Peritonitis, PD-assoziierte

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024

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Synonym(e)

Eine durch die Peritonealdialyse hervorgerufene Bauchfellentzündung

Erstbeschreiber

Bereits im Jahre 1922 beschrieb Putnam das Peritoneum als eine Dialysemembran. Die erste Peritonealdialyse (PD) am Menschen wurde 1927 von Heusser und Werder durchgeführt.

Aber erst der im Jahre 1968 von Tenckhoff entwickelte Silastic- Katheter ermöglichte ein längeres Verbleiben des Kat eters in der Bauchhöhle. Dadurch entfiel die bis dahin bei jeder Dialyse erforderliche erneute Punktion – und die damit verbundene erhöhte Gefahr einer Peritonitis nahm ab (Bauer 2009).

Die intermittierende Peritonealdialyse fand zunächst klinikgebunden Anwendung und wurde Ende der 70er Jahre durch die kontinuierliche ambulante Peritonealdialyse im häuslichen Bereich weitestgehend abgelöst (Geberth 2011). Seit Beginn der PD nimmt die Zahl der durch die PD hervorgerufenen Peritonitiden ständig ab (Kuhlmann 2015).

Definition

Unter einer PD- assoziierten Peritonitis versteht man eine schwerwiegende Komplikation in Form einer Peritonitis bei Patienten, die mit einer PD behandelt werden (Geberth 2011).

Einteilung

Die Kontamination kann intraluminal, periluminal, transmural oder gastrointestinal erfolgen (Geberth 2011).

Die Eintrittstelle des Katheters wird klassifiziert in:

  • vier nicht entzündliche Zustände:
    • perfekt
    • gut
    • akzeptabel
    • traumatisiert
  • drei entzündliche Zustände:
    • akut entzündet
    • chronisch entzündet
    • entzündliche Veränderungen im Bereich des äußeren Cuffs ohne Entzündungszeichen an der Katheteraustrittsstelle (Keller 2010)

Erreger

Bei der PD- assoziierten Peritonitis finden sich überwiegend grampositive bzw. gramnegative Bakterien, in seltenen Fällen Enterobakterien oder Pilze.

Erreger in absteigender Häufigkeit wie z. B.:

  • Koagulase- negative Staphylokokken
  • Staphylokokkus aureus
  • Streptokokken
  • E. coli
  • Pseudomonas
  • Enterokokken
  • Klebsiella
  • Candida (Kuhlmann 2015)

Je nach Infektionsweg finden sich unterschiedliche Keime:

  • intraluminal: nahezu ausschließlich Hautkeime wie z. B.:
    • Staphylococcus epidermidis
    • Staphylococcus aureus
    • Acinetobacter
  • periluminal:
    • Staphylococcus epidermidis
    • Staphylococcus aureus
    • Pseudomonas
    • Proteus
    • Hefe (bei Exit- side- Tunnelinfekt)
  • transmural: Keime der Darmflora wie z. B.:
    • Anaerobier
    • Pilze
    • gehäuft mehrere Organismen
  • aszendierend:
    • Pseudomonas
    • Hefe (Geberth 2011)

Vorkommen

Die PD- assoziierte Peritonitis stellt die häufigste Komplikation bei einer PD dar (Bundesärztekammer 2015) und ist auch der häufigste Grund für einen Verfahrenswechsel.

In den Anfangsjahren der Peritonealdialyse trat die Peritonitis sehr häufig auf. Durch Verbesserungen der Konnektoren und durch technische Entwicklungen, wie z. B. die Einführung des Y- Systems ist diese jedoch deutlich seltener geworden.

Die Inzidenz der Peritonitis lag z. B.:

  • 2011 in Australien bei 0,43 Episoden pro Jahr
  • zwischen 2000 – 2007 in Schottland bei 0,63 Episoden pro Jahr (Kuhlmann 2015)

Für Deutschland sind bei adäquat geschulten Patienten in erfahrenen Zentren < als 1 Peritonitis in 60 Behandlungsmonaten beschrieben (Schwenger 2007).

