Fratelli d´Italia und Histiozytosen
Paul Wilhelm Heinrich Langerhans war kein Dermatologe, und doch ist sein Name jedem Dermatologen geläufig. Seine dermatologische Bekanntheit verdankt er nicht, den allseits bekannten Langerhans-Inseln und deren Produkt, das nach dem lateinischen „Insula“ als Insulin benannt wurde, sondern einer kleinen, zunächst als neurogen fehlgedeuteten, dendritischen Zelle in der menschlichen Haut. Deren herausragende immunologische Qualitäten - Außenposten unseres Immunsystems - wurden erst 100 Jahre später erkannt.
Paul Wilhelm Heinrich Langerhans war kein Dermatologe, und doch ist sein Name jedem Dermatologen geläufig. Seine dermatologische Bekanntheit verdankt er nicht, den allseits bekannten Langerhans-Inseln und deren Produkt, das nach dem lateinischen „Insula“ als Insulin benannt wurde, sondern einer kleinen, zunächst als neurogen fehlgedeuteten, dendritischen Zelle in der menschlichen Haut. Deren herausragende immunologische Qualitäten - Außenposten unseres Immunsystems - wurden erst 100 Jahre später erkannt. Leider war dem, am 25. Juli 1847 geborenen, Pathologen Langerhans, nur ein kurzes Leben beschieden. Er starb am 22.Juli 1888, gerade einmal 40-jährig, von der Öffentlichkeit unbeachtet, in Funchal auf Madeira, wohin es ihn wegen seiner Lungentuberkulose verschlagen hatte.
Paul Wilhelm Heinrich Langerhans (25. 7. 1847 - 22.7. 1888) Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, erst die genauen Kenntnisse der morphologischen, immunologischen und funktionellen Eigenschaften der Langerhans-Zelle, und der verwandten, dendritischen Zelle, haben den gedanklichen Zugang zu der faszinierenden Krankheitsgruppe der Histiozytosen möglich gemacht. Wir sprechen über eine bunte, recht umfangreiche Erkrankungsfamilie, die ein gemeinsames Prinzip vereint: Sie leiten sich von Zellen des Monozyten-Makrophagen-Systems ab. Zwar streifen die Histiozytosen unser Fach Dermatologie nur selten, aber das zunehmende Wissen um ihre Pathogenese, erweitert ungemein das Verständnis über die engen zellulären, und humoralen Interaktionen zwischen Integument und kooperativen Organen, wie lymphatischen System, Knochenmark, Skelett und Lungen. Und auch hierbei erscheint die Haut als Projektionsorgan, sowie als früher Indikator für systemische Erkrankungen. Durch die subtilen diagnostischen Nachweismethoden ist die Krankheitsfamilie der Histiozytosen in den letzten Jahren, erstaunlich angewachsen. Höchste Zeit den enzyklopädischen Ist-Zustand neu zu ordnen und anzupassen. Darüber möchte ich in diesem Newsletter berichten, und gleichzeitig im Einzelfall, auf die weitergehenden Ausführungen in „Altmeyer`s Enzyklopädie-Medizin“ hinweisen. Zuvor sei ein neugieriger, politischer Blick auf Italien gestattet. Das Land deutscher Sehnsüchte hat am 25.9.2022 mal wieder gewählt, und es ist verzeihlich, wenn man im Getümmel der Koalitionen und Regierungswechsel, leicht einmal den Überblick verliert. Dies beruht auf der erschlagend großen Zahl an italienischen Regierungen und Premiers seit 1945. Ich habe die Regierungen gezählt und kam auf 68, wodurch sich ein durchschnittliches Verfallsdatum von gerade einmal 1,1 Jahren errechnen lässt. Deutsche Kanzler verfügen mit 11,0 Jahren über ein deutlich zäheres Sitzfleisch. Noch ist abzuwarten, ob Olaf Scholz und seine Politik, diese Statistik verschlechtern wird.
