Erstbeschreiber
Als Ursache für die „Torsade de pointes“, die u. a. durch Elektrolytstörungen in Form einer Hypokaliämie bzw. Hypomagnesiämie entsteht, vermutete der Erstbeschreiber Desertenne 1966 bereits eine bifokale Genese (Lüderitz 1993).
Definition
Unter Elektrolyte versteht man Salze, die in Ionenform – je nach elektrischer Ladung - als Anionen oder Kationen vorliegen und stets in wässrigem Milieu gelöst sind (Heintze 2016). Elektrolyte sind Träger des osmotischen Drucks (Gründer 2019).
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Allgemeine Information
Elektrolyte sind stets im Körperwasser gelöst. Der Wassergehalt beträgt bei Männern 60 % des KG, bei Frauen 50 % des KG und bei Säuglingen 75 % des KG.
Das Körperwasser wird unterteilt in:
- 1. Extrazelluläre Flüssigkeit (ECF):
Diese macht ca. 20 % KG aus. Sie umfasst die
- intravasale Flüssigkeit (IVF), die ca. 5 % KG ausmacht und die
- interstitielle Flüssigkeit (ISF), die ca. 15 % KG umfasst (Herold 2022).
IVF und ISF sind durch die Kapillarwand der Blutgefäße voneinander getrennt (Külpmann 1997).
In der ECF finden sich überwiegend Na +, CL – und Bikarbonat (HCO 3 -). Bei der IVF und der ISF ergeben sich durch den unterschiedlichen Eiweißgehalt geringe Ionenverschiebungen, wobei nach dem Gibbs- Donnan- Mechanismus das eiweißreiche Blutplasma etwas mehr Cl - enthält als die
eiweißarme interstitielle Flüssigkeit (Herold 2022).
- 2. Intrazelluläre Flüssigkeit (ICF):
Die ICF umfasst ca. 40 % KG. Hier finden sich in erster Linie Kalium (K +) und Phosphatester (HPO 4 - ). (Herold 2022)
Aufgaben der Elektrolyte allgemein:
- Auslösung von Aktionspotentialen
- Pufferfunktion des Plasmas
- Aufrechterhaltung des Gleichgewichts im Säure- Basen- Haushalt (Gründer 2019)
Die Bestimmung der Elektrolyte zählt zu den Standarddiagnoseverfahren in der Humanmedizin, da Abweichungen der Normwerte pathophysiologische Veränderungen in den Organen einerseits widerspiegeln und andererseits auch selbst auslösen können (Gründer 2019).
Bei einigen Elektrolyten hat die physiologische Konzentration nur eine geringe Schwankungsbreite (Gründer 2019).
Klassische Notfallsituationen können durch Verschiebungen der Elektrolyte ausgelöst werden durch z. B.:
- Hyperkaliämie
- Hyperkalziämie
- Hyponatriämie (Menche 2020)
Im gesamten Körper, gelöst in extra- und intrazellulärer Flüssigkeit, finden sich die Elektrolyte. Zu ihnen zählen z. B.:
1. Na +:
Das wichtigste Ion des Extrazellulärraums ist Natrium (Scholz 2013). Es reguliert den Wasserhaushalt. Von daher sind Störungen des Natriums eng mit Störungen des Wasserhaushaltes verknüpft (Ziegenfuß 2014). Veränderungen wirken sich z. B. auf das Renin- Angiotensin- Aldosteron- System (RAAS) aus (Gründer 2019).