 

Klinisches Bild

Das wichtigste Zeichen einer Peritonitis stellt die Trübung des Dialysatauslaufs dar, die bei ausgeprägten Befunden mit dem bloßen Auge erkennbar ist. Die Patienten werden angehalten, den Auslaufbeutel nach jeder Dialyse über ein beschriebenes Schriftstück zu legen. Falls die Schrift nur noch undeutlich zu erkennen ist, spricht das für eine Trübung des Dialysats (Kaufmann 2015).

I. d. R. ist die Trübung des Auslaufbeutels das erste Symptom einer Peritonitis. In seltenen Fällen kann aber auch die klinische Symptomatik primär vorhanden sein (Kaufmann 2015).

Symptome einer Peritonitis können sein:

  • abdominelle Schmerzen (80 %)
  • Fieber (50 %)
  • Übelkeit (30 %)
  • Erbrechen (30 %)
  • Diarrhoe (7 % - 10 %)
  • Abwehrspannung (10 % - 50 %)
  • abdomineller Druckschmerz (80 %)
  • Loslassschmerz
  • Singultus (7 % - 10 %) (Kasper 2015 / Keller 2010 / Geberth 2011)

Diagnostik

Jede Trübung des Dialysat- Auslaufbeutels sollte abgeklärt werden. Die Bestätigung der Diagnose ist ausschließlich laborchemisch möglich (Kuhlmann 2015).

Es sollten dazu aerobe und anaerobe Kulturen aus dem Dialysat und aus dem Blut angelegt werden, außerdem eine Gramfärbung, um die größtenteils schwer verlaufenden Pilzinfektionen rasch erkenne zu können, ebenso ist ein Differenzialblutbild erforderlich (Bauer 2009).

Labor

In der Peritonealflüssigkeit finden sich:

  • Leukozyten > 100 / µl, davon ≥ 50 % polymorphkernige Neutrophile (PMN).

Kasper (2015) spricht von > 200 / µl.

Die Schwellenwerte liegen i. d. R. unter denen einer spontanen bakteriellen Peritonitis, da der Glukosegehalt des Dialysats und die Abwesenheit von Antibiotika für eine rasche Vermehrung der Bakterien in der Bauchhöhle beitragen (Kasper 2015).

Die Dialysatkulturen sind typischerweise positiv (Herold 2020).

Komplikation(en)

Wird der Patient mit einer automatisierten Peritonealdialyse (APD) behandelt, kann sich die Diagnose der Peritonitis verzögern, da es bei der APD durch die höheren Dialysatmengen und – umsätze zu einer Verdünnung der Leukozyten kommt und somit die Trübung des Dialysats schlechter erkennbar ist (Geberth 2011).

Therapie

In den meisten Fällen ist eine stationäre Behandlung nicht erforderlich (Kasper 2015). Die Therapie der Peritonitis sollte aber umgehend erfolgen. Zunächst mit einem Breitbandantibiotikum, welches grampositive und gramnegative Keime erfasst und nach Erhalt der Dialysatkulturen bzw. des Antibiogramms angepasst wird (Geberth 2011).

Therapieempfehlung z. B.:

  • bei einer Restdiurese von < 100 ml / d:
    • Cefazolin 1,5 mg / kg KG Beutel 1 x / d
    • plus
    • Gentamicin 0,6 mg / kg KG Beutel 1 x / d
  • bei einer Restdiurese von > 100 ml / d:
    • Cefazolin 20 mg / kg KG Beutel 1 x / d
    • plus
    • Gentamicin 0,8 mg / kg KG Beutel 1 x / d

Alternativ können gegeben werden:

  • bei einer Restdiurese von < 100 ml / d:
    • Cefazolin 1,5 mg / kg KG Beutel 1 x / d
    • plus
    • Ceftazidim 1 g Beutel 1 x / d
  • bei einer Restdiurese von > 100 ml Beutel / d:
    • Cefazolin 20 mg / kg KG Beutel 1 x / d
    • plus
    • Ceftazidim 20 mg / kg KG Beutel 1 x / d (Geberth 2011)

Die Therapiedauer sollte mindestens 2 Wochen betragen, bei S. aureus, Enterokokken und gramnegativen Erregern sogar wenigstens 3 Wochen.

