Histaminfreisetzungstest

Autor:Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 22.08.2024

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Erstbeschreiber

Histamin (HA) wurde erstmals im Jahre 1907 synthetisiert. Sir Henry Dale entdeckte kurz danach die kontrahierende Wirkung des Histamins auf die glatte Muskulatur und seine blutdrucksenkende Eigenschaft (Aktories 2017).

Im Jahre 1927 gelang es erstmals, Histamin im Leber- und Lungengewebe nachzuweisen, anschließend auch im Nierengewebe (Aktories 2017).

In den 1930er- Jahren wurden die ersten Hemmstoffe der Histamin- Wirkung entwickelt. Man bezeichnete diese als „Antihistaminika“. Sie hemmen als sog. Histamin- H1- Rezeptor- Antagonisten jedoch lediglich einen Teil der Histamin- Wirkung (Aktories 2017).

Sir James Black und seine Mitarbeiter führten 1972 zur Charakterisierung des zweiten Histamin- Subtyps. Dadurch konnten zahlreiche Antagonisten entwickelt werden, die H1- und H2- Rezeptoren blockierten (Aktories 2017).

Der H3- Rezeptor wurde erst im Jahre 1999 identifiziert.

2011 konnte ein modifizierter H1- Rezeptor im Komplex mit dem Antagonisten Doxepin entwickelt werden (Aktories 2017).

Definition

Histamin stellt einen weit verbreiteten Naturstoff dar, der als Neurotransmitter wirksam werden kann. Im menschlichen Körper ist er ubiquitär vorhanden und kommt in besonders hohen Konzentrationen in Haut, Lunge und Gastrointestinaltrakt vor (Aktories 2017).

Allgemeine Information

Freisetzung und Speicherung von Histamin

Die Mastzellen spielen bei der Histaminfreisetzung eine wichtige Rolle, da diese den Hauptspeicherort des Histamins darstellen und gleichzeitig verfügen die Mastzellen auch noch über eigene Histamin- Rezeptoren, die das Histamin aktivieren oder blockieren können (Schoebel 2019).

 

Die verschiedenen Histamin- Rezeptoren haben unterschiedliche Wirkung auf Organe und Gewebetypen:

- H1- Rezeptoren:

Diese bewirken z. B. eine Erweiterung der Blutgefäße und eine Engstellung der Bronchien

- H2- Rezeptoren:

Sie verursachen z. B. eine vermehrte Bildung von Magensaft und können Herztachykardien sowie Herzrhythmusstörungen auslösen (Schoebel 2019).

- H3- Rezeptoren

Diese befinden sich auf den Nervenzellen des zentralen und peripheren Nervensystems. Sie regeln den Wach- Schlaf- Rhythmus und den Energielevel. Sie sind außerdem in der Lage, eine weitere Histamin- Ausschüttung zu drosseln (Storr 2022).

- H4- Rezeptoren

Dieser befindet sich hauptsächlich auf den Zellen des Immunsystems und den Zellen des blutbildenden Systems (Storr 2022).

 

Abbau von Histamin

Der Abbau von Histamin erfolgt über die Enzyme Diaminooxidase und Histamin- N- Methyltransferase. Bei genetisch bedingtem Mangel an diesen Enzymen wird Histamin nur vermindert gebildet bzw. die Wirkung durch Nahrungsmittel blockiert, so dass es zu Symptomen eines Histaminüberschusses kommt (Schoebel 2019).

 

Wirkung des Histamins

Histamin stellt einen wichtigen Bestandteil des Immunsystems dar. Es kann die Durchblutung steigern und die Durchlässigkeit der Blutgefäße erhöhen (Schoebel 2019).

Es spielt außerdem eine Rolle bei der Regulierung des Schlaf- Wach- Rhythmus und einer Reihe anderer physiologischer Prozesse, wie z. B. Ernährung, Kognition, motorische Kontrolle, als primärer Transmitter für visuelle Eingaben. Zusätzlich beeinflusst Histamin auch pathologische Prozesse . im zentralen Nervensystem, wie z. B. bei allergischen Reaktionen einschließlich der Anaphylaxie, der Migräne, Epilepsie, Tourette- Syndrom, Narkolepsie etc. (Dong 2023).

 

Auslöser der Histamin- Ausschüttung

Die Auslöser einer Histamin- Ausschüttung sind zahlreich. Insbesondere zählen dazu:

- Verschiedene Nahrungsmittel

- Verschiedene Getränke, u. a. a. Alkohol

- Hitze, Kälte, aber auch plötzliche Änderung der Temperatur

- Sonnenlicht

- Mechanische Irritationen

- Physischer Stress wie z. B. Schmerzen, Umweltgifte, Wetterwechsel, Tierhaare, Pollen etc.

