Podoconiosis

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024

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Synonym(e)

Einheimische Elephantiasis; Elephantiasis nostras; Elephantiasis simplex; Mossy foot; Non-filiarial elephantiasis; Non-infectious geochemical elephantiasis; Podoconiose,.Podokoniose

Erstbeschreiber

Price, Ernest W., 1972

Definition

Podoconiosis ist eine endemische, ätiologisch unbekannte, chronische, nicht infektiöse Erkrankung der unteren Extremität, die bei einer entsprechenden genetischen Disposition bei einer sozial vernachlässigten, barfuß laufenden und arbeitenden Landbevölkerung in verschiedenen tropischen Regionen auftritt. In Zentralafrika wird die Zahl an Erkrankten auf 4,0 Mio. Menschen geschätzt.

Vorkommen/Epidemiologie

Weltweit leben 4 Millionen Menschen mit Podokoniose (Wanji S et al. 2021).

Vork.: Tropisches Afrika, Zentralamerika, Nordwest-Indien (Ethiopia , Cameroon, Rwanda, Burundi, Uganda, Tanzania, Kenya, Sudan, Islands of Cape Verde, Bioko, Sao Tome, Principe). Es wird eine hohe Prävalenzen unter der Landbevölkerung der betroffenen Regionen beobachtet (in Äthiopien: 6% der ländlichen Bevölkerung).

Ätiopathogenese

Unbekannt; eine genetische Disposition wird vermutet; verschiedene Risikofaktoren wie der Kontakt mit vulkanischem rotem Lehmboden, eine große Höhe (über 1000 m), hohe saisonale Niederschläge (über 1000 mm/Jahr) und der Beruf (z. B. Landwirte) werden mit dem Risiko einer Podokoniose in Verbindung gebracht. Diskutiert wird eine chronische Fremdkörperreaktion durch Silikatpartilkel, die aus dem Erdreich in die Haut penetrieren, von Makrophagen aufgenommen und über die Lymphwege abtransportiert werden. Über eine chronische (Fremdkörper-induzierte?) Lymphangitis und Lymphadenitis kommt es (bei entsprechender Disposition zu einer fortschreitenden Obliteration der lymphatischen Abflusswege und konsekutiv zu einem chronischen, zunächst intermittierenden später persistierenden Lymphödem. Auf dem Boden des chronischen Lymphödems entwickeln sich (bei unbehandelten Patienten) die unterschiedlichen Schweregrade einer Papillomatosis cutis lymphostatica.

Manifestation

m:w=1:1; erste klinische Erscheinungen bereits in der frühen Jugendzeit; das vollausgebildete Stadium der Erkrankung wird im 3.-4. Lebensjahrzehnt gefunden.

Klinisches Bild

In der Intialphase der Erkrankung kommt es meist zu einem unilateralen, uncharakteristischen Prodromalstadium mit interdigitalem Juckreiz und Schmerz und leichter Schwellung der Fußrücken. Kein Fieber. Mäßig schmerzhafte regionäre (Leistenlymphknoten) Lymphadenitis. Die rezidivierende nur gering symptomatische Intialphase mit weichem Lymphödem, wird von einem persistierenden, zunehmend fibrotischen, "harten" Lymphödem des/der Füße und Unterschenkel abgelöst. Allmähliche Ausbildung einer Papillomatosis cutis lymphostatica mit Ausbildung einer zunächst als "moosartig", später als verrukös beschriebenen flächigen Papillomatose der Haut. Jahrezehntelange Persistenz der Podoconiosis führt zu erst solitären später konfluierten, fibrotischen Knoten, später zu Mutilationen eines oder beider Beine, Gehbehinderungen mit deletären sozio-ökonomischen Folgen.

Differentialdiagnose

Durch Filiarienarten verursachtes Lymphödem (s.u. Filariose, lymphatische)

Angeborenes Lymphödem

Erworbenes Lymphödem nach rezdivierendem Erysipel (s.u. Lymphödem). S.a. Papillomatosis cutis lymphostatica.

Therapie

Präventive Maßnahmen durch Tragen von Schuhwerk. Die frühe Phase des Lymphödems ist reversibel und lässt sich durch präventive fußhygienische Maßnahmen beseitigen. Das späte Lymphödem mit einer teilweise grotesken reaktiven Papillomatose (s.u. Papillomatosis cutis lymphostatica) ist mit konservativen Mitteln kaum mehr zu beseitigen. Konsequente Kompressionsmaßnahmen sind therapeutische Optionen. Bei lymphostatischer Knotenbildung sind operative Maßnahmen Mittel der Wahl.

Hinweis(e)

Im Jahre 2011 wurde die Podoconiosis als „ neglected tropical disease von der WHO anerkannt.

Literatur
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  1. Davey G et al. (2007) Podoconiosis: non-infectious geochemical elephantiasis. Trans R Soc Trop Med Hyg 101:1175-1180.

  2. de Godoy JM et al. (2012) Control of lymphorrhea and treatment of warty excrescences in elephantiasis. Case Rep. Dermatol Med PubMed Central PMCID: PMC3505637

  3. Enbiale W et al. (2022) Podoconiosis: Clinical spectrum and microscopic presentations. PLoS Negl Trop Dis 16: e0010057.

  4. Ferguson JS et al. (2o13) Assessment of skin barrier function in podoconiosis: measurement of stratum corneum hydration and transepidermal water loss. Br J Dermatol 168:550-554
  5. Földi, E (1985) Conservative treatment of lymphoedema of the limbs." Angiology 36: 171-180
  6. Molyneux, D (2012) Tropical lymphedemas — control and prevention. N Engl J Med 366:1169-1171
  7. Price, E. W (1972) A possible genetic factor in non-filarial elephantiasis of the lower legs." Ethiopian medical journal 10: 87
  8. Price, E. W (1975) The mechanism of lymphatic obstruction in endemic elephantiasis of the lower legs. Transactions of the Royal Society of Tropical Medicine and Hygiene 69: 177-181
  9. Price, E. W. et al. (1978) The elemental content of lymphatic tissues of barefooted people in Ethiopia, with reference to endemic elephantiasis of the lower legs." Transactions of the Royal Society of Tropical Medicine and Hygiene 72: 132-136
  10. Taye B et al (2013) Podoconiosis and Soil-Transmitted Helminths (STHs): Double Burden of Neglected Tropical Diseases in Wolaita Zone, Rural Southern Ethiopia. PLoS Negl Trop Dis PubMed Central PMCID: PMC3597475
  11. Wanji S et al. (2021) Podoconiosis - From known to unknown: Obstacles to tackle. Acta Trop. 2021 Jul;219:105918.

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