Aber zurück zu Sonne,Tricolore und Mandolinen. Wir erleben hier in Italien, den Sturz von Mario Draghi, dem international gefeierten "Politikstar", dem Retter des Euros - "BCE is ready to do, whatever it takes, to preserve the Euro and believe me, it will be enough"- den 80% aller Italiener als Ministerpräsident behalten wollten. Er wurde es nicht. Man vermutet, dass Forza Italia, die Berlusconi Partei, Marion Draghi das Misstrauen aussprach, weil dieser sich, allzu deutlich, pro-Ukraine positionierte. Silvio Berlusconi ist, wie wir wissen, bekennender Putin-Freund und vertritt bis heute die Ansicht "Putin sei eigentlich ein friedfertiger Mann, dem man doch die Krim lassen solle". Es folgten einige Parteiaustritte bei Forza Italia und letztlich Neuwahlen. Die Siegerin heißt Giorgia Meloni, Römerin aus Rom. Giorgia ist klein, strohblond, bezeichnet sich selbst als "Underdog", der sich nach oben gekämpft hat". Giorgia redet viel, laut, und wird dabei im Scheinwerferlicht schnell zornig. Sie war schon immer gegen Vaterlandsverräter, oder Eliten, gegen den Islam und gegen nicht-europäische Migranten. Seit Jahren kämpfte sie in Ihrer Daueropposition gegen Vaterlandsverräter, gegen die Eliten, gegen die Zerstörer der italienischen Familie, gegen die EU im Allgemeinen und gegen die Deutschen im Besonderen. Dazu passt die Bewunderung für Donald Trump. Nach Ihrer Wahl jedoch, wurde sie erstaunlich handzahm, plötzlich "proatlantisch und proeuropäisch"; Waffenlieferungen an die Ukraine und die Aufnahme von ukrainischen Flüchtlingen kürte sie zum Programm. Am Tage ihrer Vereidigung trug sie einen schwarzen Anzug, schwarze Stiefel und schlug beim Aussteigen aus dem PKW vor dem Regierungsgebäude die Fersen militärisch stramm zusammen. Zur Präsidentenkür schritt sie dann in Damenschuhen. Angesprochen möchte Giorgia mit "Il Presidente", nicht etwa mit "Signora Presidente". Viele nennen sie auch "Pescivendola", was soviel heißt wie Fischweib, vermutlich weil Ihre Sprache weder elegant noch diplomatisch ist. Trotzdem wurde sie von 7 Millionen Italienern gewählt, und dies reichte zur stärksten Partei und zum ersten weiblichen Premierminister Italiens.
Giorgia Meloni Chefin der Fratelli d´Italia, gewählter Premierminster.
Giorgia ist unangefochtene Chefin der Fratelli d´Italia,(FDI) der Brüder - nicht etwa der Schwestern - Italiens, einer postfaschistischen Partei aus der äußersten rechten Ecke des politischen Spektrums. Ob Giorgia demnach zu einer Art italienischen Alice Weidel wird, bleibt abzuwarten. Es versteht sich, dass der Mussolini Urenkel Giulio Cesare Mussolini, ebenfalls Mitglied dieser Partei ist. So gesehen, ist es für uns Deutsche, wahrlich ein Geschenk der Natur, dass „der Führer“ keine Nachkommen hatte. Es scheint so, als ob die Erben des Faschismus in Rom an die Macht gekommen sind! Man residiert in Rom in der Via della Scorfa 39, einer sagenumwobene Adresse der italienischen Politik. Von hier aus dirigierte Giorgio Almirante die faschistische Partei Italiens. Giorgio Almirante war in den 30ern des letzten Jahrhunderts, ein treuer Gefährte des Duce, und begleitete 1943, als schon alles verloren war, seinen Führer auch nach Salό an den Gardasee, ins Exil. Das Ende ist bekannt. Von der Via della Scorfa 39 in Rom will auch Giorgia die 3. größte Industrienation der EU regieren, nicht allein, sondern in einem wunderlichen Parteienkombinat mit der rechten „Lega“ Salvinis und der „Forza d´ Italia“ Berlusconis. Auf diese Allianz hatte man sich schon vor der Wahl geeinigt. Bei näheren Hinsehen wird die „Causa“ nicht besser. Da sitzt in der Regierung neben "il Presidente" Meloni, die den "Saluto-romano", den Gruß mit dem stramm gereckten rechten Arm, als Banalität abtut, der Populist Matteo Salvini, bekennender Fremdenfeind