Synonym(e)
Definition
Acalabrutinib, auch bekannt als ACP-196, ist ein oral verfügbarer, selektiver Inhibitor der Bruton-Tyrosinkinase (BTK) mit potenziell antineoplastischer Wirkung (BTK ist eine zytoplasmatische Nicht-Rezeptor-Tyrosinkinase, die Signale von einer Vielzahl von Zelloberflächenmolekülen weiterleitet).
Nach Verabreichung hemmt Acalabrutinib die Aktivität der BTK und verhindert die Aktivierung des B-Zell-Antigenrezeptor (BCR)-Signalwegs. Dadurch wird sowohl die B-Zell-Aktivierung als auch die BTK-vermittelte Aktivierung nachgeschalteter Überlebenswege verhindert. Dies führt zu einer Hemmung des Wachstums von malignen B-Zellen, die Bruton-Tyrosinkinase (BTK) überexprimieren. BTK, ein Mitglied der src-verwandten BTK/Tec-Familie zytoplasmatischer Tyrosinkinasen, wird in malignen B-Zellen überexprimiert; sie spielt eine wichtige Rolle bei der Entwicklung, Aktivierung, Signalübertragung, Proliferation und dem Überleben von B-Lymphozyten.
Acalabrutinib (Calquence®) konnte im 4 Jahres Follow-up der ELEVATE TN(2) mit starker Wirksamkeit überzeugen. Zudem zeigten sich in der Studie ELEVATE RR(3) im Direktvergleich mit Ibrutinib signifikant niedrigere Raten an Vorhofflimmern und Bluthochdruck. Die Daten wurden auf dem ASCO 2021 präsentiert. Acalabrutinib zeigte bereits in präklinischen Studien einen Vorteil bei der Selektivität: Der BTKi bindet das Target-Molekül im Vergleich zu Ibrutinib noch selektiver und beeinflusst dadurch kaum Signalwege verwandter Kinasen. Vermutlich ist dies die Begründung für das andersartige Nebenwirkungsprofil, das sich in Zulassungsstudien sowie im Direktvergleich zeigte.
Pharmakodynamik (Wirkung)
Die Studie ELEVATE RR verglich die beiden zugelassenen BTKi bei Patienten mit vorbehandelter CLL und Hochrisikofaktoren. Der primäre Endpunkt, die Nicht-Unterlegenheit im PFS (Progression free survival), wurde erreicht. Das mediane PFS betrug in beiden Behandlungsarmen 38,4 Monate nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 40,9 Monaten. Im ersten Head-to-Head-Studienvergleich mit Ibrutinib, der Studie ELEVATE RR3, konnte Acalabrutinib mit einem differenzierten kardiovaskulären Sicherheitsprofil überzeugen. Insbesondere die Rate an Vorhofflimmern war signifikant reduziert. Auch bei weiteren unerwünschten Ereignissen wie Bluthochdruck oder Blutungen wurden unter Acalabrutinib signifikant weniger Ereignisse beobachtet. Unter Acalabrutinib führten 14,7 % der UAWs zu einem Studienabbruch, während es unter Ibrutinib 21,3 % waren.
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Anwendungsgebiet/Verwendung
Die Behandlungen werden in 28-tägigen Zyklen verabreicht. Um infusionsbedingte Reaktionen zu verringern, wird Acalabrutinib einen Zyklus lang vor Obinutuzumab verabreicht.
Die Zulassung des Präparates beruhte auf mehreren Studien.
In einer größeren Studie an 535 Patienten (Sharman JP et al. 2020) erhielten
- 179 Patienten Acalabrutinib-Obinutuzumab
- 179 Patienten erhielten eine Acalabrutinib-Monotherapie
- 177 Patienten erhielten Obinutuzumab-Chlorambucil.
Bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 28-3 Monaten (IQR 25-6-33-1) war das mediane progressionsfreie Überleben mit Acalabrutinib-Obinutuzumab und Acalabrutinib-Monotherapie länger als mit Obinutuzumab-Chlorambucil (Median nicht erreicht mit Acalabrutinib und Obinutuzumab gegenüber 22-6 Monaten mit Obinutuzumab, Hazard Ratio [HR] 0-1; 95% CI 0-06-0-17, p<0-0001; und nicht erreicht mit Acalabrutinib-Monotherapie vs. 22-6 Monate mit Obinutuzumab, 0-20; 0-13-0-3, p<0-0001). Das geschätzte progressionsfreie Überleben nach 24 Monaten lag bei 93% mit Acalabrutinib-Obinutuzumab (95% CI 87-96%), 87% mit Acalabrutinib-Monotherapie (81-92%) und 47% mit Obinutuzumab-Chlorambucil (39-55%).