- Emotionaler Stress

- Körperliche Anstrengung

- Natürliche und chemische Gerüche wie z. B. Parfüm

- Erschöpfung

- Gifte wie z. B. das der Bienen, Wespen, Schlangen, beißenden Insekten, Spinnen, Quallen, Ameisen

- Virale, bakterielle oder fungizide Infektionen

- Medikamente wie z. B. NRSA, Antibiotika, Opioide, Kontrastmittel, Lokalanästhetika (Schoebel 2019)

 

Histamin- Freisetzungstest

Hierbei wird verdächtigen Allergenen in vitro eine Suspension von Leukozyten zugegeben und anschließend die Histaminfreisetzung gemessen. Der Test findet Anwendung bei der Allergiediagnostik z. B. beim Asthma bronchiale (Herold 2022).

Inzwischen wurde von Dong et al (2023) GRAB- HA- Sensoren vorgestellt, die die Histaminfreisetzung sowohl in vitro als auch in vivo messen können. Diese Sensoren zeigen eine hohe Spezifität und Sensitivität. Durch die Sensoren konnte außerdem nachgewiesen werden, dass bestimmte Hirnregionen unterschiedliche Muster der Histamin- Kinetik aufweisen.

Pathophysiologie

Histamin entsteht durch Decarboxylierung der semi- essentiellen Aminosäure L- Histidin mittels Histidin- Decarboxylase. Die Speicherung erfolgt in erster Linie in Mastzellen, aber auch in Leukozyten und Thrombozyten.

Der Histamingehalt im Blut liegt bei bis zu 1 ng / ml, der im Plasma deutlich niedriger. Im anaphylaktischen Schock z. B. kann der Histamingehalt im Plasma jedoch auf das 100- fache ansteigen (Aktories 2017).

 

Bei einem Anstieg des Histamins können verschiedene Faktoren wirksam werden:

Allergie vom Typ I:

Bei einer allergisch verursachten Histaminfreisetzung vom Typ I werden die an die Rezeptoren der Mastzellen gebundenen IgE- Moleküle brückenartig durch das Antigen gebunden. Es kommt zu einer Sofortreaktion mit Bildung von Quaddeln und Juckreiz (Aktories 2017).

 

Alle anderen Allergieformen, Endotoxinschock, Entzündungen, Verbrennungen:

Bei allen anderen Formen kommt es insbesondere in der Frühphase zu einer Mastzellaktivierung und Histaminfreisetzung. Dies geschieht durch Aktivierung der Spaltprodukte des Kompliments und basischen Inhaltsstoffen aus zerfallenden Leukozyten (Aktories 2017).

 

Histaminfreisetzung durch Histaminliberatoren:

Auch andere basische Stoffe können die Gewebsmastzellen aktivieren und dadurch Histamin freisetzen. Dazu zählen z. B. einige Bienen- und Wespengifte, aber auch verschiedene Medikamente. Der Wirkmechanismus unterscheidet sich hierbei von der IgE- vermittelten Reaktion. Die basischen Liberatoren aktivieren auf bislang ungeklärte Weise in der Mastzellmembran das G- Protein Gi, was letztlich zu einer Phospholipase führt und über eine Signaltransduktion zu einer Exozytose.

Insbesondere nach einer i. v.- Injektion kann es schlagartig zum Blutdruckabfall, krampfartigen abdominellen Schmerzen oder einem Asthmaanfall kommen (Aktories 2017).

 

Zu den basischen Histaminliberatoren zählen:

- die körpereigenen Substanzen: Anaphylatoxine, Bradykinin, Substanz P.

- zu den Bienen- und Wespengiften: Mastzellen degranulierendes Peptid, Mastoparan

- zu den Pharmaka: Muskelrelaxantien (Alcuronium und Suxamethonium), Analgetika (Codein, Morphin, Pethidin), Chemotherapeutika (Chloroquin)

(Aktories 2017)

 

Die Ausscheidung der Metaboliten des Histamins erfolgt über den Urin. Diese Metaboliten lassen sich vermehrt nachweisen bei:

- Akuten allergischen Erkrankungen

- Pathologischer Mastzellvermehrung in der Haut (z. B. im Rahmen einer Urticaria pigmentosa)

- Karzinoidsyndrom

- Ausgedehnten Verbrennungen der Haut

- Systemischer Mastozytose (Aktories 2017).

Literatur

  1. Aktories K, Förstermann U, Hofmann F, Starke K (2017) Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie.  Elsevier Urban und Fischer Verlag 125, 181 – 183
  2. Dong H, Li M, Yan Y, Qian T, Lin Y, Ma X, Vischer H F, Liu C, Li G, Wang H, Leurs R, Li Y (2023) Genetically encoded sensors or measuring histamine release both in vitro and in vivo. Neurosource 111 (10) 1564 - 1576
  3. Herold G et al. (2022) Innere Medizin. Herold Verlag 364,
  4. Kasper D L, Fauci A S, Hauser S L, Longo D L, Jameson J L, Loscalzo J et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education
  5. Schoebel F C (2019) Histamin – Freisetzung, Funktion und Abbau im Körper. Doi: https://www.cardiopraxis.de/histamin-freisetzung-funktion-und-abbau-im-koerper/
  6. Storr M (2022) Sofortratgeber Histaminintoleranz: Verstehen, erkennen, behandeln – so wird’s gemacht. Digesta Verlag München 22

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