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Ixodes ricinus
Synonym(e)
Definition
Die in Mitteleuropa häufigste Zeckenart, Ixodes ricinus ist zugleich der Hauptüberträger von B. burgdorferi s.l. In den USA und im eurasischen Raum sind hingegen Ixodes scapularis, bzw. Ixodes persulcatus die bedeutendsten Vektoren des Erregers. Auf Grund der hohen Anpassungsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit gegen wechselhafte Umweltbedingungen fand in den letzten Jahrzehnten Ixodes ricinus eine weite geographische Verbreitung. In Deutschland bieten v.a. Nadelwälder, Laub- und Mischwälder geeignete Habitate. Dabei beträgt die benötigte relative Luftfeuchte mindestens 70-80 %. Ab einer Höhenlage von 1.500 Metern werden kaum noch Zecken gefunden.
Ixodes ricinus ist Überträger von Erregern bei folgenden Erkrankungen:
Vorkommen/Epidemiologie
Wirtssuchaktivität: Die Wirtssuchaktivität findet je nach Entwicklungsstadium auf unterschiedlichen Vegetationsebenen statt. Larven bleiben dabei auf die bodennahe Vegetation begrenzt. Nymphen und adulte Zecken steigen auf der Suche nach einem geeigneten Wirt bis zu einer Höhe von ca. 150 cm au. Hier verharren sie an der Spitze von Blättern oder Grashalmen. Mit Hilfe des Haller`schen Organs, welches in einer Sinnesgrube beiderseits an den Tarsen des ersten Beinpaares lokalisiert ist, können mechanische, thermische und chemische Reize aufgenommen werden.
Wird ein Wirt aufgrund der Wahrnehmung einer erhöhten Kohlendioxid- bzw. Ammoniakkonzentration, von Bodenerschütterungen oder Temperaturerhöhungen geortet, klammert sich die Zecke beim Vorbeistreifen des Wirts an diesem fest bzw. lässt sich auf diesen fallen. Anschließend sucht sie eine geeignete Stichstelle (beim Tier oft fein behaarte bzw. haarlose Körperregionen) mit vergleichsweise dünner Haut auf. Die Haut wird an dieser Stelle mit den paarigen Cheliceren aufgeritzt. Anschließend bohrt die das Stechorgan (Hypostom) in die gesetzte Wunde. Gleichzeitig injiziert sie mit ihrem abgegebenen Speichel in die gesetzte Stichwunde anästhesierende und antiinflammatorische Komponenten, sodass Zeckenstiche vom Wirt häufig nicht bemerkt werden (Rufli T et al. 1981). Vom Befall des Wirtes bis zum eigentlichen Stechakt können bis zu 12 Stunden vergehen. Die Dauer des Saugaktes ist unterschiedlich und vom Entwicklungsstadium der Zecke abhängig. Nymphen saugen 4-6 Tage; adulte Zecken 6-8 Tage. Adulte weibliche Zecken können das 100 – bis 200-fache ihres Körpergewichtes aufzunehmen.
Übertragung der Borrelien: Während des Saugaktes an einem infizierten Wirt werden Borrelien mit der Körperflüssigkeit aufgenommen. Eine Vermehrung der Erreger findet im Mitteldarm der Zecke statt. Später wandern die Borrelien über die Hämolymphe in die Speicheldrüse ein (Piesman et al. 2001).
Das nächste Entwicklungsstadium der Zecke überträgt die Borrelien wiederum beim Saugvorgang auf einen neuen Wirt. Um mit dem Zeckenspeichel in das Gewebe des Wirtes gelangen zu können, wandern die Borrelien zuvor über das lymphatische System in die Speicheldrüse ein (Piesman J et al. 2001). Eine Erregerübertragung erfolgt auch über eine Regurgitation von Mitteldarmsekreten der Zecke in die Stichwunde.
