Allgemeine Information
Urikosurika zählen – neben Urikostatika und Urikolytika (Dellas 2017) - zu den Medikamenten, die im Rahmen einer chronischen Gichterkrankung eingesetzt werden (Beubler 2011).
Zu den Urikosurika zählen:
- Benzbromaron (in deutschsprachigen Ländern das am häufigsten eingesetzte Medikament [Freissmuth 2016])
- Probenecid (in angelsächsischen Ländern das am häufigsten eingesetzte Medikament [Freissmuth 2016])
- Lesinurad (erst seit 2016 zugelassen) (Herold 2021)
Wirkungsweise
Bei den Urikosurika handelt es sich um eine Gruppe von Medikamenten, die die renale Harnsäureausscheidung steigern, indem sie den Harnsäuretransporter URAT 1 blockieren und damit die tubuläre Rückresorption von Harnsäure aus dem Tubuluslumen vermindern (Freissmuth 2016). Lesinurad hemmt zusätzlich noch den organischen Anionentransporter OAT 4 (Aktories 2017). Der Zielwert der Harnsäure sollte < 6,0 mg /dl liegen (Bruhn 2016).
Pharmakokinetik
Benzbromaron: Die Resorption aus dem Gastrointestinaltrakt erfolgt nach oraler Gabe nur zu ca. 50 % (Hofmann 2017), diese kann aber durch eine mikronisierte Zubereitung deutlich gesteigert werden. Die Metabolisierung erfolgt hepatisch. Die Halbwertszeit liegt bei 3 – 4 h. Die Ausscheidung erfolgt überwiegend biliär (Freissmuth 2016).
Probenicid: Bei Probenicid erfolgt die gastrointestinale Resorption nahezu vollständig. Die Metabolisierung erfolgt hepatisch. Die Halbwertszeit liegt bei 5 – 8 h. Die Ausscheidung erfolgt primär renal. Wegen aktiver Metaboliten ist die Wirkdauer von Probenicid deutlich länger als die von Benzbromaron (Freissmuth 2016).
Lesinurad: Die Bioverfügbarkeit liegt nach oraler Gabe bei nahezu 100 % (Bruhn 2016). Die Metabolisierung erfolgt hepatisch. Die Halbwertszeit liegt bei ca. 5 h (Jobst 2020). Die Ausscheidung erfolgt primär renal (Bruhn 2016).
Indikatonen: Die Indikation zur Behandlung mit Urikosurika besteht bei Unverträglichkeit bzw. Allergie gegenüber Allopurinol (Herold 2021). Sie stellen außerdem ein Mittel zur Reserve für Patienten mit normaler Nierenfunktion dar, bei denen eine rasche Senkung des erhöhten Harnsäurespiegels erforderlich ist (Freissmuth 2016) und finden – mit Ausnahme von Lesinurad - als Alternative zu Allopurinol prophylaktischen Einsatz bei einer Zytostatikabehandlung (Dellas 2017).
Lesinurad kann bei Patienten eingesetzt werden, bei denen Urikostatika keine ausreichende Wirkung zeigen, aber immer in Kombination mit einem Xanthinoxidase- Hemmer (wie z. B. Allopurinol), um die Gefahr eines Nierenversagens möglichst gering zu halten (Hofmann 2017).
Kontraindikationen
- Gichtnephropathie
- Niereninsuffizienz
- Nephrolithiasis
- Überproduktion von Harnsäure
(Herold 2021)
- akuter Gichtanfall
- Hyperurikämie auf Grund hämatologischer Erkrankungen
- Schwangerschaft und Stillzeit (Freissmuth 2016)
Für Lesinurad:
- kardiovaskuläre Vorerkrankungen (Lunzer 2018)
Nebenwirkungen
Zu Beginn der Behandlung kann die Harnsäurekonzentration so hoch sein, dass folgende Komplikationen auftreten können:
- Auskristallisierung von Harnsäure in den Tubuli mit
- Bildung von Nierensteinen
- dadurch bedingter Anurie
- Leberschädigungen (für Benzbromaron und Probenecid beschreiben, allerdings nur selten auftretend)
(Freissmuth 2016)
- allergische Reaktionen (selten)
- gastrointestinale Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe
(Herold 2021)
Bei Lesinurad zusätzliche mögliche Nebenwirkungen:
- Anstieg der Serum- Kreatininwerte
- kardiovaskuläre Symptome in Form von Myokardinfarkt, Apoplex etc. in Studien beschrieben (der kausale Zusammenhang ist aber unklar)
(Bruhn 2016)
Kombination
Bei gleichzeitiger Gabe von Azathioprin oder 6- Mercaptopurin ist zwar keine Dosisreduktion erforderlich (wie es bei der Therapie mit Urikostatika der Fall ist), es traten aber in Kombination mit Benzbromaron gehäuft schwere Schädigungen der Leber auf (Dellas 2017).
