Das Hautarztverfahren ist zweistufig aufgebaut: Die Zuweisung des Patienten an einen Hautarzt ist durch jeden Arzt möglich. Der Hautarzt wird dann einen Hautarztbericht erstatten, in dem er die erhobenen Befunde und seine Schlussfolgerung dem Versicherungsträger mitteilt. § 43 des Ärztevertrages legt dabei die vertragliche Verpflichtung für jeden Arzt fest.
Procedere: Jeder Arzt ist verpflichtet, einen Versicherten mit krankhaften Hautveränderungen, bei dem die Möglichkeit besteht, dass daraus eine Hauterkrankung durch eine berufliche Tätigkeit im Sinne der Berufskrankheitenverordnung (s.u. Berufskrankheit der Haut) entsteht, wiederauflebt oder verschlimmert, unverzüglich einem Hautarzt vorzustellen. Der Hautarzt untersucht den Versicherten. Er erstattet unverzüglich einen Hautarztbericht nach Vordruck F 6050 dem Unfallversicherungsträger und übersendet Durchschriften dem behandelnden Arzt und der Krankenkasse. Für die Vorstellung beim Hautarzt hat der Arzt den Vordruck F 2900 ÜV zu verwenden.
§ 42 Wiedervorstellungspflicht: So weit aus Gründen der Diagnostik erforderlich, kann der Hautarzt den Krankheitsverlauf durch Wiedervorstellung des Versicherten überwachen. Er hat unverzüglich den Hautarztbericht nach Vordruck F 6050 dem Unfallversicherungsträger zu erstellen und Durchschriften dem behandelnden Arzt und der Krankenkasse zu übersenden.
§ 43 Hauttestungen: Der Hautarzt ist berechtigt, Tests durchzuführen, die zur Klärung des Ursachenzusammenhangs zwischen der Hauterkrankung und der beruflichen Tätigkeit erforderlich sind. Testungen sind auf das für die Erstattung des Hautarztberichtes erforderliche Maß zu beschränken. Darüber hinausgehende Testungen bedürfen der Zustimmung des Unfallversicherungsträgers.
Das Hautarztverfahren dient zur Früherfassung von Berufsdermatosen und löst prophylaktische Maßnahmen aus. Es soll verhindern, dass eine Berufsdermatose zur Berufskrankheit wird.
Hautarztbericht: Zentrales Instrument im Hautarztverfahren ist der Hautarztbericht. Durch ihn erfährt der UV-Träger erstmalig vom Vorliegen einer Hauterkrankung bei einem Versicherten und kann im Rahmen von §3-Maßnahmen prophylaktisch aktiv werden. Die Abrechnung kann ohne spezielle Genehmigung oder Behandlungsauftrag über den Unfallversicherer abgerechnet werden.
BK-Anzeige: Ärztliche Anzeige über eine Berufskrankheit ("grüne Anzeige") wird dann erstattet, wenn der begründete Verdacht einer Berufskrankheit besteht. Bei Dermatosen, die nicht unter Ziffer 5101 BeKV fallen, liegt der begründete Verdacht vor, wenn eine berufliche Bedingtheit anzunehmen ist, bei Erkrankungen nach Ziffer 5101 erst dann, wenn auch die formaljuristischen Kriterien einer Berufserkrankung als erfüllt anzusehen sind. Die BK-Anzeige setzt zwangsläufig ein BK-Feststellungsverfahren in Gang!
Feststellungsverfahren: Beinhaltet Voruntersuchungen durch den Unfallversicherungsträger (Behandlungsberichte, Auskünfte von Versicherten, Arbeitgeber und Krankenkasse, Arbeitsplatzanalyse des Technischen Aufsichtsdienstes) und schließt mit einem Zusammenhangsgutachten ab. Dies kann 1-2 Jahre dauern.
