Urticaria factitiaL50.30

Autoren:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Dermographische Urtikaria; Dermographism; Dermographismus cholinergischer; Factitious urticaria; Hautschrift-Urtikaria; Symptomatischer urtikarieller Dermographismus; Urtikaria dermographische

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Definition

Häufigste physikalische Urtikaria mit meist linear angeordneten Quaddeln im Bereich mechanisch irritierter Hautgebiete, z.B. Scheuerstellen von Kleidung.

Vorkommen/Epidemiologie

Urticaria factitia, wie auch urtikarieller Dermographismus, treten häufig zusammen mit anderen Formen einer Urtikaria auf. Sie persistieren nicht selten nach Abklingen der "Begleiturtikaria" und werden dann als einziges "Krankheitssymptom" wahrgenommen.

Ätiopathogenese

Gehäuft gesteigerte psychovegetative Erregbarkeit, Fokus oder Medikamenteneinnahme (Penicillin, Acetylsalicylsäure). Nicht selten Begleitphänomen bei Parasitosen oder Insektenstichreaktionen.

Klinisches Bild

Streifenförmige, stark juckende Quaddelbildung von unterschiedlicher Persistenz und Stärke, die von einem breiten Reflexerythem begleitet ist, das weit über das eigentliche Expositionsareal hinausgeht. Häufig sind multiple Kratzartefakte vorhanden.

Diagnose

Provokationstest durch festes, strichförmiges Kratzen der Haut am Rücken oder am Unterarm (am besten durch Verwendung eines Holzspatels). Hierdurch werden verschiedene Reaktionen provoziert, die nach Latenzzeit, Bestanddauer und Juckreiz unterschieden werden (s. Tab.). Den seltenen Intermediär- und Spättypen kann eine typische Sofortreaktion vorausgehen. Beim cholinergischen urtikariellen Dermographismus treten statt einer strichartigen Quaddel zahlreiche stecknadelkopfgroße Quaddeln in streifiger Anordnung auf. Ebenfalls selten sind der familiäre und der kälteabhängige urtikarielle Dermographismus.

Differentialdiagnose

Therapie allgemein

In der Regel ist keine Therapie notwendig. Ggf. Meiden auslösender Faktoren (z.B. zu eng anliegende Kleidung) oder Noxen (z.B. Medikamente wie Aspirin, Lidocain, Penicillin). Abhärtende Maßnahmen (z.B. Wechseldusche, Sauna). In der Refraktärphase Induktion einer Toleranzentwicklung. Psychosomatische Beratung.

Externe Therapie

Symptomatisch mit Antihistaminika-haltigen Gelen wie Dimetinden (z.B. Fenistil Gel), Clemastin (z.B. Tavegil Gel), Bamipin (z.B. Soventol Gel). I.d.R. eher mäßiges Resultat.

Interne Therapie

  • In ausgeprägten Fällen zeigt der Mastzellstabilisator Ketotifen (z.B. Zaditen) gute Wirksamkeit auf Quaddelbildung und Juckreiz. Initial 1 mg/Tag (1mal/Tag 1 Kps.) über 3-4 Tage, danach steigern auf 2mal/Tag 1 mg und später auf 2mal/Tag 2 mg p.o.
  • Auch nicht sedierende Antihistaminika wie Desloratadin (Aerius) 5-10 mg/Tag, Cetirizin (Zyrtec) 10 mg/Tag, Levocetirizin (Xusal) 5-10 mg/Tag können angewendet werden.
  • Ggf. Einsatz sedierender Medikamente zur Nacht: Hydroxyzin (z.B. Atarax) 25-75 mg/Tag p.o. oder Opipramol (z.B. Insidon) 50-150 mg/Tag p.o.
  • Bei Therapieresistenz ist ein Versuch mit einer pseudoallergenarmen Diät (keine Konservierungsstoffe, Farbstoffe und Antioxidantien) über 4-6 Wochen durchzuführen, s.a. Urtikaria, chronische.

Tabellen

Krankheitsbild/Symptom

Latenz

Dauer

Juckreiz

UDG

2-10 Min.

10-30 Min.

-

UF

1-5 Min.

20-30 Min.

+++

UDG/UF-Intermediärtyp

30-120 Min.

3-6 Std.

-

UDG/UF-verzögerter Typ

4-6 Std.

24-48 Std.

-

Cholinergischer Dermographismus/UF

5-10 Min.

20-30 Min.

+/-

Hinweis(e)

Eine definierte Druckausübung kann mit einem standardisiertem Dermographometer ausgelöst werden, mit dessen Spitze ein Druck von 10-160g/qmm ausgelöst werden kann (HTZ Limited, Vulcan Way, New Addington UK). 

Literatur

  1. Cap JP et al. (1985) Die Wirkung von Ketotifen bei der Urticaria factitia und der Urticaria cholinergica im gekreuzten Doppelblindversuch. Hautarzt 36: 509-511
  2. Fleischer M, Grabbe J (2004) Physikalische Urtikaria. Hautarzt 55: 344-349
  3. Kontou-Fili K et al. (1997) Physical urticaria:classification and diagnostic guidelines. Allergy 552: 504-513
  4. Juhlin L et al. (1987) Inhibiting effect of cetirizine on histamine-induced and 48/80-induced wheals and flares, experimental dermographism and cold-induced urticaria. J Allergy Clin Immunol 80: 599-602
  5. Termeer C et al. (2015) Chronische spontane Urtikaria- Ein Behandlungspfad für die Diagnosestellung und Therapie in der Praxis. JDDG 13: 419-429 

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