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Insektenstichartige Reaktionen bei hämatologischen NeoplasienT14.0
Synonym(e)
Erstbeschreiber
1965 berichtete RI Weed (Weed RI 1965) erstmals über eine hypersensitive Reaktion auf einen Insektenstich bei einem Patienten mit CLL, der an der Stelle des Insektenstichs eine Verhärtung, ein Ödem, ein Erythem und Blasen mit starkem Juckreiz entwickelte.
Definition
Insektenstiche induzieren sind toxische, allergische und hyperergische Reaktionen, die in der Regel ohne spontan wieder abklingen. In seltenen Fällen können Insektenstiche jedoch schwerwiegendere Reaktionen hervorrufen, die manchmal mit Fieber und systemischen Symptomen einhergehen. In solchen Fällen können hämatologische Erkrankungen, Anomalien der eosinophilen Granulozyten und/oder eine Assoziation mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV) zugrunde liegen. Vor allem im Zusammenhang mit dem Auftreten von systemischen Reaktionen werden häufig Assoziationen zu EBV-Infektionen und lymphoproliferativen Störung der natürlichen Killerzellen (NK) beobachtet (Tatsuno K et al. 2016). Hypererge Insektenstichreaktionen werden auch beim Wells-Syndrom beobachtet (Melski JW 1990).
Im Gegensatz zu hyperergischen Insektenstichen steht das Auftreten von „insektenstichartigen Reaktionen“(Barzilai A et al. 1999). Diese sind gleichmäßig auf exponierte wie auch auf nicht-exponierte Bereiche verteilt (Kim JE et al. 2018). Jahreszeitliche Schwankungen im Auftreten der Läsionen fehlen (Bairey O et al. 2012). Derartige Reaktionen wurden auch "eosinophile Eruptionen bei hämatoproliferativen Erkrankungen" (Byrd JA et al. 2001) bezeichnet. Auch bullöse Ausbrüche mit ähnlichen klinischen und histologischen Merkmale wie beim Bullösen Pemphigoid sind beschrieben (Abklärung durch direkte und indirekte Immunfluoreszenzuntersuchungen).
Einteilung
Folgende hämatologische Erkrankungen sind in Assoziation mit insektenstichartigen Reaktionen beschrieben worden:
chronische lymphatische Leukämie
Angioimmunoblastisches T-Zell-Lymphom (Murao K et al. 2019).
Folgende klinische und histologische Parameter wurden definiert (Byrd JA et al. 2001):
- juckende Papeln, Knötchen und/oder vesikulobullöse (Pemphigoid-artige) Eruptionen, die auf eine konservative Behandlung nicht ansprechen;
- histopathologisch bestätigte eosinophile, lymphohistiozytäre Infiltration der Haut an der Oberfläche und in der Tiefe;
- Ausschluss anderer Ursachen für eine Gewebe-Eosinophilie; und
- eine bereits bestehende Diagnose eines hämatologischen Malignoms
Ätiopathogenese
Die Pathogenese der insektenstichartigen Reaktionen ist unklar. Die Hautläsionen wurden als unspezifische kutane Reaktion auf bestimmte Reize bei Patienten mit hämatologischen Erkrankungen und nicht als spezifische Reaktion leukämischer Zellen angesehen. In-situ-Hybridisierungsanalysen belegen jedoch , dass in den insektenstuchartigen Hautläsionen neoplastische Zellen (z.B. bei CLL) beobachtet wurden, was darauf hindeutet, dass es sich um spezifische Hautläsionen und nicht um unspezifische Hautreaktionen handeln könnte (Mitteldorf C et al. 2012).
Tatsächlich können bei Patienten mit CLL Insektenstiche, Medikamente, Chemoimmuntherapie und pyogene Infektionen unspezifische eosinophile Eruptionen auslösen (Bairey O et al. 2012). Die veränderte Immunantwort bei Patienten mit hämatologischen Erkrankungen kann die Sekretion von Interleukin 4 (IL-4) und IL-5 erhöhen, was die eosinophile Hautinfiltration stimuliert. Die Entwicklung dieser Hautläsionen steht in der Regel nicht im Zusammenhang mit dem Verlauf oder der Aktivität der CLL (Bairey O et al. 2012).
Therapie
Orale Glukokortikoide, intravenöses Immunglobulin und Dapson haben sich als wirksam zur Kontrolle der Läsionen erwiesen. Auch die Wiederaufnahme der Chemotherapie kann bei einigen Patienten zur Verbesserung der Hautläsionen beitragen (Kim JE et al. 2018).
Verlauf/Prognose
Die Läsionen können unter einer postinflammatorischen Hyperpigmentierung abheilen. Ein rezidivierender Verlauf jedoch ist eher die Regel. In versch. Kollektiven wurden Verläufe über eine Dauer von > 5 Jahren berichtet.
Literatur
- Bairey O et al. (2012) Insect-bite-like reaction in patients with chronic lymphocytic leukemia: a study from the Israeli chronic lymphocytic leukemia study group. Eur J Haematol 89:491–496.
- Barzilai A et al. (1999) Insect bite-like reaction in patients with hematologic malignant neoplasms. Arch Dermatol 135:1503–1507.
- Byrd JA et al. (2001) Eosinophilic dermatosis of myeloproliferative disease: characterization of a unique eruption in patients with hematologic disorders. Arch Dermatol 137:1378–1380.
- Kim JE et al. (2018) Insect Bite-Like Reaction with Bullous Lesions Mimicking Bullous Pemphigoid in a Patient with Chronic Lymphocytic Leukemia. Ann Dermatol 30:468-472.
- Mangana Jet al. (2017) Angioimmunoblastic T-Cell Lymphoma Mimicking Drug Reaction with Eosinophilia and Systemic Symptoms (DRESS Syndrome). Case Rep Dermatol 9:74-79.
- Melski JW (1990) Wells’ syndrome, insect bites, and eosinophils. Dermatol Clin 8: 287-293.
- Mitteldorf C et al. (2012) Insect bite-like reactions in a patient with B-cell chronic lymphocytic leukaemia: fluorescence in situ hybridization analysis revealed neoplastic B cells within the skin infiltrate. Br J Dermatol 167:944–946.
- Murao K et al. (2019) A case of an insect bite-like reaction in a patient with angioimmunoblastic T-cell lymphoma. Eur J Dermatol 29:425-426.
- Tatsuno K et al. (2016) Clinical categories of exaggerated skin reactions to mosquito bites and their pathophysiology. JDS 82: 145-152
- Ulmer A et al. (2007) Dapsone in the management of “insect bite-like reaction” in a patient with chronic lymphocytic leukaemia. Br J Dermatol 156:172–174.
- Yamamoto T et al. (2016) Epstein-Barr virus reactivation is induced, but abortive, in cutaneous lesions of systemic hydroa vacciniforme and hypersensitivity to mosquito bites. J Dermatol Sci 82
- Weed RI (1965) Exaggerated delayed hypersensitivity to mosquito bites in chronic lymphocytic leukemia. Blood 26:257–268.