Die Berufsgenossenschaft als Kostenträger: Nach Übernahme der Behandlungskosten (schriftliche Mitteilung), in der Regel zeitlich begrenzt, erfolgt Liquidation über den UV-Träger. Wenn nicht anders im Behandlungsauftrag angegeben, gelten die Beträge der allgemeinen Heilbehandlung. Besondere Heilbehandlung erfolgt nur, wenn im Auftrag angegeben. Es gilt die Gebührenordnung der Unfallversicherungsträger (siehe: Butz-Leufting: BG-GOÄ; Kepnerdruck Druckereiverlag GmbH, Eppingen).
Verordnet werden dürfen Therapeutika, Baumwollhandschuhe, Hautschutzpräparate (s.u. Hautschutzpräparat, industrielles), Hautreinigungsmittel (s.u. Hautreinigungsmittel, industrielles), Hautpflegepräparate, Badeöle etc. Schutzhandschuhe werden in der Regel nicht übernommen (Arbeitgeber!), Verordnung (Vinyl-Handschuhe) nur wenn ausdrücklich genehmigt! Rezeptiert wird auf Kassenrezept (im Rezeptkopf UV ankreuzen, Name und Sitz der BG, Aktenzeichen der BG angeben; gebührenfreie Verordnung). BG-Verordnungen laufen außerhalb des Arzneimittelbudgets!
Das Berufsekzem in der Sprechstunde: Möglichst rasch Hautarztbericht erstellen und Hautschutzmaßnahmen beantragen. Wenn nötig, Arbeitsunfähigkeit bescheinigen, um Verlauf der Hauterkrankung zu beurteilen und Testfähigkeit herzustellen. In der Regel erfolgt die Zusage nach 4-8 Wochen, falls der UV-Träger nicht reagiert, erneuter Hautarztbericht oder Rücksprache mit dem zuständigen Sachbearbeiter. Einige Berufsgenossenschaften sind leider sehr restriktiv. Nach Zusage Beginn der Hautschutzmaßnahmen und regelmäßiger Behandlungsbericht mit Empfehlung der weiteren Kostenübernahme. Wichtig ist die regelmäßige Wiedervorstellung des Patienten! Bei erneuten Rezidiven eventuell weitere Hautarztberichte erstatten.
Arbeitsunfähigkeit: Kosten von Arbeitsunfähigkeiten bei laufenden §3-Maßnahmen werden vom UV-Träger getragen, die Krankenversicherung tritt jedoch in Vorleistung: Übliche AU-Bescheinigung mit Krankenkassenkopf, Arbeitsunfall ankreuzen, unter Diagnose: §3-Maßnahmen übernommen von BG, Aktenzeichen. Arbeitsunfähigkeitszeiten können wichtig sein, um die berufliche Relevanz nachzuweisen und sind wichtiges Kriterium für den Gutachter. In der Regel wird keine schwere Hauterkrankung oder Zwang zur Unterlassung der schädigenden Tätigkeit ohne AU anerkannt! Auch wiederholte Rückfälligkeit kann i.d.R. nur durch AU-Zeit nachgewiesen werden (AU/Abheilung/Arbeit/Rezidiv).
Aufgabe der schädigenden Tätigkeit: Ist mit den durchführbaren prophylaktischen Maßnahmen kein zufrieden stellendes Ergebnis zu erzielen, ein Verbleib nicht zu verantworten und die Aufgabe der schädigenden Tätigkeit angezeigt, wird die BK-Anzeige erstattet. Kann der Patient innerbetrieblich nicht auf einen geeigneten Arbeitsplatz wechseln und muss die Tätigkeit aufgegeben werden, wird Arbeitsunfähigkeit attestiert bis es zu einer beruflichen Reha-Maßnahme (z.B. Umschulung) kommt. Dies gilt dann auch für mittlerweile schon gekündigte Personen, da Krankengeld höher als Arbeitslosengeld bemessen wird und das Feststellungsverfahren länger dauern kann (diese Verfahrensweise ist abgesichert durch Sozialgerichtsentscheid, da i.d.R. geeignete Arbeitsplätze nicht in nennenswerter Zahl auf dem Arbeitsmarkt verfügbar sind. Vorstellung beim Rehaberater des Arbeitsamtes, um möglichst zügig eine berufliche Rehamaßnahme einzuleiten. Das Arbeitsamt tritt in Vorleistung, nach Anerkennung der Zuständigkeit durch die BG werden die übernommenen Kosten zurückerstattet. Das gilt auch für das höhere Verletztengeld an den Umschüler. Zu Beginn der Rehamaßnahme wird der Patient wieder "gesund" geschrieben.
