LaktoseintoleranzE73.9

Autor:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

Co-Autor:Dr. Gunther Jacoby

Alle Autoren dieses Artikels

Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

This article in english

Synonym(e)

Lactase-Mangelsyndrom; Lactose-intolerance; Lactoseintoleranz; Laktose-Belastungstest; Laktoseintoleranz; Laktose-Intoleranz; Laktosemalabsorption; Milchzucker-Unverträglichkeit

Kostenlose Fachkreis-Registrierung erforderlich

Bitte melden Sie sich an, um auf alle Artikel, Bilder und Funktionen zuzugreifen.

Unsere Inhalte sind ausschließlich Angehörigen medizinischer Fachkreise zugänglich. Falls Sie bereits registriert sind, melden Sie sich bitte an. Andernfalls können Sie sich jetzt kostenlos registrieren.


Kostenlose Fachkreis-Registrierung erforderlich

Bitte vervollständigen Sie Ihre Pflichtangaben:

E-Mail Adresse bestätigen
oder
Fachkreisangehörigkeit nachweisen.

Jetzt abschließen

Definition

Milchzuckerunverträglichkeit, bei der ein Bestandteil der Milch, die Laktose (= Milchzucker), Unverträglichkeiten hervorruft. Der Schweregrad ist individuell sehr unterschiedlich und davon abhängig, ob die Lactase (Milchzucker spaltendes Enzym auch Laktase-Phlorizin-Hydrolase genannt, eine β-d-Galaktosidase) völlig fehlt oder noch eine Restfunktion ausübt.

Einteilung

Primärer Lactasemangel (selten). Abhängig vom Zeitpunkt der Manifestation werden zwei Formen unterschieden:
  • Neonataler Lactasemangel: Hereditäre, sehr seltene Stoffwechselkrankheit mit klinischer Symptomatik bereits beim Stillen.
  • Primär erworbener (physiologischer) Lactasemangel: Manifestation, wenn die produzierte Lactasemenge im Laufe des Lebens abnimmt. Diese Form ist weltweit weit verbreitet und manifestiert sich meist im Erwachsenenalter.
Sekundärer Lactasemangel: Lactasemangel als Begleiterscheinung anderer Erkrankungen wie z.B. Zoeliakie, Enteritis regionalis (M. Crohn), Colitis ulcerosa sowie Z.n. Magen- oder Darmoperationen. Wenn die auslösende Erkrankung abgeheilt ist, kann auch wieder ausreichend Lactase gebildet werden.

Vorkommen/Epidemiologie

Weltweit, aber regional unterschiedlich verbreitet. Die Mehrzahl der Weltbevölkerung (ca. 90%) kann Milchzucker nach dem Säuglingsalter nicht mehr vollständig verwerten. In asiatischen Ländern z.B. fehlt den meisten Menschen die Lactase, das Enzym zur Spaltung des Milchzuckers. Daher findet man in diesen Regionen auch keine Milch oder Käseprodukte auf dem Speiseplan. In Mitteleuropa leiden ca. 10-20% der Durchschnittsbevölkerung an einer Laktoseintoleranz; in Nordeuropa ca. 2%; schwarze Bevölkerung bis 80%.

Ätiopathogenese

Ursache des primären Laktasemangels sind Mutationen auf dem langen Arm des Chromsoms 2 (2q21) im Regulator des Laktase-Gens.

Der sekundäre (erworbene) Laktasemangel tritt bei Zöliakie und anderen Dünndarmerkrankungen auf.  

Fehlen bzw. unzureichende Produktion des Verdauungsenzyms Lactase (Vorkommen im Dünndarm). Hinweis: Lactase ist notwendig, um Milchzucker in seine Einzelbestandteile (Glukose + Galaktose) zu spalten. Wird Laktose nicht abgebaut, so gelangen größere Mengen in untere Darmabschnitte. Sie dienen dort den Bakterien als Nährsubstrat. Folge: Vergärung des Milchzucker mit Entstehung großer Mengen an Gasen (CO2 + H2) und organischen Säuren (kurzkettige Fettsäuren).

 

Klinisches Bild

Gastrointestinale Störungen mit Bauchschmerzen, Koliken, Völlegefühl, Blähungen, Durchfall, Übelkeit.

Diagnose

Anamnese (Ernährungstagebuch) mit dem klinischen Bezug zwischen Laktose-Einnahme und klinischer Symptomatik. 

