Juvenile idiopathische Arthritis M08.-

Zuletzt aktualisiert am: 16.09.2024

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Synonym(e)

JCA; JIA; Juvenile chronische Arhtritis; Juvenile rheumatoide Arthritis

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Definition

Unter der Bezeichnung "juvenile idiopathische Arthritis" (JIA) wird eine heterogene Gruppe von chronischen Gelenkerkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreises im Kindesalter zusammengefasst. Definitionsgemäß tritt die juvenile idiopathische Arthritis vor dem 16. Lebensjahr auf und persistiert länger als 6 Wochen.

Einteilung

Systemische juvenile idiopathische Arthritis: der Begriff „systemische JIA“ ist synonym mit dem Still-Syndrom (ICD-10: M08.2).

Oligoartikuläre juvenile idiopathische Arthritis:  Die JIA wird oligoartikulär genannt, wenn nur ein bis vier Gelenke betroffen sind (ICD-10: M08.4).

Polyartikuläre juvenile idiopathische Arthritis:  Die JIA wird polyartikulär genannt, wenn fünf oder mehr Gelenke betroffen sind.

  • Polyartikuläre juvenile idiopathische Arthritis, Rheumafaktor positiv (ICD-10: M08.0)
  • Polyartikuläre juvenile idiopathische Arthritis, Rheumafaktor negativ (ICD-10: M08.3)

Enthesis-assoziierte juvenile idiopathische Arthritis:  Bei der Enthesis-assoziierten Arthritis sind die Sehnenansätze (Enthesen) mitbetroffen (ICD-10: M08.8).

Juvenile Psoriasis-Arthritis:  Bei der juvenilen Psoriasis-Arthritis ist mit einem zusätzlichen psoriatischen Befall von Haut und Nägeln zu rechnen (ICD-10: L40.5).

Undifferenzierte Arthritis: Rheumaformen, die sich keinem bestimmten Subtyp zuordnen lassen, werden unter der Bezeichnung „undifferenzierter Arthritis“ zusammengefasst.

Vorkommen/Epidemiologie

Inzidenz: 4-5 / 100.000 Kinder. Die Prävalenz beträgt 20-30 Fälle pro 100.000 Kinder und Jugendliche.

Ätiopathogenese

Die Ursache der juvenilen idiopathischen Arthritis ist noch nicht geklärt. Es wird davon ausgegangen, dass Autoimmunmechanismen bei vorhandener genetischer Disposition den Ausbruch der Erkrankung begünstigen können. Zahlreiche Genorte sind an der Krankheitsdisposition beteiligt (polygene Erkrankung), unterschiedliche Gene kommen für verschiedene Subtypen vorwiegend vor, maßgeblich sind häufig andere Genorte als bei den Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises im Erwachsenenalter beteiligt. Ein Suszeptibilitäts-Gen stellt das CD25-Gen (IL2RA-Gen) dar, das für den IL-2-Rezeptor alpha kodiert. Wahrscheinlich spielen jedoch auch latente Infektionen (z.B. mit dem Parvovirus B19 oder dem Röteln-Virus) und Traumata eine initiierende Rolle.

Manifestation

Manifestationsalter <16 Jahre

Klinisches Bild

Allgemeine Symptomatik:  Erstsymptome (auch bei Krankheitsschüben im Verlauf) sind häufig Müdigkeit, Weinerlichkeit und Leistungsknick. Die Leitsymptome der Arthritis Gelenkentzündung (Schmerz, Schwellung, Überwärmung und Bewegungseinschränkung) treten im Gegensatz zu Erwachsenen bei Kindern nicht immer auf. So äußern kleinere Kinder die Schmerzen häufig nicht direkt. Sie ändern ihr Verhalten, lassen sich tragen, sind weinerlich bei motorischen Tätigkeiten und entwickeln sich scheinbar zurück. Die betroffenen Gelenke werden in einer Schonhaltung, meistens in Beugung, gehalten. Diese Inaktivität in einer Achsenfehlstellung kann unbehandelt zu dauerhaften Kontrakturen (Sehnenverkürzungen mit bleibenden Bewegungseinschränkungen) und Muskelschwund führen. Ferner kann es zu asymmetrischem Wachstum der Gelenke und benachbarten Knochen kommen. Grundsätzlich kann jedes Gelenk betroffen sein. Über betroffenen Gelenken lässt sich häufig ein Druckschmerz auslösen. Die Schmerzen werden meistens von den Kindern als mäßig und erträglich angegeben. Gelenkschmerzen sind typischerweise morgens und nach längerer Inaktivität stärker („Morgensteife“) und werden durch Bewegung des entzündeten Gelenkes verstärkt. Typischerweise beginnen die oligoartikulären Formen asymmetrisch, bevorzugt an den großen Gelenken der Beine . Die polyartikulären Formen treten symmetrisch an den kleinen Gelenken der Hände und Füße auf. Bei systemischen Verläufen und hoher Krankheitsaktivität kann es zu einer Verlangsamung des Wachstums und der Entwicklung, zu einer verzögerten Pubertät und zu einer Gewichtsabnahme kommen. Im einzelnen:

