Erstbeschreiber
Die urämische Perikarditis wurde bereits im Jahre 1836 von Richard Bright erstmals beschrieben (Bright 1836).
Definition
Unter einer urämischen Perikarditis versteht man eine Komplikation der Urämie, die zu einer metabolischen Entzündung des Perikards führt. Durch die Entzündung kann sich eine Ansammlung von Flüssigkeit zwischen beiden Perikardblättern ausbilden. Die urämische Perikarditis stellt immer eine akute Notfallsituation dar (Keller 2010 / Kaufmann 2015 / Pinger 2019).
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Einteilung
Man differenziert zwischen einer :
- urämischen Perikarditis: Diese tritt in der prädialytischen Phase auf oder 8 Wochen nach Beginn einer Dialysetherapie
- dialyse- assoziierten Perikarditis: Die 2. Form manifestiert sich > 8 Wochen nach Beginn einer Dialysebehandlung (Kuhlmann 2015).
Weiterhin wir unterschieden zwischen einer:
- Perikarditis mit Perikardtamponade (diese trat bei einer Studie mit 44 Patienten in 16 % auf)
- Perikarditis ohne Perikardtamponade (Kuhlmann 2015)
Vorkommen/Epidemiologie
Die urämische Perikarditis kann auftreten im Rahmen einer:
- akuten Niereninsuffizienz
- chronischen Niereninsuffizienz
- unzureichenden Dialysebehandlung (Keller 2010)
Da heutzutage i. d. R. eine frühzeitige Dialyse angestrebt wird, sieht man inzwischen die urämische Perikarditis nur noch selten. Wenn sie auftritt, dann fast immer im Rahmen einer zu geringen Dosis der Dialyse (Kasper 2015).
Außerdem kann die Perikarditis bei urämischen Patienten im Rahmen von Begleiterkrankungen auftreten wie z. B.:
- Sepsis
- Virusinfektionen
- systemischen Erkrankungen wie z. B. systemischer Lupus erythematodes (SLE) (Kuhlmann 2015)
Ätiopathogenese
Ursache für die urämische Perikarditis ist immer das Bestehen einer Urämie im Endstadium. Risikofaktoren sind dabei:
- Überwässerung
- Hypalbuminämie
- unzureichende Dialysedosis (Kuhlmann 2015)
Pathophysiologie
Pathophysiologisch kommt es durch Akkumulation urämischer Toxine zu einer metabolischen Entzündung der Perikardblätter (Fölsch 2000).
Manifestation
Eine urämische Perikarditis tritt bei ca. 10 % - 20 % aller Dialysepatienten auf (Kuhlmann 2015).
Klinisches Bild
Eine urämische Perikarditis bleibt – im Gegensatz zu anderen Perikarditiden – häufig symptomlos. In den übrigen Fällen entwickeln sich die Symptome meistens langsam. Es können dann bestehen:
- atmungsabhängige Perikardschmerzen (Kasper 2015)
- subfebrile Temperaturen bzw. Fieber (Kuhlmann 2015)
Diagnostik
Auskultation
- Reibegeräusch des Perikards (vergleichbar mit dem Geräusch beim Formen eines Schneeballes (Geberth 2011)
EKG
- verkürzte PQ- Zeit
- diffuse ST- Hebungen (können speziell bei der urämischen P. aber auch fehlen (Keller 2010; Kasper 2015)
Bildgebung
Röntgen Thorax
Im Röntgen- Thoraxbild sind sehr große Perikardergüsse als Verbreiterung der Herzsilhouette erkennbar (Kuhlmann 2015).
- Perikarderguss
Ein Erguss ist zwar nicht obligatorisch, aber falls er vorhanden ist, lässt sich selbst ein geringer Erguss ab 15 ml echokardiographisch nachweisen. Oftmals ist der Erguss blutig [Adler 2017].
- Herzbeuteltamponade (selten auftretend) (Kasper 2015)
Komplikation(en)
Perikardtamponade bei großem Perikarderguss
Verklebung der beiden Perikardblätter mit Beeinträchtigung der kardialen Pumpleistung und u. U. nicht beherrschbarem Rechtsherzversagen (Geberth 2011; Keller 2010)
Therapie
Das Auftreten einer urämischen Perikarditis stellt bei Patienten im Prädialysestadium eine dringliche Indikation zur sofortigen Dialyse dar (Empfehlungsgrad IIa, Evidenzgrad C). Eine Antikoagulation sollte dabei aber wegen des oftmals blutigen Perikardergusses vermieden werden.
Das Auftreten der urämischen Perikarditis bei bereits dialysierten Patienten sollte zu einer Intensivierung der Dialyse (Empfehlungsgrad IIa, Evidenzgrad C) führen (Adler 2017).
Falls es zum Therapieversagen der Dialysebehandlung kommt:
- kann eine Perikardpunktion (Perikardiozentese) in Betracht gezogen werden (Empfehlungsgrad IIb, Evidenzgrad C)
- eine Perikarddrainage ist insbesondere bei rezidivierenden Ergüssen angezeigt (Kasper 2015)
- ggf. kann eine medikamentöse Behandlung mit NSAR und Kortikosteroiden (systemisch oder intraperikardial) erwogen werden (Empfehlungsgrad IIb, Evidenzgrad C) (Adler 2017).
Sollte es zu einer hämodynamisch nicht tolerablen Verklebung der Perikardblätter kommen, kann (in seltenen Fällen) eine Perikardektomie notwendig werden (Geberth 2011).
Bei der noch seltener auftretenden Perikardtamponade sind eine Perikardiozentese oder herzchirurgische Maßnahmen angezeigt (Empfehlungsgrad I, Evidenzgrad C) (Adler 2017).
Verlauf/Prognose
Der Perikarderguss bildet sich unter der entsprechenden Behandlung i. d. R. nach 1 – 2 Wochen wieder zurück. Sollte dies nicht der Fall sein, empfiehlt sich bei hämodynamischer Wirksamkeit eine Perikardpunktion (Geberth 2011).
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Adler Y et al. (2017) ESC Pocket Guidelines der ESC (European Society of Cardiology) und DGK (Deutsche Gesellschaft für Kardiologie.Börm Bruckmeier Verlag
- Bright R (1836) Cases and observations, illustrative of renal disease accompanied with the secretion of albuminous urine. OCLC-Number: 40765372. Guy‘s Hospital Reports (1, No 2) 338 – 379
- Fölsch U R et al. (2000) Pathophysiologie. Springer Verlag 230
- Geberth S et al. (2011) Praxis der Dialyse nach den Leitlinien NKF KDOQITM, KDIGO, EDTA, DGfN. Springer Verlag 13, 147 – 148
- Herold G et al. (2020) Innere Medizin. Herold Verlag 642
- Kasper D L et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 1817 - 1818
- Kasper D L et al. (2015) Harrisons Innere Medizin. Georg Thieme Verlag 2232
- Keller C K et al. (2010) Praxis der Nephrologie. Springer Verlag 209
- Kuhlmann U et al. (2015) Nephrologie: Pathophysiologie - Klinik – Nierenersatzverfahren. Thieme Verlag 432, 696
- Pinger S et al. (2019) Repetitorium Kardiologie: Für Klinik, Praxis, Facharztprüfung. Deutscher Ärzteverlag 590 - 593
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