Oraler Milchzuckerbelastungstest (Laktose-Belastungstest) mit 50 g Milchzucker. Wird die Lactose im Dünndarm nicht ausreichend resorbiert, kann dies mit zwei Methoden nachgewiesen werden:

  • Blutzuckertest: Nach Gabe von 50g gelöster Laktose in 400 ml Wasser kommt es zu einem fehlenden oder zu geringen Blutzuckeranstieg (Blutzuckeranstieg < 20 mg/100 ml Blut). Messungen nach 30,60,90 und 120 Min.  
  • H2-Atemtest:  Besteht ein relevanter Laktasemangel passiert Laktose den Dünndarm und wird anschliessend im Colon bakteriell abgebaut, dabei entsteht H2, der zu 10-20% resobiert wird und über die Lunge ausgeschieden wird. 
    Ein Anstieg des H2 >20ppm bei 50 g Laktose gilt als pathologisch.
     

Differentialdiagnose

Komplikation(en)

Da Milchprodukte Hauptlieferanten des Kalziums sind, Gefahr der Osteoporose. Bei Vegetariern, deren Haupt-Eiweißlieferant meist Milch- und Milchprodukte darstellen, zusätzliche Gefahr eines Eiweißmangels.

Therapie

Karenzkost! Mit landesüblicher Kost werden etwa 20-30 g Lactose zugeführt. Möglichkeit der medikamentösen Therapie mit Lactase (Tbl. und Tropfen). Laktase wird auch seit einigen Jahren als Nahrungsmittelergänzung frei verkäuflich angeboten (In sehr seltenen Fällen werden Lactaseallergien beschrieben), die vor den Mahlzeiten eingenommen werden.

Prophylaxe

Reduzierung bzw. Meidung von Milch und Milchprodukten, s. Tabelle 1.

Tabellen

Lebensmittel

Lactosegehalt in g/100 g Lebensmittel

Magermilch- u. Trockenmilchprodukte

Frischmilch, H-Milch

4,8-5,0

Milchpulver

38,0-51,5

Molke, Molkegetränke

2,0-5,2

Dickmilch

3,7-5,3

Frucht-Dickmilch

3,2-4,4

Joghurt

3,7-5,6

Joghurtzubereitungen

3,5-6,0

Kefir

3,5-6,0

Buttermilch

3,5-4,0

Sahneprodukte

Sahne, Rahm (süß, sauer)

2,8-3,6

Creme fraiche, Creme double

2,0-4,5

Kaffeesahne (10-15% Fett)

3,8-4,0

Kondensmilch (4-10% Fett)

9,3-12,5

Butterprodukte

Butter

0,6-0,7

Butterschmalz

0

Eis/Desserts

Desserts, Fertigprodukte wie Pudding, Milchreis

3,3-6,3

Eiscreme

5,1-6,9

Sahneeis

1,9

Quark/Käse

Magerquark

4,1

Rahmfrischkäse

3,4-4,0

Quark (10-70% Fett i.Tr.)

2,0-3,8

Schichtkäse (10-50% Fett i.Tr.)

2,9-3,8

Hüttenkäse

2,6

Frischkäse (10-70% Fett i.Tr.)

2,0-3,8

Schmelzkäse (10-70% Fett i.Tr.)

2,8-6,3

Kochkäse (0-45% Fett i.Tr.)

3,2-3,9

Hart-, Schnitt- und Weichkäse

lactosefrei bzw. geringe Mengen

Hinweis(e)

Informationen über eine ausgewogene Ernährung sind u.a. erhältlich über: Deutscher Allergie- und Asthmabund e.V. (DAAB) sowie die Deutsche Haut- und Allergiehilfe.

Literatur

  1. Laukkanen A et al. (2007) Lactase-induced occupational protein contact dermatitis and allergic rhino-conjunctivits. Contact Dermatitis 57: 89-93
  2. Patel YT et al. (2000) Lactose intolerance: diagnosis and management. Compr Ther 26: 246-250
  3. Pfefferkorn MD et al. (2002) Lactase deficiency: not more common in pediatric patients with inflammatory bowel disease than in patients with chronic abdominal pain. J Pediatr Gastroenterol Nutr 35: 339-343
  4. Segal E et al. (2003) Bone density in axial and appendicular skeleton in patients with lactose intolerance: influence of calcium intake and vitamin D status. J Am Coll Nutr 22: 201-207
  5. Solomons NW (2002) Fermentation, fermented foods and lactose intolerance. Eur J Clin Nutr 56: S50-55
  6. Swagerty DL Jr et al. (2002) Lactose intolerance. Am Fam Physician 65: 1845-1850
  7. Ugidos-Rodríguez S  et al.(2018) Lactose malabsorption and intolerance: a review. Food Funct 9:4056-4068.
  8. Vonk RJ et al. (2003) Lactose intolerance: analysis of underlying factors. Eur J Clin Invest 33: 70-75

Autoren

Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024