Synonym(e)
Definition
Beim Spannungspneu handelt es sich um hämodynamische und / oder respiratorische Störungen.
Das Krankheitsbild stellt eine akut lebensbedrohliche Situation dar, die ohne Behandlung i.d.R. letal endet. S.a. Pneumothorax.
Vorkommen/Epidemiologie
Der Spannungspneu ist ein insgesamt seltenes Krankheitsbild, welches nur ca. 3 % der Pneumothoraces ausmacht.
Er tritt am häufigsten im Rahmen von Reanimationsmaßnahmen auf oder während einer mechanischen Beatmung, kann sich aber auch aus einem sekundären sowie aus einem traumatischen Pneu heraus entwickeln. Er ist immer potentiell lebensbedrohlich.
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Ätiopathogenese
Beim Spannungspneu gelangt bei jedem Atemzug aufgrund eines Ventilmechanismus‘ Luft in den Pleuraraum. Diese Luft kann dann bei der Expiration nicht mehr entweichen. Es kommt dadurch zu einem Druckanstieg im Pleuraraum, dieser wiederum verdrängt das Mediastinum zur gesunden Seite. Dadurch entsteht eine Kompression der gesunden Lungenseite und eine Behinderung des venösen Rückflusses. In deren Folge steigt der ZVD an und das HZV sinkt.
Klinisches Bild
Innerhalb von Minuten bis zu einer Stunde tritt starke, zunehmende Luftnot auf und es kommt zu einer oberen Einflussstauung in Kombination mit einer arteriellen Hypotension.
Insgesamt gestaltet sich das Bild eines Spannungspneumothorax etwas unterschiedlich. Die höchste Sensitivität hat das
- Hautemphysem (Sensitivität bis zu 100 %)
Daneben sind beim wachen Patienten Atemnot und Tachykardie die typischen und häufigsten Zeichen eines Spannungspneus.
Beim beatmeten Patienten treten als erstes stark erhöhte oder ständig steigende Atemwegsdrücke als wichtiges frühes Symptom auf.
Weiterhin können bei den Patienten folgende Symptome vorhanden sein:
- Zyanose
- Tachypnoe
- Abfall der Sauerstoffsättigung
- aufgehobene Atemexkursionen
- vorgewölbter Hemithorax
- atemabhängiger stechender Schmerz im Thorax
- Stauung der Halsvenen
- Bewusstlosigkeit
- arterielle Hypotonie (tritt erst relativ spät im Verlauf auf), kann bis hin zur pulslosen elektrischen Aktivität gehen
- Anstieg des ZVD
- Abfall des HZV
Diagnose
Diagnose
Die S3-Leitlinie gibt hier folgende Schlüsselempfehlung zur Diagnostik:
Die Verdachtsdiagnose Spannungspneumothorax sollte gestellt werden bei:
- einseitig fehlendem Atemgeräusch während der Auskultation der Lunge (ggf. nach Kontrolle der korrekten Tubuslage)
- dem zusätzlichen Vorliegen von typischen Symptomen insbesondere einer schweren respiratorischen Störung (die Lähmung des Atemzentrums als Folge einer Hypoxie tritt noch vor der Hypotension mit Kreislaufstillstand auf)
- oder einer oberen Einflussstauung in Kombination mit einer arteriellen Hypotension.
Brauchbare wissenschaftliche Daten zur Genauigkeit der Diagnose „Spannungspneumothorax“ liegen bislang nicht vor.
Auskultation
- einseitig fehlendes Atemgeräusch
Klopfschall
- hypersonorer Klopfschall
Die folgende Diagnostik dient nur der Vollständigkeit. Sie wird i.d.R. wegen der dringend notwendigen therapeutischen Maßnahmen nicht notfallmäßig durchgeführt werden.
Röntgen
- Mediastinalverschiebung zur kontralateralen Seite
- Zwerchfelltiefstand
BGA
- schwere respiratorische Störung mit deutlicher Hypoxämie und / oder Hyperkapnie
Therapie
Da der Tod innerhalb von Minuten auftreten kann, sollte die einzig mögliche Therapie – die Dekompression - noch vor Ort durchgeführt werden. Ein Transport, selbst in eine nahe gelegene Klinik, ist medizinisch nicht vertretbar.
Die Folgen einer eventuell falschen Diagnose und auf Grund dessen irrtümlich durchgeführten Dekompression stehen im Vergleich zur Unterlassung der Dekompression in keinem Verhältnis.
Durchführung der Dekompression (es gibt keine alternative therapeutische Maßnahme)::
Für die Dekompression empfiehlt sich eine großkalibrige lange Kanüle (20 G oder 1er Nadel) ohne aufgesetzte Spritze. Diese sollte durch den 2. ICR medioklavikulär in die Pleurahöhle eingeführt werden.
Durch die venöse Einflussstauung kann es ungewöhnlich stark bluten, die Nadel sollte aber dennoch weiter vorgeschoben werden, bis der Thoraxraum erreicht ist und Luft austritt. Sobald sich auch nur eine Menge von ca. 50 – 100 ml/min an Gas entleert hat, führt das schon i. d. R. schon zu einer sofortigen klinischen Stabilisierung. Die Kanüle sollte so lange belassen werden, bis eine Pleuradrainage gelegt werden kann.
Verlauf/Prognose
Prognose
Prognostische Aussagen speziell zum Spannungspneumothorax liegen nicht vor.
Generell bei Z.n. Pneumothorax gelten folgende Aussagen:
- Bei bis zu 50 % der Patienten mit primärem Spontanpneu kommt es im 1. Jahr zu Rezidiven. Es empfiehlt sich deshalb - sofern der Patient Raucher ist - ein dringender Verzicht auf das Rauchen.
- Tauchsport sollte dauerhaft vermieden werden. Nur Patienten, bei denen eine offene chirurgische bilaterale Pneumektomie durchgeführt wurde und bei denen postoperativ sowohl die CT-Untersuchung als auch die Lungenfunktion unauffällige Befunde zeigen, können diese Sportart weiterhin ausüben.
- Bei Flugreisen besteht – auch nach sekundärem Pneu - keine erhöhte Gefahr eines Pneumothorax gegenüber Lungengesunden.
- Das mitunter beschriebene vermehrte Auftreten eines Pneus durch körperliche Anstrengung konnte in Studien eindeutig nicht belegt werden.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Gerok W et al.(2015) Die Innere Medizin – Referenzwerk für den Facharzt 244
- Herold G et al. (2017) Innere Medizin 428
- Kasper DL et al. (2015) Harrison's Principles of Internal Medicine 1719
- Köhler D et al. (2010) Pneumologie 190, 331
- Loscalzo J et al. (2011) Harrisons Lungenheilkunde und intensivmedizinische Betreuung 259
- Stürmer KM et al. (2011) Leitlinie Polytrauma / Schwerverletzten-Behandlung. AWMF-Leitlinie
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Pneumothorax;Disclaimer
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