Synonym(e)
Erstbeschreiber
Der deutsche Arzt Herbert Reindell (1908 – 1990) befasste sich als Erster mit Auswirkungen des Hochleistungssports auf das Herz. Neben dem Sportherz beschrieb er auch weitere physiologische Normvarianten wie z. B. inkompletter Rechtsschenkelblock, AV- Blockierungen I. und II. Grades, Typ Wenckebach (Kindermann 2008).
Im Jahre 2007 wurde von J. Scharhag erstmals ein Standard der Sportmedizin zum Sportler- EKG veröffentlicht.
Im selben Jahr wurden die Seattle- Kriterien veröffentlicht, die zusätzlich bei den ungewöhnlichen, nicht- trainingsbedingten EKG- Veränderungen noch zwischen Kardiomyopathien und primär elektrischen Herzerkrankungen differenzieren (Scharhag 2013). Die Seattle- Kriterien wurden bei Sportlern zum Standard der EKG- Auswertung (Löllgen 2017).
Definition
Unter einem Sportherz versteht man eine durch regelmäßiges, leistungssportliches Ausdauertraining erheblichen Ausmaßes (mindestens 5 – 10 h pro Woche wie z. B. mindestens 70 km Laufen bzw. 200 km – 300 km Radfahren / Woche) verursachte physiologische Adaption des Herzens, die zu einer harmonischen, exzentrischen Hypertrophie aller Herzhöhlen führt (Herold 2020).
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Allgemeine Information
Es ist prognostisch wichtig, die Veränderungen eines Sportherzens durch entsprechende Untersuchungen von pathologischen Veränderungen, insbesondere der angeborenen, genetisch bedingten pathologischen hypertrophen Kardiomyopathie zu unterscheiden, da Letztere die häufigste Ursache für einen belastungsindizierten plötzlichen Herztod ist (Bahlmann 2015).
Vorkommen
Ein Sportherz können Sportler entwickeln, die Ausdauersport betreiben. Auch bei Sportarten, die einen hohen Ausdaueranteil beinhalten, kommt es – in geringerem Ausmaß – zur Ausbildung eines Sportherzens (Herold 2020). Insgesamt ist ein Sportlerherz aber seltener als man vermuten würde (Stierle 2017).
Bei lediglich 15 % aller Sportler findet sich echokardiographisch ein enddiastolischer Durchmesser des linken Ventrikels von 60 mm. Wanddicken von > 12 mm kommen lediglich bei 2 % vor (Kindermann 2014).
Bei den strukturellen sportlichen Adaptionen zeigen sich ethnische Unterschiede. Bei farbigen Athleten finden sich dickere Kammerwände, im Einzelfall bis zu 16 mm maximal (Kindermann 2008).
Es bestehen keine geschlechtsspezifischen Unterschiede. Das Sportherz tritt bei Frauen und Männern gleichhäufig auf (Kindermann 2014).
Allerdings hat eine Untersuchung von Prof. Sanjay Sharma von 1.082 gesunden Athleten gezeigt, dass die linksventrikuläre Masse und die relative Wanddicke bei Frauen etwas niedriger lagen. Die enddiastolische Vergrößerung des linken Ventrikels war bei ihnen allerdings stärker ausgeprägt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei Frauen häufiger eine exzentrische Hypertrophie auftritt und bei Männern eher eine konzentrische Hypertrophie besteht (Fortmüller 2015).
Ätiologie
Durch exzessive sportliche Leistungen mit hohem Ausdaueranteil kann es zu einer Hypertrophie des Myokards kommen. Diese bewirkt eine Erhöhung des Schlagvolumens und damit auch eine Erhöhung des Herzzeitvolumens. Die Herzfrequenz sinkt ab und es resultiert - bei gleicher Belastung – eine ökonomischere Arbeitsweise des Herzens (Siebert 2004).
Bildgebung
Röntgen Thorax: Radiologisch findet sich eine Vergrößerung des Herzens. Seit den 80er Jahren wird die Herzgröße jedoch echokardiographisch bestimmt. Die Röntgenaufnahme hat im Falle eines Sportherzens somit heutzutage keine Bedeutung mehr (Kindermann 2014).
