raum beiträgt.
Bei einer Wasserintoxikation kann neben der hypertonen Kochsalzlösung auch Furosemid (Lasix®), ein Schleifendiuretikum, zum Ausschwemmen von Wasser aus dem Körper gegeben werden.
Medikamentös kann das Schwartz-Bartter-Syndrom mit direkten ADH-Antagonisten, den sogenannten Vaptanen, behandelt werden. Vaptane setzen sich auf die ADH-Rezeptoren in der Niere, blockieren so die Wirkung von ADH und fördern damit die Ausscheidung von elektrolytfreiem Wasser. Seit August 2009 steht Tolvaptan als oraler ADH-Antagonist in Deutschland zur Verfügung (Morris JH et al. 2018).
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Foppiani L (2018) SIADH with Severe Hyponatremia in an Elderly Man with Herpes Zoster Infection: A Causal or Casual Association? Intern Med 57:3393-3398
- Morris JH et al. (2018) Rapidity of Correction of Hyponatremia Due to Syndrome of Inappropriate Secretion of Antidiuretic Hormone Following Tolvaptan. Am J Kidney Dis 71:772-782.
- Peri A et al. (2017) SIADH: differential diagnosis and clinical management. Endocrine 55(1):311-319.
Verweisende Artikel (1)
Paraneoplastische Syndrome der Niere;Weiterführende Artikel (1)
Lungenkarzinom;Disclaimer
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