Myelofibrose primäreD47.4

Zuletzt aktualisiert am: 22.08.2024

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Synonym(e)

agnogenic myeloid metaplasia; Chronische idiopathische Myelofibrose; cIMF; myelofibrosis with myeloid metaplasia; OMF; Osteomyelofibrose; PMF; Pri,äre Myelofibrose

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Einteilung

Diagnose-Kriterien nach WHO

Diagnose-Kriterien der präfibrotischen PMF

Hauptkriterien

  • Megakaryozytäre Proliferation und Atypien ohne Retikulinfibrose >Grad 1, gleichzeitig altersabhängig gesteigerte Zellularität, granulozytäre Proliferation und häufig reduzierte Erythropoese
  • WHO Kriterien für BCR-ABL1+ CML, PV, ET, PMF, MDS oder andere MPN nicht erfüllt.
  • JAK2-, MPL- oder CALR-Mutation oder anderer klonaler Marker vorhanden oder kein Nachweis einer geringgradigen reaktiven Knochenmarkfibose

Nebenkriterien

  • Anämie
  • Palpable Splenomegalie
  • Leukozyten >11 x 109/l
  • Erhöhte LDH

Diagnose-Kriterien der PMF

Die Diagnosekriterien der herkömmlichen fibrotischen (nach WHO: ‚overt fibrotic‘) PMF wurden in der WHO Klassifikation 2016 gegenüber der vorausgegangenen Version modifiziert und insbesondere dem aktuellen Stand der molekularen Diagnostik angepasst

Hauptkriterien

  • Megakaryozytäre Proliferation und Atypien, begleitet von Retikulin- und/oder Kollagenfibrose Grad 2 oder 3
  • WHO Kriterien für BCR-ABL1+ CML, PV, ET, PMF, MDS oder andere MPN nicht erfüllt.
  • JAK2-, MPL- oder CALR-Mutation oder anderer klonaler Marker vorhanden oder kein Nachweis einer geringgradigen reaktiven Knochenmarkfibose
  • JAK2-, MPL515- oder CALR-Mutation
  • oder anderer klonaler Marker vorhanden
  • oder kein Nachweis einer reaktiven Myelofibrose

Nebenkriterien

  • Anämie
  • Palpable Splenomegalie
  • Leukozyten > 11 x 109/l
  • Erhöhte LDH

Diagnose-Kriterien der Post-PV-MF und Post-ET-MF (WHO 2017)

Die Diagnose einer Post-Polycythaemia Vera-Myelofibrose (Post-PV-MF) bzw. Post-Essentielle Thrombozythämie-Myelofibrose (Post-ET-MF) wird gemäß den IWG-MRT (International Working Group for Myelofibrosis Research and Treatment) Kriterien aus dem Jahre 2008 gestellt. Die Diagnose einer post-PV-MF bzw. post-ET-MF kann histologisch üblicherweise nicht von einer primären Myelofibrose unterschieden werden, es sei denn, es liegen Verlaufsknochenmarkhistologien vor.

Diagnosekriterien der Post-PV-MF

Erforderliche Kriterien

  • Dokumentation der vorausgegangenen Diagnose PV nach WHO Kriterien
  • Knochenmarkfibrose Grad 2 bis 3 (auf einer Skala 0 bis 3)
  • Grad 3 bis 4 (auf einer Skala 0 bis 4)

Zusätzliche Kriterien (zwei erforderlich)

  • Anämie oder
  • nicht mehr erforderliche Aderlasstherapie (ohne zytoreduktive Therapie) oder
  • Leukoerythroblastisches Blutbild
  • Zunehmende Splenomegalie (definiert entweder als Zunahme einer vergrößerten Milz von >5 cm unterhalb des linken Rippenbogens oder als neu diagnostizierte palpable Milzvergrößerung)
  • Entwicklung von 2 oder allen 3 der folgenden konstitutionellen Symptome:
  • >10% Gewichtsverlust in 6 Monaten, Nachtschweiß, ätiologisch ungeklärtes Fieber (>37,5 Grad Celsius)

