Heilfasten

Autoren:Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2024

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Definition

Naturheilkundlich orientierte Fastenkur.  Heilfasten ist mit einem Verzicht auf feste Nahrung über einen festgelegten Zeitraum von fünf Tagen bis zu fünf Wochen verbunden. Diese Form des Fastens ist nicht mit Hungergefühlen verbunden und aktiviert bzw. fördert die Fähigkeit des menschlichen Körpers zur Selbstheilung.
 

Allgemeine Definition

Es erfolgt eine Unterscheidung zwischen der präventiven Form des Fastens und dem Heilfasten:

  • Präventive Form des Fastens: Die Fastenden sind in einem gesunden Zustand. Das Fasten gilt der Prävention und zur Beeinflussung von Risikofaktoren der Krankheiten: Adipositas, Hypercholesterinämie, Hypertriglyzeridämie.
  • Heilfasten: wird stationär von einem niedergelassenen Arzt durchgeführt und dient der Behandlung von chronisch Erkrankten durch Aktivierung von selbstheilenden Prozessen im Körper.

Wirkungen

Fastenphysiologische Aspekte:
Heilfasten betrifft jedes Organ, das interstitielle Gewebe und das gesamte Kapillarnetz. In Folge des katabolen Stoffwechsels während des Fastens, kommt es zum Abbau und zur Ausscheidung von belastenden Schadstoffen und ausscheidungspflichtigen Stoffwechselendprodukten und damit zur Verbesserung der Mikrozirkulation im Bindegewebe.
Energiebereitstellung während des Fastens:
Gehirn, Nervengewebe, Erythrozyten und Nierenmark sind auf Glukose angewiesen, während die übrigens Zellen des Körpers bereits zu Beginn des Fastens freie Fettsäuren und Ketonkörper als Energiesubstrate verwenden. Während des Fastens reduziert sich der Eiweißabbau kontinuierlich, ab dem 3. Fastentag stellt Fett den Hauptbrennstoff des Stoffwechsels dar. Die Leistungsfähigkeit der Muskulatur nimmt im Fasten zu, besonders unter Anwendung eines adäquaten Ausdauer-Bewegungsprogramms.

Psychische Auswirkungen:

Während der Fastenperiode kommt es durch eine vermehrte Produktion und Ausschüttung von Serotonin und den Abfall der Cortisol-Blutwerte zu einer gehobenen Stimmung zu einer "inneren  Harmonie". Zudem sind ein erhöhtes Ruhebedürfnis, ein leichterer Schlaf und eine vermehrte Traumtätigkeit zu beobachten. Es kann zu einer zeitweiligen Beeinträchtigung der Reaktions- und Merkfähigkeit kommen.

Indikation

Erkrankung des rheumatischen Formenkreises: Durch die Senkung des Arachidonsäureintrages und der damit verbundenen verminderten Bildung von Eicosanoiden, erfolgt eine zügige Schmerzlinderung bei entzündlichen, rheumatischen Erkrankungen. Fibromyalgie: Nach naturheilkundlicher Auffassung ist eine übersäuerte Sauerstoffsituation ein pathogenetischer Faktor bei der Fibromyalgie und der degenerativen Arthrose. Hier wirkt das Fasten durch die "Elimination von Säure" der Sauerstoffsituation entgegen.

Metabolisches Syndrom: Innerhalb der 1. Woche findet eine Reduktion der erhöhten Blutfett- und Blutzuckerwerte hin zum Normbereich statt. Durch den Rückgang des extrazellulären Flüssigkeitvolumens wird eine Reduktion der Herzfrequenz und des Blutdrucks erzielt. Durch eine Vermehrung der Insulinrezeptoren und einer Gewichtsabnahme verringert sich die Insulinresistenz des Körpers.

Haut- und Schleimhauterkrankungen: atopisches Ekzem: kürzere Dauer des entzündlichen Prozesses, Verminderung des Juckreizes.

Weitere Indikationen: Migräne, Reizdarmsyndrom, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, chronischer Bronchitis, Asthma bronchiale, Heuschnupfen chronische Sinusitis, chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen, rezidivierende Infekte der oberen Atemwege.

