Radiation-Recall-Pneumonitis T78.8

Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Pneumonitis, Radiation Recall-Pneumonitis

Definition

Die "Radiation-Recall-Pneumonitis" ist eine selten auftretende, akute Inflammationsreaktion, die im vorbestrahlten Lungenareal als Ausdruck einer Hypersensitivitätsreaktion auftritt, wenn nach Abschluss der Bestrahlung antineoplastische Substanzen wie Paclitaxel, Etoposid, Pemetrexed, aber auch PD-L1 ("programmed cell death-ligand 1")-Inhibitoren oder andere Immuncheckpointinhibitoren (ICI) gegeben werden (Antonia SJ et al. 2017). Auch eine spätere COVID-Vakzination führte in einem Einzelfall zu einer Radiation-Recall-Pneumonitis (Shinada K et al. 2022).

Ätiopathogenese

Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICI) wirken über einen einzigartigen Wirkmechanismus. Sie zielen auf die Zelloberflächenrezeptoren zytotoxisches T-Lymphozyten-Antigen-4, programmiertes Zelltod-Protein 1 oder programmierter Zelltod-Ligand 1, die zu einer vom Immunsystem vermittelten Zerstörung von Tumorzellen führen. Die durch die ICI-Therapie bedingte Pneumonitis ist eine seltene, aber wichtige Komplikation der ICI-Therapie, die zu einer erheblichen Morbidität und Mortalität führen kann. Es wurden mehrere unterschiedliche radiologische Muster der Pneumonitis beobachtet: (a) organisierende Pneumonie, (b) unspezifische interstitielle Pneumonie, (c) Hypersensitivitätspneumonitis, (d) akute interstitielle Pneumonie mit akutem Atemnotsyndrom, (e) Bronchiolitis und (f) Strahlen-Rückfall-Pneumonitis. Letzter wird durch die Beteiligung von Lymphozyten und Cytokinen im ehemaligen Bestrahlungsfeld erzeugt (Ziegeltrum J et al.2021).

Pathophysiologie

Die strahleninduzierte Entzündung und Fibrose der Lunge gleicht der anderer Gewebe. Ionisierende Strahlung erzeugt durch Bruch von chemischen Bindungen stark reaktive freie Radikale, die die zellulären Strukturen, wie Lipide, Peptide oder die DNA beeinflussen und verändern. Der Effekt am Gewebe wird durch eine Zytokinexpression, u. a. TGF-beta, Interleukin-6, TNF-alpha, gesteuert, die wahrscheinlich unmittelbar nach der Bestrahlung beginnt und über Monate anhält. Der zytotoxische Effekt auf das Lungengewebe ist in erster Linie eine Konsequenz der DNA-Schädigung. Dadurch wird ein Zelltod der Endothelien in den Kapillaren der Alveolarsepten sowie der Lungenepithelzellen verursacht, welche die Alveolarräume der Lunge auskleiden - die sogenannten Typ-I- und Typ-II- Pneumozyten. Durch die Bestrahlung entstandene Schädigung der Pneumozyten führt zu einem Verlust der Barrierefunktion, der Surfactant-Produktion, einer damit verbundenen Herabsetzung der Oberflächenspannung und zu einer Transsudation von Serumproteinen in die Alveolarräume. Diese Schädigung hat eine gesteigerte Kapillarpermiabilität mit Entwicklung eines interstitiellen Lungenödems zur Folge.

Durch die ausgeschütteten proinflammatorischen Zytokine und Chemokine in das Interstitium und die Alveolen angelockten Effektorzellen (Neutrophile, Monozyten, Makrophagen und Lymphozyten) definieren die subakute Phase und induzieren die Strahlenpneumonitis.

Für den irreversiblen Umbau in der Spätphase - mehrere Monate nach Bestrahlung - kommt die entscheidende Rolle aktivierten Fibroblasten zu. Eine extensive Produktion von Kollagen, die Infiltration mit Entzündungszellen und schließlich die Okklusion der Alveolen sind die Folgen (Ziegeltrum J et al.2021). Der Umbau des Lungenparenchyms, der sich radiologisch als Strahlenfibrose darstellt, führt zur Versteifung und Verfestigung des Lungenparenchyms. Folglich ist der Gasaustausch reduziert und die totale Lungenkapazität nimmt ab. Die Ausprägung der Fibrose wird als modifiziert konventionell (inkomplett von anterior nach posterior reichend), "mass-like" (saumartig um das bestrahlte, meist irreguläre Tumorareal) oder "scar-like" (streifig-narbiges Residuum mit Volumenminderung) beschrieben

Allerdings sind auch Lungenveränderungen außerhalb des direkten Bestrahlungsbereiches möglich, im Sinne einer Hypersensivitätsreaktion bedingt durch eine lymphozytäre Alveolitis.

Diagnostik

Lungenfunktionstests können helfen, den Schweregrad der Lungenbeeinträchtigung abzuschätzen und auch eine differentialdiagnostische Abgrenzung zu anderen Lungenerkrankungen, wie z. B. COPD, zu erleichtern. Patienten mit Strahlenpneumonitis/Strahlenfibrose zeigen in Abhängigkeit vom Volumen und Grad der Inflammation/Fibrose eine Reduktion der totalen Lungenkapazität, forcierten Vitalkapazität, Residualvolumen und/oder der Diffusionskapazität.

Labor

Labormedizinisch ist es nicht möglich, eine Strahlenpneumonitis zu identifizieren. Im peripheren Blut sieht man oft nur eine geringe Leukozytose, LDH (Laktatdehydrogenase) oder/und CRP (C-reaktives Protein) können bei normwertigen Procalcitonin mäßig erhöht sein. Insgesamt sind diese Parameter unspezifisch.

Hinweis(e)

Bei Atopikern oder Asthmatikern wurde auch eine radiogen induzierte Form der eosinophilen Pneumonie beschrieben, die sich ebenfalls außerhalb des Bestrahlungsfeldes manifestieren kann (Nakayasu H et al. 2017) . Die Morphologie ähnelt sehr der radiogenen organisierenden Pneumonie.

Literatur
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  1. Antonia SJ et al. (2017) Durvalumab after Chemoradiotherapy in Stage III Non-Small-Cell Lung Cancer. N Engl J Med 377: 1919-1929;
  2. Choi YW et al. (2004) Effects of radiation therapy on the lung: radiologic appearances and differential diagnosis. Radiographics 24:985-98
  3. Ikezoe J et al. (1988) CT appearance of acute radiation-induced injury in the lung. AJR AmJ Roentgenol 150:765-770
  4. Kalisz KR et al. (2019) Immune Checkpoint Inhibitor Therapy-related Pneumonitis: Patterns and Management. Radiographics 39:1923-1937.
  5. Nakayasu H et al. (2017)  Chronic eosiophilic pneumonia after radiation therapy for squamos cell lung cancer. Respiratory Medicine Case Reports 22:147-149 
  6. Shinada K et al. (2022) Radiation recall pneumonitis after COVID-19 vaccination. Thorac Cancer 13:144-145.
  7. Teng F et al. (2020) Radiation recall pneumonitis induced by PD-1/PD-L1 blockades: mechanisms and therapeutic implications. BMC Med 18:275.
  8. Togashi Y et al. (2010) A case of radiation recall pneumonitis induced by erlotinib, which can be related to high plasma concentration. J Thorac Oncol 5:924-925.
  9. Ziegeltrum J et al.(2021) Strahlentherapie-assoziierte Pneumonitiden. Im Fokus Onkologie. 24:28–32.

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