Phytotherapeutikum rationales

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 20.08.2024

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Synonym(e)

Pflanzliche Heilmittel; Phytopharmaka; Phytopharmazeutikum

Definition

Rationale Phytotherapeutika (Phytopharmakon: von - griech.- phyton für Pflanze und pharmakon für Arzneimittel) sind Arzneimittel, die im Unterschied zu chemisch definierten Pharmaka, sowie isolierten, chemisch identifizierten, pflanzlichen Reinsubstanzen, vorwiegend standardisierte und /oder normierte Extrakte enthalten. Es handelt sich ganz überwiegend um Vielstoffgemische, die im Organismus an verschiedenen molekularen Zielstrukturen wirksam sind.
Rationale Phytotherapeutika kommen nach den allgemein gültigen Grundlagen der Arzneimitteltherapie zur ärztlichen Anwendung. Ihre Wirkung und ihre Wirksamkeit  sind auf der Basis von tier- und humanpharmakologisch belegten Erkenntnissen nachgewiesen und gemäß den Richtlinien des Arzneimittelgesetzes (AMG §4 Abs. 23)  auch unter Berücksichtigung ärztlichen Erfahrungswissens belegt. Weil es sich bei Phytopharmaka um variable Naturprodukte handelt, werden heute zunehmend nur noch gut normierte und standardisierte Extrakte verwendet, die eine Grundlage für eine gleichbleibende Wirkung darstellen. Hierfür ist eine kontrollierte Extraktqualität notwendig. Diese ist nur dann zu gewährleisten, wenn das standardisierte Pflanzenmaterial in einem nachvollziehbaren, gleichbleibenden, standardisierten Herstellungsprozess verarbeitet wird.

Standardisierung: Ist ein Extrakt durch einen wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoff definiert, so wird dieser durch ein Normierungsverfahren des Pflanzenextraktes (verwendet werden ausschließlich Extrakte aus einer vorab festgelegten, immer gleichen Stammpflanze),  auf eine definierte und gleichbleibende Menge eingestellt.
Sind wirksamkeitsbestimmende und wirksamkeitsmitbestimmende Inhaltstoffe nicht oder nur teilweise bekannt, so wird eine gleichbleibende Extraktqualität durch  die Qualität der Ausgangsdroge, durch die Prozessqualität und durch die Quantifizierung von sogenannten Leitsubstanzen erzielt.
 
Wirkstoff und Darreichungsform: Phytotherapeutika werden in den bekannten üblichen Darreichungsformen angeboten (Tee, Tropfen, Pulver, Tabletten, Dragees, Kapseln sowie in topischen Applikationen. Enthält ein Phytopharmazeutikum als Wirkstoff einen Extrakt aus einem oder mehreren Wirkstoffen der selben Pflanze, so wird es (trotzdem) als Monopräparat deklariert.

Der Extrakt ist in seiner Gesamtheit der Wirkstoff. Ein pflanzliches Kombinationspräparat kann in seltenen Fällen auch Extrakte mehrerer unterschiedlicher Pflanzen (s. Ausführungen unter Stammpflanzen) enthalten. Auch dieses Kombinationspräparat wird als Monopräparat deklariert.  
Traditionelle Phytopharmaka: Rationale Phytotherapeutika werden eindeutig von den sogenannten „traditionellen Phytopharmaka“ unterschieden. Die Anwendung traditioneller (nicht-monographierter) Phytopharmaka beruht in erster Linie auf den klinischen Erfahrungswerten Einzelner. Belastbare kontrollierte Studien fehlen im Allgemeinen.  

Phytopharmaka  sind keine Homöopathika: Phytopharmaka enthalten aktive pharmazeutische Wirkstoffe. Phytopharmaka  sind keine Homöopathika. Homöopathischen Mittel enthalten aufgrund der starken Verdünnung nur noch Spuren der aktiven Inhaltsstoffe und sind unter pharmakologischen Aspekten nicht mehr wirksam. Auch hat die Homöopathie im Unterschied zur Phytotherapie keine wissenschaftliche Basis. Ihr Wirkprinzip ist demjenigen der modernen und standardisierten Arzneimitteltherapie fundamental entgegengesetzt.

Risiken und Nebenwirkungen: Grundsätzlich besteht bei den Phytopharmaka dieselben Risiken wie bei allen Arzneimitteln – es gibt ein Potential für unerwünschte Wirkungen (UAW), es existieren Gegenanzeigen und Arzneimittelwechselwirkungen.
Grundsätzliche Indikationen: Phytopharmaka eignen sich gut für einfache und chronische Beschwerden und können aufgrund des eher geringen Interaktionspotentials auch bei älteren Menschen mit Mehrfachverordnungen gut eingesetzt werden.

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Falch  B et al. (2013) Phytotherapie - die gut dokumentierte Basis der Schulmedizin. Schweizerische Ärztezeitung 94:161-163
  2. Hermann PT et al. (2014)  Pharmazeutisches Wörterbuch. De Gruyter GmbH Berlin, Boston
  3. Keller K et al. (2003) Phytopharmaka. Begriffsbestimmungen und Hintergründe. Bundesgesundheitsbl 46: 1036–1039
  4. Loew D et al. (1999) Phytopharmakareport. Steinkopf Darmstadt S 7-12
     
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