Orthopnoe

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 22.08.2024

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Erstbeschreiber

Synonyme

Luftnot im Liegen; Dyspnoe im Liegen;

 

 

Definition

Eine Orthopnoe bezeichnet eine ausgeprägte Dyspnoe, die ausschließlich in liegender Position auftritt (Kasper 2015 / Siegenthaler 2006) und nur durch eine aufrechte Haltung und unter Einsatz der Atemhilfsmuskulatur beseitigt werden kann (Lohr 2002).

Vorkommen

Die Orthopnoe stellt im Rahmen einer Herzinsuffizienz die späte Manifestation einer Dyspnoe dar (Kasper 2015). 

Luftnot auf Grund einer Herzinsuffizienz kommt vor:

  • in der Hausarztpraxis mit ca. 5,4 % an 5. Stelle (die Stellen 1 – 4 werden von respiratorischen Ursachen belegt)
  • im Rettungsdienst an 1. Stelle mit 15 – 16 % 
  • in der Notaufnahme an 2. Stelle mit ca. 16,1 % (Berliner 2016).

Ätiologie

Die Orthopnoe findet sich bei

  • Herzinsuffizienz insbesondere bei der kongestiven Herzinsuffizienz (CHF [Kasper 2015])

Die Sensitivität der Orthopnoe hinsichtlich einer Herzinsuffizienz liegt bei 42,8 %, die Spezifität bei 87,51 %. Der positive Vorhersagewert beträgt 14,5 %, der negative 96,9 % (Dennis 2019).

  • mechanischer Beeinträchtigung des Zwerchfells durch z. B.
    • Adipositas
    • Asthma bronchiale (Kasper 2015)
    • Tumoren (Shikino 2020) 
    • bilateraler Parese des Diaphragmas (Oranen 1999) durch z. B.
      • Amyotrophe Lateralsklerose
      • Multiple Sklerose
      • Wirbelsäulenerkrankungen (Dennis 2019)
    • Ascites
    • ausgedehnten Pleuraergüssen (Siegenthaler 2005)
    • chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen (Dennis 2019)

 

 

Pathophysiologie

Zu einer Orthopnoe kommt es durch Umverteilung von Flüssigkeit aus dem Splanchnikus- Kreislauf und den unteren Extremitäten in den zentralen Kreislauf (Kasper 2015). 

Herzinsuffizienz

Dieses zusätzliche Blutvolumen kann bei eingeschränkter linksventrikulärer Funktion nicht effektiv weitergepumpt werden. Dadurch kommt es zu einem Druckanstieg im Bereich des linken Ventrikels, des linken Atriums und des pulmonalkapillären Verschlusses. Als Folge davon: 

  • bildet sich ein Lungenödem aus
  • steigt der Atemwegswiderstand 
  • wird die Lungen- Compliance reduziert
  • die pulmonale Rezeptoren stimuliert
  • die Vitalkapazität sinkt
  • kommt es zum Verschluss der kleinen Atemwege und zum sog. Airtrapping
  • durch die veränderte Verteilung von Ventilation und Perfusion kommt es zur:
    • Verbreiterung des alveolo- arteriellen Sauerstoffgradienten
    • Hypoxämie
    • Vergrößerung des Totraums
  • die ödematöse Schwellung der Bronchialwand bewirkt einen Verschluss der kleinen Atemwege und ruft damit das für Asthma cardiale typische Giemen hervor
  • zunehmender Limitierung des exspiratorischen Atemstroms
  • Anstieg des Energieverbrauchs im Bereich des Zwerchfells um den restriktiven Belastungen der Lunge entgegenzuwirken (dieser muss von den inspiratorischen Muskeln überwunden werden)

(Dennis 2019)

 

Mechanische Beeinträchtigung des Zwerchfells

Bei mechanischer Beeinträchtigung des Zwerchfells findet sich eine Lungendynamik, die durch die aufrechte Haltung begünstigt wird (Kasper 2015). 

 

Bilaterale Zwerchfellparese

Bei der bilateralen Zwerchfellparese kommt es in Rückenlage zu einer Verschiebung des Bauchinhaltes nach kranial. Dadurch sinkt das Residualvolumen. Da sich das Zwerchfell nicht kontrahieren kann, kann der Bauchinhalt auch nicht nach kaudal verschoben werden (Dennis 2019).

 

Chronisch- obstruktive Lungenerkrankung

Bei einer COPD kommt es in Rückenlage durch den erhöhten Atemwegswiderstand und den intrinsischen PEEP zu einer vermehrten inspiratorischen Anstrengung.