Durchführung

Vorbereitungstag: dieser dient der körperlichen und seelischen Einstimmung. Ausführliche Information über Ablauf und Wirkung des Heilfastens, beispielsweise die Erstverschlechterung.
Mahlzeiten: Frühstück/Mittagessen: vollwertige Grunddiät. Abendessen: fällt aus; 1 Portion Obst, alternativ Kompott.
Fastentage:
Mahlzeiten: 3 x täglich ¼ Liter Fasten-Trunk sowie 150 ml Gemüsesaft, zusätzlich Mineralwasser; Schluckweise Aufnahme.
Beim Molkefasten (bevorzugt bei schlanken Patienten) wird zur Minimierung des körpereigenen Proteinverlustes Diät-Kurmolke statt des Gemüsesaftes verwendet. Bei dieser Variante werden circa 420 kcal/Tag zugeführt.

Abbautage:
Die Abbauzeit beträgt 1/3 der Fastenzeit. Sowohl Stoffwechsel- als auch Verdauungsfunktionen werden in dieser Phase reaktiviert. Die Nahrungsaufnahme wird stufenweise auf 1.000 Kilokalorien gesteigert.

Unterstützende Maßnahmen während der Fastenzeit:
Maßnahmen zur Reinigung des Darmes: mit Glaubersalz oder hohem Einlauf alle 2 bis 3 Tage.
Leberunterstützende Maßnahmen: Ein Leberwickel nach der Fastenmahlzeit am mittags sorgt für eine verstärkte Leberdurchblutung und somit eine höhere Entgiftungsleistung. Anschließend sollte eine Ruhezeit eingehalten werden.
Kontrolle der Laborparameter: Leberwerte, Nierenretentionswerte, Elektrolyte, Blutzucker, Blutbild, BSG, TSH basal, Triglyceride, Cholesterin, Blutgasanalyse, Blutdruck- und Gewichtskontrolle, Urin-pH-Wert-Messung, EKG.
Begleitende physikalische Therapiemaßnahmen: morgendliches Trockenbürsten der Haut, Bewegungstherapie, Entspannungstherapie.
Ordnungstherapie: begleitende Gespräche als Impuls zur Änderung von Verhaltensmustern.

Kontraindikation

  • fehlende Gewichtsreserven
  • mit Kachexie einhergehende Erkrankungen (Tbc, Karzinom)
  • postoperative Mangelerscheinungen
  • Anorexia nervosa
  • Psychosen
  • Erschöpfungszustände
  • Neurosen
  • Diabetes mellitus Typ I
  • fortgeschrittene Nieren- oder Leberinsuffizienz
  • Netzhautablösung
  • Ulcus ventriculi / duodeni
  • koronare Herzerkrankungen (KHK)
  • dekompemsierte Hyperthyreose
  • hoch dosierte Immunsuppressionstherapie mit Kortikosteroiden.
  • Suchterkrankungen
  • Schwangerschaft und Stillzeit
  • Einnahme von Antikoagulanzien.
     

Hinweis(e)

Zutaten für die Fastentage

  • Fastentee: Süßholzwurzel 20g, Brennnesselkraut 30g, Weißdornblätter mit Blüten 20g, Ackerschachtelhalmkraut 10g, Löwenzahnwurzeln mit Kraut 20g; 1 EL der Teemischung mit 500ml kochendem Wasser übergießen und 10 Minuten in abgedecktem Zustand ziehen lassen, danach abseihen und mehrmals täglich eine Tasse verzehren.
     
  • Frischpflanzenpresssäfte: Im täglichen Wechsel verzehren. Am 1. Tag Löwenzahn, 2. Tag Brennnessel, 3. Tag Birkenblätter. Dosierung: 3 x 1 EL zur Unterstützung der Ausscheidungsvorgänge.
     
  • Kalium-BrauseTbl.: 1 Tablette täglich. Cave: Ein Verlust von Kalium ist während der Fastenzeit aufgrund von einer neurohormonalen Gegenregulation häufig.
     