und Putin-Versteher, und als Zugabe, die "Amici" des zu 4 Jahren Gefängnis verurteilten, und damit vorbestraften, Cavalliere Silvio Berlusconi. Auch er, wie erwähnt, ein Putin-Kumpel, den dieser zu seinen „5 besten, wirklichen Freunden“ zählt, und der ihm, zu seinem 86. Geburtstag am 29. September, 20 Flaschen feinsten Wodkas sendete. Das kann für mich, als einen überzeugten Europäer, nichts Gutes heißen. Was ist nur mit den Italienern los? Sie entbrennen in flammender Liebe zu Possenreißern und Schwindlern. Sie folgen Marktschreiern und Steuerhinterziehern und wählen Haudegen und Epigonen der Faschisten. Und dann? Ebenso schnell wie Ihre Emotionalität brodelt, verfliegt auch wieder ihre rauschhafte Liebe. Der Grund dafür, wurde ganz einfach erklärt: "Die Mehrheit der Italiener glaube nicht mehr an Politik oder Politiker. Der Staat als solcher, das demokratische System im Besonderen, sei den Italienern von Natur aus fremd und als Idee suspekt," so Aldo Cazzullo leitender Redakteur beim Corriere della Sera. Man kann in Italien einfach nicht glauben, dass ein Politiker, der ins Parlament einzieht, dies aus altruistischen Motiven heraus tut. Vor kurzem wurde dann bekannt, dass auch Giorgio ihren Schwager, Francesco Lollobrigida, der Mann ihrer geliebten großen Schwester Arianna, in ein Ministerium bugsierte, als Minister für Lebensmittelsouveränität und Landwirtschaft. Soviel Familie darf es schon sein. Italiener wollten schon immer die sozialistische Allmacht des Staates abschaffen. Dafür werfen sie sich mit Inbrunst ins Zeug, wählen barocke Persönlichkeiten, denen sie, allerdings nur für kurze Zeit und wider besseren Wissens zutrauen, Italien zu retten. Und die Politiker selbst? Sie alle versprechen Besserungen, vor allem Steuergerechtigkeit. „Meno tasse per tutti“, "Flat Tax" oder "Pace Fiscale". Das Versprechen ist alt, es liegt seit dem Jahre 2000 auf dem Tisch. Wobei, um der Wahrheit Genüge zu tun, in Italien nur die "Dummen" ihre Steuern begleichen. Die Steuern sind entsprechend immens hoch, was für jeden Außenstehenden gut nachvollziehbar ist, da die Steuerzahlenden, für die Steuervermeider, die Zeche mitzahlen. Die Hedgefonds wetten schon gegen Italien, und damit auch gegen den Euro.
Giorgia Meloni, Römerin aus Rom, die schon gerne einmal „La Diva Ducia“ oder neuerdings "Draghina" genannt wird, will mit ihren Fratelli d`Italia, Italien wieder aufrichten, zu alter Größe. Aber was ist schon alte Größe? "Proviamoli" probieren wir sie mal aus, sagen die Italiener. Und schon erklingen Hymnen auf die Siegerin, auf die ganze Familie, auf Arianna die Schwester sowieso, und auf deren Mann Francesco, nun Minister. Alle freuen sich, alle tanzen. So sind sie halt die Italiener, schnell entflammt, immer emotional und auch etwas überdreht. Aber nach der euphorischen Wahlnacht kommt der italienische Alltag, und der ist wie vor der Wahl. Noch verklärt der Hype über die erste Frau im Staat die Gemüter. Nur bedarf es keiner prophetischen Gabe, dass die Kritik an ihr, nach 100-tätiger Herrschaft im Palazzo Chigi (Regierungssitz), umso heftiger ausfallen wird. Alle werden sagen: „Che sofferenzza", diese Meloni. Es ist nicht zum Aushalten, erst ist sie Faschistin und dann wieder proeuropäisch, sie kann es einfach nicht“. Aber meine lieben Kolleginnen und Kollegen, vielleicht kommt ja auch alles ganz anders, und wir erleben über Jahre stabile und verlässliche, italienische Verhältnisse. Es wäre der europäischen Union, und damit uns allen, zu wünschen. Im Gegensatz zur Politik ist die Medizin kein sprunghaftes, flüchtiges und schon gar nicht emotionales „Event“. Und doch überraschen uns immer wieder neue Forschungserkenntnisse, die zu wichtigen, manchmal auch grundlegenden, Änderungen diagnostischer und therapeutischer Art führen.
