NLRP12-assoziierte systemische autoinflammatorische ErkrankungL50.21

Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2024

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Synonym(e)

Familiäres autoinflammatorisches Kältesyndrom 2; FCAS2; NLRP12-AID; NLRP12-associated systemic autoinflammatory disease; NLRP12-related autoinflammatory disease; Nucleotide-binding leucine-rich repeat-containing receptors 12; SAID; SAIDs; Systemic autoinflammatory diseases

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Erstbeschreiber

Im Jahr 1997 berichtete das französische Konsortium für Familiäres Mittelmeerfieber (The International FMF Consortium 1997) erstmals über eine monogene Erkrankung, die durch Fieber und Multisystementzündung gekennzeichnet ist, das durch MEFV-Mutationen verursacht wird. Im Jahr 1999 wiesen McDermott MF et al.nach, dass TNFRSF1-Mutationen das Tumornekrosefaktor (TNF)-Rezeptor-assoziierte periodische Syndrom (TRAPS) verursachen. Sie schlugen den Begriff „Autoinflammation“ vor.  Mit den Technologien zur Sequenzierung des gesamten Exoms hat sich in der klinischen Praxis das Spektrum dieser Erkrankungen schnell und kontinuierlich erweitert (Hyperimmunglobulin-D-Syndrom (HIDS) durch MVK-Mutationen induziert, das Cryopyrin-assoziierte periodische Syndrom (CAPS) durch NLRP3 -Mutationen). Inzwischen wurden > 30 SAIDs (SAIDs steht für: Systemische autoinflammatorische Erkrankungen) publiziert die alle mit einer übermäßigen Inflammasom-Aktivierung, erhöhten reaktiven Sauerstoffspezies, Autophagiestörungen und anderen pathologischen Mechanismen einhergehen (Lachmann HJ 2017).

Definition

Die NLRP12-assoziierte systemische autoinflammatorische Erkrankung (NLRP12-AID) ist eine neu identifizierte, seltene autosomal-dominante autoinflammatorische Systemerkrankung (SAID), die meist im Kindesalter auftritt und durch Mutationen im NLRP12-Gen verursacht wird. Eine NLRP12-AID -Variante wird auch als Familiäres autoinflammatorisches Kältesyndrom 2 bezeichnet ( FCAS2). Weltweit liegen Daten von <100 Patienten vor (Wang HF 2022). Bei NLRP12-AID sind > 20 verschiedene Mutationstypen bekannt. Klinisch ist die Krankheit durch periodisches Fieber gekennzeichnet, das von entzündlichen Schäden im gesamten System begleitet wird. NLRP12-AID wird durch frühe klinische Identifizierung und genetischen Nachweis diagnostiziert.

Vorkommen/Epidemiologie

Weltweit wurden bisher < 100Fälle mit NLRP12-AIDs gemeldet. Gut beschrieben sind 33 pädiatrische Fälle (Wang HF 2022). Von diesen hatten 22 % eine positive Familienanamnese. Rund 1/3 der Fälle wurden eindeutig durch Kältestimulation induziert.

Ätiopathogenese

Bisher wurden 21 verschiedene Arten von NLRP12-Mutationen entdeckt, darunter 16 Missense-Mutationen (76 %), 2 Nonsense-Mutationen (10 %) und 3 Frameshift-Mutationen (14 %). Die meisten Mutationsstellen befinden sich in seinen funktionellen Domänen, was die entzündungshemmende Funktion von NLRP12 beeinträchtigen und zu einem untergrabenen Entzündungsmuster führen kann (Wang L et al. 2002). Bemerkenswert  ist, dass bei mehreren Fällen auch NLRP12-Mutationen bei Verwandten ersten Grades festgestellt, die jedoch keine klinischen Symptome aufwiesen. Dies deutet daraufhin, dass zu den NLRP12-Mutationen weitere Relisationsfaktoren hinzugehören um Krankheitssymptome auszulösen.  

Obwohl der spezifische pathogene Mechanismus von NLRP12 bei verschiedenen Mutationstypen noch weiterer Untersuchung bedarf, spielt eine übermäßige Produktion von IL-1β und anderen entzündlichen Zytokinen aufgrund einer unausgewogenen Regulierung des angeborenen Immunsystems durch NLRP12 zweifellos eine wichtige Rolle im pathogenen Prozess von NLRP12-AID . Sicherlich müssen die Kreuzwechselwirkungen zwischen pathogenen NLRP12-Mutationen bei autoinflammatorischen und autoimmunen Erkrankungen noch weiter untersucht werden.

Manifestation

Bei den pädiatrischen Fällen lag das Alter bei der Diagnose zwischen 2 Monaten und 17 Jahren. 35 % der Ekrankten waren männlich 65 % weiblich.

Klinisches Bild

Das häufigste klinische Symptom war nicht -infektiöses, periodisches Fieber unterschiedlicher Dauer (100 %). Weitere Symptome waren Polyarthralgie/Arthritis (55 %), Bauchschmerzen/Durchfall (48 %), Exantheme 45 % (rund 1/3 der Exantheme wurden als Urtikaria diagnostiziert), Lymphadenopathie/Splenomegalie (33 %), Kopfschmerzen (24 %), neurosensorische Taubheit (21 %), aphthöse Stomatitis (12 %), erhöhte Akutphase-Reaktanten wie C-reaktives Protein (CRP)/Erythrozytensedimentationsrate (ESR) bei (55 %). Einige Patienten litten an Begleiterkrankungen, die durch erworbene Immunstörungen verursacht wurden, darunter Morbus Crohn, C3-Glomerulopathie, juvenile idiopathische Arthritis, autoimmune hämolytische Anämie und Infektionsanfälligkeit.