Echokardiographie: Die Echokardiografie stellt die wichtigste Untersuchungsmethode hinsichtlich der Differenzierung eines Sportherzens von einer pathologischen Herzhypertrophie dar (Scharhag 2013). Es finden sich beim Sportherz folgende Veränderungen:
- die systolische Funktion ist normal bis niedrig- normal
- regelrechte Zunahme der systolischen Funktion unter Belastung (Stressecho)
- die diastolische Funktion ist normal bis hoch- normal
- der linksventrikuläre enddiastolische Durchmesser beträgt bei ca. 15 % der Sportler > 60 mm und kann bei großen Körperdimensionen bis 67 mm betragen
- die linksventrikuläre Wanddicke liegt bei max. 13mm – 16 mm bei farbigen Athleten (s. u. „Vorkommen“)
- die relative Wanddicke beträgt ≤ 42 % bis 43 %
- die PA- Drücke sind normal
Kardio- MRT: Besteht bei einem Sportler der Verdacht auf eine Kardiomyopathie oder eine Myokarditis, sollte eine MRT- Untersuchung erfolgen.
Im Normalfall finden sich bei Sportlern:
- sowohl die linksventrikuläre als auch die rechtsventrikuläre Funktion ist normal bis niedrig- normal (die Ejektionsfraktion (EF) in Ruhe ist jeweils bis 45 % normal, in seltenen Fällen niedriger)
- regelrechte Zunahme der EF unter Belastung (Herold 2020)
Computertomographie: In Studien hat sich ein erhöhter koronarer Kalk- Score mit Plaque- Stabilisierung bei Ausdauersportlern mittleren Alters gezeigt. Dieser hat eine sportassoziierte protektive Bedeutung und ist wahrscheinlich nicht pathologisch.
Labor
- BNP und NT- proBNP normal
- Troponine negativ. Nach intensiven ausdauernden Belastungen sind gering erhöhte Werte möglich. Diese normalisieren sich aber innerhalb von 24 h – 72 h.
Diagnose
Ruhe- EKG
Bei Sportlern treten in etwa 60 % Veränderungen im EKG auf. Dabei kann es sich handeln um:
- Sinusbradykardie
- Sinusarrhythmie
- ektoper Vorhofrhythmus
- einfache AV- Dissoziation
- AV- Block I Grades
- AV- Block II Grades
- isoliert auftretende erhöhte QRS- Amplituden
- inkompletter Rechtsschenkelblock
- frühe Repolarisation (Scharhag 2013)
- verkürzte QT- Dauer (Löllgen 2017)
In einer Studie konnten Berge et al. zeigen, dass die PC- unterstützte EKG- Interpretation der visuellen überlegen ist (Löllgen 2017).
Differentialdiagnose
- konzentrische Hypertrophie des Herzens
- dilatative Kardiomyopathie (DCM)
- hypertrophe Kardiomyopathie (HCM)
- arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVC)
- Non- Compaction- Kardiomyopathie
Prognose
Die durch den Leistungssport verursachten funktionellen und strukturellen Veränderungen des Herzens sind physiologisch und verursachen beim Herzgesunden keine Schäden. Sie sind hinsichtlich der Lebenserwartung sogar mit einem positiven Effekt kombiniert (Scharhag 2013).
Nach Reduktion des Ausdauertrainings kommt es allerdings zu einer kompletten oder inkompletten Rückbildung des Sportherzens.
Vorhofflimmern tritt im mittleren und höheren Lebensalter bei Ausdauersportlern häufiger auf (Herold 2020).
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Bahlmann E et al. (2015) Sportlerherz oder hypertrophe Kardiomyopathie? So gelingt die Differenzierung. Dtsch Med Wochenschr (140) 1158 - 1164
- Fortmüller U (2015) Linksventrikuläre Hypertrophie: Weibliches und männliches Sportlerherz — der kleine Unterschied. MMW – Fortschritte in der Medizin. 157 (12) DOI: https://doi.org/10.1007/s15006-015-3509-0
- Herold G et al. (2020) Innere Medizin. Herold Verlag S 261
- Kasper D L et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 1569
- Kasper D L et al. (2015) Harrisons Innere Medizin. Georg Thieme Verlag 1909
- Kindermann W et al. (2014) Die physiologische Herzhypertrophie (Sportherz). Dtsch Z Sportmed (12) 327 - 332
- Kindermann W (2008) Der Vater des Sportherzens – Herbert Reindell. Dtsch Z Sportmed (3) 73 – 75
- Löllgen H (2017) Neue internationale Empfehlungen zur EKG-Beurteilung bei Sportlern: Panta rhei oder Endpunkt? Dtsch Z Sportmed (68) 137 - 141
- Scharhag J et al. (2013) Das Sportler- EKG: Aktuelle Interpretationen und Empfehlungen. Dtsch Z Sportmed (64) 352 - 356
- Siebert C H et al. (2004) Tipps und Tricks für den Sportmediziner: Problemlösungen von A-Z. Springer Verlag 319 - 322
- Stierle U et al. (2014) Klinikleitfaden Kardiologie. Elsevier Urban und Fischer 311