Polyarteriitis nodosa cutaneaM30.0

Autor:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Apoplexia cutanea Freund; cPAN; Cutaneous PAN; cutaneous polyarteritis nodosa; Cutaneous polyarteritis nodosa; kPAN; Kutane Periarteriitis nodosa; Kutane Polyarteritis nodosa; Livedo with nodules; Lymphozytäre Arteriitis; Makuläre Arteriitis; Panarteriitis nodosa kutane; Periarteritis nodosa kutane; Polyarteriitis nodosa cutanea

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Erstbeschreiber

Lindberg 1931; Fisher und Orkin 1964

Definition

Seltene, eminent chronische, in Schüben progrediente (monoorganische), dermale Minusvariante der systemischen (ANCA-positiven) Polyarteriitis nodosa mit einem Krankheitsmuster das die mittelgroßen Arterien an der Grenze zwischen Dermis und Subkutis betrifft. Eine Systembeteiligung wie bei der systemischen Form der Polyarteriitis nodosa liegt in der Regel nicht vor.  

Vorkommen/Epidemiologie

w>m (im Gegensatz zur systemischen PAN); die kutane PAN ist häufiger als die klassische systemische PAN geht jedoch nicht in diese über. Die Manifestationen bei ADA2-Mutationen zeigen jedoch einige überschneidende Gemeinsamkeiten.

Ätiopathogenese

Nicht gesichert; Nachweis von Immunglobulinen an den kleinen Arterien. Häufige Assoziation mit Hepatitis B/C-Infektionen. Weiterhin auch Infektionen durch Parvovirus B19, sowie Mycobacterium tuberculosis. Bei Kindern auch Streptokokken-Infektionen.

Bemerkenswert ist das Auftreten einerf kutanen Polyarteritis nodosa nach einer COVID-Vakzinierung/ChAdOx1 nCoV-19 (Su HA et al. 2022).

Ursächlich werden auch Medikamente aufgeführt. Hier scheint Minocyclin im Rahmen einer Aknetherapie ein besondere Rolle zu spielen.

In einem größeren Kollektiv an  kutanen PAN-Patienten (n=50) wurden in einem hohen Prozentsatz (90%) Antiphospholipid-Antikörper gefunden. Hierdurch wird eine Endothelaktivierung mit einer inflammatorischen und prokoagulatorischen Gefäßreaktion in Gang gesetzt.

 

Manifestation

Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 40-50 (mit einer großen Streubreite von 11-74) Jahre (Kato A et al. 2018). Pat. mit einer ulzerierten kutanen PAN scheinen etwas älter zu sein.  

Lokalisation

Vor allem an den Streckseiten der unteren Extremitäten lokalisiert.

Klinisches Bild

Schmerzhafte Knoten und Plaques: häufig Beginn mit rezidivierenden, 1,0 - 5,0 cm großen, derben, meist sehr druckdolenten, auch spontan schmerzhaften, rötlich bis livid gefärbten vaskulitischen Plaques oder Knoten (Eisbergphänomen).

Schmerzhafte Ulzera (60%): auf Grund der Vaskulitis mit konsekutiver Thrombosierung mittelgroßer Gefäße kommt es zur Ausbildung von schmerzhaften Ulzera (u.U. sind die sehr schmerzhaften Ulzera das klinische Leitsymptom).  Abheilung der Ulzera  unter Ausbildung flacher, teilweise hyperpigmentierter Narben.

Livedo racemosa (90%) der Beine v.a. der Unterschenkel. Bemerkung: Die lokalisierte Livedo racemosa ist ein wichtiges indikatorisches Phänomen!   

Petechiale Blutungen v.a. im Knöchelbereich .

Milde extrakutane Symptome (in 50% nachweisbar):  Arthralgien (häufig in den Sprungggelenken); seltener sind Myalgien oder periphere Neuropathien (Unterschenkel). 

 

Labor

Keine wesentliche Erhöhung der Entzündungsparameter (BSG; CRP). In größeren Kollektiven (Kawakami 2011) bei 90% der kPAN-Fälle Nachweis von Antiphospholipid-Antikörper (70% Anti-Phosphatidyl-Prothrombin-Antikörper; 60% Lupus-Antikoagulans; 20% Anti-Cardiolipin-Antikörper), relevante ANA-Titer, positiver Rheumafaktor oder Kryoglobulinen. 

Histologie

Histopathologischer Algorithmus der (kutanen) Polyarteriitis nodosa (variiert n. Ratzinger et al. 2105)

Bemerkung: die tiefe läsionale Exzsionsbiopsie führt zur Diagnose!

