Heparininduzierte Thrombozytopenie69.52

Autor:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

Co-Autor:Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

Alle Autoren dieses Artikels

Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024

This article in english

Synonym(e)

HaT; Heparin-associated thrombocytopenia; Heparin-induced thrombocytopenia; Heparin-induzierte Thrombozytopenie; Heparinnekrose; HIT; White Clot-Syndrom

Kostenlose Fachkreis-Registrierung erforderlich

Bitte melden Sie sich an, um auf alle Artikel, Bilder und Funktionen zuzugreifen.

Unsere Inhalte sind ausschließlich Angehörigen medizinischer Fachkreise zugänglich. Falls Sie bereits registriert sind, melden Sie sich bitte an. Andernfalls können Sie sich jetzt kostenlos registrieren.


Kostenlose Fachkreis-Registrierung erforderlich

Bitte vervollständigen Sie Ihre Pflichtangaben:

E-Mail Adresse bestätigen
oder
Fachkreisangehörigkeit nachweisen.

Jetzt abschließen

Definition

Abfall der Anzahl der Blutplättchen (Thrombozyten) nach systemischer Applikation von Heparin.

Einteilung

  • Heparininduzierte Thrombozytopenie Typ I (nicht immunologisch): Reduzierung der Thrombozytenzahl in der frühen Phase der Behandlung. Der Abfall der Thrombozytenzahl ist deutlich geringer als 50%, jedoch ohne Fortschreiten trotz Fortführung der Behandlung mit Heparin.
  • Heparininduzierte Thrombozytopenie Typ II (immunologisch).

Vorkommen/Epidemiologie

Auftreten bei etwa  1-5% der Fälle bei Behandlungen mit unfraktioniertem Heparin. Bei der Behandlung mit niedermolekularem Heparin Auftreten bei < 1% der Fälle.

Ätiopathogenese

  • Bei HIT II bindet ein Heparin-induzierter Antikörper an den IgG-Fc-Rezeptor der Thrombozyten und führt zur Aktivierung von Thrombozyten. Konsekutiv werden prokoagulatorische Mikropartikel generiert. Zusätzlich werden Thrombozytenproteine (Plättchenfaktor 4) ausgeschüttet, die freies Heparin neutralisieren. Diese Thrombozytenproteine binden an das Heparansulfat, welches in der Endothelzellmembran vorkommt. Der Komplex lagert die Autoantikörper an und aktiviert dabei die Endothelzellen, was die Thrombinbildung verstärkt und schließlich in einer Thrombozytopenie resultiert. Es entsteht die Gefahr des Verlustes von Extremitäten durch thrombotische Ereignisse. Zudem besteht potenzielle Lebensgefahr für den Patienten!
  • Das Auftreten einer HIT II ist abhängig von der Dauer und Dosis der Heparinbehandlung sowie von der Molekülgröße des Wirkstoffs. Längerkettiges, unfraktioniertes Heparin hat ein zwei- bis dreifach erhöhtes Risiko für eine HIT II als niedermolekulares Heparin.

Klinisches Bild

  • Zunächst sukkulente, rot-blaue bis blau-schwarze, schmerzhafte Flecken, die sich zu großflächigen Plaques entwickeln können. Ausbildung hämorrhagischer Blasen möglich.
  • In etwa 40% der Fälle kommt es zu arteriellen oder venösen Gefäßverschlüssen (auch White-Clot-Syndrom genannt).
  • Hinweis: der V.a. HIT kann mit Hilfe des 4T-Score abgeschätzt werden: Thrombozytopennie, Timung, Thrombosen sowie andere Ursachen für eine Thrombozytopenie.  

Labor

Histologie

Hämorrhagische Infarzierungen kleiner und mittlerer Gefäße der gesamten Dermis. Infarzierungen auch einzelner Gefäße der Subkutis.

Differentialdiagnose

Komplikation(en)

Entwicklung von meist großflächigen, rot-blau umrandeten, tiefen, dolenten Ulzera. Seltener sind makulo-papulöse Exantheme.

Therapie

  • Heparininduzierte Thrombozytopenie Typ I: unter Fortführung der Heparin-Therapie selbstlimitierender Verlauf; spontane Rückbildung der Thrombozytopenie innerhalb weniger Tage.
  • Heparininduzierte Thrombozytopenie Typ II: sofortiges Absetzen des Heparins, alternativ sollte bei bestehender Indikation zur Antikoagulation die Behandlung entweder mit dem Heparinoid Danaparoid-Natrium (Orgaran) oder mit dem rekombinanten Hirudin-Präparat Lepirudin (Refludan; 0,4 mg/kg KG als Bolus, dann Dauerinfusion 0,15 mg/kg KG) fortgeführt werden.
  • Ggf. Argatroban (synthetisch hergestellter direkter Thrombininhibitor) initial 0,5-2 µg/kg KG/Min. i.v.; regelmäßige Laborkontrollen!

Hinweis(e)

Merke! Jeder Thrombozytenabfall auf weniger als 50% des Ausgangswertes bzw. auf absolute Werte < 100.000 Thrombozyten/µl muss immer als heparininduzierte Thrombozytopenie Typ II angesehen werden, bis das Gegenteil bewiesen ist!

Literatur

  1. Greinacher A et al. (2003) Heparininduzierte Thrombozytopenie. Dtsch Ärztebl 100: 2220-2229
  2. Greinacher A et al. (1991) A rapid and sensitive test for diagnosing Heparin-associated thrombocytopenia. Thromb Haemost 66: 734-736
  3. Helbig D et al. (2007) Haut-und Schleimhautulzerationen bei heparininduzierter Thrombozytopenie (HIT II). Hautarzt 58: 774-778
  4. Warkentin TE et al. (2006) Gender imbalance and risk factor interactions in heparin-induced thrombocytopenia. Blood 108: 2937-2941

Autoren

Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024