Perioperative Arzneimittelreaktionen L23.3; L24.4; L25.1; L27.0; L27.1;

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 23.08.2024

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Synonym(e)

Arzneimittelreaktionen perioperative; Perioperative Arzneimittelüberempfindlichkeiten; POAR

Definition

Überempfindlichkeiten gegenüber Arzneimitteln, die auf Grund einer operativen Maßnahme in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang zu dieser – vor, während oder nach dem operativen Eingriff- appliziert wurden.

Einteilung

Zu den häufigsten (rund 60% der Fälle) Auslösern der POAR gehören Muskelrelaxanzien (Atracurium, Cis-Atracurium, Mivacurium, Pancuronium, Suxamethonium). Sie können sowohl IgE-mediiert als auch nicht-immunologisch ausgelöst werden. Weiterhin:

  • Naturlatex: 20% der Fälle
  • Antibiotika: Penicilline, Cephalosporine rund 15% der Fälle.
  • Weitere (eher seltene) Auslöser sind Chlorhexidin, NSAR (nicht-steroidale Antirheumatika), Allgemeinanästhetika (z.B. Propofol, Ketamin, Thiopental,Etomidat ), Opioide, Heparine, Benzodiazepine (Midazolam), Röntgenkontrastmittel (Iotrolan, Iodixanol), (Lokalanästhetika (Lidocain).

Vorkommen/Epidemiologie

1.10.000 (Pützner W et al. 2018)

Ätiopathogenese

In der Regel handelt es sich um Sofortreaktionen (Auftreten < 1 Stunde nach Gabe des auslösenden Arzneimittels). Rund 2/3 der Reaktionen sind IgE-vermittelt, 1/3 sind nicht-immunologisch  vermittelt. Wenige Fälle können als T-zelluläre Spätreaktionen eingestuft werden.

Klinisches Bild

Am häufigsten sind kutane, kardiovaskuläre (Hypotension, Tachykardie, paradoxe Bradykardie) und respiratorische Symptome nachweisbar. An der Haut werden Urtikaria, Flush beschrieben.

Spätreaktionen zeigen sich als:

  • Heparinallergie (am dermatitische Reaktionen am Injektionsort)
  • verzögerte Urtikaria/Angioödeme (z.B. NSAR-Überempfindlichkeit)
  • sowie urtikarielle oder makulo-papulöse Exantheme nach  Antibiotika-Applikationen.

Diagnose

Bei Verdacht auf eine POAR sollte 1-2 Stunden nach den ersten klinischen Symptomen Serum zur Bestimmung der Mastzelltryptase abgenommen werden. Diese zeigt bei anaphylastischen Reaktionsformen in 80% eine Steigerung im Vergleich zum Basalwert. Als positiv bewertet wird eine Steigerung um 2ng/ml.

 

In-vitro-Tests wie der Lymphozytentransformationstest, CAST oder Basophilenaktivierungstet sind in ihrer Sensitivität und Spezifität als kritisch einzuschätzen (Bonadonna P et al. (2015).

Hauttests 8 in der Reihenfolge: Pricktest, Intrakutantest falls i.v. des AM zur Verfügung stehen)  sind v.a. bei anaphylaktischen Reaktionen empfehlenswert.  

Übersicht über maximale Hauttestkonzentrationen von Arzneimitteln in der Narkoseeinleitung (var. nach Brockow K et al. 2013).

  • Midazolam (5,0 mg/ml) – Pricktest (5,0 mg/ml) - Intrakutantest 0,5 mg/ml  
  • Propofol (10 mg/ml) – Pricktest (10 mg/ml) - Intrakutantest 1,0 mg/ml
  • Ketamin (10 mg/ml) – Pricktest (10 mg/ml) - Intrakutantest 1,0 mg/ml
  • Thiopental (25 mg/ml) – Pricktest (25 mg/ml) - Intrakutantest 2,5 mg/ml
  • Etomidate (2,0 mg/ml) – Pricktest (2,0 mg/ml) - Intrakutantest 0,2 mg/ml
  • Morphin (10,0 mg/ml) – Pricktest (1,0 mg/ml) - Intrakutantest 0,01 mg/ml
  • Fentanyl (0,05 mg/ml) – Pricktest (0,05 mg/ml) - Intrakutantest 0,05 mg/ml
  • Sufentanyl (0,05 mg/ml) – Pricktest (0,05 mg/ml) - Intrakutantest 0,005 mg/ml
  • Alfentanyl (0,5 mg/ml) – Pricktest (0,5 mg/ml) - Intrakutantest 0,05 mg/ml
  • Atracurium (10,0 mg/ml) – Pricktest (1,0 mg/ml) - Intrakutantest 0,01 mg/ml
  • Cis-Atracurium (2,0 mg/ml) – Pricktest (2,0 mg/ml) - Intrakutantest 0,02 mg/ml
  • Suxamethonium (50,0 mg/ml) – Pricktest (10,0 mg/ml) - Intrakutantest 0,1 mg/ml

Prophylaxe

Entsprechend den Empfehlungen für ihre Gabe bei Röntgenkontrastmittelallergikern kann z.B. Methylprednisolon 32mg p.o. 12- bzw. 2 Stunden vor elektiven Eingriffen bzw. 40mg i.v. 1-4 Stunden vor Notfalleingriffen appliziert werden. Zusätzlich Dimetinden 4mg i.v.  30 min. vor OP.  

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Asserhøj LL et al. (2016) No evidence for contraindications to the use of propofol in adults allergic to egg, soy or peanut†. Br J Anaesth 116:77-82. 
  2. Bonadonna P et al. (2015) Drug hypersensitivity in clonal mast cell disorders: ENDA/EAACI position paper. Allergy 70:755-763.
  3. Brockow K et al. (2013) Skin test concentrations for systemically administered drugs -- an ENDA/EAACI Drug Allergy Interest Group position paper. Allergy 68:702-712.
  4. Pützer W et al. (2018) Perioperative Arzneimittelreaktionen – praktische Empfehlungen zu Allergietests und Patientenmangement. Allergo J Int 27: 126-129

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Perioperative Arzneimittelallergie;

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