Larotrectinib

Zuletzt aktualisiert am: 09.12.2024

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Definition

Larotrectinib ist ein Tropomyosin-Rezeptor-Kinase (TRK)-Inhibitor und primärer Vertreter einer relativ neuen Arzneimittelklasse, der gezielt für die Behandlung seltener Krebserkrankungen mit einer neurotrophen Tyrosin-Rezeptor-Kinase (NTRK)-Genfusion zugelassen ist (s.u. TRK-Inhibitoren).

Pharmakodynamik (Wirkung)

Larotrectinib ist ein Adenosintriphosphat (ATP)-kompetitiver und selektiver Tropomyosin-Rezeptor-Kinase (TRK)-Inhibitor. TRK-Fusionstumore entstehen aufgrund von neurotrophen Tyrosin-Rezeptor-Kinase (NTRK)-Genfusionen. Die entstehenden neuartigen chimären onkogenen Proteine werden aberrant exprimiert und führen zu einer konstitutiven Kinaseaktivitat mit Aktivierung nachgeschalteter zellulärer Signalwege, die an der Zellproliferation und am Zellüberleben beteiligt sind und zu TRK-Fusions-positiven Tumoren führen.

NTRK-Genfusionen treten mit hoher Inzidenz  beim infantilen Fibrosarkom (>90%) oder der sekretorischen Form des Mammakarzinoms (>90%) auf. Beim spitzoiden Melanom sind NTKR-Genfusionen mit einer Prävalenz von 21-29% vertreten, beim kutanen Melanom mit <1%, beim akralen und mukosalen Melanom mit 2,5%. Da für Patienten mit NTRK-Genfusionen u.a. mit Larotrectinib u.a. TRK-Inhibitoren zur Verfügung stehen, ist das Screening auf diese Genfusion klinisch umzusetzen (Forschner A et al. 2020).

In einer Studie, die 17 verschiedene Krebsarten mit NTRK-fusionen umfasste, darunter 7 Melanompatienten zeigte Larotretinib eine hohe Gesamtansprechrate von 76%, die bei 71% der Pat. >12 Monate anhielt (Drilon AE et al. 2019) . Loratrectinib zeigte eine antitumorale Aktivität bei Patienten jeden Alters (Forschner a et al. 2020) . Es scheint so zu sein, als ob sich Fusionsprotgeine und die üblichen onkogenen Treiber wie BRAF, NRAS, HRAS, GNAQ, GNA11 gegenseitig ausschließen (Solomon JP et al. 2020).

Pharmakokinetik

Resorption: Nach Gabe einer oralen Einzeldosis von 100 mg betrug die mittlere absolute Bioverfügbarkeit von Larotrectinib 34%. Maximale Plasmakonzentrationen (cmax) von Larotrectinib werden etwa 1 Stunde nach oraler Anwendung erreicht. Die Halbwertszeit (t1/2) beträgt ca. 3 Stunden und der Steady State wird innerhalb von 8 Tagen mit einer systemischen Akkumulation vom 1,6-Fachen erreicht.

Verteilung: Das mittlere Verteilungsvolumen von Larotrectinib betrug bei gesunden erwachsenen Probanden 48 l, was auf eine mittlere Verteilung aus dem Plasma in die Gewebe hindeutet. Die Plasmaproteinbindung betrug in vitro etwa 70% und war unabhängig von der Wirkstoffkonzentration.

Biotransformation: Larotrectinib wird in vitro vorwiegend durch CYP3A4/5 metabolisiert.

Elimination: Die Halbwertszeit von Larotrectinib im Plasma betrug bei Tumorpatienten, die zweimal täglich 100 mg Larotrectinib erhielten, etwa 3 Stunden. Nach oraler Einnahme von 100 mg radiomarkiertem Larotrectinib wurden 58% der verabreichten Radioaktivitat in den Fäzes und 39% im Urin wiedergefunden.

Anwendungsgebiet/Verwendung

Larotrectinib steht als orales Therapeutikum zur  Verfügung und ist seit dem 15.10.2019 als Kapsel oder Lösung mit aquivalenter oraler Bioverfügbarkeit zugelassen. Die Substanz wird als Monotherapie zur Behandlung von erwachsenen und padiatrischen Patienten mit soliden Tumoren mit einer neurotrophen Tyrosin-Rezeptor-Kinase (NTRK)-Genfusion angewendet, wenn folgende Gegebenheiten vorliegen:

  • lokal fortgeschrittene oder metastasierte Erkrankung
  • Erkrankung, bei der eine chirurgische Resektion wahrscheinlich zu schwerer Morbiditat führt
  • keine zufriedenstellenden Therapieoptionen zur Verfügung stehen
  • Fälle mit NGS-basierter Bestätigung der NTRK-Fusion(Penault-Liorca F et al. 2019)

Schwangerschaft/Stillzeit

Schwangerschaft: Bisher liegen keine Erfahrungen mit der Anwendung von Larotrectinib bei Schwangeren vor. Tierexperimentelle Studien ergaben keine Hinweise auf direkte oder indirekte gesundheitsschädliche Wirkungen in Bezug auf eine Reproduktionstoxizität. Aus Vorsichtsgründen soll eine Anwendung während der Schwangerschaft jedoch vermieden werden.

