ILAR-Klassifikation

Zuletzt aktualisiert am: 16.09.2024

This article in english

Kostenlose Fachkreis-Registrierung erforderlich

Bitte melden Sie sich an, um auf alle Artikel, Bilder und Funktionen zuzugreifen.

Unsere Inhalte sind ausschließlich Angehörigen medizinischer Fachkreise zugänglich. Falls Sie bereits registriert sind, melden Sie sich bitte an. Andernfalls können Sie sich jetzt kostenlos registrieren.


Kostenlose Fachkreis-Registrierung erforderlich

Bitte vervollständigen Sie Ihre Pflichtangaben:

E-Mail Adresse bestätigen
oder
Fachkreisangehörigkeit nachweisen.

Jetzt abschließen

Definition

ILAR ist das Akronym für "International League of Associations for Rheumatology", eine internationale Organisation, die sich mit der Erforschung, Behandlung und Aufklärung über rheumatische Erkrankungen befasst. Die ILAR wurde 1973 gegründet und hat das Ziel, den Austausch von Wissen und Informationen über rheumatologische Erkrankungen zu fördern, die Forschung in diesem Bereich zu unterstützen und die Standards für die Diagnose und Behandlung rheumatischer Erkrankungen zu verbessern.

Die ILAR-Klassifikation bezeichnet  verschiedene Kategorien der juvenilen idiopathischen Arthritis. Anhand von klinischen und labormedizinischen Parametern, u. a. der Zahl der insgesamt in den ersten 6 Monaten der Erkrankung betroffenen Gelenke, des Vorhandenseins extraartikulärer Manifestationen oder des Rheumafaktors (RF) sowie der Familienanamnese für Psoriasis oder HLA-B27-assoziierte Erkrankungen, werden sechs definierte JIA-Kategorien, darunter die Oligoarthritis mit zwei Verlaufskategorien, und eine undifferenzierte Arthritis unterschieden. Für jede der definierten Kategorien müssen folgende Ausschlusskriterien berücksichtigt werden:

a) Psoriasis beim Patienten oder einem Verwandten ersten Grades;

b) Arthritis bei einem HLA-B27-positiven Jungen nach dem 6. Geburtstag;

c) Ankylosierende Spondylitis, Enthesitis-assoziierte Arthritis, Sakroiliitis bei entzündlicher Darmerkrankung, Reiter-Syndrom oder akute anteriore Uveitis bei einem Verwandten ersten Grades;

d) IgM-Rheumafaktor-(RF-)Nachweis bei zwei Untersuchungen im Abstand von mindestens 3 Monaten;

e) Zeichen der systemischen Arthritis.

s.auch unter Juvenile idiopathische Arthritis 

Einteilung

  1. Systemische juvenile idiopathische Arthritis (Still-Syndrom) (ICD-10: M08.2-) Definition: Arthritis und Fieber (intermittierend, Dauer mindestens 2 Wochen) und mindestens ein weiteres Kriterium: flüchtiger erythematöser Hautausschlag, generalisierte Lymphknotenvergrößerung, Hepato- und/oder Splenomegalie, Serositis. Ausschluss: a, b, c, d
  2. Oligoarthritis. Definition: Arthritis von 1–4 Gelenken innerhalb der ersten 6 Erkrankungsmonate. Subkategorien: Persistierende Oligoarthritis (ICD-10: M08.4-): 1–4 betroffene Gelenke im Krankheitsverlauf. Erweiterte (extended) Oligoarthritis (ICD-10: M08.3-): >4 betroffene Gelenke nach den ersten 6 Erkrankungsmonaten. Ausschluss: a, b, c, d,
  3. RF-negative Polyarthritis (ICD-10: M08.3-): Definition: Arthritis in >4 Gelenken während der ersten 6 Erkrankungsmonate und negativer Test auf RF. Ausschluss: a, b, c, d, e
  4. RF-positive Polyarthritis (ICD-10: M08.0-) Definition: Arthritis in >4 Gelenken während der ersten 6 Erkrankungsmonate und positiver Test auf RF (mindestens 2-mal im Abstand von 3 Monaten). Ausschluss: a, b, c, e
  5. Psoriasisarthritis (ICD-10: L40.5/M09.0-) Definition: Arthritis und Psoriasis oder Arthritis und mindestens zwei der folgenden Kriterien: Daktylitis; Nagelveränderungen (Tüpfelung oder Onycholyse); Psoriasis bei einem Verwandten ersten Grades. Ausschluss: b, c, d, e
  6. Enthesitis-assoziierte Arthritis (ICD-10: M08.1-) Definition: Arthritis und Enthesitis (d. h. Entzündung am Knochenansatz von Sehnen, Bändern, Gelenkkapseln oder Faszien) oder Arthritis und mindestens zwei der folgenden Kriterien: Druckschmerz über den Iliosakralgelenken und/oder entzündlicher Rückenschmerz lumbosakral; HLA-B27-Nachweis; Junge mit Erkrankungsbeginn >6 Jahre; akute (symptomatische) anteriore Uveitis; ankylosierende Spondylitis, Enthesitis-assoziierte Arthritis, Sakroiliitis bei entzündlicher Darmerkrankung, Reaktive Arthritis (Reiter-Syndrom) oder akute anteriore Uveitis bei einem Angehörigen ersten Grades. Ausschluss: a, d, e
  7. Undifferenzierte Arthritis (ICD-10:M08.8-) Definition: Arthritis, die keiner oder mehr als einer Kategorie zugeordnet werden kann.

