Definition
Nitrosoharnstoffe gehören zu den Alkylanzien. Sie enthalten wie auch die Stickstoff-Lost-Derivate Chloräthylreste sowie zusätzlich eine sehr reaktive Nitrosogruppe. Die Substanzen zerfallen spontan und setzen das alkylierende Ethylcarbonium-Ion frei, das durch eine Alkylierung des Guanins und des Cytosins eine Quervernetzung der DNA herbeiführt. Zusätzlich entstehen Isocyanate, die durch Verbinung mit der DNA-Polymerase ebenfalls die DNA-Reparatur hemmen. Nitrosoharnstoff-Derivate wirken phasenunspezifisch, d.h. sie wirken auch auf ruhende Zellen.
Viele Nitrosoharnstoffe sind in der Lage, durch ihre kleine Molekülgröße und ihre Lipophilie die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden. Somit sind sie geeignet für die Behandlung von ZNS-Metastasen und Gehirntumoren.
Einteilung
- Carmustin (BCNU) 1,3-Bis(2-chlorethyl)-1-nitrosoharnstoff
- Lomustin (CCNU) 1-(2-Chlorethyl)-3-cyclohexyl-1-nitrosoharnstoff
- Semustin N-(2-Chlorethyl)-N′-(4-methylcyclohexyl)-N-nitrosoharnstoff
- Nimustin 1-[(4-Amino-2-methylpyrimidin-5-yl) methyl]-3-(2-chlorethyl)-3-nitrosoharnstoff
- Streptozocin 2-Desoxy-2-(3-methyl-3-nitroso-ureido)-D-glucopyranose
- Fotemustin 1-(2-Chlorethyl)-3-(1-diethoxyphosphorylethyl)-1-nitrosoharnstoff
Unerwünschte Wirkungen
Nitrosoharnstoffe sind ausgesprochen myelotoxisch mit besonderer Wirkung auf die Blutbildung, insbesondere der Thrombozyten und Leukozyten. Die Thrombozyten- und Leukozytenzahl nimmt mit einer deutlichen Verspätung, von ca. 4 bis 6 Wochen nach Therapiebeginn, ab. Aus diesem Grund müssen die Abstände zwischen zwei Behandlungszyklen bei Nitrosoharnstoffen länger als bei anderen Zytostatika sein.
Weitere Nebenwirkungen sind auf den Gastrointestinaltrakt zu erwarten (Übelkeit, Erbrechen). Hinzu kommen Haarausfall sowie Nieren-, Leber (Lomustin) und Lungentoxiziäten (Carmustin).
Die Nitrosoharnstoffe sind kanzerogen. Hochdosierte Therapien können Blasenkrebs induzieren.