Reservoirwirte: Ixodes ricinus weist eine sehr geringe Wirtsspezifität auf, wobei über 300 Reptilien-, Vogel- und Säugetierarten parasitiert werden. Die 3 Entwicklungsstadien der Zecke sind nach ihrem jeweiligen Aktionsradius gehäuft an unterschiedlichen Wirtstiergruppen zu finden: Larven sind oft an Kleinsäugern zu finden, die sich dichter am Boden aufhalten. Dazu zählen in Mitteleuropa vor allem diverse Mäusearten. Nymphen werden auf etwas größeren Säugern, wie Eichhörnchen, Mardern,00 Igel sowie auf Vögel gefunden. Wie die adulten Zecken parasitieren aber auch Nymphen an diversen größeren Wildtieren (Rehwild und Rotwild). Mensch und Haustiere werden ebenfalls befallen.
Laut dem Robert-Koch-Institut ist von einer Infektionsgefährdung in allen Teilen Deutschlands auszugehen, allerdings fehlen flächendeckende epidemiologische Untersuchungen. Deutschlandweit wird die Prävalenz von B. burgdorferi in Zecken auf 5 – 35 % geschätzt. Dabei sind durchschnittlich etwa 20 % der adulten Zecken, etwa 10 % der Nymphen und bis zu 1 % der Larven mit Borrelien infiziert. (Quelle: Robert-Koch-Institut 2013).
Hinweis(e)
Wer eine auffällige Zecke, bei unklarem Infektionsmodus entdeckt, sollte sie mit einem Klebestreifen auf Papier befestigt – zur Dokumentation an das Robert Koch-Institut senden: Robert Koch-Institut, ZBS 1, Stichwort "Zecke", Seestraße 10, 13353 Berlin.
Neuerdings wird auch Hyalomma marginatum und Hyalomma rufipes in Oberitalien, in großen Teilen Portugals, Spaniens, Südfrankreichs sowie Kroatien und Griechenland angetroffen. Im Gegensatz zu Ixodes ricinus übertragen Hyalomma-Spezies keine Borrelien sondern, allerdings nicht weniger gefährlich, das Krim-Kongo- Hämorrhagische Fieber, eine Viruserkrankung, sowie das Zecken-Fleckfieber.
Literatur
- Beck W (1999) Farm animals as disease vectors of parasitic epizoonoses and zoophilic dermatophytes and their importance in dermatology. Hautarzt 50: 621-628
- Duh D et al. (2001) Diversity of Babesia Infecting European sheep ticks (Ixodes ricinus). J Clin Microbiol 39: 3395-3397
- Guner ES et al. (2003) First isolation and characterization of Borrelia burgdorferi sensu lato strains from Ixodes ricinus ticks in Turkey. J Med Microbiol 52: 807-813
- Hildebrandt A et al. (2003) Prevalence of four species of Borrelia burgdorferi sensu lato and coinfection with Anaplasma phagocytophila in Ixodes ricinus ticks in central Germany. Eur J Clin Microbiol Infect Dis 22: 364-367
- http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_LymeBorreliose.html?nn=23 74512#doc2398672bodyText2.
- Mathison BA et al. (2015) Introduction of the exotic Hyalomma truncatum on a human with travel to Ethiopia: a case report. Ticks Tick Borne Dis 6:152–154.
- Piesman J et al. (2001) Use of Quantitative PCR to Measure Density of Borrelia burgdorferi in the Midgut and Salivary Glands of Feeding Tick Vectors. J Clin Microbiol 39: 4145-4148.
- Rufli T et al. (1981) Dermatologische Entomologie: Ixodidae, Schildzecken. Schweiz Rundsch Med 70: 362-385.
- Stanczak J et al. (2002) Coinfection of Ixodes ricinus (Acari: Ixodidae) in northern Poland with the agents of Lyme borreliosis (LB) and human granulocytic ehrlichiosis (HGE). Int J Med Microbiol 291 Suppl 33: 198-201
- Xu G et al. (2003) Molecular phylogenetic analyses indicate that the Ixodes ricinus complex is a paraphyletic group. J Parasitol 89: 452-457