  • Systemische juvenile idiopathische Arthritis: Durchschnittlich bricht diese Rheumaform bei Achtjährigen zum ersten Mal aus. Etwa 6 von 100 Kindern mit einer juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA) entwickeln eine systemische juvenile idiopathische Arthritis (SJIA). Das Fieber tritt meist in den Abendstunden auf. Es kann von einem Hautausschlag begleitet sein. In der ersten Woche können Gelenkentzündungen fehlen. Dann sind häufiger die großen Gelenke betroffen.
  • Oligoartikuläre juvenile idiopathische Arthritis: Die oligoartikuläre JIA ist die am häufigsten vorkommende Unterform der JIA und macht fast 50 % aller Fälle aus. Die JIA wird oligoartikulär genannt, wenn nur ein bis vier Gelenke betroffen sind. Knie- und Sprunggelenk sind dabei häufig in Mitleidenschaft gezogen. Diese Rheumaform wird bzw. wurde auch als frühkindliche Oligoarthritis, „Kleinmädchenform“ (Oligoarthritis Typ I) bezeichnet. Beginn: im Kleinkndalter (zwischen 2 und 6 Jahren). Mädchen sind häufiger betroffen. Kinder mit einer frühkindlichen Oligoarthritis haben ein hohes Risiko, an einer rheumatischen Augenentzündung, einer chronischen Iridozyklitis, zu erkranken. Regelmäßige augenärztliche Kontrollen sind deshalb sinnvoll (anfangs alle 6 bis 12 Wochen). Ein Merkmal der Erkrankung ist der asymmetrische Befall großer Gelenke (wie Knie und Knöchel). Gelegentlich ist nur ein Gelenk betroffen (monoartikuläre Form). Bei einigen Patienten erhöht sich die Zahl der befallenen Gelenke nach den ersten 6 Monaten auf über 5 Gelenke; diese Erscheinungsform wird als erweiterte Oligoarthritis bezeichnet. Wenn im gesamten Verlauf der Erkrankung weniger als 5 Gelenke betroffen sind, spricht man von einer persistierenden Oligoarthritis.
  • Polyartikuläre juvenile idiopathische Arthritis, Rheumafaktor positiv: Bereits zu Beginn sind fünf oder mehr Gelenke entzündet. Rheumafaktor positiv. Diese Rheumaform zeigt sich meist erstmals im Jugendalter. Wie bei der seronegativen PA sind vorwiegend Mädchen betroffen. Etwa 1-2% aller JIA-Patienten (JIA: juvenile idiopathische Arthritis) entwickelt eine seropositive PA.
  • Polyartikuläre juvenile idiopathische Arthritis, Rheumafaktor negativ:  Zu Beginn dieser Rheumaform entzünden sich fünf und mehr Gelenke – häufig die kleinen Fingergelenke. Erstmals bricht das Rheuma bei Kindern im Vorschulalter aus, insbesondere bei Mädchen. Von einer seronegativen Polyarthritis ist etwa jedes 10. Kind mit juveniler idiopathischer Arthritis (JIA) betroffen.
  • Enthesis-assoziierte juvenile idiopathische Arthritis (EAA):  Bei der Enthesitis-assoziierten Arthritis sind die Sehnenansätze (Enthesen) mitbetroffen. HLA-B27 kann meist positiv getestet werden. Enthesitis bedeutet, dass bei dieser Rheumaform neben den Gelenken die Sehnenansätze entzündlich affiziert sind. Auch Sehnenscheiden können davon betroffen sein (Tenosynovitis). Anfangs zeigen i.d.R. wenige große Gelenke der Beine und Füße, wie Knie- und Sprunggelenk sowie Großzehengrundgelenk, Entzündungsprozesse. Der Krankheitsbeginn liegt meist im Schulalter (überwiegend Jungen in der Pubertät). Etwa 10% der Kindern mit JIA (juvenile idiopathische Arthritis) sind durch EAA betroffen.
  • Juvenile Psoriasis-Arthritis: Die Psoriasisarthritis beschreibt Gelenkentzündungen, die in Zusammenhang mit einer Psoriasis auftreten. Häufig werden psoriatische Nagelveränderungen, geschwollene Finger oder Zehen schon Jahre vor dem Ausbruch der klassischen kutanen Manifestation der Psoriasis beobachtet. Arthritiden  können bei wenigen oder vielen Gelenken vorhanden sein. Durchschnittlich treten die ersten Anzeichen in einem Alter von 5 Jahren auf. Etwa 8 von 100 Kindern mit JIA (Juvenile Idiopathische Arthritis) sind Patienten mit einer Juvenilen Psoriasis-Arthritis.