Wechselwirkungen
Für Benzbromaron und Probenecid gilt:
- Abschwächung der Wirkung von Allopurinol durch erhöhte Ausscheidung des aktiven Allopurinol- Metaboliten Oxipurinol
- die tubuläre Sekretion diverser organischer Säuren wird (insbesondere durch Probenicid) gehemmt und verringert dadurch die Ausscheidung von:
- Penicillin (gilt nicht für Benzbromaron)
- Indometacin
- Naproxen
- Ketorolac
- Ketoprofen (Freissmuth 2016)
- Diuretika (Dellas 2017)
- folgende Medikamente schwächen die Wirkung der Urikosurika ab:
- Pyrazinamid (Tuberkulostatikum)
- Salicylate
- Sulfinpyrazon
(Freissmuth 2016)
Benzbromaron:
- verstärkt die Wirkung von Cumarin- Antikoagulantien (Hofmann 2017)
Lesinurad:
- die Wirkung hormoneller Kontrazeptiva ist eingeschränkt (zusätzliche Verhütungsmaßnahmen erforderlich)
(Bruhn 2016)
Schwangerschaft und Stillzeit
Urikosurika gelten als kontraindiziert sowohl in der Schwangerschaft als auch in der Stillzeit (Freissmuth 2016).
Dosierungsempfehlung
Benzbromaron: 50 mg – 100 mg / d
Probenecid: 2 x 250 mg / d in der 1. Woche, anschließend 2 x 500 mg / d
(Aktories 2017)
Lesinurad: 200 mg / d plus Xanthinoxidase- Hemmer wie z. B. Allopurinol (Hofmann 2017)
- Urikosurika sollten einschleichend dosiert werden, da vor Erreichen eines normalen Harnsäurespiegels die Gefahr tubulärer Harnsäureausfällung und Harnsteinbildung besteht (Herold 2021)
- alternativ können auch prophylaktisch für 3 Monate Colchicin oder NSAR gegeben werden (Delas 2017)
- die Trinkmenge sollte unter der Therapie bei 2 l / d liegen
- die gleichzeitige Gabe von Uralyt U wird empfohlen, um den Urin auf einen pH- Wert zwischen 6,5 – 7 zu halten
(Herold 2021)
- Benzbromaron ist ab einer Kreatinin- Clearance von < 20 ml / min nicht mehr wirksam
- Probenecid ist ab einer Kreatinin- Clearance von < 50 ml / min nicht mehr wirksam
- Probenecid steht in der Liste der Anti- Doping- Agentur als sog. verbotene Substanz
- Lesinurad sollte ab einer Kreatinin- Clearance von 45 ml / min nicht mehr eingesetzt werden
(Hofmann 2017)
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Aktories K et al. (2017) Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. Urban und Fischer Verlag 526
- Beubler E (2011) Kompendium der Pharmakologie: Gebräuchliche Arzneimittel in der Praxis. Springer Verlag Vienna 118
- Boeckh M (2002) Original- Prüfungsfragen mit Kommentar GK 2. Allgemeine Pharmakologie und Toxikologie. Thieme Verlag 315
- Bruhn C (2016) Lesinurad. Arzneimitteltherapie: Unabhängige Informationen zur Pharmakotherapie. (34) 357 - 361
- Dellas C (2017) Kurzlehrbuch Pharmakologie. Elsevier Urban und Fischer Verlag 192 – 193
- Droste U (2003) Rheumatologie: Diagnostik – Klinik – Therapie. Thieme Verlag 302
- Freissmuth M et al. (2016) Pharmakologie und Toxikologie: Von den molekularen Grundlagen zur Pharmakotherapie. Springer Verlag 680
- Gellrich L et al. (2016) Neues Wirkprinzip bei Gicht. Pharmazeutische Zeitung (6)
- Herold G et al. (2021) Innere Medizin. Herold Verlag 708
- Hofmann F B, Starke K, Förstermann U. (2017). Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie: Begründet von W. Forth, D. Henschler, W. Rummel. Deutschland: Urban & Fischer Verlag GmbH & Company KG 526 - 527
- Jobst E E et al. (2020) Pharmacology for the Physical Therapist. McGraw- Hill Education 410
- Lunzer R (2018) Hyperurikämie und Gicht: Vorstellung einer neuen Therapieoption. Universimed Medizin im Fokus
- Oberdisse E et al. (2002) Pharmakologie und Toxikologie. Springer Verlag 549
- Rieke H et al. (2016) Gicht: Der aktuelle Wissenstand zu Ätiologie, Pathogenese, Diagnostik, Klinik und Therapie. De Gruyter Verlag 7.5.3