  • Honig: Bei Anzeichen einer Unterzuckerung ½-Teelöffel Honig in Tee auflösen
     
  • Fasten-Trunk Sine (klare Gemüsebrühe) Rezept: circa 500 g Gemüse, Möhren, Sellerie, Zucchini, Blumenkohl, rote Beete in 1 Liter Wasser garkochen, abseihen und mit frischen Kräutern und etwas gekörnter Bio-Gemüsebrühe abschmecken.
     
  • Diät-Kurmolke (angereichert mit 30g Eiweiß): täglich ein Liter im Rahmen des Molke-Fastens.
     
  • Gemüsesäfte in Bio-Qualität: beispielsweise Sellerie-, Möhren-, Rote Beete-, Tomaten- oder Sauerkrautsaft (nicht bei Diarrhö).
     
  • Dekokt: Schleimzubereitung für magenempfindliche Patienten und bei Medikamenteneinnahme; Rezept: 500g gewürfelte Kartoffeln in 1,5 l Wasser aufkochen, 6 EL Leinsamen und 3 EL Weizenkleie dazugeben, circa 20 Minuten kochen lassen und anschließend passieren (eine Portion ca. 50 g).
     
  • Glaubersalz bzw. FX-Passagesalz 20 bis 40g (Abführmaßnahme zu Beginn der Fastenzeit)

 

Zutaten für die Aufbautage:

  • Fasten-Trunk Con: Hier wird das Rezept des Fastentrunks Sine verwendet und um 1 TL Weizenkleie und 1 TL Leinsamen ergänzt.
     
  • Kartoffelsuppe: circa 500g Kartoffel-, Möhren- und Zucchiniwürfel in 1l Gemüsebrühe garkochen, ggf. pürieren und frische Kräuter und Gewürze hinzugeben.
     
  • Mixtum: Je 50g Rosinen und Feigen einweichen, zusammen mit 1 TL Leinsamen, 1 TL Weizenkleie und 1 TL Weizenschlot kochen lassen.
     
  • Frischkornobst: 2 EL eingeweichten Haferschlot mit 2 bis 3 EL Milch, je 1 TL Zitronensaft und Rosinen mischen, Apfel zerreiben und unterheben.
  • Kartoffelbrei: circa 300g Kartoffeln mit etwas Gemüsebrühe leicht weich kochen, mit der verwendeten Gemüsebrühe pürieren und abschmecken.
     
  • Saccharomyces boulardii: z.B. Parenterol® 3 x 1 Dosis zur Erhaltung der natürlichen Mikroorganismensbesiedlung und Schleimhautregeneration des Darms.

 

Aufbautage:

Erster Aufbautag: morgens: ¼ Fasten-Trunk Con und 1 Glas Gemüsesaft (beim Molkefasten 1 Kännchen Molke). Mittags: Fastenbrechen mit einem geriebenen Apfel oder einer Portion Apfelmus, nachmittags nochmals einen Apfel bzw. Apfelmus. Abends: ¼ l Kartoffelsuppe.

Zweiter Aufbautag: morgens: ¼ Fasten-Trunk Con, eingeweichte Pflaumen mit Quark. Mittags: Kartoffeln mit Quark und Naturjoghurt oder Kartoffeln mit gedünstetem Gemüse. Abends: Mixtum oder alternativ feingemahlenes Vollkornbrot mit pflanzlichem Aufstrich.

Dritter Aufbautag: morgens: ¼ Fasten-Trunk Con, eingeweichte Feigen, frisches Obst, Quark und Naturjoghurt, Weizenkleie. Mittags: Rohkost-Salatteller mit fettarmen Dressing und Kartoffelbrei oder Kartoffeln mit Quark und Naturjoghurt oder Kartoffeln mit gedünstetem Gemüse. Abends: Frischkornobst oder feingemahlenes Vollkornbrot mit pflanzlichem Aufstrich mit Käse oder Quark.

 

Literatur

  1. Weidner B (2012) In: André-Michael Beer, Martin Adler [Hrsg.] Leitfaden Naturheilverfahren für die ärztliche Praxis, Urban und Fischer Verlag S 128ff.
     

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