Insulinmischungen

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 22.08.2024

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Erstbeschreiber

Im Jahre 1869 entdeckte Paul Langerhans eine ausgeprägte Ansammlung von Zellen im Pankreas. 1889 wiesen Mering und Minkowski nach, dass eine totale Pankreatektomie bei Hunden Diabetes mellitus hervorrief (Kalra 2020).

Der Londoner Chirurg Frederick Banting hatte im Herbst 1920 die Idee, durch eine Ligatur der Pankreasgänge Pankreassekret zu gewinnen. Er begann an der University of Toronto bei Prof. J. J. R. Macleod zusammen mit Charles Best erste Versuche mit Hunden, die erfolgreich verliefen.

Im Winter 1921 – 22 erhielt als erster Mensch Leonard Thompson, ein junger Diabetiker, tierisches Insulin und überlebte (Bliss 1982). 

Im Jahre 1923, zwei Jahre nach der Entdeckung des Insulins, begann in Europa die fabrikmäßige Insulinproduktion (Egidi 2019). Das Insulin wurde nach einem starren Schema, als sog. „Konventionelle Insulintherapie“ bezeichnet, verabreicht (Herold 2021).

Das NPH- Insulin (Neutral- Protamin Hagedorn) wurde von Hagedorn 1946 eingeführt (Berger 2013).

Definition

Unter einer Insulinmischung versteht man Mischungen bestimmter Insuline, die i. d. R. 2 x / d verabreicht werden und – soweit das möglich ist – dem Essverhalten des Patienten angepasst werden (Scherbaum 2000).

Einteilung

Man differenziert zwischen:

  • freien Insulinmischungen

Hierbei mischt der Patient unmittelbar vor der Injektion ein NPH- Insulin mit einem humanen Normalinsulin.

  • fixen Insulinmischungen

Bei den fixen Insulinmischungen handelt es sich um präformulierte Fertigpräparate (Scherbaum 2000)

 

Zu den kurzwirksamem Normalinsulin gehören z. B.:

- Actrapid

- Berlinsulin H Normal

- Huminsulin Normal

- Insuman Rapid (Herold 2022)

Der Wirkungseintritt erfolgt nach 30 – 60 min und die Wirkdauer beträgt 8 h (Haak 2018).

 

Zu den NPH- Insulinen zählen z. B.:

- Berlinsulin H Basal

- Protaphane

- Insuman Basal

- Huminsulin Basal (Alawi 2019)

NPH- Insulin enthält Protamin und Insulin in isophaner Menge (Berger 2001). Der Wirkungseintritt liegt bei 1 – 2 h (Haak 2018), die Wirkdauer bei ca. 12 – 14 h (Berger 2001).

 

 

 

Allgemeine Information

NPH- Insuline können mit kurzwirksamem Normalinsulin gemischt werden, die einzige Ausnahme bilden Zink- Insuline (Herold 2022).

Bei der Mischung ist zu beachten:

  • das Mischen sollte unmittelbar vor der Injektion der Spritze erfolgen; die Injektion ist in einem Zeitraum von maximal 2 min danach durchzuführen
  • Insulin niemals als Mischung lagern 
  • Insulin Glargin oder Insulin Detemir können nicht mit anderen Insulinen gemischt werden (Kasper 2015)

 

 

Pharmakodynamik 

In einer Insulinmischung bindet sich ein Teil des Normalinsulins an das NPH- Insulin. Sobald die Mischung injiziert wird, kehrt sich diese Bindung um (Hirsch 2020).

Durch die Mischung der Insuline kann es zu einer Veränderung des Insulinabsorptionsprofils kommen: Die Absorption wird z. B. durch Mischen von Lispro mit NPH verkürzt (Kasper 2015).

Die kurz wirksamen Normalinsuline imitieren die physiologische Insulinausschüttung während der Mahlzeiten (Kasper 2015).

Insulinmischungen mit einem geringen Anteil an Normalinsulin wirken länger als Mischungen mit einem hohen Anteil an Normalinsulin (Mehnert 2003).

 

 

Indikation

Insulinmischungen finden Verwendung bei der konventionellen Insulintherapie (Herold 2022), insbesondere bei Typ 2 Diabetikern mit konstanter Nahrungsaufnahme zu genau festgelegten Zeiten (Hirsch 2020).

Bei folgenden Patienten sollte ausschließlich eine fixe Insulinmischung zur Anwendung kommen:

  • Patienten mit verminderter Sehkraft, die nicht korrigiert werden kann
  • Patienten mit eingeschränkter Feinmotorik der Finger (Mehnert 2003)

 

Typ 1 Diabetiker werden nur in Ausnahmefällen mit Insulinmischungen im Rahmen einer konventionellen Insulintherapie behandelt. Es handelt sich hierbei um Patienten:

  • die auf Grund kognitiver Einschränkungen, krankheits- oder altersbedingt zu einer anderen Form der Behandlung, der sog. „intensivierten Insulintherapie“ nicht in der Lage sind
  • die sich nach ausführlicher Aufklärung über Nutzen und Risiko gegen eine intensivierte Insulintherapie entscheiden
  • die erhebliche Adhärenzprobleme in der Langzeitbetreuung zeigen (Bahrmann 2018)

 

 

Dosierung und Art der Anwendung

Insulinbedarf:

Der tägliche Insulinbedarf eines gesunden Menschen liegt bei 0,67 I. E. / kg KW / d = ca. 40 I. E. (Dellas 2018). S. a. Insulin

Bei adipösen Patienten liegt der Bedarf i. d. R. höher. Diese Patienten benötigen ca. 2,0 I. E. / kg KW / d (Greten 2005).