Allgemeine Information

Die ILAR-Klassifikation wurde in über 15 Studien mit Einschluss von fast 3500 Kindern evaluiert; die Sensitivität und Spezifität dieser Klassifikation wurde bislang allerdings nicht untersucht. Gezeigt wurde, dass die ILAR-Kriterien im klinischen Alltag nur bedingt geeignet sind: 10–15 % der Patienten werden falsch kategorisiert (Oen et al. 2010; Sengler et al. 2015), die geforderte zweifache Bestimmung der RF erfolgt in praxi nur in einer Minderheit der Fälle (Berntson et al. 2001). Einzelne Kriterien wurden auf Zuverlässigkeit und Präzision getestet; so ist die klinische Untersuchung im Nachweis einer peripheren Arthritis oder entzündlichen axialen Beteiligung (z. B. Sakroiliitis) oder in der genauen Lokalisation von Entzündungen weniger sensitiv als die Sonografie oder Magnetresonanztomografie (Weiss et al. 2016; Colebatch-Bourn et al. 2015).

Die ILAR-Klassifikation basiert, wie ihre Vorgänger, auf Expertenmeinungen. Sie spiegelt nicht die zugrunde liegende Krankheitsbiologie wider und weist relevante Mängel auf, z. B. den willkürlichen Cut-off von vier betroffenen Gelenken als Kriterium für die Zuordnung zur Oligoarthritis oder Polyarthritis und den Alters-Cut-off beim 16. Geburtstag, der nicht auf pathophysiologischen oder epidemiologischen Daten beruht. Darüber hinaus unterscheidet sich die ILAR-Nomenklatur vollständig von der in der Erwachsenenrheumatologie verwendeten Arthritis-Nomenklatur, obwohl viele im Kindesalter auftretenden Arthritiden ein Pendant im Erwachsenenalter haben (z. B. die systemische Arthritis im adult-onset Morbus Still, die RF-positive Polyarthritis in der seropositiven rheumatoiden Arthritis (RA) oder die Enthesitis-assoziierte Arthritis in der peripheren oder axialen Spondyloarthritis) (Nigrovic et al. 2018).

Die ILAR-Klassifikation schafft mehr Klarheit und Homogenität als frühere Klassifikationen. Sie grenzt immungenetisch und prognostisch voneinander differierende Formen der juvenilen Arthritis ab (Nordal et al. 2011; Nigrovic et al. 2018). Allerdings gibt es weiterhin Überschneidungen zwischen den und Heterogenität innerhalb der Kategorien der JIA. Überschneidungen gibt es unter anderem zwischen den Kategorien RF-negative Polyarthritis und Oligoarthritis; Patienten mit frühem Beginn einer Polyarthritis und Oligoarthritis weisen gemeinsame klinische und genetische Merkmale auf (Hinks et al. 2017). Dies wird durch eine Studie von Ravelli und Kollegen (Ravelli et al. 2011) unterstützt, in der gezeigt wurde, dass ANA-positive Patienten unabhängig von der Zahl betroffener Gelenke Gemeinsamkeiten aufweisen. Andererseits wurde Heterogenität innerhalb der Kategorien der systemischen Arthritis (Gattorno et al. 2008), der RF-negativen Polyarthritis (Hollenbach et al. 2010) und der Psoriasis-Arthritis  nachgewiesen (Stoll et al. 2011)