Vorkommen/Epidemiologie

Die PMF ist eine seltene Erkrankung mit einer jährlichen Inzidenz von 0,5 bis 1,5/ 100.000 Einwohner/Jahr (Tefferi A (2000)

Ätiopathogenese

Die PMF ist eine biologisch und klinisch heterogene Erkrankung der hämatopoetischen Stammzelle. Pathogenetisch bedeutsam sind verschiedene  somatische Genmutationen (sog. „Treiber- Mutationen“). Diese ermöglichen die Unterscheidung mehrerer molekularer Subtypen. Die Folge pathologischer Genprodukte sind konstitutiv aktivierte Signaltransduktionswege (z.B. von JAK2), die zur gesteigerten Zellproliferation führen.

Manifestation

Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei Diagnosestellung bei 65 Jahren. Männer sind etwas häufiger (65%) von der Erkrankung betroffen. Familiäre Häufungen kommen jedoch vor. Patienten mit präPMF sind mit einem mittleren Alter von 57 Jahren jünger als solche mit offener PMF (Guglielmelli P et al. 2017).

Klinisches Bild

Im initialen Stadium ist die PMF meist asymptomatisch. Nicht selten ist eine Splenomegalie (evtl. Druck im li. Oberbauch) erstes auffälliges Symptom. Thromboembolische Komplikationen können als Erstmanifestation vor Diagnose oder zum Diagnosezeitpunkt vorliegen. Im weiteren Verlauf entwickeln sich durch die zunehmende Fibrose im Knochenmark und Verdrängung der normalen Blutbildung Zeichen der insuffizienten Hämatopoese (Anämie, Thrombozytopenie, Leukozytopenie, in der Regel verbunden mit LDH-Erhöhung) und Allgemeinsymptome (Leistungsminderung, Fieber, Nachtschweiß, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust), sowie Beeinträchtigungen durch die extramedulläre Hämatopoese (Splenomegalie, Hepatomegalie, Knochenschmerzen).

Im weiteren Verlauf entwickeln sich durch die zunehmende Fibrose im Knochenmark und Verdrängung der normalen Blutbildung Zeichen der ineffektiven Hämatopoese (Anämie, Thrombozytopenie, Leukozytopenie, in der Regel verbunden mit LDH-Erhöhung) und Allgemeinsymptome (Leistungsminderung, Fieber, Nachtschweiß, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust), sowie Beeinträchtigungen durch die extramedulläre Hämatopoese (Splenomegalie, Hepatomegalie, Knochenschmerzen). Die häufigsten Todesursachen stellten die Transformation in eine akute myeloische Leukämie (20,1%), kardiovaskuläre Erkrankungen (12,3%) und Infektionen (10,4%) dar.

In seltenen Fällen kann es auch zu einer kutanen extramedullären Hämatopoese mit einer sehr distinkten klinischen Symptomatik kommen. 

Diagnostik

Bei der körperlichen Untersuchung fallen meist die Splenomegalie, Hepatomegalie und die Anämie der Patienten auf. Im frühen Stadium, vor allem in der sogenannten präfibrotischen Phase, liegt oft eine Thrombozythämie vor. Im Blutausstrich sind insbesondere in fortgeschrittenen Stadien eine Vermehrung von Normoblasten und eine Linksverschiebung der Granulopoese bis hin zu Myeloblasten zu erkennen (sogenanntes leukoerythroblastisches Blutbild). Im Blutausstrich sind eine Poikilozytose, Anisozytose und Dakryozytose („Tränentropfenform“) der Erythrozyten zu sehen. Die absolute und relative Retikulozytenzahl ist nicht oder nur inadäquat erhöht. In den Befunden der klinischen Chemie liegen oft erhöhte Harnsäure- und LDH-Werte vor. Bei einem Teil der PMF Patienten liegt der Anämie eine Hämolyse zugrunde, so dass in diesen Fällen die routinemäßige Bestimmung von Hämolyseparametern sinnvoll ist.