1. 1 Natriummangel:
- Symptome können sein:
- bei sich langsam entwickelnder Hyponatriämie: asymptomatisch
- bei sich rasch entwickelnder:
- Nausea
- Unwohlsein
- neurologische Störungen wie z. B. Kopfschmerzen, Krampfanfälle, Benommenheit bis hin zum Koma (Schoenenberger 2009)
- Verursacht durch z. B.: Ursache der Hyponatriämie ist eine Störung der renalen Wasserausscheidung und / oder eine erhöhte Zufuhr von Wasser wie man sie z. B. findet beim:
1. 2.Natriumüberschuss:
- Symptome können sein:
- Apathie
- Schwäche
- Krampfanfälle
- Trübung des Bewusstseins bis hin zum Koma (Schoenenberger 2009)
- Verursacht durch z. B.:
- Diabetes insipidus
- Fieber
- starkes Schwitzen (Menche 2020)
2. K +:
Kalium ist das quantitativ bedeutendste Kation. Im Extrazellulärraum befinden sich lediglich 2 %, die restlichen 98 % liegen im Intrazellulärraum. Die Elimination erfolgt zu ca. 90 % über die Niere, zu ca. 10 % über den Gastrointestinaltrakt und in geringem Ausmaß über das Schwitzen (Scholz 2013). Störungen im Bereich des Kaliumhaushaltes sind stets eng mit Störungen der pH- Regulation verbunden (Ziegenfuß 2014).
K + ist in erster Linie wichtig für den Herzmuskel, da es für die korrekte Repolarisation in den Kardiomyozyten sorgt und außerdem der Aufrechterhaltung des Ruhemembranpotentials dient. Eine Veränderung der Kaliumkonzentration kann zu schweren Herzrhythmusstörungen führen (Gründer 2019).
Veränderungen wirken sich z. B. auf das Renin- Angiotensin- Aldosteron- System (RAAS) aus (Gründer 2019)
2. 1 Kaliummangel:
- Symptome können sein:
- Müdigkeit
- Apathie
- Obstipation
- Rhabdomyolyse
- Tetanie
- Muskelkrämpfe
- Muskelschwäche bis hin zur Paralyse mit Atemlähmung (Schoenenberger 2009)
- Ursachen durch z. B.:
- Erbrechen
- Diarrhoe
- Diuretika
- Laxantien
- primärer und sekundärer Hyperaldosteronismus
- primäre Polydipsie mit Polyurie (Schoenenberger 2009)
2. 2 Kaliumüberschuss:
Zu einem lebensgefährlichen Kaliumüberschuss kann es praktisch nur kommen bei massiver exogener Kaliumzufuhr oder durch eine mangelnde Elimination des Kaliums (Schoenenberger 2009).
- Symptome können sein:
- Muskelschwäche
- bei Polyradikulitis aufsteigende Lähmung
- pelziges Gefühl im Bereich der Zunge
- Parästhesien perioral
- Herzrhythmusstörungen bis hin zum Kammerflimmern und Asystolie (Schoenenberger 2009)
- Ursachen durch z. B.:
- Nierenfunktionsstörung (Menche 2020)
- starker Zellzerfall
- medikamentös bedingt durch z. B. kaliumsparende Diuretika, Beta- Blocker, Succinylcholin (Ziegenfuß 2014).
- Insulinmangel
- Hyperglykämie
- Digitalisintoxikation
- Hypoaldosteronismus (Schoenenberger 2009)
3. Ca 2 +:
Calcium ist das im Körper am meisten vorkommende Mineral. (Scholz 2013)
Es spielt eine wichtige Rolle bei der neuromuskulären Erregungsübertragung (Kirschbaum 2008) wie z. B. bei Muskelkontraktionen und der kardialen Kontraktilität (Scholz 2013). Außerdem sorgt es für die Knochenfestigkeit (Menche 2020).
Calcium (und Phosphate) bewirken bei einer Überschreitung des Normbereiches schwer lösliche Salze, die die Gelenke schädigen können (Gründer 2019).
3.1 Calciummangel:
- Symptome können sein:
- Parästhesien im Bereich der Akren und perioral
- quergestreifte Muskulatur kann schmerzhafte tonische Kontraktionen entwickeln
- glatte Muskulatur kann äquivalent reagieren
- extrapyramidale Symptome mit Hypo- und Hyperkinesien
- Krampfanfälle
- Panikattacken (Schoenenberger 2009)
- Ursachen können z. B. sein:
- Parathormonmangel
- Vit. D- Hormonmangel
- Hyperventilation
- Diuretika (Menche 2020)
- Gewebesequestation bei Rhabdomyolyse, Tumorlyse, Pankreatitis (Schoenenberger 2009)
3. 2 Calciumüberschuss
- Symptome können sein:
- Apathie, Somnolenz bis hin zum Koma
- Erbrechen
- Müdigkeit
- Muskelschwäche
- Polyurie
- Hypertonie
- Tachykardien (Schoenenberger 2009)
- Ursachen durch z. B.:
- primärer Hyperparathyreoidismus
- bei einigen Malignomen wie z. B. Mamma-, Prostata-, Bronchialkarzinom, multiples Myelom
- Vitamin- D- Intoxikation (Schoenenberger 2009)
4. Mg 2 +:
Magnesium ist neben Kalium das häufigste intrazelluläre Mineral. Es besitzt eine membranstabilisierende Wirkung und wird außerdem benötigt für das Ein- und Ausströmen von Kalium, Natrium und Kalzium in bzw. aus der Zelle (Scholz 2013).