Diagnose

Das wichtigste klinische Symptom von NLRP12-AID ist nichtinfektiöses wiederkehrendes Fieber. Fieber kann ein bestimmtes Muster aufweisen, das jedes Mal 2–10 Tage anhält, und hat selbstlimitierende Eigenschaften ohne besondere Manifestationen zu Beginn. Torreggiani S et al. (2016) definierten periodisches oder wiederkehrendes Fieber als 3 oder mehr unerklärliche Fieberepisoden innerhalb von 6 Monaten, mit einem Abstand von mindestens 7 Tagen zwischen 2 Fieberepisoden. Nach Ausschluss infektiöser und neoplastischer Faktoren sollten autoinflammatorische Erkrankungen in Betracht gezogen werden, die durch Störungen des Immunsystems verursacht werden.

Das Auftreten der meisten NLRP12-AID-Symptome hängt mit der Kältestimulation zusammen (Jéru I et al. 2008). Aufgrund des dominanten genetischen Hintergrunds ist eine positive Familienanamnese eine entscheidende Information für die Diagnose von NLRP12-AID. Bei den meisten SAIDs tritt der erste Beginn in der Kindheit auf, sogar vor dem Alter von 10 Jahren. Aufgrund multisystemischer Entzündungsreaktionen können Begleitsymptome von NLRP12-AID Polyarthralgie/Arthritis, Bauchschmerzen/Durchfall, Lymphadenopathie/Splenomegalie, Kopfschmerzen, neurosensorische Taubheit, aphthöse Stomatitis usw. sein. Exantheme im Zusammenhang mit Fieber und systemischen Entzündungsreaktionen sind ebenfalls charakteristische Manifestationen, die signifikant mit Kältestimulation verbunden sind. Bemerkenswerterweise können nach Abklingen der Hautläsionen Depigmentierungen auftreten (Borghini S et al. 2011). Die Reaktion von SAIDs auf Antibiotika und eine immunsuppressive Therapie ist in der Regel schlecht, und in einigen Fällen können Kortikosteroide bestimmte Symptome lindern .

Therapie

Das Ziel der SAID-Behandlung besteht darin, den anhaltenden hyperinflammatorischen Zustand zu unterdrücken, die Funktion mehrerer Systeme wiederherzustellen und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Da der pathologische Mechanismus noch unklar ist, stehen nur wenige Behandlungsprotokolle zur Verfügung. Viele Berichte deuten darauf hin, dass Colchicin unwirksam ist (Yang X et al. 2020).

Bezüglich der Behandlung kann eine Monotherapie oder die kombinierte Anwendung von Kortikosteroiden, nichtsteroidalen Antirheumatika und Antihistaminika bei einer kleinen Anzahl von Patienten eine Linderung der Symptome bewirken. Neue Biologika, die direkt auf IL-1-bezogene Entzündungswege abzielen, haben eine gute Wirksamkeit gezeigt, und eine gezielte Therapie hat unser Verständnis des molekularen Mechanismus von NLRP12-AID weiter vertieft. Der Mechanismus der Anakinra-Resistenz ist noch unklar. Möglicherweise liegen Ungleichgewichte oder Kompensationen durch andere Signalwege vor. Die Krankheit kann jedoch nach ihren unterschiedlichen Reaktionen auf IL-1-Inhibitoren unterteilt werden, und eine eingehende Untersuchung des zugrunde liegenden Mechanismus ihrer Pathogenese und ihres Fortschreitens könnte die Entwicklung direkterer und wirksamerer zielgerichteter Medikamente erleichtern.

Literatur

  1. Borghini S et al. (2011) Clinical presentation and pathogenesis of cold-induced autoinflammatory disease in a family with recurrence of an NLRP12 mutation. Arthritis Rheum 63:830–9.
  2. Jéru I et al. (2008) Mutations in NALP12 cause hereditary periodic fever syndromes. Proc Natl Acad Sci U S A 105:1614–1619.
  3. Jéru I et al. (2011) Identification and functional consequences of a recurrent NLRP12 missense mutation in periodic fever syndromes. Arthritis Rheum 63:1459–64.
  4. Jéru I et al.(2011) Role of interleukin-1beta in NLRP12-associated autoinflammatory disorders and resistance to anti-interleukin-1 therapy. Arthritis Rheum 63:2142–2148.
  5. Lachmann HJ (2017) Periodic fever syndromes. Best Pract Res Clin Rheumatol 31:596–609.
  6. McDermott MF et al. (1999) Germline mutations in the extracellular domains of the 55 kDa TNF receptor, TNFR1, define a family of dominantly inherited autoinflammatory syndromes. Cell 97:133–144.
  7. Motta V et al. (2015) NOD-like receptors: versatile cytosolic sentinels. Physiol Rev 95:149–178.
  8. The International FMF Consortium (1997). Ancient missense mutations in a new member of the RoRet gene family are likely to cause familial Mediterranean fever. Cell 90:797–807.
  9. Torreggiani S et al. (2016) Recurrent fever in children. Int J Mol Sci 17:448.
  10. Tschopp J et al. (2003) NALPs: a novel protein family involved in inflammation. Nat Rev Mol Cell Biol 4:95–104.
  11. Wang HF (2022) NLRP12-associated systemic autoinflammatory diseases in children. Pediatric Rheumatology 20: 9 https://doi.org/10.1186/s12969-022-00669-8
  12. Wang L et al. (2002) PYPAF7, a novel PYRIN-containing Apaf1-like protein that regulates activation of NF-kappa B and caspase-1-dependent cytokine processing. J Biol Chem 277:29874–29880.
  13. Yang X et al. (2020) Analysis on misdiagnosis of a case of novel variant of NLRP12. Ann Rheum Dishttps://doi.org/10.1136/annrheumdis-2020-218422.

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