Durch den vorzeitigen Verschluss der Atemwege, die Zerstörung der Lungenarchitektur, den Atemwegskollaps in Ruhe und den erhöhten Atemwegswiderstand wird der exspiratorische Atemstrom begrenzt. Daraus entwickelt sich eine dynamische Überblähung der Lunge.

Es kommt somit zu einem intrinsisch positiven endexspiratorischen Druck, der eine erhöhte inspiratorische Atemarbeit erfordert. Durch die Rückenlage verstärkt sich die Flusseinschränkung und der Atemwegswiederstand nimmt zu (Dennis 2019).

Klinisches Bild

  • Nächtlicher Husten (typisches Symptom [Kasper 2015])
  • Gefühl durch einen Strohhalm zu atmen (Jang 2019)
  • Besserung der Symptomatik nach Aufsetzen bzw. Aufstehen innerhalb weniger Minuten

Die typische Haltung eines herzinsuffizienten Patienten ist die Hochlagerung des Oberkörpers beim Schlafen, wobei der Grad der Hochlagerung ein guter Hinweis auf die Schwere der Herzinsuffizienz ist. Deshalb sollte der Patient nach der Anzahl der Kissen, die er beim Schlafen benötigt, befragt werden (Siegenthaler 2005).

Diagnostik

Die Orthopnoe tritt im Falle einer Herzinsuffizienz zeitlich verzögert auf, bei der mechanischen Beeinträchtigung des Zwerchfells hingegen kommt es unmittelbar nach dem Hinlegen zur Orthopnoe (Shikino 2020). 

Auch bei der bilateralen Zwerchfellparese tritt die Orthopnoe sehr rasch ein. Zusätzlich finden sich noch paradoxe Bauchbewegungen (Dennis 2019).

Die weitere Diagnostik hängt von der Verdachtsdiagnose ab.

Differentialdiagnose

  • paroxysmale nächtliche Dyspnoe

Diese wird durch ein intrapulmonales, intraalveoläres Ödem hervorgerufen, bei dem es oftmals zusätzlich zu einem Bronchospasmus kommt. Nach dem Aufrichten des Oberkörpers kommt es nicht – wie bei der Herzinsuffizienz – zu einer sofortigen Besserung der Orthopnoe, sondern meistens erst nach Abhusten des Sekrets (Siegenthaler 2005).

Im Gegensatz zur Herzinsuffizienz kommt es beim Asthma bronchiale nach Aufrichten des Oberkörpers nicht zu einer Verbesserung der Orthopnoe.

Therapie

Eine akute Orthopnoe lässt sich umgehend durch Aufsetzen oder Aufstehen lindern. Auch das Schlafen mit erhöhtem Oberkörper führt zu einer Verbesserung der Symptomatik (Kasper 2015).

Die weiteren therapeutischen Maßnahmen richten sich nach der Ursache der Erkrankung.

Prognose

Die Prognose ist abhängig von der Grunderkrankung. 

Literatur
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  1. Berliner D et al. (2016) Differentialdiagnose bei Luftnot. Dtsch Aeztrbl Int (113) 834 - 845
  2. Dennis M et al. (2019) Klinik / Praxis: Symptome verstehen – Interpretation klinischer Zeichen. Elsevier Urban und Fischer Verlag München 104 - 106
  3. Gerok W et al. (2007) Die innere Medizin: Referenzwerk für den Facharzt. Schattauer Verlag Stuttgart / New York 1508 
  4. Herold G et al. (2021) Innere Medizin. Herold Verlag 328
  5. Jang S K et al. (2019) 50-Year-Old Man With Dyspnea on Exertion, Orthopnea, and Weight Gain. Mayo Clin Proc. 94 (8) e95 - e100
  6. Kasper D L et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 47e- 3, 1503
  7. Lohr M (2002) GK2 Pathophysiologie – Biochemie. Georg Thieme Verlag Stuttgart / New York 280 
  8. Mukerji V et al. (1990) Dyspnea, Orthopnea, and Paroxysmal Nocturnal Dyspnea.  Ned Tijdschr Geneeskd. 143 (18) 921 - 924
  9. Oranen B I et al. (1999) Orthopnea: not always of cardiac origin. Ned Tijdschr Geneeskd. 143 (18) 921 - 924
  10. Shikino K et al. (2020) Instant orthopnea and pseudo-cardiac dilatation due to anterior mediastinal tumor. J Gen Fam Med. 21 (4) 161 – 162
  11. Siegenthaler W et al. (2005) Siegenthalers Differenzialdiagnose: Innere Krankheiten – vom Symptom zur Diagnose. Georg Thieme Verlag Stuttgart / New York 618
  12. Siegenthaler W et al. (2006) Klinische Pathophysiologie. Georg Thieme Verlag Stuttgart / New York 767
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