4. 1 Magnesiummangel
Durch einen Mangel wird das Parathormon gehemmt. Von daher geht ein Magnesiummangel oftmals mit einer Hypokalzämie einher
- Symptome können sein:
- Abgeschlagenheit, Schwäche
- Anorexie
- kardiale Arrhythmien
- neuromuskuläre Störungen (Gerok 2007)
- Mögliche Ursachen z. B.:
- Mangelernährung
- während der Schwangerschaft (Menche 2020)
- Herzrhythmusstörungen (Lüderitz 1993).
4. 2 Magnesiumüberschuss
- Symptome können sein:
- Übelkeit, Erbrechen
- Obstipation
- Muskelschwäche
- Vasodilatation mit Blutdruckabfall
- Atemlähmung
- Herzstillstand (Gerok 2007)
- Mögliche Ursachen können sein:
- akute und chronische Niereninsuffizienz (Menche 2020)
- gesteigerte Zufuhr durch z. B. Antazida, Laxantien
- endokrine Erkrankungen wie z. B.
- Hypothyreose
- Addison- Krankheit (Gerok 2007)
5. HPO 4 -
Phosphate (und Ca 2+) bewirken bei einer Überschreitung des Normbereiches schwer lösliche Salze, die die Gelenke schädigen können (Gründer 2019).
5. 1 Phosphatmangel:
- Symptome können sein:
- Zeichen einer akuten Herzinsuffizienz
- Arrhythmien
- Verwirrtheit
- epileptiforme Krampfanfälle
- Parästhesien
- Lähmungen der Hirnnerven (Hartig 2004)
- Verursacht durch z. B.:
- bei bestimmten Nierenerkrankungen
- Fehlernährung bei Alkoholikern (Menche 2020)
- Anorexia nervosa
- primärer Hyperparathyreoidismus
- paraneoplastisches Syndrom
- Z. n. Nierentransplantation (Hartig 2004)
5. 2 Phosphatüberschuss
- Symptome können sein:
- Hypokalzämie und extraossäre Weichteilverkalkungen durch Bildung schwer löslicher Kalzium- Phosphatbindungen
- Schmerzen in den Gelenken (Külpmann 2013)
- Verursacht durch z. B.:
- Niereninsuffizienz (Hauptverursacher [Hartig 2004])
- Hormonstörungen (Menche 2020)
- Hypoparathyreoidismus (PTH- Mangel)
- Akromegalie
- Vit.- D- Intoxikation (Hartig 2004)
Zur Elektrolyte gehören außerdem:
- CL -
- HCO 3 -
- SO 4 - (Halwachs- Baumann 2011)
- Fe 2 +
- Fe 3 + (Gründer 2019)
Vorkommen
Zu notfallmäßigen Problemen führt am häufigsten die Entgleisung des Kaliumhaushaltes. Probleme mit dem Kalzium- und Magnesiumhaushalt können ebenfalls lebensbedrohliche Notfälle hervorrufen, treten aber deutlich seltener auf (Ziegenfuß 2014).
Pathophysiologie
Durch die ungleichmäßige Verteilung der Elektrolyte im intra- bzw. extrazellulären Raum entsteht eine elektrische Spannung, auch elektrisches Potential genannt. Die Funktion von Muskel- und Nervenzellen beruht auf der Erzeugung von elektrischen Potentialen, ebenso die Reize aus Sinnesorganen, die elektrische Signale ins Gehirn leiten (Lauber 2017).
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
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