Diagnostik

MRT, Labor, gfls. Gelenkpunktat oder Synovialbiopsie

Labor

Es gibt keinen indikativen Laborwert, mit dem sich eine JIA eindeutig diagnostizieren liesse.  Sinnvoll ist die Bestimmung folgender Laborwerte:

  • Rheumafaktor
  • ANA (häufig bei Patienten mit oligoartikulärer JIA mit frühem Krankheitsbeginn nachweisbar). Bei diesen JIA-Patienten besteht ein hohes Risiko für eine chronische Iridozyklitis!
  • HLA-B27 (bei bis zu 80 % der Patienten mit Enthesitis-assoziierter Arthritis); dagegen ist er nur bei 5 - 8 % der gesunden Menschen nachweisbar.
  • BSG; C-reaktives Proteins (CRP)

Differentialdiagnose

Andere immunologische oder rheumatische Erkrankungen. Dazu gehören reaktive Arthritiden bei chronischen Darmentzündungen, wie der Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Weiterhin im Rahmen von Autoimmunerkrankungen wie systemsicher Lupus erythematodes, Dermatomyositis Systemsiche Sklerodermie.

Therapie

Oberstes Ziel der medikamentösen Therapie ist die dauerhafte Rückbildung (Remission) der Krankheitsaktivität durch eine Unterdrückung der Entzündungsmechanismen. Das bewahrt die betroffenen Kinder und Jugendliche vor bleibenden Gelenk- und Organschäden.

Zum Einsatz kommen nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR), Cortisonpräparate, Basismedikamente und Biologika. Die Dosis richtet sich nach dem Körpergewicht.

Weiterhin sind rehabilitative Maßnahmen (Bewegungstherapien) sowie sportliche Aktivitäten von großer Bedeutung.

Verlauf/Prognose

Bei etwa 50% der Patienten mit systemischer juveniler idiopathischer Arthritis ist die Krankheit im Erwachsenenalter nicht mehr aktiv.

Die RF-positive polyartikuläre JIA zeigt häufiger einen fortschreitenden Verlauf und kann zu schweren Gelenkschäden führen. Diese pädiatrische Form ist das Gegenstück der Rheumafaktor-positiven (RF) rheumatoiden Arthritis im Erwachsenenalter.

Die RF-negative polyartikuläre JIA wird prognostisch besser bewertet als die RF-positive polyartikuläre JIA. Es kommt nur bei etwa  25% der Patienten zu Gelenkschäden.

Bei der oligoartikulären JIA ist die Prognose für die Gelenke häufig gut, wenn die Erkrankung auf einige wenige Gelenke beschränkt bleibt (sogenannte persistierende Oligoarthritis). Patienten, bei denen sich die Gelenkbeteiligung auf mehr als 4 Gelenke ausdehnt (erweiterte Oligoarthritis), haben dieselbe Prognose wie Patienten mit polyartikulärer RF-negativer JIA.

Literatur

  1. Chua-Aguilera CJ et al. (2017) Skin Manifestations of Rheumatoid Arthritis, Juvenile Idiopathic Arthritis, and Spondyloarthritides. Clin Rev Allergy Immunol 53:371-393.
  2. Ergun T et al. (2008) Skin manifestations of rheumatoid arthritis: a study of 215 Turkish patients. Int J Dermatol 47:894-902.
  3. Eveillard LA et al.(2022) Association of atypical skin manifestations at the onset of systemic juvenile idiopathic arthritis with difficult-to-treat disease: A retrospective multicenter study. J Am Acad Dermatol S0190-9622(22)02439-2.
  4. Magro CM et al. (2003) The spectrum of cutaneous lesions in rheumatoid arthritis: a clinical and pathological study of 43 patients. J Cutan Pathol 30:1-10.
  5. Sayah A et al. (2005) Rheumatoid arthritis: a review of the cutaneous manifestations. J Am Acad Dermatol 53:191-209; quiz 210-2.

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