Diagnostisch entscheidend ist der Knochenmarkbefund. Die Knochenmarkzytologie ist meist unergiebig (Punctio sicca). In der Knochenmarkhistologie findet man im präfibrotischen Frühstadium eine erhöhte Zelldichte mit Vermehrung von dysplastischen und atypisch verteilten Megakaryozyten ohne wesentliche Retikulinfaservermehrung (≤ Grad 1), außerdem Vorstufen der Granulopoese und Erythropoese mit Linksverschiebung und Dysplasien. In den Fällen der herkömmlichen (‚overt fibrotic‘) PMF liegt bereits bei Diagnosestellung eine ausgeprägte Markfibrose (≥ Grad 2) vor. Im Verlauf der PMF bzw. in den Spätstadien ist dann immer eine deutliche Fibrose und Osteosklerose des Knochenmarkes nachweisbar.

Differentialdiagnose

Die Differenzialdiagnose der PMF umfasst

  • Tumorinfiltration des Knochenmarkes mit sekundärer Faservermehrung
  • Knochenmarkfibrosen z.B. bei Autoimmunerkrankungen (Kollagenosen), Tuberkulosen des Knochenmarks
  •  „Idiopathisch“ als Folge einer interstitiellen Myelitis und lokal nach Strahlenbehandlung
  • Andere myeloproliferative Neoplasien
  • Systemische Mastozytose
  • Haarzellleukämie
  • Myelodysplastische Syndrome mit Fibrose
  • Akute Myelofibrose bei akuter megakaryozytärer Leukämie (FAB-Typ M7)

Die Unterscheidung zwischen PMF, akuter Myelofibrose und einer Myelodysplasie mit Myelofibrose kann schwierig sein. Die Unterscheidung ist allerdings klinisch relevant, da die akute Myelofibrose und die Myelodysplasie mit Myelofibrose mit einer deutlich schlechteren Prognose assoziiert sind. Patienten mit akuter Myelofibrose haben im Allgemeinen schwere konstitutionelle Symptome und eine Panzytopenie ohne Organomegalie. Hier ist die Klinik mit richtungsweisend.

Komplikation(en)

Die häufigsten Todesursachen stellten die Transformation in eine akute myeloische Leukämie (20,1%), kardiovaskuläre Erkrankungen (12,3%) und Infektionen (10,4%) dar (Hultcrantz M et al.2015). Zum Teil können schwerwiegende klinische Probleme durch thromboembolische Komplikationen verursacht werden, die wie bei anderen Myeloproliferativen Erkrankungen auch atypisch lokalisiert manifestieren können (z.B. Pfortader-und Milzvenenthrombose, Budd Chiari Syndrom). Die Rate venöser Thromboembolien liegt bei 1,7% pro Patient/ Jahr.

Therapie

Kurative Therapie: Die einzige potentiell kurative Therapie ist die allogene Stammzelltransplantation (alloSZT). Diese ist allerdings mit einer nicht unerheblichen Morbidität und einer transplantationsassoziierten Mortalität von 20 bis zu 30% belastet, und die Rate von Rezidiv und Therapieversagen nach 5 Jahren beträgt 29% (Kröger NM et al. (2015. Ein passender Spender ist Voraussetzung. Eine kurative alloSZT sollte insbesondere Patienten in den prognostisch ungünstigen Stadien Intermediärrisiko 2 und Hochrisiko nach dem IPSS oder DIPSS Score erhalten, wenn sie in einem transplantationsfähigen Zustand sind und ein biologisches Alter bis zu ~ 70 Jahren haben.

Die alloSZT wird entweder mit einem Familienspender oder einem Fremdspender durchgeführt. Üblicherweise wird heute eine sogenannte dosisreduzierte Konditionierung angewendet, mit der die besten Ergebnisse erzielt werden können. Die Ergebnisse der Transplantation in einer Akzelerations- oder Blastenphase sind allerdings schlecht, so dass bei diesen Patienten möglichst vor Erreichen dieser Phasen eine alloSZT durchgeführt werden sollte. In einer im Rahmen der EBMT publizierten Arbeit konnten bei 103 PMF-Patienten (medianes Alter 55 Jahre, (32-68 Jahre)) mit einer dosisreduzierten Konditionierung mit Fludarabin und Busulfan folgende Ergebnisse erzielt werden (Kröger N et al. (2009): Bei 27% der Patienten trat eine akute GvHD Grad II-IV auf, eine chronische GvHD wurde bei 43% der Patienten beobachtet. In neuen Studien zur alloSZT werden JAK-Inhibitoren, wie Ruxolitinib, vor Transplantation eingesetzt, um die Milz zu verkleinern und die MF-bedingten Symptome und damit den Allgemeinzustand vor Transplantation zu verbessern.