Mit den Histiozytosen wurde eine Krankheitsfamilie begründet, die uns die Komplexizität der Medizin mit aller Deutlichkeit vor Augen führt, die Dermatologie mitten drin. Wir sagen: die Medizin ist immer mehr als die Summe der Erkenntnisse über Krankheiten der einzelnen Organsysteme. Und der Mensch ist mehr ist als die Summe seiner Organe. Dieses Dogma haben wir Dermatologen schon lange z.B. bei der Psoriasis verinnerlicht, die inzwischen als Prototyp einer rheumatoiden Systemerkrankung gilt. Aber tauchen wir einmal gemeinsam etwas tiefer in das Reich der Histiozytosen ein, um diese besser zu verstehen.. Irrungen und Wirrnisse stehen wie so häufig am Beginn einer Entwicklung. Beginnen möchte ich mit dem allgegenwärtigen Begriff „Histiozytom“. Er bezeichnet eine kleine „Pseudogeschwulst“ die ich gerne als fibrotische, „Organ-gewordene Entzündung" deklariere. Vom Namen her, ist das Histiozytom der Prototyp einer „Histiozytose“. Allerdings hat diese pastillenförmge Neubildung mit den „Histiozytosen“, um die es hier geht, wenig zu tun. Deswegen sollte sie besser als Dermatofibrom (D23.-) bezeichnet werden, um schon in der Namensgebung diesen Unterschied herauszuheben. Die Begrifflichkeit Dermatofibrom kommt dem Wesen dieser Pseudogeschwulst deutlich näher. Von den Histiozytosen wissen wir inzwischen, dass es sich um „mono- oder polyorganische, lokalisierte oder disseminierte (auch generalisierte), benigne oder maligne Systemerkrankungen handelt, ausgelöst durch die Proliferation von Zellen des monozytär-phagozytischen Systems“, deren Vertreter von den pluripotenten Knochenmarkszellen abstammen. Aus dem Knochenmark wandern diese Zellen als Monozyten, hämatogen in die Interstitien von Organen, wo sie sich zu gewebsgängigen Makrophagen und digitierenen Zellen differenzieren. Auch die Langerhans-Zelle ist eine solche dendritische Zelle. Das wusste schon, Paul Wilhelm Heinrich Langerhans, wie wir seiner im Jahre 1868 gefertigten Zeichnung entnehmen können, auch wenn er sie für neurogene Zellen des Oberflächenepithels hielt.
Die dendritische Langerhans-Zelle erfährt ihre Differenzierung in den geschichteten Plattenepithelien der Haut und Schleimhäute. Langerhans-Zellen haben ein klar definiertes immunologisches Profil (Positivität für CD1a und Langerin/CD207 sowie S 100) und weisen elektronenmikroskopisch die charakteristischen Birbeck-Granula auf. Die Hauptfunktion aller digitierende Zellen ist die Antigen-Präsentation. Es ist gut nachvollziehbar, dass Erkrankungen dieser Zellgruppe, allein schon ihrer Verteilung wegen, zu komplexen, häufig multiorganischen Krankheitsbildern führen, die naturgemäß solche Organe betreffen, in denen die dendritischen Zellen ansässig sind und Funktionen ausüben. Es sind dies: Haut und die Mundschleimhaut, Lymphknoten, Skelett, Lunge und Bronchialssystem, Leber und Milz.
Histiozytosen treten in unterschiedlichen Erscheinungsformen bei allen Altersgruppen auf. Die meisten Erkrankungen betreffen jedoch das frühe Kindesalter. In der im Jahre 2016 erschienen, und heute noch gültigen Klassifikation der Histiozytosen, wurden die morphologischen und funktionellen Unterschiede zwischen Makrophagen/ Monozyten und den dendritischen Zellen berücksichtigt. Weiterhin basiert dies Klassifikation auf den inzwischen erarbeiteten klinischen, radiologischen, phänotypischen, genetischen und/oder molekularen Forschungsergebnissen. 5 Gruppen werden aufgeführt, denen jeweils definierbare Entitäten zugeordnet werden können. Klassifikation der Histiozytosen (2016) L-Gruppe – Langerhans-Zell-Gruppe (Abt-Letterer-Siwe-Krankheit, Hand-Schüller-Christian-Krankheit, Eosinophile Granulom) C-Gruppe – Nicht-Langerhans-Zell-Histiozytosen (Xanthogranulom, Xanthelasma, Xanthome u.a.) R-Gruppe –Rosai-Dorfman-Krankheit M-Gruppe -Maligne Histiozytosen F-Gruppe – Hämophagozytische Lymphohistiozytose und Makrophagenaktivierungssyndrome Aus dermatologischer Sicht sind die Krankheitsbilder der Langerhans-Zell-, und einige der Nicht-Langerhans-Zell-Gruppe, von