Wegen der Gefahr von Adhäsionen und Katheterobstruktionen sollte intraperitoneal Heparin verabreicht werden (Herold 2020).

Falls die Dialysatkultur auch nach 24 h – 48 h negativ sein sollte, empfiehlt sich bei klinischer Besserung der Symptomatik die Fortsetzung einer Monotherapie mit Cefazolin (Dosierung s. o.) über 14 Tage.

Bei Therapieresistenz hingegen sollte die Wiederholung der Dialysatkulturen nach 96 h erfolgen und zusätzlich Gramfärbungen angelegt werden. Bei weiterer Symptomatik und negativem Keimnachweis bleibt letztlich nur die Explantation des Katheters (Geberth 2015)

Falls die Peritonitis durch hydrophile gramnegative Keime verursacht wird, wie z. B. Pseudomonas oder Hefepilze, ist eine antimikrobielle Therapie i. d. R. nicht ausreichend. Für eine dauerhafte Sanierung empfiehlt sich in diesen Fällen die Explantation des Katheters (Kasper 2015). 

Die Verursachung der Peritonitis durch Mykobakterien oder Pilze tritt zwar nur sehr selten auf (< 2 % [Bauer 2009]), aber in den meisten Fällen bevorzugt im Anschluss an eine antibiotische Behandlung (Kasper 2015).

Prognose

Die Heilungsrate einer Peritonitis beträgt sowohl bei der kontinuierlichen ambulanten Peritonealdialyse CAPD als auch bei der APD ca. 80 % (Geberth 2011).

Mortalität: Die Mortalitätsrate lag bei einer 2005 durchgeführten spanischen Studie, die insgesamt 693 Patienten umfasste, bei 6 %. Erreger waren in diesen Fällen:

  • Pilze 27,5 %
  • Darmkeime 19,3 %
  • Staphylococcus aureus 15,2 % (Fontan 2005)

Hinweis(e)

Zur Prophylaxe empfiehlt sich die tägliche Reinigung und das Belassen von serösen Krusten (Keller 2010). Nach einer stattgehabten Peritonitis ist ein erneutes standardisiertes Training des Patienten zur Vermeidung erneuter Komplikationen erforderlich (Bundesärztekammer 2015).

 

Nach jeder stattgehabten Peritonitis sollten die peritonealen Transporteigenschaften mit Hilfe des kombinierten modifizierten peritonealen Äquillibrationstests (PET) ca. 4 Wochen nach Absetzen der Antibiose (Geberth 2011) überprüft werden.

(Kasper 2015)

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Bauer I Y B (2009) Komplikationen der Peritonealdialyse – Keimspektrum, Inzidenz von Peritonitiden und Abhängigkeit von Behandlungsparametern. Inaugural- Dissertation der Medizinischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität zu Tübingen.
  2. Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale VersorgungsLeitlinie (2015) Nierenerkrankungen bei Diabetes im Erwachsenenalter – Langfassung, 1. Auflage. Version 6. 2010, zuletzt verändert: September 2015. DOI: 10.6101/AZQ/000248
  3. Fontan M P et al. (2005) Peritonitis-related mortality in patients undergoing chronic peritoneal dialysis. Perit Dial Int. 274 - 284
  4. Geberth S et al. (2011) Praxis der Dialyse nach den Leitlinien NKF KDOQITM, KDIGO, EDTA, DGfN. Springer Verlag 200 - 207
  5. Herold G et al. (2020) Innere Medizin. Herold Verlag 646
  6. Kasper D L et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 1825
  7. Kasper D L et al. (2015) Harrisons Innere Medizin. Georg Thieme Verlag 2244
  8. Keller C K et al. (2010) Praxis der Nephrologie. Springer Verlag 254 - 255
  9. Kuhlmann U et al. (2015) Nephrologie: Pathophysiologie - Klinik – Nierenersatzverfahren. Thieme Verlag 728 – 739
  10. Schwenger V (2007) PD- assoziierte Peritonitis. Der Nephrologe (2) 107 - 118
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