Palliative / symptomatische Therapie

Ruxolitinib: Mit dem oralen JAK1/2-Inhibitor Ruxolitinib steht seit 2012 die erste zugelassene, effektive und gut verträgliche medikamentöse Therapie mit einem Tyrosinkinaseinhibitor für die Behandlung der primären Myelofibrose (PMF) bzw. der post-PV-/post-ET-Myelofibrose zur Verfügung. Durch Ruxolitinib werden insbesondere die Splenomegalie und die krankheitsassoziierten Symptome positiv beeinflusst. Es konnten eine signifikanter lebensverlängernder Effekt für Ruxolitinib (Harrison C et al. 2012) nachgewiesen werden. Der Einsatz von Ruxolitinib ist bei krankheitsbedingter, symptomatischer Splenomegalie oder Symptomatik bei Erwachsenen mit primärer Myelofibrose (PMF), Post-PV-MF und Post-ET-MF indiziert. Therapieschema für Ruxolitinib (Dosierung orientiert sich in erster Linie anhand der Thrombozytenzahl):

  • a) >200 x 109/l Thrombozyten: 2 x 20mg/Tag
  • b) 100-200 x 109/l Thrombozyten 2 x 15mg/Tag
  • c) 50-100 x 109/l Thrombozyten 2 x 5mg/Tag und evtl. in 5 mg Schritten langsam auf 2 x 10mg/Tag steigern
  • d) unter 50 x 109/l Thrombozyten Ruxolitinib absetzen bzw. nur unter engmaschiger Kontrolle geben.

Im Verlauf wird die Dosis der Wirkung und den Nebenwirkungen angepasst. Bei deutlicher, evtl. bereits transfusionspflichtiger Anämie hat es sich im klinischen Alltag durchgesetzt, dass mit einer niedrigeren Dosis begonnen wird, die im Verlauf angepasst wird. Die Dauer der Therapie mit Ruxolitinib ist nicht begrenzt. In der Regel sprechen die Patienten innerhalb der ersten 12 Behandlungswochen an.

Watch und Wait Strategie

Patienten mit einem Niedrig Risiko- oder Intermedärrisiko 1 ohne klinische Probleme (keine Splenomegalie bedingte Beschwerden, keine konstitutionellen, MF-bedingten Beschwerden) sollten aufgrund der relativ guten Prognose einer watch und  wait-Strategie zugeführt oder in ein entsprechendes Studienkonzept aufgenommen werden (Barbui T et al. 2018).

Problemorientierte Strategien

Hyperproliferation (Thrombozytose, Leukozytose): Zur Kontrolle einer Hyperproliferation (Thrombozytose, Leukozytose) mit oder ohne Splenomegalie kommt in erster Linie Hydroxyurea zum Einsatz. Hydroxyurea wurde bis zur Zulassung von Ruxolitinib für die Behandlung der Myelofibrose, das nach wie vor die einzig zugelassene Arzneimitteltherapie bei der Myelofibrose ist, als medikamentöse Standardtherapie der Myelofibrose betrachtet (Barbui T et al. (2018). Viele Beobachtungen weisen auf eine Verlangsamung der Progression und eine zum Teil günstige Wirkung auf eine vorbestehende Anämie und eine zeitweise Verbesserung der Lebensqualität (Martínez-Trillos A et al. 2011). Hydroxyurea und Ruxolitinib  wurden in einzelnen Studienprotokollen erfolgreich kombiniert  (Caocci G et al. 2018). Auch Pegyliertes Interferon alpha ist bei diesen Patienten ein geeignetes Präparat um die Leuko- und Thrombozytose zu behandeln. Randomisierte Studien zu dieser Beobachtung fehlen und Interferon ist derzeit für die Behandlung von myeloproliferativen Neoplasien noch nicht zugelassen.