besonderer Bedeutung und werden hier näher beschrieben. Langerhans-Zell-Histiozytose(n): Die Krankheitsbilder der Langerhans-Zell-Histiozytose(n) betreffen mono- oder polyorganische, semimaligne, Systemerkrankungen, die durch eine klonale Proliferation dendritischer Zellen gekennzeichnet sind. Neigte man bei diesen früher zur Annahme einer „reaktiv-granulomatösen Pathogenese“, so wird inzwischen mehr und mehr die neoplastische Natur der Zell-Proliferate herausgestellt. Dazu passt, dass man eine aktivierte BRAF-V600E-Mutation in >50% aller Läsionen findet. Diese Mutation ist monoallel und wirkt wie ein dominant treibendes Onkogen. Zusätzlich lässt sich fast stets eine Aktivierung der RAS-RAF-MEK-ERK-Signalwege nachweisen, meistens über Mutationen des RAF-Proteins. Aufgrund dieser Mutationen wird die Langerhans-Zell-Histiozytose heute als „Onkogen-getriebenes Malignom der myeloiden Reihe“ angesehen. Abt-Letterer-Siwe-Krankheit (Protoyp der Langerhans-Zell-Histiozytose): akute multifokale und multisystemische (disseminierte) Erkrankung. Abb. entnommen aus: Katayama S et al. (2022) Und worin besteht die dermatologische Aufgabe bei dieser Erkrankung? Nun, das Integument ist eine häufige Manifestation der Langerhans-Zell-Histiozytose (LCH) im Kindesalter. Prototyp ist die polyorganische „Abt-Letterer-Siwe-Krankheit“ mit sehr kennzeichnenden Hauterscheinungen, die an eine seborrhoische Dermatitis erinnern. Bei der ebenfalls polyorganischen Hand-Schüller-Christian-Krankheit, imponieren integumentale Veränderungen, die an eine Pityriasis lichenoides chronica erinnern. Das eosinopihile Granulom, als monoorganische Manifestationsform der LCH, ist im Wesentlichen eine skelettale Affektion und damit dermatologisch nur ausnahmsweise relevant. Bei allen Manifestationsformen ist eine histologisch/immunhistologische Untersuchung notwendig. Sie ist diagnostisch. Inzwischen neigt man dazu, parallel zu der zuvor aufgeführten historisch geprägten Klassifikation nach Entitäten, eine unitarische Stratefizierung für die klassischen Langerhans-Zell-Histiozytose zu wählen. Diese Klassifizierung basiert auf der These, dass es sich bei den verschiedenen Varietäten, um unterschiedliche Manifestationen einer einzigen Grunderkrankung handelt, deren unterschiedliche Verläufe vom Krankheitsbeginn und von der Art des Organbefalls abhängig sind. Single-system-disease: Monoorganischer Befall von Haut, Skelett, Lymphknoten, Lungen (LCH der Lunge). Multipler (Organ-) Befall: z.B. multilokulärer Skelettbefall/Befall mehrerer Lymphknoten. Multi-system-disease: Befall mehrerer Organsysteme einschließlich der Haut /alte Bezeichnung: Abt-Letterer-Siwe-Krankheit, Hand-Schüller-Christian-Krankheit) Non-Langerhans-Zell-Histiozytosen (Xanthogranulom-Familie): Kontrapunktisch steht den Langerhans-Zell-Histiozytosen die große Familie der „Non-Langerhans-Zell-Histiozytosen" gegenüber (s.u. Altmeyer`s Enzyklopädie). Diese Krankheitsfamilie ist mit mehr als 30 Entitäten, eine fast schon unübersichtlich große Gruppe. Den verschiedenen Erkrankungen fehlen die charakteristischen Langerhans-Zell-Marker. Histologische und klinische Übergänge sind zwischen den einzelnen Krankheitsbildern beobachtet worden. Xanthogranulom juveniles (sensu stricto): weich elastische, gelbliche, vollkommen schmerzlose Plaques. Kein Darier-Zeichen! 8 Monate alter weiblicher Säugling. Größenwachstum in den ersten Lebensmonaten. Histologisch imponiert bei dieser Krankheitsgruppe eine noduläre bis diffuse granulomatöse Dermatitis, mit morphologisch unterschiedlich konfigurierten Makrophagen als dominierendem Zelltyp. Die proliferierenden Zellen sind regelmäßig CD68 und CD163 positiv, die Langerhans-Zell-Kriterien (CD1a und CD207/Langerin) fehlen hingegen. Es dominieren je nach Xanthogranulom-Typ vakuolisierte, xanthomatisierte, spindelige, sternförmige oder onkozytäre Zellen. Ultrastrukturell enthalten diese, kommaförmige, wurmähnliche, myeloide und laminierte Körperchen, jedoch keine Birbeck-Granula.