Der Arzt als Rehaberater: Ob ein Patient endgültig aus dem Beruf (seiner Tätigkeit) genommen werden soll, hängt vom Verlauf, der Schwere und Prognose der Hauterkrankung, aber auch von sozialen Kriterien ab. Hier ist der Hautarzt als Rehaberater gefragt. Gleiches gilt auch für eine kompetente Beratung bzgl. eines BG-Bescheides. Klagen ja oder nein - die alleinige Empfehlung, den Beruf aufzugeben, ist unprofessionell und kann finanziellen Schaden zufügen. Um die richtige Entscheidung treffen zu können, nachfolgend die verschiedenen Absicherungs- und Förderungsmaßnahmen der Unfallversicherungsträger:
- Umschulung in einen geeigneten Beruf (in der Regel Trockenberuf): Gilt für jüngere Betroffene - oft entsteht auf Dauer ein Minderverdienst, da i.d.R. in einen schlechter bezahlten Beruf umgeschult wird.
- Übergangsleistung (gem. §3 Abs. 2) zum Ausgleich eines Minderverdienstes: Nach Umschulung, bei Arbeitslosigkeit, dauernder Arbeitsunfähigkeit oder wenn der Betroffene eine geringer bezahlte Tätigkeit ergriffen hat. Ziel ist es, eine allmähliche Gewöhnung an den Minderverdienst zu erreichen (Abstaffelung über 5 Jahre in Fünftelschritten).
- Eingliederungshilfe: Wenn sich der Betroffene einen Arbeitsplatz auf dem Arbeitsmarkt sucht, Vollfinanzierung des Arbeitsplatzes in der Einarbeitungszeit für in der Regel 6 Monate.
- Berufskrankheitenrente: Unabhängig von der Verdienstsituation ab einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20%.
- Daraus ergeben sich je nach Situation verschiedene zu favorisierende Lösungen (wenn innerbetriebliche Umsetzung nicht möglich ist):
- Auszubildender: Wenn möglich, Ausbildung beenden lassen, danach Umschulung.
- Betroffener relativ jung, umschulbar und auf dem Arbeitsmarkt noch vermittelbar: Umschulung.
- Wegen Alters nicht umschulbar, schwer vermittelbar, Renten- oder Frührentenalter binnen 5 Jahre nicht zu erreichen: Aufnahme einer anderen Tätigkeit mit vorübergehender Absicherung (Übergangsleistung). Falls vom Betroffenen ein späterer Minderverdienst nicht toleriert wird, Versuch, ihn am Arbeitsplatz zu halten (Inkaufnahme von gelegentlichen AU-Zeiten) bis Rente in 5 Jahren erreichbar.
- Fortgeschrittenes Alter, Rente in Sicht: Aufgabe der Tätigkeit: Arbeitslosengeld und Übergangsleistung, dann Berentung.
- Entscheidend kann sich auch auswirken, ob mit weiteren finanziellen Mitteln zu rechnen ist: Berufskrankheitenrente, private Berufsunfähigkeitsversicherung.
- Bei Selbstständigen wird i.d.R. erst die vollständige Übergabe des Betriebes (z.B. Verkauf) als Aufgabe aller schädigenden Tätigkeiten anerkannt. Tätigkeitswechsel innerhalb des Betriebs wird häufig nicht vom UV-Träger akzeptiert, da gelegentliches "zur Hand gehen" unterstellt wird.