Anämie und/oder Thrombozytopenie: Zur Behandlung einer therapiebedürftigen Anämie werden insbesondere bei zusätzlicher Autoimmunhämolyse (niedriges Haptoglobin und evtl. positiver Coombs-Test) häufig mit Erfolg Kortikosteroide eingesetzt (Martínez-Trillos A et al. 2011) (initial: 0,5 mg Prednisolon pro kg Körpergewicht über 3 Wochen, später Reduktion der Dosis reduziert ; bei Erfolg Dauertherapie mit kleinen Dosen unterhalb der Cushingschwelle .

Erythropoetin-Behandlung :  Dosierung: 3 x 10.000 I.E. pro Woche. Mit einem Ansprechen bei etwa der Hälfte der Patienten kann gerechnet werden. Komplette Remissionen (keine Transfusionsabhängigkeit mehr und normaler Hb-Wert) treten in ca. 20-25 % der Fälle auf. Ein Serumerythropoetin-Spiegel <125 U/l ist Voraussetzung für ein günstiges Ansprechen auf Erythropoetin.

Androgene (Nandrolon) und Danazol sind in Einzelfallberichten bei transfusionspflichtiger Anämie eingesetzt worden (Dosierung von Danazol (Gonadotropinhemmer): 2-3-mal 200 mg/Tag). Die Wirksamkeit kann erst nach 2-3 Monaten beurteilt werden (Cervantes F etal. (2000).

Splenomegalie: Nur wenn hierunter mangels Ansprechen oder Nebenwirkungen der o.g. Therapie Probleme entstehen ist eine Milzbestrahlung oder eine Splenektomie zu diskutieren.

  • Milzbestrahlung: Eine nur passagere aber wirkungsvolle Maßnahme zur Behandlung einer Splenomegalie stellt die Milzbestrahlung dar (Mesa RA (2009). Eine positive Beeinflussung der Erkrankung besteht auch bei ausgeprägten Allgemeinsymptomen. Die durchschnittliche Ansprechdauer nach Bestrahlung beträgt maximal 6 Monate. Wiederholte Bestrahlungen sind im Verlauf möglich, vor allem, wenn zuvor nur kleinere Dosen eingesetzt wurden. Die Indikationen für eine Splenektomie sind vor Beginn einer Strahlentherapie zu prüfen, da die Komplikationsraten für die Splenektomie nach Strahlentherapie deutlich ansteigen.
  • Splenektomie: Diese geht als Therapie einer Splenomegalie mit einer sehr hohen Morbidität und Mortalität einher. Die perioperative Mortalitätsrate liegt bei 7% (perioperative Blutungen, Infektionen und Thrombosen). Es gibt ab einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Auftreten einer perioperativen Thrombose und einer postoperativen Thrombozytose  Dennoch konnte nach einem Jahr für 76% der Patienten ein palliativer Nutzen der Splenektomie, d.h. Besserung des Allgemeinbefindens und fehlende Beschwerden durch die große Milz, belegt werden (Mesa RA et al. 2006).

Weitere, bei versch. Studien effektive Medikamente

Pegyliertes Interferon-Alpha: Eine Besserung der konstitutionellen Symptome bzw. ein Rückgang der Splenomegalie konnte bei 82% bzw. 46,5% der Patienten erreicht werden. Peg-IFNα-2a wirkt am besten, wenn die Milz nicht zu groß ist (< 6cm unter Rippenbogen), die Thrombozytopenie und Transfusionsbedürftigkeit mit Erythrozytenkonzentraten nicht zu ausgeprägt ist und eine frühe Form der Fibrose vorliegt, somit insgesamt eine frühe Form der Myelofibrose (Ianotto JC et al. 2018).