Stillzeit: Es ist nicht bekannt ob Larotrectinib oder seine Metabolite in die Muttermilch übergehen. Da ein Risiko für das Neugeborene/Kind nicht ausgeschlossen werden kann, soll das Stillen während der Behandlung und für 3 Tage nach Einnahme der letzten Dosis unterbrochen werden.

Dosierung und Art der Anwendung

Bei Erwachsenen beträgt die empfohlene Dosis 100 mg Larotrectinib zweimal täglich, bis zur Krankheitsprogression oder bis eine inakzeptable Toxizität auftritt.

Bei Kindern und Jugendlichen richtet sich die Dosierung nach der Korperoberfläche (Body Surface Area, BSA). Die empfohlene Dosis liegt hier bei 100 mg/m2 Larotrectinib zweimal täglich (maximal 100 mg pro Dosis), bis zur Krankheitsprogression oder bis eine inakzeptable Toxizität auftritt.

Unerwünschte Wirkungen

Die häufigsten Nebenwirkungen (≥ 20%) von Larotrectinib waren in absteigender Häufigkeit:

  • Fatigue (32%)
  • erhöhte ALT (31%)
  • Schwindelgefühl (30%)
  • erhöhte AST (29%)
  • Obstipation (29%)
  • Übelkeit (26%)
  • Anämie (24%)
  • Erbrechen (20%)
  • Bei 3% der behandelten Patienten wurde Larotrectinib aufgrund behandlungsbedingter Nebenwirkungen dauerhaft abgesetzt.

Wechselwirkungen

Larotrectinib ist ein Substrat von Cytochrom P450 (CYP) 3A, P-Glycoprotein (P-gp) und dem Brustkrebs-Resistenz-Protein (BCRP). Starke CYP3A-, P-gp- und BCRP-Inhibitoren können bei gleichzeitiger Anwendung die Plasmakonzentration von Larotrectinib erhöhen. Zu ihnen zählen u.a.: Atazanavir, Clarithromycin, Indinavir, Itraconazol, Ketoconazol, Nefazodon, Nelfinavir, Ritonavir, Saquinavir, Telithromycin, Troleandomycin, Voriconazol oder Grapefruit.

Starke oder moderate CYP3A- und P-gp-Induktoren wie z. B. Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin, Rifabutin, Rifampicin oder Johanniskraut können die Plasmakonzentrationen von Larotrectinib bei gleichzeitiger Anwendung erniedrigen. Die gleichzeitige Anwendung von CYP3A-Substraten mit enger therapeutischer Breite (z.B. Alfentanil, Ciclosporin, Dihydroergotamin, Ergotamin, Fentanyl, Pimozid, Chinidin, Sirolimus oder Tacrolimus) soll mit Vorsicht erfolgen. In-vitro-Studien deuten außerdem darauf hin, dass Larotrectinib ein Induktor von CYP2B6 ist. Bei gleichzeitiger Anwendung kann sich die Exposition von CYP2B6-Substraten (z. B. Bupropion, Efavirenz) vermindern.

Weiterhin kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei Anwendung  von Larotrectinib zusammen mit OATP1B1-Substraten (z.B. Valsartan, Statine) deren Exposition erhöht werden kann. Die gleichzeitige Verabreichung von Larotrectinib mit CYP2C8-, CYP2C9- oder CYP2C19-Substraten (z. B. Repaglinid, Warfarin, Tolbutamid oder Omeprazol) kann deren Exposition vermindern. Frauen, die systemisch wirkende hormonelle Kontrazeptiva anwenden, soll geraten werden, zusätzlich eine Barrieremethode zu verwenden, da nicht bekannt ist ob Larotrectinib deren Wirksamkeit vermindern kann.

Kontraindikation

Larotrectinib darf nicht bei einer bekannten Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff angewendet werden.

Hinweis(e)

Verkehrstüchtigkeit: Larotrectinib hat mäßigen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen. Unter der Anwendung kann es in den ersten 3 Behandlungsmonaten zu Schwindelgefühl und Ermüdung kommen, was einen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen haben kann.

Literatur
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  1. Drilon A (2019)  RK inhibitors in TRK fusion-positive cancers. Ann Oncol 30 Suppl 8:viii23-viii30.
  2. Forschner A et al. (2020) NTRK-Genfusionen beim Melanom: Diagnostik, Prävalenz und mögliche Therapierelevanz. J Dtsch Dermatol Ges 18:1387-1393
  3. Penault-Llorca F et al. (2019) Testing algorithm for identification of patients with TRK fusion cancer. J Clin Pathol 72: 460-467.
  4. Solomon JP et al. (2020) NTRK fusion detection across multiple assays and 33,997 cases: diagnostic implications and pitfalls. Mod Pathol 33:38-46
  5. Yang JCH et al. (2022) Rationale and design of ON-TRK: a novel prospective non-interventional study in patients with TRK fusion cancer treated with larotrectinib. BMC Cancer 22:625.

Weiterführende Artikel (3)

NTRK1-Gen; NTRK-Fusionsgene; TRK;
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