Das juvenile bzw. adulte Xanthogranulome (sensu stricto) sind die Prototypen dieser Erkrankungsgruppe. Sie treten einzeln oder multipel (lokalisiert oder disseminiert), monoorganisch oder polyorganisch auf. Entsprechend auch eine große Variablität des klinischen Erscheinungsbildes. Das juvenile Xanthogranulom (JXG) wird in älteren Lehrbüchern unter dem Namen „Naevoxanthoendotheliom“ geführt. Bei 40-70% der Patienten treten Hautveränderungen bereits im 1. Lebensjahr auf. Überwiegend findet sich der Beginn innerhalb des ersten Lebensjahres (etwa 80% der Fälle), bei 5-17% der Fälle bereits bei Geburt. Assoziationen zur peripheren Neurofibromatose (NF Typ I) oder juvenilen, chronischen myeloischen Leukämie sind beschrieben. Die hohe Koexistenz mit der TypI-Neurofibromatose ist erstaunlich. Die Assoziation chronischen mit der myeloischen Leukämie charakterisiert das Xanthogranulom als Systemerkrankung. Xanthogranulom adultes: seit mehreren Jahren langsam wachsende, 15 x12 cm große, feste, schmerzlose hautfarbene Geschwulst. Keine systemische Beteiligung nachweisbar. Histiozytose progressive noduläre: dichter, papulöser, akneartiger Befall des gesamten Integuments. Abb. entnommen aus: Kiyohara T et al. (2018) Die im klinischen Alltag häufigen Xanthelasmen, gehören ebenfalls zur Familie der Xanthogranulome. Häufig idiopathisch, finden sich jedoch auch Assoziationen zu Hyperlipoproteinämien (Hyperlipoproteinämie Typ III und Hyperlipoproteinämie Typ II), Hypertonie (40%), Diabetes mellitus (18%). Selten ist eine familiäre Häufung. Ich werte Xanthelasmen als das dermatologisches Pendant zu arteriellen, atherosklerotischen Plaques. Warum sie fast ausschließlich die Lider betreffen, ist völlig unbekannt. Auch die eruptiven Xanthome, die bei Lipidstoffwechselstörungen auftreten, kann man im erweiterten Sinne zu den Xanthogranulomatosen zählen, denn auch bei diesen kommt es schließlich nicht zur simplen Fettablagerung in der Dermis. Die gespeicherten Fette liegen, ebenfalls phagozytiert, in proliferierten Makrophagen vor. Xanthelasma: scharf begrenzte weiche, gelbliche Plaque; Vergröberung der Hautfelderung. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, Bei den Histiozytosen reihen sich eine zahlreiche Erkrankungen ein, die von Seiten der Dermatologie klinisch-morphologisch gut charakterisiert sind. Hierbei denke ich an die Langerhans-Zell-Histiozytose, an das juvenile Xanthogranulom, das klinisch an das Mastozytom erinnert, sowie an die Gruppe der Xanthome und Xanthelasmen. Insbesondere die Xanthelasmen sind dermatologischer Alltag und lassen sich, erstaunlich gut, mit kaustischen Verfahren lokaltherapieren. Die Diversifizierungen der gesamten Krankheitsfamilie der Histiozytosen verdanken wir ihrer zunehmend subtileren, immunologischen Charakterisierung. Das ist gut so, hat jedoch zur Folge, dass auch die finale Diagnose, von den klinisch eindeutig zu diagnostizierenden Xanthomen und Xanthelasmen einmal abgesehen, letztlich unter dem Mikroskop stattfindet. Man kann als klinischer Morphologe nicht alles haben. Gerne grüße ich sehr herzlich heute alle, die ich aus einem noch, sehr sommerlich-angenehmen Oberitalien, mit diesem Newsletter erreicht habe. In 100 Tagen werden wir mehr über die emotionalen Beziehungen der Italiener zu ihrem neuen „Premierminister“ Giorgia Meloni erfahren, die sich, gegen den europäischen Mainstream, von der Genderisierung ihrer Amtsbezeichnung distanzierte. Eins jedoch ist sicher, die hier vorgestellte Klassifizierung der Histiozytosen wird auch zu diesem Zeitpunkt noch Bestand haben.
Va bene, e una buona giornata
Ihr Peter Altmeyer