Akzentuiert um größere Gefäße in Haut und Subkutis
Betrifft Arteriolen und Arterien in der Subkutis oder an der Grenze zwischen Kutis und Subkutis.
perivaskuläre, intramurale und intraluminale Leukozytoklasie
Schädigung von Endothelzellen
Fibrin in/im Bereich von Gefäßwänden
Perivaskuläre Extravasation von Erythrozyten
Kein Ödem in der papillären Dermis
Patholog. Veränderungen beschränkt auf Gefäßpositionen, keine extravaskulären, interstitiellen oder Weichgewebe-Granulome 
Variable (eher geringe) Eosinophilie
Plasmazellen oder Fibrosklerose in geringerem Ausmaß
Reorganisation durch lymphoyztärer Vaskulitis

Differentialdiagnose

Externe Therapie

In sehr leichten Fällen können externe Glukokortikoide im Okklusivverband wie 0,1% Betamethason-Creme, 0,1% Mometason-Salbe (z.B. Ecural) ausreichend sein. Bei Herden an den Unterschenkeln Kompressionstherapie.

Interne Therapie

Bei Nachweis von hämolysierenden pharyngealen Streptokokken ist eine antibiotische Therapie notwendig.  

Leichte Fälle sprechen gut auf Antiphlogistika wie Diclofenac (z.B. Voltaren Drg.) 50-150 mg/Tag p.o. oder Glukokortikoide wie Prednisolon (z.B. Decortin H) in niedriger Dosierung an, initial 20 mg/Tag p.o., Erhaltungsdosis nach Klinik.

In schweren Fällen Glukokortikoide in mittlerer Dosierung, z.B. Prednisolon (z.B. Decortin H) 40-60 mg/Tag. Bei Therapieresistenz Immunsuppressiva wie Azathioprin (z.B. Imurek) 100 mg/Tag, ggf. in Kombination mit niedrig dosierten Glukokortikoiden.

Alternativ: Methotrexat (z.B. MTX) 7,5-15 mg/Woche oder Cyclophosphamid (z.B. Endoxan), DADPS (z.B. Dapson-Fatol) und Sulfapyridin

Alternativ: IVIG-Therapie

Alternativ: Etanercept

Alternativ: antikoagulatorische Therapie mit Warfarin

Da die Erkrankung i.d.R. über Jahre hinweg verläuft, sollte die Medikation hinsichtlich Nutzen/Nebenwirkung sorgfältig ausgewählt werden.

Merke! Langfristige Kontrolle des Patienten, da in (weninge) einzelnen Fällen Übergang in systemische Polyarteriitis nodosa bekannt ist.

Verlauf/Prognose

Günstig. Typisch ist ein eminent chronischer, schubweiser Verlauf. Eigene Fälle zeigen einen, über Jahre hinweg reichendenVerlauf.

Hinweis(e)

Es gibt weder Hinweise noch Belege dafür, dass sich eine kutane Polyarteriitis nodosa zu einer systemischen PAN entwicklen kann.

Fallbericht(e)

Anamnese: Die multimorbide, 78 Jahre alte, adipöse Patientin berichtete über rezidivierende schmerzhafte Knoten und Plaques. Diese seien erstmals nach Implantation einer Hüftgelenksprothese aufgetreten und nach 2-3 Monaten wiederum spontan abgeheilt. 5 Jahre später mehrmonatiges Rezidiv der Hautveränderungen. 10 Jahre später erneutes Auftreten von schmerzhaften Knoten und Plaques an beiden Unterschenkeln, die 2 Jahre später noch persistieren. Die Pat. leidet an permanentem Vorhofflimmern (I48.9) die mit direkten oralen Antikoagulantien (DOAK) und einem Schrittmacher behandelt werden. Weiterhin besteht ein Typ 2 Diabetes mellitus (E11.90)  vor, der mit oralen Antidiabetika behandet wird.      

Befund: An beiden Unterschenkeln finden sich 2-3cm große schmerzhafte rote Plaques und Knoten. Daneben flache reizlose Narben und Hyperpigmentierungen. 

Histologie: Entzündliche Veränderungen an  Arteriolen und Arterien in der Subkutis und an der Grenze zwischen Kutis und Subkutis. Hier auch umschriebene Nekrosen und fokale Kalkeinlagerungen.

Labor:  Entzündungsparameter (BSG; CRP) im Normbereich. Blutbild: o.B. HbA1c: 6,1%; Antiphospholipidantikörper +;  ANA 1:80; Yersinien AK mit 66 U/ml erhöht;  Urin: Nitrit++; Bakterien+; Leukozyten ++;

Rö.Thorax: o.B.; keine Hinweis für alte oder frische Tuberkulose.

Therapie: lokale Behandlung mit einer 0,1% Triamcinolon-Salbe. Auf eine Sstemtheapie wurde verzichtet.    

 

Literatur

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