Synonym(e)
Erstbeschreiber
Das Krankheitsbild der Pleurodynie wurde erstmals in der Dissertation „De febribus Eyderostadenses corripientibus epidemica, vulgo Stoppelfiebern“ des Dänen Hannaeus 1732 beschrieben.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts trat die Erkrankung in Form von Epidemien in Island und Norwegen auf und wurde nach dem dortigen Ort Bamle als „Bamle Krankheit“ bezeichnet.
Der dänische Arzt Eynar Sylvest beschrieb als erster ausführlich im internationalen Schrifttum über die Pleurodynie, nachdem es zu einem epidemischen Auftreten auf der dänischen Insel Bornholm in den Jahren 1930 – 1932 gekommen war. Die Erkrankung wird seitdem nach der Insel benannt als sogenannte „Bornholm Erkrankung“.
Definition
Unter einer Pleurodynie versteht man eine äußerst schmerzhafte Myalgie der Interkostalmuskulatur. Sie kann ein- oder beidseitig auftreten.
Auch interessant
Erreger
Eine Pleurodynie wird durch unterschiedliche humane Enteroviren (HEV) verursacht. Es handelt sich dabei um unbehüllte RNA-Viren, die relativ umweltresistent sind. Diese werden in die Gruppen A bis D unterteilt.
Für die Pleurodynie sind im wesentlichen die Coxsackie- und die Echo-Viren verantwortlich.
Die Coxsackie-A-Viren gehören zur Gruppe der HEV-A und HEV-C und werden in weitere Serogruppen unterteilt (insgesamt 22).
Die Coxsackie-B-Viren zählen zur Gruppe der HEV-B und unterteilen sich ebenfalls in mehrere Serotypen (insgesamt 6).
Die Echo-Viren zählen zur Spezies HEV B, welche sich in 27 Serotypen unterscheiden.
Die häufigsten infektiösen Ursachen der Pleurodynie sind:
- Coxsackievirus Typ B 1, 2, 3, 4, 5
- Echoviren HEV-B Serotyp 6 und 9 (lösen häufig epidemische Erkrankungen aus)
Vorkommen/Epidemiologie
Erste Schilderungen der Erkrankung stammen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, wo die Pleurodynie in Nordamerika und in Australien auftrat. In Europa wurden 1879 erstmals Krankheitsfälle in der Schweiz verzeichnet und seit 1930 tritt die Pleurodynie in Deutschland auf. Die Erkrankung verbreitete sich dann aber rasch in ganz Europa und später weltweit.
Die Coxsackie- und Echo-Viren kommen besonders häufig in Ländern mit einem niedrigen sozioökonomischen Status vor. Die Verbreitung erfolgt in gemäßigten Zonen überwiegend in den Sommer- und Herbstmonaten. Der Durchseuchungsgrad der Bevölkerung ist sehr hoch.
Die Gefahr nosokomialer Infektionen mit einem der beiden Erregern ist besonders auf Neugeborenen- und Frühgeborenenstationen von großer Bedeutung.
Klinisches Bild
Übertragung
Sowohl die Coxsackie- als auch die Echoviren sind hoch infektiös und relativ umweltresistent. Die Übertragung erfolgt durch Schmierinfektion von Mensch zu Mensch.
Zu Beginn der Erkrankung mit Coxsackie- bzw. Echoviren sind diese auch im Nasopharynx nachweisbar. Während dieser Zeit ist damit auch eine aerogene Übertragung möglich.
Die Inkubationszeit beträgt 2 – 8 Tage. Die eigentlichen Symptome bestehen in der Regel ca. eine Woche.
Infektionen mit Echoviren verlaufen bis zu 95 % asymptomatisch.
Bei den übrigen 5 % und bei Auslösung der Erkrankung durch Coxsackie- Viren bestehen folgende Symptome:
- Erkrankungsbeginn oftmals aus völligem Wohlbefinden heraus
- Vorhandensein von starken, - meistens atemabhängigen - Thoraxschmerzen, die intervallmäßig auftreten und ca. 15 bis 30 Minuten anhalten (die Schmerzen sollten nicht mit denen einer Pleuritis sicca verwechselt werden)
- bei Kindern sind die Schmerzen oftmals eher im Oberbauch lokalisiert
- Druckschmerz im Bereich der betroffenen Muskulatur
- Schüttelfrost
- Fieber (dieses ist ca. eine Stunde nach Beginn der Schmerzattacken am höchsten)
- Tachypnoe
- Kopfschmerzen
- Schweißausbrüche
- gelegentlich auch Übelkeit und Erbrechen
Diagnose
Auskultation:
Es kann Pleurareiben (in ca. 25 % der Fälle) auskultierbar sein.
Labor: Erregernachweis ist im Liquor, Rachenspülwasser, Konjunktivalabstrich und Stuhl möglich. Wegen der hohen Durchseuchung der Bevölkerung hat der Antikörper-Nachweis nur eine geringe Bedeutung. Das Blutbild ist meistens unauffällig.
Röntgen Thorax: meistens unauffällig
Differentialdiagnose
- Rippenfraktur (Trauma vorausgegangen?)
- Herpes zoster (lokale Hautläsionen, Papeln sichtbar?)
- Pleuritis sicca (Auskultation, Sonographie etc.)
- Myokardinfarkt (Atemabhängigkeit, Ausstrahlung, EKG, Troponin etc.)
- Lungenembolie (Echo, D-Dimere, MDCT etc.)
Therapie
Durch starke atemabhängige Schmerzen besteht die Gefahr der Minderbelüftung der Lunge, deshalb sollten Analgetika (nichtsteroidale Antiphlogistika) verabreicht werden.
Ansonsten ist die Erkrankung selbstlimitiert.
Verlauf/Prognose
Die Erkrankung heilt innerhalb weniger Tage ab. Rezidive sind sehr selten, aber nicht ausgeschlossen.
Eine besondere Gefahr besteht lediglich auf Neugeborenen- oder Frühgeborenen-Stationen.
Hinweis(e)
Meldepflicht
Es besteht nach dem IfSG keine Meldepflicht für einzelne Coxsackievirus-Nachweise bzw. Echovirus-Nachweise. Falls aber ein epidemisches Auftreten anzunehmen ist, muss unverzüglich eine Meldung gemäß § 7 (2) IfSG durch den Laborleiter erfolgen.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Darai G et al. (2009) Lexikon der Infektionskrankheiten des Menschen: Erreger, Symptome, Diagnose. Springer Verlag 201
- Gerok W et al.(2007) Die Innere Medizin – Referenzwerk für den Facharzt. Schattauer Verlag 415, 476
- Herold G et al. (2017) Innere Medizin. Herold Verlag 241, 878
- Kiehl W et al. (2012) Infektionen durch Enteroviren. Kompendium Infektiologie und Infektionsschutz. Hoffmann Verlag. Robert-Koch-Institut
- Kasper DL et al. (2015) Harrison's Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 831, 892, 1291 - 1292
- Kasper DL et al. (2015) Harrisons Innere Medizin. Thieme Verlag 1578
- Windorfer A (1963) Die Bornholmer Krankheit. Deutsche Medizinische Wochenzeitschrift. (21) Georg Thieme Verlag 1077-1082
Weiterführende Artikel (1)
Infektionsschutzgesetz;Disclaimer
Bitte fragen Sie Ihren betreuenden Arzt, um eine endgültige und belastbare Diagnose zu erhalten. Diese Webseite kann Ihnen nur einen Anhaltspunkt liefern.