Imide: In mehreren Phase-II-Studien hat sich Thalidomid als wirksame Substanz bei Patienten mit einer hämatopoetischen Insuffizienz, insbesondere in Hinblick auf eine Anämie oder Thrombopenie erwiesen (Marchetti M et al. 2004). Problematisch sind jedoch die hohen Therapieabbruchraten, die bei einer Thalidomiddosis zwischen 50 und 400/d mg bei etwa 50% liegen. Hauptnebenwirkung, die zum Therapieabbruch mit Thalidomid führt, ist die periphere Neuropathie.

mTOR-Inhibitoren: Bei der Myelofibrose spielt die Aktivierung des AKT/mTOR Signalwegs eine bedeutende pathogenetische Rolle. In einer Phase-I/II Studie bei 39 Hochrisiko- oder Intermediärrisiko-Patienten wurde der mTOR Inhibitor Everolimus eingesetzt (Guglielmelli P et al. (2011). Das Ansprechen konnte bei insgesamt 30 Patienten evaluiert werden. Die häufigste Toxizität in der Dosierung von 10 mg/Tag war eine Grad 1/2 Stomatitis. Eine Milzgrößenreduktion von >50% und >30% fand sich in 20% bzw. 44% der Patienten. In 69% der Patienten zeigte sich eine vollständige Rückbildung der konstitutionellen Symptome.

Telomerase-Inhibitor: Mit dem Telomerase-Inhibitor Imetelstat konnte in einer Pilotudie mit 33 Intermediär-2 oder Hochrisikopatienten mit Myelofibrose bei 7 (21%) eine komplette oder partielle Remission erreicht werden (Tefferi A et al. 2015).

JAK-Inhibitoren und Therapiekombinationen: Außer Ruxolitinib wurden noch weitere JAK-Inhibitoren evaluiert (Griesshammer M et al.2017) . Dies betrifft Pacritinib,  Fedratinib und Momelotinib.

Neue Ansätze verwenden eine Kombinationstherapie von Ruxolitinib mit Pomalidomid oder Thalidomid bzw. Ruxolitinib mit Azacytidine.

Experimentell ist der Ansatz mit Sotatercept, ein Activin Rezeptor Typ 2A IgG-Fc Fusionsprotein.

Verlauf/Prognose

Der klinische Verlauf von Patienten mit PMF ist unterschiedlich. Aussagen bezüglich einer mittleren Überlebensdauer sind nur bedingt möglich. In nicht-selektionierten Patientenkollektiven beträgt die mittlere Lebenserwartung 3,5 bis 5,5 Jahre. In einer Untersuchung an jüngeren Patienten (Alter <55 Jahre) wurde das mittlere Überleben mit 128 Monaten (10,7 Jahre) als fast doppelt so hoch angegeben .

Prophylaxe

Bei familiären Häufungen von MPN wird eine humangenetische Beratung empfohlen.

Nachsorge

Klinische Untersuchung (Beachtung von Veränderungen der Milzgröße), Blutbild einschließlich Differenzialblutbild und klinische Chemie: Abstände abhängig von der Therapieform und der Therapiephase sowie dem individuellen Verlauf der Erkrankung. In der Initialphase der Therapie kurzfristig, nach Erreichen einer stabilen Phase in der Regel Kontrollabstände bis zu einem Vierteljahr oder länger möglich.

Verlaufsuntersuchungen des Knochenmarkes zur Erfassung der seltenen Übergänge in eine akute Leukämie, Akzeleration der PMF oder Zunahme der Myelofibrose werden in Abhängigkeit vom individuellen Verlauf durchgeführt. Bei Hinweisen auf Progression der PMF (zunehmende Anämie oder Thrombozytopenie, Blasten im peripheren Blut etc.) sollte eine Verlaufsuntersuchung des Knochenmarkes geprüft werden.

Ein quantitatives Verlaufs Monitoring von mutiertem JAK2-Allel wird derzeit noch nicht routinemäßig empfohlen, kann aber im Einzelfall bei Therapieentscheidungen hilfreich sein.

Oberbauchsonographie 1 x jährlich ist sinnvoll.

Hinweis(e)

Die PMF wurde früher im angelsächsischen Sprachraum als „Myelofibrosis with myeloid metaplasia“ oder “Agnogenic myeloid metaplasia” bezeichnet. Seit der allgemein akzeptierten WHO Klassifikation von 2008 wird die Myelofibrose inzwischen einheitlich als primäre Myelofibrose (PMF) bezeichnet. Mit der WHO-Klassifikation 2016  wurde die neue präfibrotischen Myelofibrose (präPMF) als neue Subentität hinzugefügt.

Literatur

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