Literatur

  1. Berntson L et al. (2001) Construct validity of ILAR and EULAR criteria in juvenile idiopathic arthritis: a population based incidence study from the Nordic countries. International League of Associations for Rheumatology. European League Against Rheumatism. J Rheumatol 28:2737–2743
  2. Beukelman T et al. (2019) Juvenile idiopathic arthritis: an idea whose time has gone? J Rheumatol 46:124–126
  3. Brewer EJ et al. (1977) Current proposed revision of JRA criteria. Arthritis Rheum 20 (Suppl):195–199
  4. Burgos-Vargas R et al. (2002) The place of juvenile onset spondyloarthropathies in the Durban 1997 ILAR classification criteria of juvenile idiopathic arthritis. International League of Associations for Rheumatology. J Rheumatol 29:869-874.
  5. Colebatch-Bourn AN et al. (2015) EULAR-PReS points to consider for the use of imaging in the diagnosis and management of juvenile idiopathic arthritis in clinical practice. Ann Rheum Dis 74:1946–1957.
  6. Eng SW et al. (2014) The biologic basis of clinical heterogeneity in juvenile idiopathic arthritis. Arthritis Rheum 66:3463–3475
  7. Fink CW the Task Force for Classification Criteria (1995) Proposal for the development of classification criteria for idiopathic arthritides of childhood. J Rheumatol 22:1566–1569
  8. Gattorno M et al. (2008) The pattern of response to anti-interleukin-1 treatment distinguishes two subsets of patients with systemic-onset juvenile idiopathic arthritis. Arthritis Rheum 58:1505–1515
  9. Hinks A et al. (2017) Fine-mapping the MHC locus in juvenile idiopathic arthritis (JIA) reveals genetic heterogeneity corresponding to distinct adult inflammatory arthritic diseases. Ann Rheum Dis 76:765–772.
  10. Hollenbach JA et al. (2010) Juvenile idiopathic arthritis and HLA class I and class II interactions and age-at-onset effects. Arthritis Rheum 62:1781–1791.
  11. Martini A et al. (2019) Toward new classification criteria for juvenile idiopathic arthritis: first steps, pediatric rheumatology international trials organization international consensus. J Rheumatol 46:190–197.
  12. Nigrovic PA  et al. (2018) Review: genetics and the classification of arthritis in adults and children. Arthritis Rheum 70:7–17.
  13. Nordal E et al. (2011) Ongoing disease activity and changing categories in a long-term nordic cohort study of juvenile idiopathic arthritis. Arthritis Rheum 63:2809–2818.
  14. Oen K et al. (2010) Early outcomes and improvement of patients with juvenile idiopathic arthritis enrolled in a Canadian multicenter inception cohort. Arthritis Care Res 62:527–536.
  15. Petty RE et al. (1998) Revision of the proposed classification criteria for juvenile idiopathic arthritis: Durban, 1997. J Rheumatol 25:1991–1994.
  16. Petty RE et al. (2004) International League of Associations for Rheumatology classification of juvenile idiopathic arthritis: second revision, Edmonton, 2001. J Rheumatol 31:390–392.
  17. Ravelli A et al. (2011) Antinuclear antibody-positive patients should be grouped as a separate category in the classification of juvenile idiopathic arthritis. Arthritis Rheum 63:267–275.
  18. Sengler V, Klotsche J, Niewerth M et al (2015) The majority of newly diagnosed patients with juvenile idiopathic arthritis reach an inactive disease state within the first year of specialized care: data from the German inception cohort. RMD Open 1:e000074CrossRefPubMedPubMedCentral
  19. Stoll ML et al. (2011) Psoriatic juvenile idiopathic arthritis: a tale of two subgroups. Curr Opin Rheumatol 23:437–443.
  20. Van Nieuwenhove E et al. (2019) Machine learning identifies an immunological pattern associated with multiple juvenile idiopathic arthritis subtypes. Ann Rheum Dis 78:617–628.
  21. Weiss PF et al. (2016) Assessment of sacroiliitis at diagnosis of juvenile spondyloarthritis by radiography, magnetic resonance imaging, and clinical examination. Arthritis Care Res 68:187–194.
  22. Wood PHN (1978) Special meeting on: nomenclature and classification of arthritis in children. In: Munthe E (Hrsg) The care of rheumatic children. EULAR, Basel, S 47–50

Zuletzt aktualisiert am: 16.09.2024