Synonym(e)
Definition
Das morphinähnliche Naloxon ist ein kompetitiver Antagonist der Opioidrezeptoren (Opioidrezeptor-Antagonist). Seine mittlere Halbwertszeit beträgt ca. 1.2 H. Naloxon wie auch Naltrexon leiten sich vom Morphinderivat Oxymorphon ab und unterscheiden sich von diesem lediglich durch den Ersatz einer Methylgruppe am N-Atom des Piperidinrings durch einen größeren Substituenten. Naloxon blockiert die Wirkung von Opioiden wie Heroin oder Methadon, indem es an den µ-Opioidrezeptor bindet, sodass dieser blockiert wird. Naloxon wirkt ohne jedoch selbst eine agonistische Wirkung am Rezeptor auszuüben. Naloxon hat ebenso wie Naltrexon eine höchste Affinität zu µ-, eine mittlere Affinität zu к- und die niedrigste zu δ-Opioidrezeptoren (s. u. Opioidrezeptoren).
Dies bewirkt, dass die Opioide ihre Wirkung nicht mehr entfalten können und ihre Wirkung – Atemdepression, Dämpfung, Koma – sowie die Intoxikationserscheinungen nachlassen. Wird Naloxon in Abwesenheit von Opioiden injiziert, zeigt es keine Eigenwirkung.
Pharmakokinetik
Nach intravenöser Injektion wirkt Naloxon binnen einer bis zwei Minuten, da es über die Blutbahn rasch im gesamten Körper verteilt wird. Auch die Blut-Hirn-Schranke überwindet der Wirkstoff schnell – acht- bis zehnmal schneller als Morphin. Dies trägt zu seinem prompten Wirkeintritt bei. Wie lange Naloxon wirkt, hängt vom Applikationsort und der Dosis ab, jedoch ist die Wirkdauer vergleichsweise kurz, da die Konzentration im Liquor schnell sinkt und der Wirkstoff in der Leber abgebaut wird. Es gilt eine Wirkdauer von etwa einer bis vier Stunden, die Halbwertszeit beträgt dabei lediglich etwa 70 Minuten. Nur bei Neugeborenen ist sie erst nach 2,5 bis 3,5 Stunden erreicht. Naloxon wird renal ausgeschieden, hauptsächlich in Form seines Metabolits Naloxonglukuronid.
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Anwendungsgebiet/Verwendung
Die häufigste Darreichungsform von Naloxon ist die intravenöse Applikation. Der Wirkstoff wird auch als Nasenspray verabreicht, bzw. subkutan/ intramuskulär injiziert.
Indikation
Naloxon wird er als Antidot bei Opioidintoxination eingesetzt. Auch bei Schmerzmittel-induzierter Atemdepression (z.B. nach der Gabe von Opioid-Analgetika) kann Naloxon verabreicht werden.
In Kombination mit Oxycodon wird Naloxon auch in Retardtabletten verarbeitet – hierbei hat der Wirkstoff die Aufgabe, die Nebenwirkungen des Opioids im Darm (Verstopfung) aufzuheben.
In Kombination mit dem opioiden Schmerzmittel Tilidin verhindert Naloxon den Missbrauch von Tilidin als Rauschmittel, da Naloxon die Wirkung von Tilidin bei intravenöser Gabe aufheben würde. Zur Behandlung einer Opioid-Abhängigkeit wird Naloxon mit Buprenorphin kombiniert und dann sublingual, transdermal oder peroral verabreicht.
Schwangerschaft/Stillzeit
Naloxon scheint keine teratogene Wirkung zu haben. Dennoch sollte es in der Schwangerschaft nur eingesetzt werden, wenn es unerlässlich ist. Bei Neugeborenen kann der Wirkstoff zu Entzugssymptomen führen.
Da unklar ist, ob Naloxon in die Muttermilch übergeht, sollte es bei stillenden Müttern nur nach sorgfältiger Abwägung von Nutzen und Risiko zum Einsatz kommen.
Dosierung und Art der Anwendung
Da Naloxon die Rezeptoren kompetitiv blockiert und seine Halbwertszeit zudem vergleichsweise kurz ist, ist es wichtig, dass der Wirkstoff in einer ausreichend hohen Dosis verabreicht wird. Ansonsten käme es zu einer Verdrängungsreaktion an dem Rezeptor durch die Opioide.
Bei Atemdepression und zentralnervöser Dämpfung:
- Erwachsene: 0,1–0,2 mg intravenös alle zwei bis drei Minuten
- Kinder: 0,01–0,02 mg/kg Körpergewicht intravenös alle zwei bis drei Minuten
Bei Opioidüberdosierung oder -intoxination
- Erwachsene: 0,4–2,0 mg intravenös, nach 3 Minuten ggf. eine weitere Gabe von 0,4 mg alle zwei bis drei Minuten (Wichtig: Haben insgesamt 10 mg nicht die gewünschte Wirkung erreicht, sollte die Diagnose infrage gestellt werden!)
- Kinder: 0,01 mg/kg Körpergewicht intravenös oder intramuskulär, nach drei Minuten ggf. eine weitere Gabe.
- Neugeborene: Erhielt die Mutter Opioide, kann das Neugeborene mit Naloxon behandelt werden, um deren Wirkung aufzuheben. Die empfohlene Dosis beträgt dann 0,01 mg/kg Körpergewicht, ggf. mit einer Wiederholung nach drei bis fünf Minuten.
- Überdosierung: Eine Überdosis wird in der Regel gut vertragen.Cave: Naloxon hebt immer auch die Schmerzfreiheit der Opioide rasch auf. Dies kann bei abhängigen Menschen zu einem akuten Entzugssyndrom führen.
Unerwünschte Wirkungen
Schwindel, Benommenheit, Tremor, Hypertonie, Schwitzen, Übelkeit und Erbrechen. Im Folgenden sind die Nebenwirkungen nach ihrer Häufigkeit aufgeführt.
Sehr häufig: Übelkeit
Häufig: Schwindel, Kopfschmerzen, Tachykardie, Hypotonie, Hypertonie, Erbrechen, postoperative Schmerzen.
Gelegentlich: Tremor, Schwitzen, Arrhythmien, Bradykardie, Diarrhoe, Mundtrockenheit, Hyperventilation, lokale Reizung der Gefäßwand, lokale Entzündung.
Selten:Krampfanfälle, Nervosität, Kammerflimmern, Herzstillstand.
Sehr selten: allergische Reaktionen, anaphylaktischer Schock, Lungenödem, Erythema multiforme.
Naloxon hebt nicht nur die Nebenwirkungen von Opioiden auf sondern auch deren erwünschte Wirkungen (z.B. die Analgesie).
Wechselwirkungen
Die Wechselwirkungen von Naloxon sind begrenzt und bei der üblichen Dosierung treten keine Wechselwirkungen zwischen Naloxon und Barbituraten oder Sedativa. Bei gleichzeitigem Konsum von Alkohol kann die Wirkung von Naloxon verzögert sein, was jedoch nicht auf alle Patienten zutrifft.
Kontraindikation
Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff. Vorsicht bei einer bestehenden Opioidabhängigkeit! Hierbei kann der Einsatz von Naloxon ein akutes Entzugssyndrom hervorrufen.
LiteraturFür Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio
- Panchagnula R et al. (2005) Transdermal delivery of naloxone: skin permeation, pharmacokinetic, irritancy and stability studies. Int J Pharm 293:213-223.
- Summerfield JA (1980) Naloxone modulates the perception of itch in man. Br J Clin Pharmacol 10:180-183.