 

 

Unerwünschte Wirkungen

  • Hyperinsulinämie zwischen den Mahlzeiten
  • Hypoglykämie (Waldhäusl 2004)
  • Dawn- Phänomen (überwiegend durch eine zu geringe abendliche Insulindosis initiiert [Mehnert 2003])

 

 

Kontraindikation

Relative Kontraindikationen für Insulinmischungen:

  • schwere Insulinallergien (sind allerdings eine Rarität)
  • unzuverlässige Insulininjektionen z. B. bei Drogenabusus
  • diätetisch behandelbarer Typ 2 Diabetes 
  • erschwerte praktische Durchführung wie z. B. bei blinden, älteren, alleinlebenden Patienten (Paumgartner 2013)

 

Absolute Kontraindikationen für die Behandlung mit Insulinen:

Hypoglykämie

- Insulinom (Flake 2021)

 

 

Wechselwirkungen

  • Wirkungsabschwächung des Insulins durch:
    • Isonicotinsäurehydrazid
    • Sympathomimetika
    • Kortikoide
    • Phenothiazine
    • orale Kontrazeptiva
    • Heparin
    • Nikotinsäure und deren Derivate
    • Phenytoin
    • trizyklische Antidepressiva
    • Saluretika (Flake 2021)

 

  • Wirkungsverstärkung des Insulins durch:
    • ASS
    • Cyclophosphamid
    • Methyldopa
    • Tetrazykline
    • Fenfluramin
    • Clofibrat und deren Derivate
    • Alpha- Blocker (Flake 2021)

 

 

Präparate

Zu den Fertigpräparaten zählen:

(Herold 2022)

 

 

Hinweis(e)

Die NPH- Insuline müssen mindestens 20 x geschwenkt werden, damit eine gleichmäßige Durchmischung erreicht wird (Herold 2022).

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Alawi H et al. (2019) Insulinarten und Insulinwirkung. Ascensia DiabetesKolleg Advisory Board 2019
  2. Bahrmann A et al. (2018) S2k- Leitlinie Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle des Diabetes mellitus im Alter. 2. Auflage AWMF-Registernummer: 057-017
  3. Berger M et al. (2013) Praxis der Insulintherapie. Springer Verlag Berlin / Heidelberg 42
  4. Bliss M (1982) The Discovery of Insulin. University of Totonto Press. Introduction
  5. Bundesärztekammer (2021) Nationale Versorgungsleitlinien: Typ- 2- Diabetes. AWMF- Register- Nr. nvl-001
  6. Dellas C (2018) Kurzlehrbuch Pharmakologie. Elsevier Urban und Fischer Verlag München 155, 506 – 510, 512
  7. Egidi G (2019) Welchen Stellenwert haben Insulinanaloga In der Behandlung des Diabetes? ZFA (95) 360 – 365. DOI10.3238/zfa.2019.0360–0365
  8. Flake F et al. (2021) Notfallmedikamente. Elsevier Urban und Fischer Verlag 157 - 158
  9. Greten H et al. (2005) Innere Medizin. Georg Thieme Verlag Stuttgart 624
  10. Haak T et al. (2018) S3-Leitlinie Therapie des Typ-1-Diabetes. AWMF-Registernummer: 057-013 
  11. Herold G et al. (2022) Innere Medizin. Herold Verlag 737
  12. Herold G et al. (2021) Innere Medizin. Herold Verlag 737
  13. Hirsch I B et al. (2020) The Evolution of Insulin and How it Informs Therapy and Treatment Choices. Endocr Rev 41 (5) 733 - 755
  14. Kalra S et al. (2020) Insulin Therapy – Made Easy. Jaypee Brothers Medical Publishers (P) Ltd 1, 4,
  15. Kasper D L et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 2411
  16. Mehnert H et al. (2003) Diabetologie in Klinik und Praxis. Georg Thieme Verlag Stuttgart 242 - 245
  17. Paumgartner G et al. (2013) Therapie innerer Krankheiten. Springer Verlag Berlin / Heidelberg / New York 743
  18. Scherbaum W A et al. (2000) Evidenzbasierte Diabetes-Leitlinien DDG: Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle der diabetischen Retinopathie und Makulopathie. Evidenzbasierte Diabetes-Leitlinien DDG: Diagnose, Therapie und Verlaufskontrolle der Diabetischen Nephropathie.
  19. Waldhäusl W K et al. (2004) Diabetes in der Praxis. Springer Verlag Berlin / Heidelberg 196 - 197
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