In der ASCEND-Studie war nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 16,1 Monaten war das mediane Progressionsfrei Überleben (PFS) unter Acalabrutinib-Monotherapie signifikant länger als unter der Therapie nach Wahl des Prüfarztes (16,5 Monate). Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse traten bei 29 % der Patienten (n = 44 von 154) auf, die mit Acalabrutinib-Monotherapie behandelt wurden, bei 56 % (n = 66 von 118) mit I-R und bei 26 % (n = 9 von 35) mit B-R. Todesfälle traten bei 10 % (n = 15 von 154), 11 % (n = 13 von 118) bzw. 14 % (n = 5 von 35) der mit Acalabrutinib-Monotherapie, I-R bzw. B-R behandelten Patienten auf. Acalabrutinib verbesserte das PFS im Vergleich zu I-R oder B-R signifikant und hat ein akzeptables Sicherheitsprofil bei Patienten mit R/R CLL (Ghia Pet al. 2020).
Zusammenfassend verbesserte Acalabrutinib mit oder ohne Obinutuzumab das progressionsfreie Überleben signifikant gegenüber einer Obinutuzumab-Chlorambucil-Chemoimmuntherapie und bot eine chemotherapiefreie Behandlungsoption mit einem akzeptablen Nebenwirkungsprofil, das mit früheren Studien übereinstimmte. Diese Daten unterstützen den Einsatz von Acalabrutinib in Kombination mit Obinutuzumab oder allein als neue Behandlungsoption für Patienten mit therapienaiver symptomatischer chronischer lymphatischer Leukämie (Sharman JP et al. 2020).
Indikation
Acalabrutinib (Calquence®) ist zugelassen: als Monotherapie oder in Kombination mit Obinutuzumab zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit nicht vorbehandelter chronischer lymphatischer Leukämie (CLL)
als Monotherapie zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit chronischer lymphatischer Leukämie (CLL), die mindestens eine Vorbehandlung erhalten haben
Acalabrutinib ist für die Anwendung als Erstlinientherapie zugelassen und wird in der neuen Onkopedia-Leitlinie für alle Therapiesegmente empfohlen, unabhängig von Alter oder genetischen Risikofaktoren.
Unerwünschte Wirkungen
Die häufigste UAW von Grad 3 oder höher in allen Gruppen war eine Neutropenie 30% von 178 Patienten in der Acalabrutinib-Obinutuzumab-Gruppe, 9 % von 179 Patienten in der Acalabrutinib-Gruppe und 41 % von 169 Patienten in der Obinutuzumab-Chlorambucil-Gruppe. Infusionsreaktionen aller Schweregrade traten in der Acalabrutinib-Obinutuzumab-Gruppe mit 13% seltener auf als in der Obinutuzumab-Chlorambucil-Gruppe (40 %). Infektionen des Grades 3 oder höher traten bei 21 % der Patienten auf, die Acalabrutinib-Obinutuzumab erhielten, bei 14 % der Patienten, die eine Acalabrutinib-Monotherapie erhielten, und bei 8 % der Patienten, die Obinutuzumab-Chlorambucil erhielten.
Todesfälle traten bei 4 % Patienten unter Acalabrutinib-Obinutuzumab, 7 % Patienten unter Acalabrutinib und 9 % Patienten unter Obinutuzumab-Chlorambucil auf.
In der Studie ELEVATE TN2 zeigte Acalabrutinib auch im 4 Jahres Follow-up ein konsistentes Sicherheitsprofil, wobei kardiovaskuläre Ereignisse wie Vorhofflimmern-/flattern oder Bluthochdruck im einstelligen Prozentbereich auftraten (Baker P et al. 2019). Aufgrund unerwünschter Ereignisse brachen 13% der Patienten die Studie unter Acalabrutinib + Obinutuzumab und 12 % unter Acalabrutinib (vs. 15% Obinutuzumab + Chlorambucil (G+Clb) ab (Sharman JP et al. 2020).
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Baker P et al. (2019) Exercise-induced cardiac troponin elevation: An update on the evidence, mechanism and implications. Int J Cardiol Heart Vasc 22:181-186.
- Davids MS (2020) Acalabrutinib for the initial treatment of chronic lymphocytic leukaemia. Lancet 395:1234-1236.
- Ghia Pet al. (2020) ASCEND: Phase III, Randomized Trial of Acalabrutinib Versus Idelalisib Plus Rituximab or Bendamustine Plus Rituximab in Relapsed or Refractory Chronic Lymphocytic Leukemia. J Clin Oncol 38 :2849-2861.
- Sharman JP et al. (2020) Acalabrutinib with or without obinutuzumab versus chlorambucil and obinutuzmab for treatment-naive chronic lymphocytic leukaemia (ELEVATE TN): a randomised, controlled, phase 3 trial. Lancet 395:1278-1291.